Strafrechtliche Sanktionen Teil 4: Strafzumessung Flashcards Preview

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Flashcards in Strafrechtliche Sanktionen Teil 4: Strafzumessung Deck (44)
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1
Q

Strafzumessung

A

= Festlegung der Höhe der Strafe, Strafart und sonstigen Rechtsfolgen

2
Q

§ 46 StGB

A

I 1: Grundlage für SZM = Schuld des Täters
I 2: individuelle Wirkung der Strafe auf Leben des Täters zu berücksichtigen
→ Schuld - Resozialisierung

3
Q

Antinomie der Strafzwecke

A

Schuld - Resozialisierung

4
Q

Schritte der Strafzumessung

A
  1. Festlegung des gesetzlichen Strafrahmens durch Ermittlung des Regel- und Sonderstrafrahmens
  2. Festlegung des Schuldrahmens
  3. Präventive Überlegungen innerhalb des Schuldrahmens
  4. evtl. Bildung einer Gesamtstrafe
5
Q
  1. Bestimmung des gesetzlichen Strafrahmens
A

→ Strafandrohung des TB für den Regelfall = Regelstrafrahmen

6
Q

gleichartige Tateinheit

A

mehrmalige Verletzung derselben Norm

→ Strafrahmen allein aus verletzter Vorschrift zu bestimmen

7
Q

ungleichartige Tateinheit

A

verschiedene Normen verletzt
→ Kombinationsstrafrahmen bestimmen, § 52 II StGB
Strafobergrenze: TB mit schwerster Strafandrohung
Untergrenze: höchstens angedrohtes Mindestmaß
→ mglw. Strafrahmenänderungen (→ Sonderstrafrahmen)

8
Q

Sonderstrafrahmen

A

→ wenn Strafschärfungs- / -milderungsgründe gegeben

Bsp.: minder/besonders schwere Fälle, Regelbeispiele, gesetzliche Milderungsgründe in § 49 StGB

9
Q

Doppelverwertungsverbot § 50 StGB

A

Umstand, der einen minder schweren Fall begründet und zugleich zu einem gesetzlichen Milderungsgrund nach § 49 StGB führt, darf nur einmal berücksichtigt werden

10
Q
  1. Festlegung des Schuldrahmens anhand der schon und noch schuldangemessenen Strafe
A

= Würdigung der Tat anhand des Unrechtsgehaltes
→ Spielraumtheorie: Ober- und Untergrenze der schuldangemessenen Strafe
→ in Praxis Orientierung am gesetzlichen Regelfall, Strafe im unteren Drittel der gesetzlich angeordneten Strafe anzusiedeln

11
Q

Spielraumtheorie (BGH)

A

innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens ist Schuldrahmen der schon und noch angemessenen Strafe zu bestimmen
→ Tatschuld
→ innerhalb des Schuldrahmens Berücksichtigung präventiver Strafzwecke (nur insoweit, dass schuldangemessene Strafe weder unter- noch überschritten wird)
→ § 46 II StGB

12
Q

Doppelverwertungsverbot § 46 III StGB

A

gesetzliche Tatbestandsmerkmale dürfen nicht noch einmal bei der SZM berücksichtigt werden
Fehlen von strafmildernden Umständen darf nicht strafschärfend und Fehlen von strafschärfenden Umständen nicht strafmildernd wirken

13
Q

§ 46 II StGB: Was wird strafschärfend/ -mildernd berücksichtigt?
Bsp.: uneigennütziges Handeln, Fehlen von Unrechtseinsicht / Reue

A
  • Beweggründe und Tatziele (Umstände der Tat)
  • Nachtatverhalten, insbesondere Prozessverhalten (Umstände außerhalb der Tat)
    → darf nur strafschärfend berücksichtigt werden, wenn es kein zulässiges Verteidigerverhalten darstellt, sondern Ausdruck einer rechtsfeindlichen Gesinnung darstellt
14
Q
  1. Präventive Überlegungen innerhalb des Schuldrahmens
A

→ Was schreckt Täter am meisten ab? Was wirkt am positivsten auf Täter?
→ §§ 46 II, 47, 56, 59 StGB: generalpräventive Überlegungen können in SZM mit einfließen
str.: Wie weit über Anwendungsbereich der Normen hinaus?

15
Q

str.: Wie weit sind generalpräventive Überlegungen über den Anwendungsbereich der §§ 46 II, 47, 56, 59 StGB hinaus berücksichtigungsfähig?

A

(-) Straftäter wird zum Objekt des Staates instrumentalisiert
(-) Wirkung angezweifelt
(-) Wortlaut § 46 StGB keine Berücksichtigung zu entnehmen
(+) Gedanke des § 47 I StGB strahlt auf gesamten SZM-Vorgang aus → Rspr.: gemeinschaftsgefährdende Zunahme muss gerichtlich festgestellt worden sein, bevor aus generalpräventiven Aspekten eine Strafschärfung erfolgen darf
→ im JSR nach h. M. ausgeschlossen

16
Q
  1. Bildung einer Gesamtstrafe
A

bei Verletzung mehrerer TB in Tatmehrheit nach den Grundsätzen der §§ 53 - 55 StGB

17
Q

Alkoholisierung → Strafmilderung?

A

Intoxikationspsychose, krankhafte seelische Störung i. S. d. § 20 StGB
→ ab 3,0 ‰: § 20 StGB
→ ab 2,0 ‰: § 21 StGB
→ Gesamtwürdigung sämtlicher für eine verminderte Schuldfähigkeit zur Tatzeit in Betracht kommenden Umstände, insb. psychodiagnostische Kriterien (Alkoholgewöhnung, Ausfallerscheinungen)

18
Q

Unklarheiten beim Tathergang

A

→ in dubio pro reo - Grundsatz gilt

19
Q

Darf Nachtatverhalten berücksichtigt werden?

A

→ §§ 46 II 2, 46a StGB: (+)
→ kann als Indiz für weniger rechtsfeindliche Gesinnung gewertet werden (→ Reue)
darf nur strafschärfend berücksichtigt werden, wenn es kein zulässiges Verteidigerverhalten darstellt, sondern Ausdruck einer rechtsfeindlichen Gesinnung darstellt

20
Q

Lebensweise des Täters

A

hat auf die allein zu bewertende Tatschuld keinen Einfluss

evtl. i. R. v. präventiven Gesichtspunkten zu berücksichtigen

21
Q

negative Generalprävention

A

Abschreckungswirkung in der Bevölkerung

str.: berücksichtigungsfähig?

22
Q

positive Generalprävention

A

Einhaltung und Stärkung des Vertrauens in der Bevölkerung in den Bestand und die Durchsetzungskraft der Rechtsordnung
→ spielt nur für Untergrenze eine Rolle, generalpräventives Minimum an Strafe muss gewahrt bleiben (= Grenze, ab der Strafe nicht mehr als gerecht empfunden wird und daher keine positive Wirkung mehr entfalten kann)

23
Q

positive Spezialprävention

A

resozialisierende Einwirkung auf den Täter

24
Q

str.: doppelte Strafmilderung

A

h. M.: nur möglich, wenn sich Milderungsgründe nicht ausschließlich aus demselben Umstand ergeben
→ ist Tatbeitrag unabhängig vom Vorliegen des bes. pers. Merkmals für sich genommen nur als Beihilfehandlung zu qualifizieren, doppelte Milderung möglich

25
Q

Doppelnatur des Schuldprinzips

A

Bedingung der Strafbarkeit (Schuld, die Strafbarkeit begründet) und des Strafmaßes (Strafzumessungsschuld)

26
Q

Schuldmaßüberschreitung zulässig?

A

→ Präventionsgedanke kann schwerere Strafe nahe legen, aber:

  • bei Gefährdung für Allgemeinheit nur zusätzliche schuldunabhängige Sanktionen, § 66 StGB
  • limitierende Funktion des Schuldprinzips, Schuldrahmen nach oben verbindlich
27
Q

Schuldmaßunterschreitung zulässig?

A

→ Präventionsgedanke kann mildere Strafe / Absehen von Strafe nahe legen, wenn schuldangemessene Strafe aus spezialpräventiven Gründen nicht geboten erscheint (Wiederholungsrisiko gering); str.
Rspr.: (-) Strafe zumindest an der unteren Grenze des durch die Schuldwertung eröffneten Spielraums
Lit.: Strafe, die sich nicht präventiv begründen lässt, stellt unverhältnismäßigen Eingriff dar
Bsp. Tyrannenmord

28
Q

Berücksichtigung von Vor- / Nachtataspekten auf Schuldebene?

A

Teile der Lit.: (+), erweiterter Tatbegriff → umfassende Kriterienbetrachtung, sachgerechte SZM
h. M.: Indizienkonstruktion → für Schuldwertung nur eigentliches Tatereignis heranzuziehen; sofern Vor- / Nachtatverhalten Indiz für Tatverhalten hergibt → Berücksichtigung für Schuld (+)

29
Q

Berücksichtigung außertatbestandlicher Folgen der Tat?

A

§ 46 II StGB: verschuldete Auswirkungen der Tat

30
Q

§ 46 II StGB: Maß der Pflichtwidrigkeit

A

Ob der PW ohnehin vorausgesetzt, bei SZM Grad der PW entscheidend
→ Wie stark wurde gegen Vorschrift verstoßen? (Fahrlässigkeitsdelikte)
→ Wie schwierig war Handlungsmöglichkeit zu erfüllen? (Unterlassungsdelikte)

31
Q

§ 46 II StGB: Vorleben

A
  • bisherige Straffreiheit nicht selbstverständlich → strafmildernd
  • einschlägige Vorstrafen (muss verwertbar sein) → strafschärfend, Ausdruck besonderer Gleichgültigkeit gegenüber der Rechtsordnung
  • Sanktionseskalation: Sanktion wird allein durch Umstand der Wiederholungstat schwerer, unabhängig von Schwere der Tat
32
Q

Nachtatverhalten

A
  • kann nur strafschärfend wirken, wenn es nicht mehr zu einem effektiven Verteidigungsverhalten gehört, sondern Ausdruck von Rechtsfeindlichkeit ist
    Grenze: herabwürdigende Ehrverletzung, rechtswidriges Verhalten, kein Beitrag zur Verteidigung mehr
  • strafmildernd: Geständnis, Bekenntnis zur Rechtsordnung, Distanzierung von Tat, Reue, Aufklärungshilfe
33
Q

unbenannte Strafmilderungsgründe

A
  • Lockspitzel

- überlange Verfahrensdauer

34
Q

Strafzumessung bei Tateinheit

A

→ es wird nur auf eine Strafe erkannt, § 52 StGB

gleichartige - ungleichartige TE

35
Q

Strafzumessung bei Tatmehrheit

A

→ es wird aus mehreren Strafen eine Gesamtstrafe gebildet
- zunächst für jede einzelne Tat isolierte Strafen bilden
- dann aus diesen Einzelstrafen nach § 54 StGB eine Gesamtstrafe bilden
Faustformel: Einsatzstrafe (höchste Einzelstrafe) + 1/2 der hinzukommenden Summe an Einzelstrafen

36
Q

nachträgliche Gesamtstrafenbildung, § 55 StGB

A

Tat b nach Tat a, aber hätte in Urteil a berücksichtigt werden können → Urteil b berücksichtigt beide Taten, Rechtsfolge aus Urteil a verliert Eigenständigkeit
→ Urteil a darf noch nicht erledigt sein!

37
Q

Sinn nachträgliche Gesamtstrafe, § 55 StGB

A

Ausgleich Ungleichheit

38
Q

Kriminalprognose

A
  • wertendes Element: wie schlimm ist Tat?
  • prognostisches Element: welche Wirkungen werden von Strafe erwartet?
    → Erstellung von Rückfallprognosen
    P: Fehleranfälligkeit
39
Q

falsch-Positive

A

Prognose zum Rückfall (+), aber Rückfall (-)
→ grundlose (Weiter-)Inhaftierung des Täters, Wiedergutmachung unmöglich (Irrtum wird sich nie herausstellen), Person daran gehindert, falsche Prognose zu widerlegen

40
Q

falsch-Negative

A

erneute Straftat zulasten von künftigem Opfer, hätte verhindert werden können
feststellbar

41
Q

statistische Prognose

A

(-) sagt über Person an sich nichts aus, nur, dass sie zur Gruppe gehört, in der bestimmter Prozentsatz rückfällig wird
→ gibt nur statistisches Risiko wieder, strukturelle Schwäche

42
Q

klinische Prognose

A

biografische Anamnese, Persönlichkeitsdiagnostik, Explorationen etc., einzelfallbezogene Analyse und Beurteilung durch Gutachter
(+) behandelt Proband als Individuum, umfassende Persönlichkeitswürdigung
(-) sehr aufwendig
(-) subjektiv: hängt von Gutachter ab, schwer zu überprüfen → intransparent

43
Q

intuitive Prognose

A

alltagstheoretisch, erhebliche Fehlerquoten → willkürlich

44
Q

Strafzumessungsdisparitäten

A

SZM von willkürlichen und zufälligen Faktoren abhängig (Geschlecht des Richters / Angeklagten, Unterschiede nach bestimmten Merkmalen)
→ Standardisierung? SZM-Richtlinien?
(-) auf Kosten der Einzelfallgerechtigkeit, Risiko, dass Ungleiches gleich behandelt wird