Fragen 61-100 Flashcards

1
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der gesellschaftsrechtliche Konzernbegriff vom Konzernbegriff nach § 110 ArbVG? (S230f
A

Der Begriff des Konzerns kommt grundsätzlich aus dem Gesellschaftsrecht.

Konzern:
Rechtlich selbstständige Unternehmen, die zu wirtschaftlichen Zwecken unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind oder auf Grund von Beteiligungen oder sonst mittelbar oder unmittelbar unter dem beherrschenden Einfluss eines anderen Unternehmens stehen. (§ 15 Aktiengesetz = §115 GmbHG)

Unmittelbar an den Konzernbegriff des Gesellschaftsrecht knüpfen an:

  • Errichtung von Konzernvertretungen
  • Freistellung eines (Zentral-)Betriebsrat in Konzernen
  • Arbeitskräfteüberlassung zwischen Konzernunternehmen
  • Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten von Bauarbeitern in Konzernunternehmen für Abfertigungsanspruch (BUAG)

Eine Abweichende Definition beinhaltet §110 Absatz 6 ArbVG:

Konzern:
Wenn eine AG/GmbH/Genossenschaft andere AG/Gmbh/Genossenschaften einheitlich leitet oder auf Grund einer unmittelbaren Beteiligung von mindestens 50% beherrscht und das herrschende Unternehmen (Konzernmutter) höchstens halb so viele AN beschäftigt, wie alle beherrschten Unternehmen zusammen.
Dem folgend dürfen höchstens ein Drittel der Konzernarbeitnehmer in der Konzernmutter beschäftigt sein.

Konzernbegriff des § 110 ist enger als Konzernbegriffs des Gesellschaftsrechts.

Einschränkung:
- §110: Im wesentlichen nur Kapitalgesellschaften
- §110: Beteiligung muss mehr als 50% ausmachen
- Wichtigste Einschränkung:
o Im herrschenden Unternehmen max. halb so viel AN wie in allen beherrschten Unternehmen zusammen.

Besonderheit:
Von eigenständigen Unternehmen werden BR in ein anderes Unternehmen entsandt, damals absolutes Novum.

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2
Q
  1. Wann spricht man von einem mittelbaren Arbeitsverhältnis? (S219f)
A

Man spricht von einem mittelbaren Arbeitsverhältnis, wenn sich zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Mittelsperson schiebt, die selbst Dienstgeberfunktionen übernimmt. In der Regel schließt die Mittelsperson nur den Arbeitsvertrag mit dem Arbeitnehmer ab, die Beschäftigung erfolgt dann beim übergeordneten Arbeitgeber.

a) Ein Arbeitnehmer wird beauftragt, im Namen seines Arbeitgebers Gehilfen anzustellen.
Mittelsperson = bevollmächtigter Arbeitnehmer.
unmittelbares Dienstverhältnis zwischen dem AG und dem Gehilfen
Der vermittelnde Arbeitnehmer wird davon nicht berührt.
Es liegt gar kein mittelbares Arbeitsverhältnis vor!

b) Einem AN steht es frei, im eigenen Namen Arbeitskräfte aufzunehmen.
Er hat dadurch die Möglichkeit, nach eigenem Ermessen seine Dienstleistung durch Heranziehung weiterer Dienstnehmer zu verstärken. Auch hier müsste man ein unmittelbares Arbeitsverhältnis zum Hauptarbeitgeber annehmen können, weil dieser wissen musste, dass die Arbeitskraft ausschließlich ihm zugute kommt und der ermächtigte AN nur formell den Arbeitsvertrag abschließt, nicht aber die Arbeitgeberfunktion übernehmen kann.

Dennoch: Laut OGH kommt zwischen den neu aufgenommenen Arbeitskräften und dem Hauptarbeitgeber kein Dienstverhältnis zustande. Dienstgeber ist also die Mittelsperson als unmittelbarer Kontrahent. Das bedeutet aber, dass der AN seine Forderungen aus dem Arbeitsvertrag nur gegen die Mittelsperson, nicht gegen den in der Regel potenteren Arbeitgeber geltend machen kann. Ein sozialpolitisch unbefriedigendes Ergebnis!

c) Der Arbeitgeber verpflichtet einen Dienstverschaffenden, der nicht selbst im Unternehmen tätig ist, ihm Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen.
Zwischen dem Arbeitgeber und den Arbeitskräften wird kein Dienstverhältnis begründet. Das Dienstverhältnis besteht zwischen dem Dienstverschaffenden und den zur Verfügung gestellten Arbeitskräften (trotz Bezahlung des Entgelts und der Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitsempfänger!).

Die Vereinbarung zwischen dem Dienstgeber und der Mittelsperson wird als Dienstverschaffungsvertrag bezeichnet.

Erfolgt die Bereitstellung von Arbeitskräften durch einen Unternehmer gewerbsmäßig, wird von Arbeitnehmerüberlassung gesprochen. Dienstgeber ist der die Arbeitnehmer zur Verfügung stellende Unternehmer.

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3
Q
  1. Bedarf die Beschäftigung von Ausländern einer Genehmigung?
    (S247-250)
A

Zum Schutz des inländischen Arbeitsmarktes wurde die Beschäftigung von Ausländern durch das Ausländerbeschäftigungsgesetz Beschränkungen unterworfen.

Grundsatz: Einheitliche Vorgangsweise im Aufenthalts und Arbeitsmarktrecht.

  • Einheitliche Antragsverfahren
  • kombinierte Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis

Gemäß AuslBG darf ein Ausländer nur beschäftigt werden, wenn dem Arbeitgeber für diesen:

  • eine Beschäftigungsbewilligung (vom AMS)
  • Entsendebewilligung erteilt
  • eine Anzeigebestätigung

ausgestellt wurde.

oder wenn der Ausländer eine:

  • Rot-Weiß-Rot Karte
  • Blaue EU Karte
  • Künstler – Aufenthaltsbewilligung
  • Rot-Weiß-Rot Karte plus
  • Aufenthaltsberechtigung plus
  • einen Befreiungsschein iSd §4c AuslBG
  • einen Aufenthaltstitel „Familienangehöriger“ oder „Daueraufenthalt-EU“

besitzt.

Ob eine Beschäftigung iSd. Ausländerbeschäftigungsgesetz vorliegt, ist nach dem wirtschaftlichen Gehalt des Sachverhalts zu werten.
Beispiel: Arbeiter-Gesellschafter einer Personengesellschaft kann Beschäftigung iSd. AuslBG sein.

Die wesentlichsten Ausnahmen bestehen im Zusammenhang mit der EU, so ist die Arbeitnehmerfreizügigkeit im AEUV ausdrücklich garantiert. (Art 45 ff AEUV)

Entsende-RL:
Verpflichtet EU-Mitgliedstaaten zur Erlassung von Vorschriften, wonach für AN, die von einem EU-Staat in einen anderen überlassen werden, die wesentliche Arbeits-und Beschäftigungsbedingugen des Gastlands zwingend zur Anwendung kommen.

Erleichterungen für ausländische AN können sich schließlich durch Assoziierungsabkommen der EU mit Drittstaaten ergeben.

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4
Q
  1. Inwiefern bilden leitende Angestellte eine Sondergruppe im Arbeitsrecht?
    (S193)
A

Einige Gesetze nehmen die Gruppe der leitenden Angestellten aus ihrem Geltungsbereich aus.

Dies resultiert aus ihrer arbeitgeberähnlichen Stellung, die mit einer Vertretung durch den Betriebsrat bzw. die Arbeiterkammer nicht vereinbar wäre.

Darüber hinaus liegt nahe, dass der leitenden Angestellte seine Interessen gegenüber dem Arbeitgeber ohne Hilfestellung durch gewisse arbeitsrechtliche Schutzgesetze (AZG, ARG) selbst durchsetzen kann.

Die Bezeichnung dieser Gruppe ist je nach Zielsetzung des Gesetzes nicht ganz deckungsgleich:
So spricht das ArbVG von „Leitenden Angestellten, denen maßgebender Einfluss auf die Führung des Betriebs zusteht“

Etwas anders formuliert das AZG „Leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben selbstverantwortlich übertragen sind“.

„Maßgebliche Führungsaufgaben“ iSd. AZG liegen vor, wenn ein Arbeitnehmer auf Grund seiner Stellung Vorgesetztenfunktionen gegenüber Untergebenen ausüben kann. Er muss sich auf Grund seiner besonderen Stellung aus der gesamten Angestelltenschaft herausheben.

Dritter Begriff: Leitende Angestellte, denen maßgebliche Führungsaufgaben übertragen wurden (Arbeitsinspektionsgesetz). §23 ArBIG: erklärt leitende Angestellte zu verantwortlichen Beauftragten.

Auch wenn für diese Arbeitnehmergruppe gesetzliche Regelungen (etwa hinsichtlich Arbeitszeit und Arbeitsruhe) nicht zur Anwendung kommen, können sich Beschränkungen durch einschlägige Bestimmungen anderer Rechtsquellen (Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung) ergeben.

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5
Q
  1. Sind Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft Arbeitnehmer oder arbeitnehmerähnliche Personen? (S216-219)
A

SE = Societas Europea (Europäische Gesellschaft)

Grundsätzlich ist bei Organmitgliedern von Kapitalgesellschaften zwischen Bestellung und Anstellung zu unterscheiden.
Bestellung: Gesellschaftsrechtliche Akt der Infunktionsetzung von Vorstandsmitgliedern
Anstellung: Ausgestaltung der schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Organmitglied

Diese Unterscheidung ist ebenso bei der Beendigung relevant. Auch wenn die Bestellung jederzeit widerrufbar ist, bleibt das Arbeitsverhältnis unberührt.

Der neueren Rechtsprechung des OGH entsprechend ist ein Arbeitsverhältnis zwischen Aktiengesellschaft und Vorstandsmitglied auf Grund des Prinzips der
Vorstandsunabhängigkeit bei der AG kategorisch abzulehnen.

In Frage kommen also Werkvertrag und freier Dienstvertrag.

Selbst wenn im Arbeitsvertrag die Anwendung des AngG vereinbart wird, ist ein freies Dienstverhältnis anzunehmen.

Auch die Arbeitnehmerähnlichkeit von Vorstandsmitgliedern einer AG verneint der OGH grundsätzlich.
Diese ist nur in Ausnahmefällen möglich, wenn die Abhängigkeit des Vorstands über das übliche Maß deutlich hinausgeht.
(Verpflichtung zur Einhaltung der Kollektivarbeitszeiten, Führung von Überstundenaufzeichnungen, örtliche Gebundenheit, Geltung des AngG …)

Des gleiche gilt für Vorstandsmitglieder in einer dualistischen SE.

Monistische SE (mit Verwaltungsrat): Für Geschäftsführende Direktoren wohl eher Arbeitsverhältnis, sonstige Verwaltungsratsmitglieder wohl eher freier Dienstvertrag.

Löschnigg: Zu dem Ergebnis, dass kein Arbeitsverhältnis vorliegt kommt man schon dadurch, dass man persönliche & wirtschaftliche Abhängigkeit als Charakteristika des AV prüft. Wirtschaftliche Abhängigkeit (Lohnabhängigkeit) wird oft, aber nicht immer gegeben sein. Persönliche Abhängigkeit scheidet bei einem Vorstand aber aus.

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6
Q
  1. Besteht in Österreich eine Einstellungspflicht für bestimmte Arbeitnehmergruppen? Gibt es Alternativen für den Dienstgeber im Zusammenhang mit dieser Einstellungspflicht? (S240f)
A

Grundsätzlich entzieht sich die Einstellung von Arbeitskräften der arbeitsrechtlichen Normierung. Auch die Mitwirkungsrechte des Betriebsrats erschöpfen sich in Informations-, Interventions- und Beratungsrechten.

Eine Verpflichtung zur Einstellung kennt nur das Behinderteneinstellungsgesetz.
Eine Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung stellt die „Behaltepflicht“ nach Berufsausbildungsgesetz (BAG) dar.

Behinderteneinstellungsgesetz:
§ 1 BEinstG:
Alle Dienstgeber, die mehr als 25 Dienstnehmer beschäftigen, sind verpflichtet, auf je 25 Dienstnehmer mindestens einen „begünstigten Behinderten“ (mindestens 50% Behinderungsgrad) zu beschäftigen.

(Laut Abs. 2 kann der BMASK per Verordnung diese Zahl für bestimmte Branchen auch auf bis zu 40 erhöhen oder umgekehrt besonders-geeignete Arbeitsplätze begünstigten Behinderten vorbehalten.)

Berechnungsgrundlage sind alle Arbeitnehmer eines Arbeitgebers im Bundesgebiet. Es ergibt sich dann eine Pflichtzahl, von der die bereits beschäftigten Behinderten abzuziehen sind. (§4 ABs 3) Gewisse Behinderte zählen dabei doppelt (Blinde, u19, ü55) (§5 Abs 2 u 3 BEinstG)
Kommt ein Arbeitnehmer seiner Einstellungspflicht nicht nach, muss er für jeden aufzunehmenden Behinderten eine monatliche Ausgleichstaxe zahlen. Diese steigt mit der Höhe seiner Arbeitnehmerzahl. (§9BEinstG)
Die Taxe fließt in den Ausgleichstaxfonds des BMASK.(§10 BEinstG)

Laut VfGH ist diese Konstruktion kein Verstoß gegen das Grundrecht auf Eigentum.

Umgekehrt erhält eine Prämie in Höhe der Ausgleichszahlung aus diesem Fonds, wer in Ausbildung stehende begünstigte Behinderte beschäftigt. (§9a BEinstG)

Berufsausbildungsgesetz:

Der Lehrberechtigte ist verpflichtet, ausgelernte Lehrlinge weitere 3 Monate im erlernten Beruf zu verwenden. (§ 18 BAG)

Umgekehrt kennt das BAG mit den Verhältniszahlen eine auch eine Einstellungsbeschränkung: Für eine fachlich einschlägig ausgebildete Person dürfen 2 Lehrlinge beschäftigt werden, für jede weitere 1 weiterer Lehrling. (1 zu 2); (2 zu 3); (3 zu 4); (…) (§8 Abs 5 BAG)

Die Nichtbeachtung dieser Verhältniszahlen führt niemals zur Rechtsunwirksamkeit von Lehrverträgen, sie stellt bloß eine Verwaltungsübertretung gem. § 32 Abs 1 lit e BAG dar.

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7
Q
  1. Muss ein AN die Vorstellungskosten selbst bezahlen, wenn er vom AG zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wird? (S239)
A

Die Frage der Bewerbungs- bzw. Vorstellungskosten ist im geltenden Recht nicht ausdrücklich geregelt.

Der OGH geht unter bestimmten Voraussetzungen von einem Ersatzanspruch aus.

Als Anspruchsgrundlagen kommen in Frage:

(0. Ausdrückliche Vereinbarung zwischen AG und Arbeitssuchendem)
1. Konkludente Vereinbarung (§ 863 ABGB)
2. Ersatzanspruch eines Beauftragten (§ 1014 ABGB)
3. Culpa in Contrahendo

Zu § 863:
Wenn der AG den AN ausdrücklich zur persönlichen Vorstellung aufgefordert hat besteht Grund zur Annahme, dass sich der AG konkludent zum Kostenersatz verpflichtet hat. Keine Anspruch besteht:
-Wenn der AG diesen von Anfang an ausschließt
- Wenn ein Ausschluss aus den Umständen anzunehmen ist
(z.B. Branchenüblichkeit)

Zu § 1014:
Nach Ansicht des OGH kann die Aufforderung durch den AG zur Vorstellung des Bewerbers auch als Anbot eines Auftrags gesehen werden, dass vom Bewerber angenommen wird. Der Auftraggeber ist verpflichtet, dem Beauftragten allen notwendigen oder nützlich gemachten Aufwand (sowie mit dem Auftrag verbundenen Schaden) zu ersetzen.

Zu Culpa in Contrahendo:
Schadenersatzanspruch, wenn der AG schuldhaft vorvertragliche Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten verletzt. So haftet der AG wenn er nach konkreten, weit gediehenen Vertragsverhandlungen über den Abschluss eines Arbeitsvertrages beim Stellenwerber den berechtigten Eindruck erweckt, es werde zum Abschluss des Arbeitsvertrages kommen, ihn im Hinblick darauf zu weiteren Auslagen veranlasst und in weiterer Folge aber ohne gerechtfertigten Grund vom Vertragsabschluss Abstand nimmt.

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8
Q
  1. Sind die Geschäftsführer einer GmbH Arbeitnehmer? (S218-19)
A

Ob der Geschäftsführer einer GmbH in einem Arbeitsverhältnis steht, hängt von der Gesamtbeurteilung der durch das GmbHG, den Gesellschaftsvertrag und den Anstellungsvertrag vorgezeichneten Rechtsbeziehungen des Geschäftsführers zur Gesellschaft im Einzelfall ab.

Gesellschaftsrechtliche Gründe (wie im Falle der AG) schließen die Arbeitnehmereigenschaft nicht aus.
(Kein Prinzip der Vorstandsunabhängigkeit bei GmbH. Weisungsrechte der Gesellschafter möglich!)

Ist der Geschäftsführer gleichzeitig Gesellschafter, so kommt eine Arbeitnehmereigenschaft nicht in Betracht, wenn er kraft einer Beteiligung und sich daraus ergebenden Rechte einen maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben kann.

Ein derartiger Einfluss ist bereits gegeben, wenn dem Gesellschafter- Geschäftsführer zumindest eine Sperrminorität zusteht, jedenfalls aber dann, wenn er über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile verfügt.

Löschnigg:
Arbeitnehmereigenschaft kann vorliegen, aber nicht wenn AN zu stark in Eigentümer-Rolle ist.
Grundsätzlich ist auf die Grenze von 50% der Geschäftsanteile abzustellen. In anderen Fällen, wo eigentümerähnlicher Einfluss ausgeübt werden kann, genügt auch weniger (Sperrminorität, Vetorecht für Gesellschafter unabhängig vom Gesellschaftsanteil …)

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9
Q
  1. Wer darf in Österreich unentgeltlich Arbeitsvermittlung durchführen? Ist auch eine entgeltliche private Arbeitsvermittlung in Österreich zulässig?
A

Arbeitsvermittlung: (§2 Abs 1 AMFG)
Jede Tätigkeit mit dem Ziel, Arbeitssuchende und Arbeitgeber zur Begründung von Arbeitsverhältnissen (=Dienstverhältnissen) zusammenzuführen, es sei denn dass diese Tätigkeit nur gelegentlich und unentgeltlich oder auf Einzelfälle beschränkt ist.
(Auch ins Ausland, inklusive Au-pair-Kräfte)

Gem. §2 Abs 4 AMFG zählt auch die Überlassung von Arbeitskräften an Dritte als Arbeitsvermittlung, sofern der Überlasser nicht die Pflichten des Arbeitgebers trägt.
Gem. §2 ABs 5 AMFG ist jede Tätigkeit, die auf Arbeitsvermittlung gerichtet ist, jedoch im Gesetz keine Deckung findet, ausdrücklich untersagt.

Arbeitsvermittlung unentgeltlich: (§4 Abs 1 Z1 bis 3 iVm §5 Abs 1 AMFG)
- In erster Linie Arbeitsmarktservice (AMS) + regionale Geschäftsstellen
- gesetzliche Interessensvertretungen
- kollektivvertragsfähige Berufsvereinigungen
- gemeinnützige Einrichtungen
(unter Kontrolle des BM für ASK – Untersagung z.B. wenn entgeltlich)

Arbeitsvermittlung entgeltlich:
- Gewerbeberichtigung für das Gewerbe der Arbeitsvermittlung notwendig (§4 Abs 1 Z4 AMFG)
- Nat. Person: Staatsangehörigkeit und Wohnsitz in EWR Staat
- Jur. Person: Hauptsitz in EWR Staat - Befähigungsnachweis
(reglementiertes Gewerbe nach GewO 1994)
- Provisionsvereinbarungen sind nur zwischen AG und Arbeitsvermittler zulässig!
Für die AN (außer Sportler und Künstler!) ist sie unentgeltlich durchzuführen. (§5 Abs 2 AMFG)
- Nur zur Vermittlung von Führungskräften sind auch Unternehmensberater und Unternehmensorganisatoren berechtigt („Headhunting“)

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10
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich eine Beschäftigungsbewilligung nach dem AuslBG von der „Rot-Weiß-Rot-Karte plus“? (S250ff u 254)
A

Die Beschäftigungsbewilligung wird von der regionalen Geschäftsstelle des AMS auf Antrag des Arbeitgebers für einen bestimmten Arbeitsplatz ausgestellt und gilt für das gesamte Bundesgebiet.

Der Arbeitsplatz ist nicht bloß örtlich zu verstehen, sondern bezieht auch die Tätigkeit des AN mit ein.

Wird der AN auf einem von der Bewilligung nicht erfassten Arbeitsplatz beschäftigt, so ist eine neue Beschäftigungsbewilligung nur erforderlich, wenn der Wechsel länger als eine Woche dauert. (§6 Abs 2 AuslBG)

Die Beschäftigungsbewilligung ist zu befristen und darf jeweils längstens für die Dauer eines Jahres erteilt werden. (§7 Abs 1 AuslBG)
(Ausnahme: Bei Lehrlingen für die gesamte Lehrzeit + Behaltezeit zu erteilen)

Wenn die Voraussetzungen iSd §4 AuslBG (Arbeitsmarktprüfung, keine Verletzungen des AuslBG durch den AG, keine altersbedingten Kündigungen durch den AG …) für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung vorliegen, besteht eine Rechtsanspruch darauf.

Beschäftigungsbewilligungen können beliebig oft verlängert werden. Wird eine Beschäftigungsbewilligung nicht verlängert, tritt die Wirkung der Nichtverlängerung erst mit Ablauf von Kündigungsfrist und Kündigungstermin ein.

Der AN kann also noch solange beschäftigt werden, wie er im Falle einer Kündigung noch zu beschäftigen wäre.

Rot-Weiß-Rot Karte plus:

Die Rot-Weiß-Rot Karte plus sieht aus wie eine Scheckkarte und berechtigt zur Niederlassung in Österreich und zum unbeschränkten Arbeitsmarktzugang.

Inhaber einer Rot-Weiß-Rot Karte plus können jederzeit den Arbeitgeber wechseln, ohne eine neue Bewilligung beantragen zu müssen.

Inhaber einer Rot-Weiß-Rot Karte können eine Rot-Weiß-Rot Karte plus beantragen, wenn sie innerhalb der letzten zwölf Monate zumindest zehn Monate entsprechend ihrer Qualifikation beschäftigt waren.

Familienangehörige von Inhabern einer Rot-Weiß-Rot Karte und von Inhabern einer Blauen-Karte- EU können gleich eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus beantragen.

Die Rot-Weiß-Rot – Karte plus wird für ein Jahr ausgestellt. Personen, die bereits zwei Jahre rechtmäßig in Österreich niedergelassen waren und das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllen, können eine Rot-Weiß-Rot – Karte plus mit einer Gültigkeitsdauer von drei Jahren erhalten.

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11
Q
  1. Erläutern Sie im Zusammenhang mit Betriebsvereinbarung den Begriff der „Betriebsnormen“! (S156f)
A

Die Betriebsnormen bilden eine Normenkategorie, deren Regelungsbereich die betrieblichen Gegebenheiten oder die Belegschaft als solche betrifft.

Betriebsnormen ist ein Überbegriff für all jene Normen, deren einheitliche Anwendung im Betrieb bereits von der Natur der Sache her unumgänglich ist. (und nicht bloß aus Rationalisierungs- oder Gleichbehandlungsgründen wünschenswert)

Inhalt des Einzelarbeitsverhältnisses werden Betriebsnormen grundsätzlich nicht.

Untergruppen sind:

  • Solidarnormen
    (Normen über Maßnahmen zu Gunsten der gesamten Belegschaft im Betrieb)
    (z.B.: Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen, §97 (1) Z. 8, Betriebsküchen,..)
  • Ordnungsnormen (Normen, die der betrieblichen Ordnung dienen)
    (z.B.: Rauchverbot, Alkoholverbot; Disziplinarordnung, Allg. OrdnungsV)

Ordnungsvorschriften sind ihrem Zweck nach meist zweiseitig-zwingend, es kann also auch nicht im Sinne des Günstigkeitsprinzip von ihnen abgewichen werden.

Betriebsnormen sind grundsätzlich in Betriebsvereinbarungen enthalten (nach §96 (1) Z.1, oder §97 (1) Z. 1, …) können aber wohl nach dem § 97 (2) Umkehrschluss auch in Kollektivverträgen vorkommen.

Doppelcharakter von Betriebsnormen: BN soweit sie als Individualrechte des einzelnen Ans konkretisier bar sind, sind auch Inhaltsnormen!

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12
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der AN-Begriff des Arbeitsvertragsrechts vom AN-Begriff der Betriebsverfassung? (S184f)
A

Der Arbeitnehmerbegriff wird abhängig vom Zweck der gesetzlichen Regelung teils weiter, teils enger gefasst.

Arbeitsvertragsrecht (§ 1 ArbVG):
- Arbeitsvertragstheorie
- Persönliche & wirtschaftliche Abhängigkeit und DSV
 Arbeitnehmer ist, wer auf Grund eines Arbeitsvertrages einem anderen zur Dienstleistung in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist.

Betriebsverfassung (§ 36 ArbVG):
- Eingliederungstheorie
- tatsächliche Beschäftigung
 Alle im Rahmen eines Betriebes beschäftigten Personen inklusive Lehrlinge und Heimarbeiter sind Arbeitnehmer.

Im Falle von AN die überwiegend außerhalb des Betriebes tätig werden, ist die Voraussetzung „Beschäftigung im Betrieb“ nicht bloß örtlich, sondern als organisatorische Eingliederung in den Betrieb zu verstehen.

Obwohl der AN Begriff der Betriebsverfassung auf die Beschäftigung abstellt, bildet die persönliche Abhängigkeit das entscheidende Kriterium für die Arbeitnehmereigenschaft. Beschäftigungen aus freiem Dienstvertrag oder Werkvertrag genügt somit für die Arbeitnehmerqualifikation in der Betriebsverfassung nicht.

BV: Vorliegen eines (gültigen) AV in der Regel nicht notwendig; Nichtigkeit und Anfechtbarkeit – außer bei grober Gesetz-uns Sittenwidrigkeit- beeinflussen den Status als Arbeitnehmer gem §36 ArbVG nicht..

Nicht deckungsgleich, sondern wie schneidende Kreise. Überwiegende Anzahl der AN iS der Betriebsverfassung erfüllt gleichzeitig auch den AN-Begriff nach Arbeitsvertraglichen Grundsätzen.

Betriebsverfassung weiter als AVR: Asylant ohne Arbeitsgenehmigung, im Betrieb beschäftigter Beamter

Arbeitsvertragsrecht weiter als BV: Leitende Angestellte mit maßgeblichem Einfluss auf die Führung des Betriebs

Grenzfall Betriebsvereinbarung: Beide AN Begriffe müssen erfüllt sein, damit Angelegenheit von BV regelbar.

Arbeitnehmerschutzrecht (§ 2 ASchG):
- faktische Tätigkeit
- natürlich weit
 Arbeitnehmer sind alle Personen, die im Rahmen eines Beschäftigungs- und Ausbildungsverhältnisses tätig sind.

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13
Q
  1. Können Betriebsvereinbarungen gekündigt werden? (S159)
A

Notwendige BV (§96):
- Jederzeit ohne Kündigungsfrist kündbar.
- (Ausnahme: Befristung, Kündigungsregelungen)
Notwendige BV mit ZS sowie Erzwingbare BV:
- Kündigung ausgeschlossen!
- (Mangels Einvernehmen entscheidet Schlichtungsstelle über Aufhebung)

Fakultative BV:

  • Kündigung möglich!
  • Schriftlich, unter Einhaltung einer 3-monatigen
  • Kündigungsfrist zum Monatsletzten. (§ 32 Abs. 1)
  • (Ausnahme: Befristung, Kündigungsregelungen)

Andere Beendigungsformen: (unabhängig von BV-Typ)

  • Einvernehmliche Auflösung (aus vertraglichen Grundsätzen)
  • Vorzeitige Auflösung aus wichtigem Grund
  • Zeitablauf (BV von Vertragspartnern befristet abgeschlossen; Eintritt der Bedingung, wenn BV mit auflösender Bedingung versehen)
  • Wegfall der Rechtsgrundlage (Reglungsgrundlage kann nicht nur Gesetz sondern auch KV sein  fällt kollektivvertragliche Ermächtigung weg, geht auch BV unter!  Keine Nachwirkung!)
  • Betriebsuntergang ( Erlöschen v. BV tritt nach hM automatisch mit Stilllegung des Betriebs ein  da rechtliche Grundlage der BV –sachlich u räumlicher Geltungsbereich – verloren geht)

Die Beendigung einer Betriebsvereinbarung ist genauso kundzumachen wie ihr Abschluss. Der Betriebsinhaber muss auch die AN und AG Interessensvertretungen benachrichtigen.

Wechsel des Betriebsinhabers:
Lässt Bestand der BV unberührt (§31 Abs 4 ArbVG)  Folge: auch Betriebsnachfolger sind weiterhin an BV gebunden.

§31 Abs 5 ArbVG:
Geltung für BV aus Stammbereich bleibt auch für Betriebsteile, die rechtlich verselbständigt werden, aufrecht.

§31 Abs 6 ArbVG iVm §34 ArbVG:
Geltung für BV aus Stammbereich bleibt auch für AN bei Betriebszusammenschließung zu einem neuen Betrieb gleich.

§31 Abs 7 ArbVG:
Kommt es zur Aufnahme von Betrieben oder Betriebsteilen durch einen anderen Betrieb, so bleibt für die Arbeitnehmer des aufzunehmenden Betriebs die Geltung von BV insoweit unberührt, als sie Angelegenheiten betreffen, die von den BV des aufnehmenden Betriebs nicht geregelt werden.

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14
Q
  1. Was sind die Charakteristika der „AN-ähnlichen Person“? Was sind die Rechtsfolgen einer Zuordnung zum Kreis der arbeitnehmerähnlichen Personen? (S210-212)
A

Arbeitnehmerähnlich sind gemäß §51 ASGG Personen, die ohne in einem Arbeitsverhältnis zu stehen im Auftrag und für Rechnung anderer Personen Arbeit leisten und wirtschaftlich unselbstständig sind.

Arbeitnehmerähnliche Personen sind nach § 51 ASGG Arbeitnehmern
prozessual gleichgestellt.

Die Geltungsbereiche von DHG, Ausländerbeschäftigungsgesetz, Arbeitskräfteüberlassungsgesetz und Gleichbehandlungsgesetz erstrecken sich auch auf arbeitnehmerähnliche Personen. Das Kautionsschutzgesetz erstreckt sich zum Teil auf arbeitnehmerähnliche Personen.

Merkmale:
- Kein Arbeitsverhältnis
- Kriterien fremdbestimmter Arbeit
Mittelstellung zwischen unselbstständigem Arbeitnehmer und selbstständigen Unternehmer.

Mögliche vertragliche Grundlagen:
Auftrag, freier Dienstvertrag, Werkvertragselemente

Wichtigstes Kriterium: wirtschaftliche Unselbstständigkeit

  • Entschlussfreiheit auf Minimum beschränkt
  • Lohnabhängigkeit
  • wirtschaftlich gleiche Situation wie typisch bei Arbeitnehmer
  • faktische wirtschaftliche Abhängigkeit von einem oder wenigen Auftraggebern

Indizien:

  • Keine eigene Betriebsstätte
  • längere Dauer der Beschäftigung
  • regelmäßiges Honorar

Beispiele:
Handelsvertreter (Handtücher, Staubsauger), Stundenbuchhalter

Die Arbeitnehmerähnlichkeit wird durch die wirtschaftliche Lage, nicht durch die juristischen Merkmale des Arbeitnehmerbegriffs gekennzeichnet. Diese können in diese Richtung weisen, würden sie aber überwiegend vorliegen, ist sogar ein Arbeitsverhältnis anzunehmen.

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15
Q
  1. Erklären Sie den Begriff „Einstellungsdiskriminierung“? Welche arbeitsrechtlichen Normen sind diesbezüglich von Relevanz? (S238)
A

Einstellungsdiskriminierung:

Diskriminierung einer Person bei der Begründung von Arbeitsverhältnissen, insbesondere durch die Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses mit dieser Person.

Verbote: - Culpa in contrahendo (Zivilrecht)

    - §7 ABs 1 Behinderten-Einstellungs-Gesetz (BEinstG)     (Behinderung) 
    - §3 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG)   (Geschlecht, Familienstand-Kinder)    
    - §17 ABs 1 Gleichbehandlungsgesetz (GlBG)  (Ethnie, Religion, Alter, ...)       
  • Gebot der geschlechtsneutralen Stellenausschreibung (§9 GlBG)
  • Gebot der diskriminierungsfreien Stellenausschreibung (§ 23 GlBG)

OGH:
Anbahnungsphase ist besonders anfällig für sexuelle Belästigung, da der Belästiger denkt, leichtes Spiel zu haben, wenn er das Zustandekommen eines AV von „einem gewissen Entgegenkommen“ abhängig macht.

EuGH:
Ein Anspruch auf Auskunft eines abgelehnten Stellenwerbers darüber, ob ein anderer Bewerber eingestellt wurde, besteht nicht. Unter gewissen Umständen kann das Verweigern der Information jedoch das Vorliegen einer Diskriminierung vermuten lassen

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16
Q
  1. Was regelt bzw. für wen gilt der sogenannte Überzeugungsschutz? (S197)
A

Der Überzeugungsschutz gilt für Medienmitarbeiter.

Medienmitarbeiter (§ 1 Abs 1 Z11 Mediengesetz): Jeder, der in einem Medienunternehmen oder Mediendienst an der inhaltlichen Gestaltung des Mediums mitwirkt, sofern er als Angestellter oder freier Mitarbeiter diese journalistische Tätigkeit ständig ausübt, und nicht bloß als unbedeutende Nebenbeschäftigung.

MedienG  hat kaum arbeitsrechtliche Bestimmungen.

Der Überzeugungsschutz bzw. Gesinnungsschutz des Mediengesetzes ist eine der wenigen Besonderheiten des Mediengesetzes.

Jeder Medienmitarbeiter hat das Recht, seine Mitarbeit an der inhaltlichen Gestaltung von Beiträgen zu verweigern, die seiner Überzeugung in Grundsatzfragen oder journalistischen Grundsätzen widersprechen.

Ausnahmen:

  • grundlegende, veröffentlichte Richtung des Mediums
  • bloß technische Bearbeitung eines Beitrags
  • Nachrichten

Aus einer gerechtfertigten Weigerung darf einem Mitarbeiter kein Nachteil entstehen.

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17
Q
  1. Kann aus dem Mutterschutzgesetz ein Verbot befristeter Arbeitsverträge abgeleitet werden? (S265)
A

Die sachliche Rechtfertigung von Befristungen besitzt auch im Bereich des Mutterschutzgesetzes wesentliche Bedeutung.
Um die Benachteiligung werdender Mütter durch befristete Arbeitsverhältnisse zu verhindern, sieht das Mutterschutzgesetz eine Ablaufhemmung vor.

Demnach ist der Ablauf der Frist eines befristet geschlossenen Dienstvertrags von der Meldung der Schwangerschaft bis zum Beginn des
Beschäftigungsverbots (8 Wochen vor Entbindung) gehemmt (§ 10a MSchG).
Außer:
Befristung sachlich gerechtfertigt oder im Gesetz vorgesehen. (z.B.: Vertretung, zur Ausbildung oder Erprobung, für die Saison) (§10 Abs 2 MSchG)
Die Beweislast für die sachliche Rechtfertigung trägt der Arbeitgeber.

18
Q
  1. Handelt es sich bei einem befristeten Arbeitsvertrag auf einen Tag um ein Dauerschuldverhältnis oder ein Zielschuldverhältnis? (S167)
A

Ein Dauerschuldverhältnis unterscheidet sich von einem Zielschuldverhältnis dadurch, dass einzelne Erfüllungshandlungen das Dauerschuldverhältnis nicht beenden, es braucht vielmehr einen besonderen Endigungsgrund (Kündigung, Entlassung, einvernehmliche Auflösung)
Die zeitliche Dauer an sich spielt keine Rolle.

Auch eine bloß kurze Dauer des Arbeitsverhältnisses steht der Annahme eines Arbeitsvertrages nicht entgegen.
Arbeitsverträge können auch für einen Tag oder auch nur für Stunden geschlossen werden, wenn dies der Zweck der Arbeitsleistung mit sich bringt.

19
Q
  1. Können eine kalendermäßige und eine objektiv bestimmbare Befristung miteinander kombiniert werden? (S260ff)
A

Die Dauer einer Befristung kann grundsätzlich kalendermäßig fixiert sein oder an ein bestimmtes Ereignis anknüpfen, dessen Eintritt feststeht.

Nach der Rechtsprechung genügt es, wenn der Endzeitpunkt objektiv feststellbar ist und nicht willkürlich durch die Vertragsparteien beeinflusst werden kann.
Eine Absehbarkeit muss jedoch gegeben sein, da sich sonst die objektiv bestimmbare Befristung an eine auflösende Bedingung annähert.

Laut Rechtsprechung muss der befristete Arbeitsvertrag auch Anhaltspunkte über den möglichen Endigungszeitpunkt enthalten.

Für die Universität gibt es sondergesetzliche Bestimmungen zur Befristung, welche die Beschäftigung von Ersatzkräften als zulässigen Grund für eine Befristung ausdrücklich anerkennen.
Hier genügt es für die Bestimmbarkeit, wenn aus dem Vertrag deutlich wird, für wen die Ersatzkraft eingestellt ist.

Die Kombination von kalendermäßigen und objektiv bestimmbaren Befristungen ist möglich („doppelte Befristung“).

Beispiel:
Befristung für die Dauer der krankheitsbedingten Abwesenheit eines anderen AN, längstens bis zum Ende des Kalenderjahres.

Zu beachten ist aber, dass einige Kollektivverträge befristete Arbeitsverhältnisse nur zulassen, wenn Beginn- und Beendigungstag kalendermäßig festgestellt sind.
Befristungen nach dem Vertragsbedienstetengesetz (VBG) müssen von vornherein auf eine zeitlich begrenzte Arbeit oder auf eine kalendermäßig bestimmte Zeit lauten.
Wird nach Ablauf der Frist weitergearbeitet und auch keine weitere zeitliche Begrenzung vereinbart, ist die Befristung hinfällig und ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit als konkludent vereinbart anzunehmen.

20
Q
  1. Wer ist bei einer OG / KG Arbeitgeber? Die Gesellschafter oder die Gesellschaft? (S181ff)
A

Der Arbeitgeberbegriff ist im Arbeitsrecht nicht einheitlich legal definiert.

Der Arbeitgeber ist immer das Pendant (Gegenstück) zum Arbeitnehmer.

Arbeitgeber i.S.d. Arbeitsvertragsrecht:
Wer im Rahmen eines Arbeitsvertrags über die Arbeitskraft eines anderen verfügen kann.

Arbeitgeber i.S.d. Arbeitnehmerschutzrechts:
Person oder Gesellschaft, die als Vertragspartei mit dem AN die Verantwortung für das Unternehmen oder den Betrieb trägt. (§ 2 ASchG)

Arbeitgeber i.S.d. ASVG (§35) (Sozialrecht):
Derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der AN in einem Beschäftigungsverhältnis steht.

Betriebsinhaber:
Jede natürliche oder juristische Person, die mit technischen oder immateriellen Mitteln einen Arbeitserfolg im Rahmen eines Betriebs erzielen will.

Die Arbeitgebereigenschaft der Personengesellschaften (OG, KG) ist im Hinblick auf ihre Rechtsfähigkeit zu prüfen. Gemäß § 105 UGB sind OG und KG rechtsfähig.

In der Sozialversicherung hat der VwGH die Arbeitgebereigenschaft der Gesellschaft anerkannt.

Das gilt auch aus arbeitsrechtlicher Sicht.
Die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis kommen der Gesellschaft zu.

So ist die Arbeitsleistung der Gesellschaft und nicht den Gesellschaftern gegenüber zu erbringen. (den Gesellschaftern höchstens mittelbar) Auch die Fürsorgepflicht sowie die Pflicht zur Entgeltleistung trifft die Gesellschaft.

Gesellschafter sind wegen gesellschaftlichen Sonderregelungen des §128 UGB als Zahlungspflichtige Dritte und nicht als AG anzusehen!

Die Personengesellschaften sind also Arbeitgeber an sich. (= Kapitalgesellschaften + Genossenschaften als juristische Personen AG) (≠ GesbR  hier sind Gesellschafter AG)

21
Q
  1. Wann handelt es sich um eine Dienstwohnung und wann um eine Wohnung mit Mietvertrag unter Vereinbarung von Dienstleistungen als Gegenleistung? (S175f)
A

Der Arbeitsvertrag kann vorsehen, dass einem Arbeitnehmer neben seinem Geldlohn eine Wohnung als Naturallohn (Entgeltbestandteil) zur Verfügung gestellt wird. (Naturallohn ist alles, was nicht Geldlohn ist.)

Umgekehrt besteht aber auch die Möglichkeit, dass in einem Mietvertrag als Gegenleistung für die Überlassung der Wohnung Arbeitsleistungen vereinbart werden.
Es stellt sich also die Frage, ob ein Arbeitsvertrag oder ein Mietvertrag vorliegt.

  • Absicht der Parteien
  • wirtschaftlicher Zweck des Vertrags
    o Entscheidend: Hauptursache des Vertrags (Arbeitsleistung oder Wohnraumüberlassung im Vordergrund)

Einzubeziehen:

  • Zu leistende Arbeitszeit  bei eher geringer Inanspruchnahme der Arbeitszeit  eher Bestandsverhältnis
  • Höhe des Mietzinses  Höhe auch ein Indiz für Eigenständigkeit des Mietvertrags

Grundsätzlich ist auf die Merkmale des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Fehlen Persönliche Abhängigkeit und wirtschaftliche Unselbstständigkeit und sind nur einzelne Dienstleistungen als Entgelt vereinbart, liegt wohl ein Bestandsvertrag (Mietvertrag) vor.

Mietvertrag: Auch nach Wegfall der Dienstleistungspflicht Gebrauchsrecht an der Wohnung!

Für die Dauer des Arbeitsverhältnisses eingeräumte Wohnungsbenützung : Arbeitsvertrag. (Auch wenn für die Benützung ein gewisses Entgelt ohne Anrechnung auf den Lohn zu zahlen ist.) Eine solche Wohnung ist bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu räumen.

Bei einer vom Arbeitgeber verschuldeten vorzeitigen Lösung des Arbeitsverhältnisses besteht für den AN ein Anspruch auf Schadenersatz (Primär auf Naturalrestitution -> Weiterbenützung)

Dienstwohnung: Vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Wohngelegenheit, die zur Verrichtung der geschuldeten Arbeit erforderlich ist.
Naturalwohnung: Wohnung, bei der die Gebrauchsüberlassung am Wohnraum Arbeitsentgelt als Naturallohn ist.
Werkswohnung: Wohnung gegen geringfügiges, unterdurchschnittliches Entgelt, nach erklärter Absicht der Vertragspartner zeitlich an das Arbeitsverhältnis gekoppelt.
Wohnungen, die auf Grund eines DV oder im Zusammenhang mit einem solchen als Dienst-oder Werkswohnung überlassen werden, fallen nicht unter des MRG! (§1 Abs 2 Z2 MRG)

22
Q
  1. Wo liegen die Grenzen des Fragerechts für den Arbeitgeber im Zusammenhang mit der Bewerbung des AN? (S236f)
A

Befragung in einem Bewerbungsgespräch darf die Intimsphäre und die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers nicht verletzen.

  1. Schwangerschaft:
    Nach ständiger Rechtsprechung des OGH ist weder ein Nichtigkeits- oder Anfechtungsgrund noch ein Entlassungsgrund gegeben, wenn eine Schwangerschaft verschwiegen wird.
  2. Vorstrafen:
    Wohl eine Ausnahme dann anzuerkennen, wenn zwischen Straftat und Tätigkeitsbereich des AN ein besonderer Zusammenhang besteht und eine Beschäftigung auf Grund des Vertrauensmangels unzumutbar ist. Fragen nach getilgten Vorstrafen sind jedenfalls unzulässig.
  3. Vermögensverhältnisse:
    Ein berechtigtes Interesse an den Vermögensverhältnissen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber nur, wenn er durch die Rechtsordnung von diesen unmittelbar betroffen wird. (Beispiel: Im Fall einer Lohnpfändung muss der AG selbst den pfändbaren Teil des Lohns an den Gläubiger überweisen)
  4. Gesundheit:
  • kein detailliertes Fragerecht
  • kein Recht auf Vorlage ärztlicher Befunde
  • Interessenabwägung nötig!  Auf jeden Fall Fragerecht bei Gefahr für Gesundheit der anderen AN im Betrieb.
  • Auf jeden Fall verboten: Analyse von Genen/Körpersubstanze (§67 GTG)
  1. Sicherheit:
    - Sicherheitserklärung nach SPG (Sicherheitsprüfung durch die Polizeibehörde mit Zustimmung des AN)
    - Nur bei Tätigkeit mit Zugang zu vertraulichen Informationen, deren Verwendung im Ausland die Schädigung des Unternehmens bewirken würde („Industriespionage“) (§55a Abs 2 Z3 SPG)

Verfassungsrechtlich garantiert (§ 1 DSG 2000):

  • Geheimhaltung personenbezogener Daten
  • Auskunft über ihre personenbezogenen Daten
  • Richtigstellung unrichtiger Daten
  • Löschung unzulässigerweise verarbeiteter Daten

Fragen, die Über die allgemein und fachlichen Angaben hinausgehen und im Personalfragebogen gestellt werden:

  • Mitbestimmungsrecht des BR (§96 Abs 1 Z2 ArbVG)
  • Derartige Fragebögen bedürfen Zustimmung des BR!  Fehlt BV so sind der Mitbestimmung unterliegende Fragen unzulässig  keine nachteiligen RF wenn Fragen falsch oder gar nicht beantwortet werden
23
Q
  1. Wann spricht man von einem Kettendienstvertrag? Sind Kettenarbeitsverträge – zumindest für gewisse Arbeitnehmergruppen – zulässig? (S262-265)
A

Von einem Kettendienstvertrag spricht man bei der Aneinanderreihung von mehreren befristeten Arbeitsverhältnissen.

Dies ist problematisch, da befristete Arbeitsverhältnisse mit Ablauf der Frist automatisch enden, und somit kein Kündigungsschutz für den Arbeitnehmer besteht. Auch weitere Nachteile auf Grund der nur kurzen Dienstverhältnisse entstehen den Arbeitnehmern, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit nach dem AngG.

Die Frage nach der sachlichen Rechtfertigung stellt sich bereits bei einmaliger Aneinanderreihung, bei zweimaliger ist ein umso strengerer Maßstab anzulegen.

Die Rechtsprechung lässt eine Aneinanderreihung von befristeten Arbeitsverhältnissen nur in Ausnahmefällen zu, wenn es wirtschaftlich und sozial begründet ist.

Eine nicht gerechtfertigte Befristung ist nichtig (Teilnichtigkeit des Arbeitsvertrags).

Auch die EU Rahmenvereinbarung (§5) über befristete Arbeitsverträge verpflichtet die Mitgliedsstaaten Missbrauch durch befristete Arbeitsverträge zu verhindern.

Keine berechtigte Ausnahme wären zum Beispiel ausländische Beschäftigte mit Beschäftigungsbewilligung. Da die Wirkungen einer Nichtverlängerung der Beschäftigungsbewilligung erst mit dem Zeitpunkt eintreten, der sich aus den die Rechte des ausländischen Arbeitnehmers sichernden gesetzlichen und kollektiven Normen ergibt (Kündigungsfrist und Kündigungstermine), ist eine solche Befristung nicht sachlich gerechtfertigt.

Berechtigte Ausnahmen bestehen für:

  • journalistische Mitarbeiter des ORF
  • parlamentarische Mitarbeiter von Nationalratsabgeordneten
  • Universitätsbedienstete
  • Beschäftigung mit DL-Scheck

Die Judikatur wendet die Überlegung zum Kettendienstvertrag auch auf befristete Ansprüche aus dem Arbeitsvertrag an.

Will das Unternehmen kein weiteres Arbeitsverhältnis mehr abschlie0en, muss der AN grunsätzlich nicht darüber informiert werden! Ausnahme: ORF-G für programmgestaltende und journalistische Mitarber (bei nicht rechtzeitiger Verständigung  Entschädigungsanspruch!)

24
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der Betriebs- vom Unternehmensbegriff? (S222 u. 228f)
A

Betrieb:
Laut BV: Jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet, innerhalb der eine physische oder juristische Person oder eine Personengemeinschaft mit technischen oder immateriellen Mittel die Erzielung bestimmter Arbeitserfolge verfolgen. (§34 Abs 1 ArbVG)

Unternehmen:
Wirtschaftliche und rechtliche Einheit, in welche die Betriebe eingebettet sind. „Vereinigung von persönlichen, sachlichen oder immateriellen Mitteln, durch die das Ziel ein bestimmtes Bedürfnis zu befriedigen, ermöglicht wird.“ (Jacobi)

Scharfe Trennung nicht allgemeingültig möglich.

Primär Systematisierungsproblem der Betriebsverfassung. Das Unternehmen ist ein Sondervermögen, dessen Kern ein Tätigkeitsbereich ist, dem aber auch Sachen und Rechte eingegliedert sind und zu dem auch immaterielle Werte wie Kundenstock, innere Ordnung, und Geschäftserfahrung zählen.

Generell ist der Betriebsbegriff im Arbeitsrecht weitaus wichtiger als der Unternehmensbegriff. Der Unternehmensbegriff tritt nur in Erscheinung, wenn in einem Unternehmen mit mehreren Betrieben ein Zentralbetriebsrat zu bilden ist und bei der Mitbestimmung der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat.

25
Q
  1. Wann kommt es zu einem Feststellungsverfahren und wann zu einem Gleichstellungsverfahren im Zusammenhang mit einem Betrieb nach ArbVG? (S222-226)
A

Betrieb: Jede Arbeitsstätte, die eine organisatorische Einheit bildet.
Organisatorische Einheit nach Rsp des VwGH muss
- Einheit des Betriebsinhabers
- Einheit des Betriebszwecks
- Einheit der Organisation
umfassen!

In der BV bildet die Arbeitsstätte wohl den allgeminsten Begriff für die organisatorische Zusammenfassung menschlicher Arbeit.
Eine Arbeitsstätte, in der dauernd mehr als 50 Arbeitnehmer (§35 ArbVG ; bzw 10 gem. § 134a ArbVG) beschäftigt werden, die aber die Merkmale eines Betriebs iSd §34 Abs 1 ArbVG nicht alle erfüllt, kann mittels Klage an das Arbeits- und Sozialgericht einem Betrieb gleichgestellt werden (Gleichstellungsverfahren).

Aktivlegitimation (Klage kann von all diesen Personen beim Gericht eingereicht werden!):

  • Betriebsrat
  • Freiwillige Berufsvereinigung (Gewerkschaft)
  • Gesetzlichen Interessensvertretung der Arbeitnehmer (Arbeiterkammer)
  • So viele Arbeitnehmer wie Betriebsräte zu wählen wären

Voraussetzungen (§35 Abs 1 ArbVG)

  • 50 Arbeitnehmer
  • räumlich vom Hauptbetrieb weit entfernt
  • Eigenständigkeit in der Organisation & Aufgabe, die Betrieb nahe kommt

Fallen die Voraussetzungen weg, kann der Betrieb mittels Klage zum ASG wieder zur unselbstständigen Arbeitsstätte erklärt werden. (§35 Abs 2 ArbVG)  hier sind nicht nur die oben genannten Personen Klagseinrechberechtigt sondern auch der Betriebsinhaber!

Die Betriebseigenschaft bildet eine wesentliche Voraussetzung für die Betriebsratswahl und allgemein für die Geltung der Betriebsverfassung.
Daher sieht das ArbVG vor, dass in Zweifelsfällen das Gericht auf Grund einer Klage festzustellen hat, ob ein Betrieb vorliegt oder nicht (§ 34 ABs 2,3 ArbVG)(Feststellungsverfahren).

Aktivlegitimation:

  • Betriebsinhaber
  • Betriebsrat
  • So viele AN wie Betriebsratsmitglieder zu wählen wären
  • Freiwillige Berufsvereinigung (Gewerkschaft)
  • Gesetzliche Interessensvertretung (Arbeiterkammer)

Das Urteil hat so lange bindende Wirkung, bis das Wegfallen der Voraussetzungen in einem neuerlichen Urteil festgestellt wird.

26
Q
  1. Was regelt das Hausbetreuungsgesetz und was das Dienstleistungsscheckgesetz? (S195f)
A

Das – unglücklich titulierte – Hausbetreuungsgesetz wurde 2007 zur Bekämpfung illegaler Beschäftigung im Pflege und Betreuungsbereich beschlossen.

Ziel des Gesetzes ist die Schaffung einer adäquaten Rechtsgrundlage für die Rund-um-die-Uhr Betreuung von pflegebedürftigen Personen.

Erfasst sind selbstständige wie unselbstständige Erwerbstätige, die sich um pflegebedürftige Personen in deren Privathaushalten kümmern.
Die Betreuungstätigkeiten nach § 1 HBetrG sind insbesondere Hilfestellungen bei Haushalts- und Lebensführung sowie notwendige Anwesenheit.
Für die in einem Arbeitsverhältnis stehende Betreuungsperson kommt grundsätzlich das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (HGHAG) zur Anwendung
(Generell erfasst das HGHAG alle, die Dienste für die Hauswirtschaft des
Arbeitgebers leisten müssen, unabhängig von der Aufnahme in den Haushalt.)

Für die Anwendung des HBetrG müssen darüber hinaus Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Pflegegeldanspruch,
  • Arbeitsfreie Periode,
  • Aufnahme in die Hausgemeinschaft der zu betreuenden Person,
  • Arbeitszeithöchstgrenze binnen 2 Wochen

Hausbetreuungsgesetz ist eigentlich nicht für häusliche Pflege gedacht, dazu wäre eigentlich anderes Personal nötig. In der Praxis ein Graubereich.

Das HBetrG ist kein AN Schutzgesetz, sondern will Schwarzarbeit eindämmen und 14 Tage Rhythmus ermöglichen.

Neben HBetrG gelten HGHAG und der MLT.

Problem: Wohnraum ist im Entgelt des MLT eingerechnet, was bei ausländischen Arbeitskräften aber unsozial ist, da diese trotzdem Wohnraum zu Hause benötigen.

Das Dienstleistungsscheckgesetz enthält für haushaltstypische Dienstleistungen (Reinigung, Gartenarbeit, Babysitten) arbeits- und sozialrechtliche Sonderbestimmungen.

Voraussetzungen:

  • AG: Natürliche Person im Privathaushalt
  • Arbeitsverhältnis für maximal einen Monat befristet
  • Entgelt höchstens Geringfügigkeitsgrenze (ASVG)
  • Entlohnung mittels Dienstleistungsscheck erfolgt (§1 Abs 1DLG)

Kaufpreis des Dienstleistungsschecks = Wert + 2 Prozent (enthält Unfallversicherungsbeitrag 1,3% und Verwaltungskostenanteil 0,7%  §4 Abs 3 DLG) (Zu kaufen in Trafiken, Postämtern und bei der Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau)

Dienstleistungsschecks sind am Tag der Arbeitsleistung auszufertigen. (§2 Abs 2 DLSG) Der AN hat den Scheck bis zum Ende des Folgemonats an die GKK zu übermitteln, diese überweist dann den Wert auf sein Konto. (§3 Abs 2 DLSG)

Liegen die Vorrausetzungen vor, können ausdrücklich nach DLSG befristet Arbeitsverhältnisse ohne zahlenmäßige Beschränkung auch unmittelbar hintereinander abgeschlossen werden, ohne dass ein unbefristetes Vertragsverhältnis entsteht. (§1 Abs 3 DLSG)

(HGHAG und Mindestlohntarif sind natürlich trotzdem einzuhalten.)

27
Q
  1. Beschreiben Sie den Begriff und die Wirkungsweise „freier Betriebsvereinbarungen“! (S161-165)
A

Eine Betriebsvereinbarung braucht eine gesetzliche oder kollektivvertragliche Regelungsermächtigung.

Wenn dieser Regelungsraum der Betriebsverfassung nicht eröffnet ist und dennoch eine BV über eine Angelegenheit abgeschlossen wird, spricht man irreführend von einer freien Betriebsvereinbarung.

Eine solche ist gar keine Betriebsvereinbarung und hat weder normative noch obligatorische Wirkung.
(Betriebsrat als Organ der Teiljuristischen Person Belegschaft hat hier keinen Abschlusskompetenz für obligatorisch wirkende Vereinbarung)

Nach der Vertragsschablonentheorie handelt es sich also bloß um eine vertragliche Ergänzung gemäß § 863 ABGB. (Die Kompetenz dazu hat der Betriebsrat aus seinem allgemeinen Vorschlagsrecht zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen.)

AN wie AG müssen also ausdrücklich oder zumindest schlüssig zustimmen, dass die Regelung als Teil ihres Arbeitsvertrags vereinbart ist.

Sind solche Regelungen Vertragsbestandteile geworden, muss, wenn sie wieder enden sollen, jeder einzelne AN (= Vertragspartner des AG) einzeln darauf verzichten.

Häufige Beispiele: Remunerationen, Zulagen, Abfertigungen

Andere Ansicht:
Kritisch, wenn Vertragspartner nicht wussten, dass BV an sich nicht rechtsverbindlich ist. (Andere Vorschläge: Vertrag zu Gunsten Dritter, gemischter Vertrag -> abzulehnen)

Arbeitsverhältnis – Arbeitnehmer- Betrieb

28
Q
  1. Kann man mit einem Ehegatten ein Arbeitsverhältnis eingehen? Wenn ja, hat der Ehegatte Anspruch auf ein Entgelt? (S180)
A

Dienstleistungen von Familienangehörigen sind oft durch spezifische Bindungen gekennzeichnet und daher nicht als Arbeitsverhältnisse zu werten.

Trotzdem können natürlich Arbeitsverhältnisse zwischen Familienangehörigen begründet werden.

Bei der Arbeitsleistung eines Ehegatten im Betrieb des anderen Ehegatten ist zu unterscheiden, ob diese im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht oder im Rahmen eines Arbeitsvertrags oder eines Gesellschaftsvertrages erfolgt.

Ehegatten-Arbeitsleistung:

  • Eheliche Beistandspflicht
  • Arbeitsverhältnisses
  • Gesellschaftsvertrag

Dies gilt genauso für eingetragene Partner nach EPG!

Gemäß § 90 ABGB (= §11 EPG) hat der Ehegatte im Erwerb des anderen mitzuwirken, soweit dies zumutbar und nach den Lebensverhältnissen der Ehegatten üblich ist.
Die Bestimmung des § 98 ABGB (= §11 Abs 2 EPG) räumt dem mitarbeitenden Ehegatten einen Anspruch auf angemessene Abgeltung jeder Mitwirkung ein.

Durch diese Art der Mitwirkung entsteht zwischen den Ehegatten kein Arbeitsverhältnis.

Haben jedoch die Ehegatten die Mitwirkung im Erwerb des anderen auf eine vertragliche Grundlage gestellt, so gelten gemäß § 100 ABGB die vertraglichen Bestimmungen.

Im Allgemeinen schließt eine derartige vertragliche Regelung die Anwendung des familienrechtlichen Anspruches gemäß § 98 ABGB aus.

Eine Ausnahme besteht jedoch bei den Arbeitsverhältnissen.
Im Arbeitsverhältnis bestimmen sich die Ansprüche grundsätzlich nach dem Arbeitsvertrag, doch muss dem Mitarbeitenden mindestens das zukommen, worauf er gemäß § 98 ABGB (=§11 Abs 2 EPG) Anspruch hätte.
Vorrang des höheren arbeitsrechtlichen Anspruchs
Dieser Anspruch verjährt gemäß § 1486a ABGB in sechs Jahren vom Ende des Monats, in dem die Leistung erbracht wurde.

29
Q
  1. Worin besteht der Unterschied zwischen dem Arbeitsvertrag und dem Dienstzettel?
A

Der Arbeitsvertrag gemäß § 1151 ABGB begründet das Arbeitsverhältnis (konstitutiv). Als privatrechtliches Rechtsgeschäft basiert er auf den übereinstimmenden Willenserklärungen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer (Konsens)
Formvorschriften bestehen bei einem Arbeitsvertrag nicht, er kann grundsätzlich mündlich, schriftlich oder schlüssig erfolgen.

Ausnahmen:
- Lehrvertrag (erfordert Schriftlichkeit)
- Bestimmte Klauseln müssen schriftlich sein
(Kaution für spätere SE Ansprüche, Abtretung späterer Erfindungen)

Nicht mit dem Arbeitsvertrag zu verwechseln ist der Dienstzettel (bzw. Dienstschein).

Der Dienstzettel ist eine schriftliche Aufzeichnung über die wesentlichen Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsvertrag.

Er ist dem Arbeitnehmer bzw. freien Dienstnehmer unverzüglich nach Beginn des Arbeitsverhältnisses auszuhändigen.

Aber:
Wenn Arbeitsvertrag den gesamten Mindestinhalt des Dienstzettels umfasst, ist kein Dienstzettel nötig.

Im Gegensatz zum konstitutiv wirkenden Arbeitsvertrag wirkt der Dienstzettel bloß deklarativ.

Rechtsgrundlagen: In Österreich AVRAG, im Unionsrecht Nachweis-Richtlinie. (stammt aber aus Angestelltenrecht, für freie DN im ABGB)

Angaben im Dienstzettel (§ 2 AVRAG):

  • Name & Anschrift AN
  • Name & Anschrift AG
  • Beginn des Arbeitsverhältnis
  • Ende des Arbeitsverhältnis (wenn befristet)
  • Kündigungsfrist, Kündigungstermin
  • gewöhnlicher Arbeitsort
  • Schema-Einstufung
  • vorgesehene Verwendung
  • Anfangsbezug, Entgeltsfälligkeit
  • Erholungsurlaub
  • vereinbarte Normalarbeitszeit
  • Bezeichnung der anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung und wie diese aufliegen
  • Betriebliche Vorsorgekasse
  • allfällige Informationen zu einer Auslandsentsendung

Anstatt bestimmter Angaben können auch Verweise auf die anzuwendenden Gesetze oder KVs erfolgen.

Der Dienstzettel bringt dem AN auch Risiko:
Durch die Konkretisierung der Arbeitsbedingungen besteht die Gefahr einer erheblichen Abweichung vom Arbeitsvertrag. Wenn sich der AN nicht auf einen schriftlichen, anders-lautenden Arbeitsvertrag berufen kann, gerät er in Beweisnot.

Dem begegnet der OGH damit, dass er den Dienstzettel nur als Wissenserklärung deutet. Demnach ist das lesen und unterschreiben eines abweichenden Dienstzettels durch einen AN keine auf die Abänderung des Vertrages gerichtete Willenserklärung.

Dienstzettel und Arbeitsvertrag sind beide gebührenfrei. War früher anders, deswegen werden noch immer oft als Dienstzettel titulierte Dokumente ausgestellt.

Unterschiede: Arbeitsvertrag Dienstzettel
formlos Schriftlichkeitserfordernis
ABGB AVRAG, Nachweis-RL
konstitutiv deklarativ
Konsens zweier Willenserklärungen bloß Wissenserklärung (OGH)

30
Q
  1. Sind Heimarbeiter Arbeitnehmer? Unterliegen sie arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen? (S213f)
A

Heimarbeiter ist, wer ohne unter die GewO 1859 zu fallen in der eigenen Wohnung oder an einer selbstgewählten Arbeitsstätte im Auftrag und für Rechnung von Personen, die Heimarbeit vergeben, mit der Herstellung, Bearbeitung, Verarbeitung oder Verpackung von Waren beschäftigt ist.
OGH 1954: Heimarbeiter sind grundsätzlich nicht Arbeitnehmer, mangels persönlicher Abhängigkeit und persönlicher Arbeitspflicht.

Unter den Geltungsbegriff des Heimarbeitergesetzes fallen nur mindere Tätigkeiten (mindere Schreibarbeiten).

Werden qualifizierter Tätigkeiten erbracht, liegen Heimangestellte vor (z.B. Telearbeit via Internet).

Zu prüfen sind die allgemeinen Regeln des Arbeitnehmerbegriffs. Bloß weil dislozierte Tätigkeit vorliegt, ist die Arbeitnehmereigenschaft nicht generell ausgeschlossen.

Überwiegen die Merkmale eines Arbeitsverhältnisses, dann ist von einem Arbeitnehmer auszugehen. Erfüllt dieser Angestelltentätigkeiten, dann kommt das AngG zur Anwendung.

Der Judikatur zufolge ist das Heimarbeitsverhältnis nicht als Arbeitsverhältnis zu sehen. Trotzdem sind Heimarbeiter ähnlich schutzbedürftig wie „normale“ Arbeitnehmer.

Daher finden sich Bestimmungen zu Erholungsurlaub, Entgeltfortzahlung, Freistellungsanspruch und Abfertigung im Heimarbeitergesetz gleich wie für herkömmliche Arbeitnehmer. Kündigungsbestimmungen bestehen nicht, aber der AG muss den Heimarbeiter zumindest eine Woche vor einer beabsichtigten Auflösung des Heimarbeitsverhältnisses verständigen. (§27a HeimAG) Das Heimarbeitsverhältnis endet aber auch, wenn der Auftraggeber innerhalb von 30 Tagen nach Ablieferung des letzten Auftrags keinen weiteren Auftrag vergibt oder der Heimarbeiter sich grundlos weigert innerhalb der Frist einen Auftrag anzunehmen.

Früher: Zwischenmeister
(wer disloziert unter Beiziehung von Familienangehörigen oder Dritten und mit eigener, wesentlicher Mitarbeit Heimarbeit erledigt)

31
Q
  1. Wodurch unterscheidet sich der Arbeitsvertrag vom Werkvertrag? (S171f)
A

§ 1151 ABGB:

„wer sich für gewisse Zeit zu einer Dienstleistung für einen anderen verpflichtet“  Arbeitsvertrag

„Herstellung eines Werkes gegen Entgelt“  Werkvertrag

Aus dem Arbeitsvertrag ist eine Arbeitsleistung geschuldet, aus dem Werkvertrag ein Erfolg.

So wird auch beim Arbeitsvertrag die Arbeitsleistung an sich entlohnt, beim Werkvertrag das Ergebnis (= WV gilt erst nach ordnungsgemäßer Fertigung als Erfüllt!)

 Daraus ergibt sich, dass der Werkunternehmer (anders als der Arbeitnehmer!) das Unternehmerrisiko und das Risiko von Gewährleistungsansprüchen trägt.

Der Arbeitnehmer arbeitet unselbstständig, der Werkunternehmer im wesentlichen selbstständig.

Das Arbeitsverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis, aus dem Werkvertrag ergibt sich ein Zielschuldverhältnis, das mit Erfolgseintritt endet.

Problematisch:

Wenn Arbeitsverhältnisse mit einem bestimmten Erfolgseintritt befristet sind greift das Unterscheidungskriterium „Werkvertrag endet mit Erfolgseintritt“ nicht mehr.

Dann sind die anderen Merkmale des Arbeitsverhältnisses zu prüfen!

Werkunternehmer ohne eigenes Unternehmen werden oft als „Arbeitnehmerähnliche Person“ einzustufen sein.

Einkommen aus Werkverträgen sind heute weitgehend gleichermaßen in die Sozialversicherung einbezogen wie Einkommen aus Arbeitsverhältnissen.

32
Q
  1. Erläutern Sie die Behaltepflicht von Lehrlingen, insbesondere die Rechtsgrundlage und die inhaltliche Ausgestaltung. (S. 201-203)
A

§1 Berufsausbildungsgesetz (BAG):
Lehrlinge sind Personen, die aufgrund eines Lehrvertrages zur Erlernung eines Lehrberufs bei einem Lehrberechtigten fachlich ausgebildet und im Rahmen dieser Ausbildung verwendet werden.

Nach Ablauf der Lehrzeit ist der Lehrling im Betrieb und im erlernten Beruf drei Monate lang weiterzuverwenden (§ 18 BAG).
Man spricht in diesem Zusammenhang von der Behaltepflicht des Dienstgebers bzw. von Behaltezeit. (Kündigung ausnahmsweise möglich wegen wirtschaftlichen Gründen insb Saisonarbeit und Betriebsstillegung  Genauer S.673) Die Behaltezeit ist unabdingbar, sie kann also selbst durch Vereinbarung zwischen Lehrling und Lehrberechtigten nicht beschränkt werden.

Dies bedeutet eine Pflicht des Lehrberechtigten zum Abschluss eines Arbeitsvertrags für mindestens diese Zeit mit dem Lehrling. Ein solcher Vertrag kommt nicht automatisch zustande. Bei Nichtbefolgung dieser Pflicht durch den Arbeitgeber besteht Anspruch auf Erfüllung und ggf auch auf Schadenersatz für den Lehrling.

Die integrative Berufsausbildung ermöglicht bei beeinträchtigten Personen die Verlängerung der Lehrzeit sowie die Festlegung einer wirtschaftlich-verwertbaren Teilqualifikation.

Ähnlich:

Anlernling: Arbeitnehmer, die während eines gewissen Zeitraums „angelernt“ werden und so die beruflichen Qualifikationen für die angestrebte Verwendung erhalten (KV- Terminologie)

Volontär (§3 Abs 5 lit a AuslBG): Wer in einem Ausbildungsverhältnis ohne Arbeitspflicht und Entgeltanspruch steht (kein Arbeitnehmer)

Praktikant: ähnlich wie Voluntär, nur überwiegt Aspekt der Praxiserlangung nach einer bereits erfolgten theoretischen Ausbildung.

 Volontär und Praktikant sind als Arbeitnehmer zu werten, wenn die allgemeinen Merkmale vorliegen.

33
Q
  1. Wann spricht man von einem Angestellten ex contractu bzw. von einem Ehrenangestellten? (S192f)
A

Arbeitnehmer können auf Grund ihrer tatsächlichen Tätigkeit oder auf Grund ihrer Tätigkeit laut Arbeitsvertrag Angestellte sein.
Daneben besteht auch die Möglichkeit, Angestellter ex contractu (=Ehrenangestellter) zu sein.

Angestellte ex contractu sind Arbeitnehmer, die zwar keine Angestelltentätigkeiten ausüben, für die aber kraft Vereinbarung das Angestelltengesetz gilt.

Dies ist nur möglich, soweit das Angestelltengesetz günstiger ist als die ansonsten anzuwendenden zwingenden gesetzlichen oder kollektiven Bestimmungen für Arbeiter.

Dabei kann nicht nur das ganze Angestelltengesetz übernommen werden, auch Teile davon sind möglich. Die Anwendung des Angestelltengesetzes führt nicht notwendig zur Anwendung des Angestellten- Kollektivvertrags.

Betriebsverfassungsrechtlich zählen Arbeitnehmer nur dann als Angestellte, wenn sie:

  • Anwendung des gesamten Angestelltengesetzes
  • Anwendung des Angestelltenkollektivvertrags
  • Einstufung in die Gehaltsordnung dieses KVs
  • unwiderruflich.

vereinbart haben.

Die Vereinbarung des Angestelltengesetz hat zur Folge, dass die AN sozialversicherungsrechtlich als Angestellte anzusehen sind.

Löschnigg: Problematisch kann sein, wenn Angestelltengesetz nicht günstiger als Arbeiterrecht. Strittig z.B. bei Entgeltfortzahlung. Aber wohl insgesamt günstiger, außerdem kann man aus 41 Abs. 3 ArbVG e contrario ableiten, dass die Übernahme des gesamten Angestelltengesetzes möglich ist.

34
Q
  1. Welche Gesetze bilden die Grundlage für das Arbeitsrecht der Arbeiter? (S186ff)
A

Es besteht eine historisch gewachsene Unterscheidung zwischen Arbeitern und Angestellten.

Erstens: VI. Hauptstück der Gewerbeordnung 1859.

Diese verwendet den Begriff „Hilfsarbeiter“ für alle Personen, die bei Gewerbeunternehmen in regelmäßiger Beschäftigung stehen. Gewerbearbeiter wäre heute passender.

Die Gewerbeordnung 1859 unterteilt in:

  • Gehilfen (Handelsgehilfen, Kellner)
  • Fabriksarbeiter
  • Arbeiter für untergeordnete Hilfsdienste (Hilfsarbeiter im engeren Sinn)
  • Lehrlinge

Nicht: Lohnarbeiten gemeinster Art (Stunden- oder Taglöhner)
Nicht: Personen, die in einem Gewerbebetrieb Angestelltentätigkeiten ausüben (ganz allgemein höhere Dienste)

Zweitens: Sondergesetze

Arbeiter im Baugewerbe:
- Bauarbeiter-Urlaubs-und-Abfertigungsgesetz (BUAG)
(Ausgleich saisonaler Unterschiede in der Baubranche)
- Bauarbeiter-Schlechtwetter-Entschädigungsgesetz (BSchEG)
(60% des Entgelts als Schlechtwetter-Entschädigung)
- Bäckerei-Arbeiter-Gesetz (BäckAG 1996)
- Land-Arbeiter-Gesetz

Drittens: ABGB (subsidiär)

  • Bedeutend insb für Arbeiter
  • III. Teilnovelle des ABGB 1916  normierte Verhältnis des AGBG zu den arbeitsvertraglichen Sondergesetzen
  • Anwendung der §§1151 bis 1164 ABGB , soweit für die in bestimmten Arbeitsverhältnisse bestehende besonderen gesetzlichen Vorschriften keine Bestimmungen über den AV enthalten sind.
35
Q
  1. Wenn bei einem Gruppenarbeitsverhältnis ein AN einen Entlassungsgrund setzt, kann dann der AG die gesamte Gruppe entlassen? (S221f)
A

Das Gruppenarbeitsverhältnis ist ein Dienstverhältnis einer Gruppe von Arbeitnehmern, die fachlich (oft künstlerisch) zusammen tätig sind, wobei die Bedeutung für den Dienstgeber nicht in den einzelnen Arbeitsleistungen liegt, sondern in der Gesamtaktivität der Gruppe.

Der Leiter der Gruppe tritt vielfach als Mittelsperson auf, die dem Dienstgeber die Gruppenmitglieder verschafft.

Charakteristisch: Gruppenmitglieder sind Mitkontrahenten.

Ausgestaltung:

  • Arbeitsvertrag mit jedem Mitglied der Gruppe
  • Arbeitsvertrag mit der Gruppe im eigenen Namen und im Namen der Mitglieder
  • Bevollmächtigter schließt Arbeitsvertrag für sich und die Gruppenmitglieder ab

Beispiele:

  • -Musikkapelle,
  • Direktor einer Theatergruppe mit seinen Schauspielern verpflichtet sich einem Unternehmer
  • Musiker eines Trios

Arbeitsverhältnisse stehen in einem Abhängigkeitsverhältnis.

OGH: Vorzeitige Auflösung des Gruppenarbeitsverhältnisses gegen alle Gruppenmitglieder, wenn die vereinbarte Leistung wegen eines Mitglieds nicht erbracht werden kann. Hat auch nur ein Gruppenmitglied einen Entlassungsgrund gesetzt, kann die ganze Gruppe entlassen werden, wenn sie nicht in der Lage ist einen vollwertigen Ersatz zu liefern!

Als zu allgemein abzulehnen!

Es ist zu prüfen, ob im Einzelfall die geschlossene Beschäftigung der ganzen Gruppe den Vertragsinhalt darstellt. Bei einer Kapelle mit hohem, künstlerischem Rang wohl ja. Bei anderen Gruppen ist oft auch Ausführung ohne ein Mitglied möglich.
(Persönliche Leistung durch jede Person müsste ausdrücklich vereinbart sein)

Voraussetzung ist, dass nach Vertrags- und Interessenslage immer noch von Erfüllung gesprochen werden kann.

Löschnigg:
„Es liegen immer bloß zweipersonale Rechtsverhältnisse vor. Wenn die Leistung der Gruppe unmöglich wird, weil eine Person entlassen ist, handelt es sich um eine Dienstverhinderung in der Sphäre des Dienstgebers und um die Verwirklichung eines Arbeitgeberrisikos.“

36
Q
  1. Stellen Sie sich vor, es kommt ein Rahmenvertrag über mögliche zukünftige Arbeitseinsätze zustande. Der Dienstgeber behält sich aber vor, einen konkreten Arbeitseinsatz anzubieten. Kommt auf diesen Rahmenvertrag Arbeitsrecht zur Anwendung? Wäre ein solcher Rahmenvertrag überhaupt zulässig? (S167)
A

Das Arbeitsverhältnis ist ein Schuldverhältnis, das die Verpflichtung zur Erbringung von Arbeitsleistungen - regelmäßig gegen Entgelt - zum Ziel hat.

Ein Rahmenvertrag ist ein Vertrag über die Rahmenbedingungen möglicher zukünftiger Arbeitseinsätze.

Er unterscheidet sich von einem Arbeitsvertrag insofern, dass die Pflicht zur Arbeitsleistung als Mindestinhalt eines Arbeitsvertrags noch nicht verbindlich vereinbart ist. (AG kann Arbeitseinsätze erst anbieten, AN kann, muss aber nicht zusagen)

Da der Zweck des Rahmenabkommens letztlich wiederum in der Nachfrage nach der Arbeitsleistung des AN zu sehen ist, geht der OGH zu Recht davon aus, dass das Arbeitsrecht bereits auf den Rahmenvertrag anzuwenden ist.

Ein solcher Rahmenvertrag ist möglich, aber die Rechtsnatur ist im Einzelfall zu beurteilen.

Ob mehrere Einsätze in bestimmter Zeit bereits ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bedeuten, oder bloß einzelne Arbeitsverhältnisse im Rahmen eines Rahmenvertrags vorliegen, ist fallbezogen zu klären.
Der OGH entschied dies im Ärztenotdienst-Fall für mehrere Einzelarbeitsverträge, während er bei Peek & Cloppenburg ein einheitliches Arbeitsverhältnis für gegeben ansah. Die Arbeiterinnen hatten damit Anspruch auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.

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Q
  1. Handelt es sich bei einem Profifußballer um einen Angestellten?
A
  1. Dienstverhältnis gemäß § 1151 ABGB:
    Bei Profifußballer ja!
  2. Arbeitgeber:
    § 2 Absatz 1 Ziffer 1 AngG erfasst ausdrücklich auch Vereine.
  3. Höhere, nicht-kaufmännische Tätigkeit?
    OGH 2004: Ein klares Berufsbild hinsichtlich des “Berufsfußballers”, das seine Einordnung als Angestellter ermöglichen würde, besteht nicht.

Kriterien:

  • Selbstständigkeit bei der Arbeit: Bei Fußballer nicht gegeben, ständige Kontrolle & Weisung des Trainers
  • Manuelle Tätigkeiten nicht zentraler Aspekt der Arbeit: Bei Fußballer sehr wohl!

Eher nein.

38
Q
  1. Für welchen Personenkreis kommt das Behinderteneinstellungsgesetz zur Anwendung? (S204-206)
A

Eine Behinderung nach § 3 Behinderteneinstellungsgesetz ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen, die geeignet ist die Teilhabe am Arbeitsleben zu erschweren.
(Nicht nur vorübergehend: mehr als 6 Monate)
Das Behinderteneinstellungsgesetz differenziert zwischen Begünstigten Behinderten und nicht begünstigten Behinderten.
Begünstigte Behinderte sind Österreicher (inklusive EU Bürgern und Flüchtlingen, denen Asyl gewährt wurde  §2 BEinstG) mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50%. (Bedarf Gesamtbeurteilung)

Begünstigte Behinderte:
Einstellungspflicht, besonderer Kündigungs- und Entlassungsschutz (…)

Einfache Behinderte:
Nur der unionsrechtlich-determinierte Diskriminierungsschutz der §§7a ff. BEinstG.

Nachweis:
Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen
(nach Einschätzungsverordnung) (oder durch das Gericht)

Dann muss der Behinderte dem Bundesamt für S&BW bis zum Ende des 3. Monats nach Erhalt des Bescheids mitteilen, dass er weiterhin dem Kreis der begünstigten Behinderten angehören will.

Eine Feststellung des Behindertengrads in einem anderen EU Land hat keine Auswirkung. Der Antrag muss in Ö neuerlich gestellt werden. Der Arbeitgeber hat in dem Verfahren auf Zuerkennung des Behindertengrades keine Parteistellung, obwohl sich das Ergebnis (arg Einstellungspflicht, Endigungsschutz) massiv auf ihn auswirkt.

Für Arbeitgeber mit mindestens 25 Arbeitnehmern im Bundesgebiet besteht die Pflicht, auf je 25 AN mindestens einen Behinderten zu beschäftigen.

§7b BEinstG verbietet jede Form unmittelbarer wie mittelbarer Diskriminierung.

Sind in einem Betrieb ständig mindestens 5 begünstigte Behinderte Beschäftigt, sind von diesen Behindertenvertrauenspersonen und deren Stellvertreter zu wählen.

Unmittelbare Diskriminierung: Person erhält auf Grund der Behinderung eine ungünstigere Behandlung als eine andere Person in der gleichen Situation
Mittelbare Diskriminierung: wenn nach dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sowie Merkmale gestalteter Lebensbereiche Menschen mit Behinderung gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligt werden könnten  außer durch rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und mittel sind zu Erreichung des Ziels angemessen.

39
Q
  1. Was sind die typischen Merkmale eines Arbeitsverhältnisses? (S169f)
A

Das Arbeitsverhältnis ist ein Schuldverhältnis, das die Leistung abhängiger, fremdbestimmter Arbeit zum Inhalt hat und durch Arbeitsvertrag begründet wird. Es hat einen stärkeren persönlichen Charakter als andere Schuldverhältnisse und legt den Vertragsparteien daher besondere Pflichten auf. (Fürsorgepflicht des AG; Treuepflicht des AN)

Die wesentlichen Charakteristika sind:

  • Persönliche Arbeitspflicht (ABGB: nicht zwingend - Abweichung wohl nur in extremen Ausnahmen  ausdrücklich §2 Abs 3 HGHAG  Vertretung durch Dritten nur in Ausnahmefällen)
  • Persönliche Abhängigkeit ( Arbeitsleistung zu Gunsten eines Anderen; Einbindung in betriebliche Organisation Bindung des Beschäftigten hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort,….; Weisungsbindung Verfügung des DG über die Arbeitskraft des DN  kann auch mit Fremdbestimmtheit der Arbeit umschrieben werden)
  • Wirtschaftliche Abhängigkeit §4 Abs 1 BEinstG ( strittig: Lohnabhängigkeit oder doch laut Rsp fremde Produktionsmittel als Grund der Abhängigkeit)
  • Dauerschuldverhältnis  Fürsorgepflicht des Arbeitgebers  Treuepflicht des Arbeitnehmers

Persönliche Abhängigkeit, Wirtschaftliche Abhängigkeit und persönliche Arbeitspflicht führen zu einem Subordinationsverhältnis.

Kein entscheidendes Merkmal:

  • Entgeltlichkeit (§ 1152 ABGB: echte Seltenheit, aber: flächendeckend KV, Satzungen oder MLT)
  • Bezeichnung des Vertrags  wesentlich ist nur der Inhalt!
  • Anmeldung zur Sozialversicherung und Lohnsteuerabzug (sind aber als Indizien für AV zu werten)

Von AV kann auch schon gesprochen werden, wenn nicht alle Merkmale vorhanden sind  kommt eher auf Überwiegen der wesentlichen Merkmale unter Berücksichtigung der konkreten intensitätsmäßigen Ausgestaltungen an.

Keine Arbeitsverhältnis: (mangels Arbeitsvertrag)

  • Beamte (durch Hoheitsakt ernannt)
  • Strafgefangene
  • Ordensmitglieder
40
Q
  1. Wer ist Angestellter? Welche Kriterien charakterisieren den Angestelltenbegriff? (S188-194)
A

Dienstverhältnis gemäß § 1151 ABGB

Arbeitgeber
- § 1 AngG
o „Im Geschäftsbetrieb eines Kaufmanns“
o Kaufmann iSd. HGB alt oder Unternehmer iSd. §§ 1,2 UGB
o Löschnigg: Kaufmann (historisch, Größenschluss)

  • § 2 AngG
    o Gewerbeunternehmen
    o Verein, Stiftung, Sparkasse
    o Rechtsanwaltskanzlei, Notar, Arzt
  • Art. II.
    o Wirtschaftstreuhänder

Tätigkeit

  • Leistung kaufmännischer Dienste
  • Leistung höherer, nicht-kaufmännischer Dienste
  • Kanzleiarbeiten

Kaufmännische Dienste: Beratung, Preisfestsetzung, Einkauf nach Markt, Buchführung, Geldgebarung

Höhere-nicht-km-Dienste: größere Selbstständigkeit, Genauigkeit, Verlässlichkeit, Aufsicht, nicht- manuell

Kanzleiarbeit: Schreibarbeit, aber nicht bloßes Abschreiben

Ein zeitliches Überwiegen der Angestelltentätigkeit ist nicht nötig! Maßgeblich ist die wesentliche Bedeutung für den Dienstgeber. (Im Zweifel spielt zeitliches Überwiegen aber eine Rolle.)

Keine Mindestarbeitszeit für die Anwendbarkeit des AngG.

Facharbeiter, selbst mit hoher Ausbildung, werden wie Berufsfußballer als Arbeiter betrachtet
Für Musiker hat OGH judiziert: „Nur Angestellter, wenn er in einem Orchester spielt, in dem es auffällt, wenn er falsch spielt.“

Leistet der Arbeitnehmer nur Arbeiter-Tätigkeiten, obwohl er laut Arbeitsvertrag für Angestellten- Leistungen angestellt ist, bleibt er Angestellter. (Das Risiko besteht jedoch, dass der AG stillschweigende Abänderung des Vertrags argumentiert.)

„Ladnerinnen: einfache Verkaufstätigkeit“
Löschnigg: Schwelle für Qualifikation als Angestellter im Betrieb eines Kaufmanns war historisch weitaus niedriger, als sie der OGH heute sieht.

„Stille Autorität des Angestellten, wenn er fachlich höher Qualifiziert ist als Arbeitgeber“