Täterschaft und Teilnahme Flashcards
(37 cards)
Mittäterschaft: 1. Gemeinsamer Tatplan
Vorsatz, dass der eigene objektive Tatbeitrag zusammen mit dem Beitrag eines anderen zur Tatbestandsverwirklichung führt
mind. zwei Personen haben die Verabredung getroffen, im gegenseitigen Einvernehmen gemeinsam objektive Tatbeiträge zu erbringen und dabei eine bestimmte Vorsatztat zu verwirklichen
- entspricht Tatentschluss im Hinblick auf die gemeinsame Verwirklichung eines bestimmten Delikts
- sowohl ausdrückliches als auch konkludentes Einvernehmen möglich
- sowohl vor der Tatausführung als auch während der Tatausführung (sukzessive Mittäterschaft)
- nicht ausreichend, wenn mehrere Personen nebeneinander und ohne Absprache handeln sowie das gleiche Ziel verfolgen, auch wenn sie ihr Handeln gegenseitig wahrnehmen
- Tatplan kann im Laufe der Tatbegehung geändert werden (Voraussetzung: ebenfalls ausdrückliche/konkludente Ablösung des alten Tatplans)
- bei Mittäterexzess genügen bloße Kenntnisnahme und Duldung durch andere Mittäter nicht
Mittäterschaft: 2. Gemeinsame Tatausführung
(P) Welche Anforderungen sind an die objektiven Tatbeiträge der Mittäter zu stellen?
Gemäßigte Tatherrschaftslehre (hM.):
- Tatbeiträge im Vorbereitungsstadium genügen für die Bejahung der Täterschaft, sofern diese während des Tatgeschehens fortwirken und die ausführenden Mittäter in ihrem Tatentschluss bestärken
- ein Minus bei der Tatausführung muss von einem Plus bei der konkreten Tatplanung im Vorbereitungsstadium ausgeglichen werden
Subjektive Tätertheorie (Rspr.):
- Abgrenzung nach üblichen Kriterien der Rspr.
- demnach Beteiligung bei der Tatausführung nicht erforderlich, wenn Täter entsprechenden Täterwillen besitzt und die Tat objektiv fördert oder erleichtert –> dann genügt auch lediglich rein geistige Mitwirkung oder vorherige Planung
Mittäterschaft: Sonderprobleme
(P) Mittäterexzess
= Hinausgehen eines Mittäters über das Vereinbarte
- kann übrigen Mittätern nicht zugerechnet werden
- erfordert sorgfältige Prüfung, da der Tatplan zumeist offen gestaltet ist und neben ausdrücklich vereinbartem Verhalten Elemente enthält, die stillschweigend mit einbezogen werden
Mittäterschaft: Sonderprobleme
(P) Aufkündigung des gemeinsamen Tatplans
Aufkündigung, bevor die Tat ins Versuchsstadium gelangt:
- Mittäterschaft scheidet aus
- möglich bleibt Beihilfe, sofern im Vorbereitungsstadium mitgewirkt wurde und die Beihilfehandlung fortwirkt
Ausstieg während des Versuchsstadiums (andere Mittäter vollenden Tat):
- Rücktritt gem. § 24 II 2 Alt. 2 StGB kommt in Betracht
- Beitrag kann nur dann nicht mehr fortwirken, wenn der Mittäter Kenntnis von der Aufgabe des Tatplans erlangt –> Ausstieg ist nur relevant bei Kenntnis
Mittäterschaft: Sonderprobleme
(P) Zurechnung bei sukzessiver Mittäterschaft / Bis wann ist ein Hinzutreten des Mittäters noch möglich
- unproblematisch zwischen Versuchsbeginn und Vollendung
- Rspr. lässt sukzessive Mittäterschaft auch zwischen Vollendung und Beendigung noch zu
(-) vom Tatbestand geforderte Handlungen sind zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen, es kommen nur noch §§ 257ff. StGB in Betracht
Mittäterschaft: Sonderprobleme
(P) Zurechnung der mittäterschaftlichen Tatbeiträge bei mehraktigen Delikten bei sukzessiver Mittäterschaft
Bsp: Raub –> es können einzelne Handlungen bereits vollständig abgeschlossen und das Delikt trotzdem noch nicht vollendet sein
Können dem Mittäter die bereits abgeschlossenen Tatbeiträge der anderen noch angelastet werden?
(-), wenn der Tatbeitrag des zuerst Handelnden bereits vollständig abgeschlossen –> es fehlt dann an gemeinsamem Tatplan sowie an einem objektiven Tatbeitrag des Hinzutretenden (Billigung reicht nicht)
(+), wenn der Tatbeitrag des zuerst Handelnden bei Hinzutritt des Mittäters noch fortwirkt
Mittäterschaft: Sonderprobleme
(P) Mittäterschaftliche Zurechnung, wenn ein Mittäter selbst Tatopfer wird
Bsp: A und B vereinbaren, dass sie bei ihrem gemeinsamen Raub auf der Flucht im Falle einer Verfolgung auf etwaige Verfolger schießen und deren Tod in Kauf nehmen wollen. Es kommt zu einer solchen Flucht, bei der A auf eine hinter ihm laufende Person schießt, die er für einen Polizisten hält. Tatsächlich handelt es sich aber um B, welcher schwer verletzt getroffen wird.
(P) Können B die Schüsse als mittäterschaftliche Handlung zugerechnet werden?
eA: (-), weil B selbst Opfer der Tat geworden ist und eine Selbsttötung bzw. Selbstverletzung nicht strafbar ist
aA: (+), weil B nicht ein eigenes Verhalten sondern das Verhalten des A zugerechnet wird und dieser einen anderen Menschen töten wollte; der error in persona muss auch für B unbeachtlich sein, sofern das Verhalten des A im Rahmen des gemeinsamen Tatplans lag und bestehende Abmachungen nicht überschritten wurden
Mittäterschaft bei erfolgsqualifizierten Delikten
- denkbar, sofern das Grunddelikt mittäterschaftlich verwirklicht wurde
- Fahrlässigkeitsvorwurf der schweren Folge ist jedoch für jeden Mittäter einzeln zu prüfen
Mittäterschaft: (P) Unmittelbares Ansetzen beim Versuch
Einzellösung:
- Feststellung, ob bereits unmittelbar zum Tatbeitrag angesetzt wurde, erfolgt für jeden Mittäter einzeln
(-) widerspricht der Zurechnungsstruktur des § 25 II StGB, da ohnehin jeder Tatbeitrag des Mittäters den anderen als eigener zugerechnet wird
(-) erst später unmittelbar ansetzende Mittäter würden privilegiert, obwohl das Opfer möglicherweise bereits durch die Tatbeiträge der anderen konkret gefährdet ist
Gesamtlösung (Rspr.):
- Versuch beginnt für alle Beteiligten, wenn der erste Mittäter im Rahmen des gemeinsamen Tatplans zur Tat unmittelbar ansetzte
Täterschaft und Teilnahme: Arten der Täterschaft
Alleintäterschaft, § 25 I Alt. 1 StGB:
- Täter nimmt die Tat eigenhändig vor
- Handeln mehrerer Täter ohne jede Verbindung: Nebentäter
Mittelbare Täterschaft, § 25 I Alt. 2 StGB
- Täter nimmt Tat durch ein strafloses Werkzeug vor, das er durch Irrtum oder Zwang beherrschaft
- Objektive Tatbeiträge des Vordermanns werden dem Hintermann zugerechnet
Mittäterschaft, § 25 II StGB:
- Täter nimmt die Tat in arbeitsteiligem Zusammenwirken mit anderen vor
- Zurechnung von objektiven Tatbeiträgen des Mittäters setzen einen gemeinsamen Tatentschluss als subjektives Element und eine gemeinsame Tatausführung als objektives Element voraus
Täterschaft und Teilnahme: Arten der Teilnahme
Anstiftung, § 26 StGB:
- Anstifter muss Tatentschluss kausal hervorrufen
- setzt vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat voraus
Beihilfe, § 27 StGB:
- Gehilfe muss Herbeiführung des Taterfolgs durch den Täter objektiv fördern oder erleichtern
- setzt vorsätzliche und rechtswidrige Haupttat voraus
Prüfschema Mittäterschaft, § 25 II StGB
I. Tatbestand
1. Gemeinsamer Tatplan
2. Gemeinsame Tatausführung
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Mittäterschaft: 2. Gemeinsame Tatausführung
Leisten eines eigenen, täterschaftlichen Beitrages zur Tatausführung
Mittäterschaft: 2. Gemeinsame Tatausführung
(P) Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme
“Fraglich ist, ob darin bereits ein täterschaftlicher Beitrag gesehen werden kann oder ob dies vielmehr als bloße Gehilfenhandlung zu qualifizieren ist. Daher ist hier eine Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme angezeigt. Wie diese vorzunehmen ist, ist umstritten.”
Gemäßigt subjektive Theorie (Rspr.):
- Täter ist, wer mit seinem Tatbeitrag nicht bloß fremdes Tun fördern will (animus socii), sondern die Tat als eigene will (animus auctoris)
- Entscheidung erfolgt nach wertender Gesamtbetrachtung der Tatumstände (insbesondere in Hinblick auf den Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, dem Umfang der Tatbeteiligung, der Tatherrschaft und dem Willen zur Tatherrschaft)
Tatherrschaftslehre (h.L.):
- Täter ist, wer Tatherrschaft besitzt
- Tatherrschaft besitzt, wer als Zentralgestalt des Geschehens die Tatbestandsverwirklichung nach seinem Willen hemmen oder ablaufen lassen kann
Prüfschema Anstiftung, § 26 StGB
I. Tatbestand
1. Objektiver Tatbestand
a) vorsätzliche rechtswidrige Haupttat
b) Bestimmen
2. Subjektiver Tatbestand
a) Vorsatz bezüglich Haupttat
b) Vorsatz bezüglich Bestimmen
c) Zwischenergebnis: Doppelvorsatz
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Anstiftung: Bestimmen
unmittelbares Beeinflussen des Willens des Haupttäters im Wege des geistigen Kontaktes
–> wenn der Teilnehmer den Tatentschluss des Täters hervorruft
Anstiftung: Bestimmen
(P) T als omnimodo facturus, das heißt zu der identischen Tat bereits entschlossen gewesen?
“Es kommt darauf an, ob die ursprünglich geplante und die aufgrund der Beeinflussung ausgeführte Tat identisch sind. Wann eine solche Tatidentität vorliegt, ist umstritten.”
aliud-Theorie:
- Taten sind identisch, sofern es sich um den gleichen Tatbestand handelt
- Anstiftung ist nur zu einem anderen Delikt möglich
Wesentlichkeitstheorie:
- Angestiftete Tat muss sich wesentlich von geplanter Tat unterscheiden
Qualifikationstheorie:
- Angestiftete Tat muss eine Qualifikation verwirklichen, ansonsten ist Tatidentität noch gegeben
Unwertsteigerungstheorie:
- Anstiftung nur bei konkreter und wesentlicher Steigerung des Unrechts
(-) Abgrenzungsschwierigkeiten: was ist wesentlich?
(-) Begriff der Unrechtssteigerung hochgradig schwammig
(-) entscheidendes Abgrenzungskriterium liegt allein im Grad der Unwertsteigerung
Beachte: bei einer Aufstiftung zur Verwirklichung eines Qualifikationstatbestandes ist es unschädlich, dass der Täter bereits als omnimodo facturus zur Begehung des Grunddelikts gilt und der Anstifter davon ggf. Kenntnis hat –> Bestimmen zu anderem Tatbestand mit wesentlich erhöhtem Unrechtsgehalt
Anstiftung: Bestimmen
(P) Anforderungen an die Bestimmenshandlung
Verursachungstheorie:
- Hervorrufen des Tatentschlusses im Sinne bloßer Kausalität
Teilweise weiter einschränkend gefordert:
Kommunikationstheorie:
- zumindest schlüssiger kommunikativer Akt notwendig
Unrechtspakttheorie:
- Unrechtspakt zwischen Anstifter und Haupttäter nötig
Anstiftung: Bestimmen
(P) Abstiftung
Anstifter bestimmt den Täter statt zur Begehung des Qualifikationsdelikts (Täter als omnimodo facturus) lediglich zur Verwirklichung eines einfachen Grunddelikts
Bestimmen (-), denn:
- Bestrafung erscheint nach Grundsatz der Risikoverringerung unbillig
- Gedanke des omnimodo facturus: im Willen zur Verwirklichung der Qualifikation liegt zwangsweise auch der Wille zur Begehung des Grunddelikts
Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme beim Unterlassensdelikt
Tatherrschaftstheorie (hL.):
- Abgrenzung erfolgt nach Kriterium der Tatherrschaft
- idR besitzt der unterlassende Garant bei Nichtverhinderung der Begehungstat eines Dritten die Tatherrschaft, Ausnahmen bleiben aber möglich
Täterschaftstheorie:
- Garant, der fremde Tat nicht verhindert, ist stets Täter
- Beihilfe nur bei Delikten möglich, die spezifische Täterqualifikationen voraussetzen (z.B: besondere Subjektstellung als Amtsträger)
Teilnahmetheorie:
- Garant, der fremde Tat nicht verhindert, ist stets nur Gehilfe
(-) für beide Theorien: auch im Unterlassensbereich muss es eine Unterscheidung zwischen Täterschaft und Teilnahme geben
Differenzierende Theorie:
- Abgrenzung nach zugrundeliegender Garantenstellung
- unterlassender Obhutsgarant ist stets Täter, unterlassender Sicherungsgarant ist stets Gehilfe
(-) Gesetz selbst unterscheidet nicht nach einzelnen Funktionen der Garantenpflicht, sondern kennt nur die Pflicht zum Handeln an sich
Prüfschema Beihilfe, § 27 I StGB
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a) Teilnahmefähige Haupttat
b) Hilfeleisten
2. Subjektiver Tatbestand
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
Beihilfe: Hilfeleisten
(P) Strengere Anforderungen an objektives Beihilfeunrecht bei “neutralem”, insbesondere berufsbezogenem Verhalten (vgl. Art. 12 I GG)
“Die Handlung weist für B äußerlich keinen sozialen Sinn-Zusammenhang zu strafbarem Verhalten auf. Fraglich ist daher, welche zusätzlichen Anforderungen an das Handeln des B gestellt werden müssen, um sie ihm als Behilfehandlung iSd § 27 StGB zuzurechnen.”
Subjektive Lösung:
- prinzipiell Beihilfetauglichkeit auch neutraler Handlungen, und danach erst mögliche Restriktion im subjektiven Tatbestand
- weiß der Hilfeleistende, dass der Täter eine Strafbarkeit begehen will, verliert die Handlung den Alltagscharakter und erhält den deliktischen Sinnbezug
- bei dolus eventualis: erscheint die Handlung als Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters?
Professionelle Adäquanz:
- prinzipiell schon tatbestandlich, Ausschluss berufs- und rollentypischer Handlungen aus dem Kreis der strafbaren Beihilfe
- nicht, wenn der Berufsausübende aufgrund einer Prüfungspflicht Wissen über die vom Täter geplante Straftat erlangte
(+) neutrales, regelkonformes und berufsbezogenes Verhalten kann nicht strafrechtlich verboten sein
(-) Beruf wird zum Erlaubnistatbestand für die Begehung von Straftaten, weshalb die Differenzierung nach Beruf oder sozialer Rolle nicht sinnvoll ist
Deliktischer Sinnbezug:
- Hilfeleisten dann, wenn durch die Handlung unmittelbar eine Straftat bewusst gefördert wird oder die geförderte Handlung erkennbar allein den Zweck hat, eine Straftat zu ermöglichen
- liegt nicht vor, wenn eine legale Handlung gefördert wird, die der Täter durch einen weiteren eigenständigen Willensentschluss zur Begehung einer Straftat nutzt
Beihilfe: Hilfeleisten
Hilfe leistet, wer die Tatbestandsverwirklichung ermöglicht, erleichtert, intensiviert oder absichert
Merke: auch psychische Behilfe (Bestärkung des Tatentschlusses, Gutheißen der Tatbestandsverwirklichung) ist eine taugliche Behilfehandlung; nicht erforderlich ist die Ursächlichkeit der Hilfehandlung für den Taterfolg
Prüfschema Mittelbare Täterschaft, § 25 I Alt. 2 StGB
I. Strafbarkeit des Vordermannes
II. Strafbarkeit des Hintermannes
1. Objektiver Tatbestand
a) Taterfolg
b) Tathandlung: Zurechnung gem. § 25 I Alt. 2 StGB?
(1) Handlung des Vordermannes
(2) Defektzustand beim Vordermann
(3) Überlegene Stellung des Hintermannes kraft Wissens- oder Willensherrschaft
nach Tatherrschaftslehre:
- Entscheidung über “Ob” und “Wie” der Tat, insbesondere mittels Nötigungs- oder Irrtumsherrschaft
nach gemäßigt-subjektiver Theorie:
- Hintermann hat allein Interesse am Erfolg und auch den Willen, den Vordermann kraft überlegenen Willens als Werkzeug zu beherrschen
(4) Zwischenergebnis: Zurechnung +, daher Tathandlung + (5) Kausalität (6) Objektive Zurechnung (7) Zwischenergebnis: Objektiver Tatbestand + 2. Subjektiver Tatbestand II. Rechtswidrigkeit III. Schuld