VL10 Methoden diagnostischer Informationsgewinnung Diagnostisches Interview Flashcards
(32 cards)
Was ist ein diagnostisches Interview?
Oberbegriff für alle Methoden zur Erhebung diagnostisch relevanter Informationen mittels Gespräch – z. B. Anamnese, Exploration, Einstellungsgespräch.
Was sind Vorteile diagnostischer Interviews?
Flexibel
Direkte Interaktion
Hohe Akzeptanz
Beziehung aufbaubar
Erfassung individueller Erlebenswelt
Nachteile unstandardisierter Interviews
Geringe Objektivität
Interviewereinfluss
Schlechte Vergleichbarkeit
Niedrige Reliabilität & Validität
Merkmale standardisierter Interviews
Feste Fragen & Abläufe
Hohe Vergleichbarkeit
Objektiv
Geringe Flexibilität
Evtl. hoher Aufwand bei Erstellung
Merkmale halbstandardisierter Interviews
Leitfaden mit Themenvorgabe
Freie Formulierung & Reihenfolge
Kombination aus Struktur & Flexibilität
Nutzen eines Interviewleitfadens
Übersicht & Orientierung
Entlastung im Gespräch
Platz für Notizen
Unterstützt Auswertung & Bericht
Beispiele strukturierter klinischer Interviews
SCID-5-CV
DIPS / Kinder-DIPS
Mini-DIPS
CIDI
SCID-5-CV – Merkmale
Für DSM-5
Deutsche Version (2019)
Nur mit klinischer Erfahrung
Leitfadenbasiert, aber nicht voll standardisiert
Aufbau SCID-Interview
Screening zu Beginn
Symptom-Fragen mit Bewertung
Verzweigungsregeln
Güte strukturierter klinischer Interviews
Objektivität & Reliabilität steigen mit Standardisierung
Validität schwer messbar (fehlende Außenkriterien)
Ziel von Einstellungsinterviews
Prognose beruflicher Eignung
Verbesserung durch Standardisierung
Multimodales Interview (Schuler)
8 Blöcke
Biografie- & situationsbezogene Fragen
Teilstandardisiert
Biografische Fragen – Merkmale
Vergangenheitsorientiert
Reales Verhalten
Rückschluss auf Eigenschaften
Beispiel: „Teamfähigkeit in früherer Gruppe?“
Situative Fragen – Merkmale
Zukunftsorientiert
Hypothetisch
Simulationsansatz
Beispiel: „Mitarbeiter bekommt weniger Gehalt – was tun?“
Bedeutung von Strukturierung & Schulung
Erhöht Objektivität & Validität
Reduziert Urteilsfehler (z. B. Halo, Sympathie, Ähnlichkeit)
Einsatzfelder diagnostischer Interviews
Klinische Psychologie (z. B. SCID, DIPS)
Eignungsdiagnostik (z. B. Bewerbungsgespräche)
Psychotherapie (Anamnese, Exploration)
Forschung (Lebenswelt-Erhebung)
Klinisches Interview – Ziele Erstgespräch
Beziehung aufbauen
Therapieanlass klären
Aktuelle Symptome & Verlauf erfassen
Klassifikationssysteme für psychische Störungen
ICD-10: international, WHO, alle Krankheiten
DSM-5: APA, nur psychische Störungen
OPD: psychodynamisches Zusatzsystem, tiefenpsychologisch
SCID-5-CV – Beispielhafte Frageformulierung
„Gab es eine Zeit, in der Sie sich fast jeden Tag niedergeschlagen fühlten?“
Bewertung: z. B. mind. 2 Wochen, fast jeden Tag, deutliche Veränderung
Besonderheiten strukturierter Interviews (klinisch)
Fragenformulierung vorgegeben, aber sprachlich anpassbar
Bewertungsraster (z. B. „fast alle Aktivitäten“ = depressiv)
Gruppierung nach Störungsbereichen
Sprungregeln (je nach Antwort andere Folgefrage)
Auswertung strukturierter Interviews – Hinweise
Feste Auswertungsvorschrift
Gefahr: Stigmatisierung vermeiden
Absicherung mit Tests (Triangulation empfohlen)
Diagnostische Güte: Klinische Interviews
Objektivität: steigt mit Standardisierung
Reliabilität: Übereinstimmung Diagnostiker*innen z. T. unterschiedlich
Validität: schwer zu prüfen, aber klinisch anerkannter Goldstandard
Expertenübereinstimmung gilt als Kriterium
Probleme in unstandardisierten Einstellungsinterviews
Vielredner bevorzugt (Anderson, 1960)
Attraktivitäts- & Sympathieeffekte (Schuler & Berger, 1979)
Interviewentscheidungen oft schon nach wenigen Minuten getroffen
Maßnahmen zur Validitätsverbesserung im Einstellungsinterview
Strukturierung der Themenblöcke
Ein-/Überleitungen festlegen
Fragen und Sprungregeln formulieren
Interviewerregeln bei Rückfragen definieren