Deliktsobligationen Flashcards

1
Q

allgemeine Merkmale

Deliktsobligationen

A

Delicitum = Unrechtstat, welche den Einzelnen, seine Persönlichkeit, seine Familie oder sein Vermögen verletzt → sanktioniert durch Schadenersatz und Vermögensstraffen (Geldbussen) nach Privatrecht
* erfasst eigentlich alle Taten, die gegen den Einzelnen gerichtet sind
* NICHT: crimen (öffentliche Straftaten, welche der Allgemeinheit Unrecht zufügt und im Strafprozess sanktioniert wird, oft aufgrund Popularklage)
* Privatrechtliche Obligation, aber nicht ex contractu, sondern ex delicto
* Bei Teilnahme mehrerer Täter → jede Person unterliegt einer vollen deliktischen Haftung
* Arglist als Voraussetzung (ausgenommen: blosser Versuch)
* Fahrlässigkeit (Absenz der Agrlist) bei Sachbeschädigung als Ausnahme

Deliktsklagen = Privatklagen
* sind auf Busse gerichtet (nicht auf Sachverfolgung oder Schadenersatz, d.h. Ausgleich) → geht um Pönalisierung (Bestrafung)
* kumulative Konkurrenz mit sachverfolgenden Klagen (Vindikationsklage oder Diebstahlkondiktion)
* sind NICHT vererblich
* können zur sog. Noxalhaftung führen (Abwendung der Verurteilung durch Herausgabe des Hauskindes/Sklaven, das/der/die die Tat begangen hat → noxae deditio)

→ grundsätzlich sind Häufungen von Klagen möglich, wenn sie nicht denselben Zweck verfolgen

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2
Q

Diebstahl (furtum)

A

Furtum = ursprünglich heimliches Wegtragen einer fremden beweglichen Sache

Tatbestand im klassischen Recht: vorsätzliche, heimliche Entwendung einer beweglichen Sache
* heimlich: keine Gewalt, sonst Raub
* vorsätzlich: mit Gewinnabsicht und willentlich zum Schaden eines Besitzers
* Entwendung: jedes «Anfassen» (contrectare) einer beweglichen Sache, darunter Wegnahme wie Unterschlagung/Veruntreuung und sogar wissentliche Annahme einer nicht geschuldeten Leistung

Drei Haupterscheinungen:
* Entwendung einer Sache (furtum rei)
* Wegnahme des Gebrauchs (furtum usus)
* Wegnahme der eigenen Sache (furtum possessionis): Opfer als Pfandgläubiger, gutgläubiger Besitzer, Nutzniesser; Verkauf einer verpfändeten Sache

Rechtsfolgen: Diebstahlsklage (actio furti)
* Unterscheidung zwischen furtum manifestum (offenkundigem Diebstahl, «auf frischer Tat») und furtum nec manifestum (sonstigem Diebstahl)
* beim furtum manifestum, ursprünglich Tötungsrecht, in klass. Zeit Busse auf den vierfachen Wert der Sache (quadruplum)
* beim furtum nec manifestum, Busse auf den doppelten Sachwert (duplum)
* Aktivlegitimation: wer ein Interesse hat (muss nicht Bestohlener sein
* Kumulative Konkurrenz mit der condictio ex causa furtiva: Klage des Eigentümers gegen den Dieb auf Herausgabe des Sachwertes → rein sachverfolgende Klage → macht immer dann Sinn, wenn ET rei vindicatio nicht mehr erheben kann

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3
Q

(Sachbeschädigung) lex Aquilia

A

lex Aquilia von 286 v. Chr.
* Kap. 1: Tötung fremder Sklaven und vierfüssiger Herdentiere wird mit Busse in Höhe des Höchstwertes im vergangenen Jahr belegt
* Kap. 3: Alle sonstigen Sachbeschädigungen durch Verbrennen (urere), Zerbrechen (frangere), Beschädigen (rumpere) werden mit dem Höchstwert der Sache in den letzten 30 Tagen sanktioniert

Voraussetzungen: widerrechtlich zugefügter Schaden (damnum iniuria datum)
1. Tatbestandsmässige Tötung oder Schädigung (damnum datum)
2. Iniuria = Qualifikation der Tat als Unrecht

Voraussetzungen der iniuria:
1. Ursprünglich nur vorsätzliches Handeln: im klass. Recht Vorsatz und Fahrlässigkeit
2. «Rechtswidrigkeit» = die Tat darf nicht gerechtfertigt sein (z.B. durch Notwehr, Notstand, Einwilligung)
3. aktives Handeln = ursprünglich ist nur ein aktives Tun, nicht dagegen ein Unterlassen von der Klage erfasst
4. Unmittelbarkeit der Schadenszufügung = unmittelbares körperliches Einwirken vom Täter auf den Körper des Opfers

restriktives Konzept der iniuria führt zu Ausfall der Haftung bei indirekten Schädigungen: ➔ analoge Klage aus der lex Aquilia (bzw. actio in factum/ Klage aus dem Sachverhalt)

Rechtsfolgen der lex Aquilia:
* Kap. 1: Höchstwert des letzten Jahres
* Kap. 2: Höchstwert des letzten Monats (nach richterl. Ermessen)
* Geständiger Täter: Busssumme ist der einfache Wert im letzten Monat oder Jahr
* Bestreitender Täter: Busssumme umfasst das Doppelte des Wertes der Sache im letzten Monat oder Jahr

  • Lex Aquilia als grundlegende Regelung für das moderne Deliktsrecht (aquilianische Haftung)
  • Kriterium der iniuria wird auch für Fragen der (modern so genannten) objektiven Zurechnung verwendet:
    • Begrenzung der Haftung bei Drittverschulden oder Selbstverschulden
    • Begrenzung der Haftung bei unvorhergesehenen/ nicht zu verhindernden Kausalverläufen
  • Bedeutung bei den sog. deliktsrechtlichen Generalklauseln in zahlreichen Kodifikationen
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