Ausgewählte Konzepte #1 Falsches Selbst, Dissozation, Projektive Identifikation, Containing, und Enactment Flashcards

1
Q

Dissoziation (auch: Spaltung) bei Objektbeziehungen

A

Wiederholung
– Vorlesung #2: „Individuum ist nicht in der Lage, positive und negative Aspekte
des Selbst oder anderer in eine zusammenhängende Vorstellung zu integrieren“ – Letzte Vorlesung: Spaltung im Sinne von M. Klein („gute Brust“/„böse Brust“)
 Zugrundeliegende Annahme dieses Verständnisses von Spaltung/Dissoziation
– Psychologische Bedeutungen bestehen bereits, aber sind aufgrund intrapsychischer Konflikte unvereinbar

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2
Q

Dissoziation aus relationaler Sicht (D. Stern, 2019)

A

 Annahme: Unbewusstes kann auch in einer ‚potentiellen‘ Form vorliegen, die noch keine psychologische Bedeutung hat
 Unformuliertes Erleben (‚unformulated experience‘)
– Erfahrungen ohne Kontext bzw. einbettenden Hintergrund
 Definition Dissoziation nach Stern (2019, S. 33)
– Dissoziation ist die Aufrechterhaltung der Unformuliertheit
von Erfahrungen zur unbewussten Abwehr
 Das Erfahren von unformuliertem Erleben wäre nicht tolerierbar – Subjekt würde sich selbst nicht ‚wiedererkennen‘‚not-me‘

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3
Q

‚Wahres Selbst‘ (‚true self‘)

A

 Konzept von Donald W. Winnicott (z.B. 1965)
 Spontane, kreative Gesten als Ausdruck eines ‚Wahren Selbst‘
– “Come at the world creatively, create the world; it is only what you create that has meaning for you.“ (Winnicott, 1968, p. 101, zitiert nach Abram, 2008)
 Wenn eine Bezugsperson als „good enough mother“, als eine dem Säugling „ergebene Mutter“, fungiert und die Gestern mit Ereignissen in der Welt in Einklang bringt, entsteht die Illusion von Omnipotenz
– Diese Illusion kann im Verlauf der Entwicklung als solche erkannt und bewältigt werden

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4
Q

Das ‚Falsche Selbst‘ (false self) als Abwehrorganisation

A

 Wenn Illusion von omnipotenter Schaffenskraft und Kontrolle nicht entsteht, passt sich der Säugling der Bezugsperson an
– Spontane und kreative Gesten verschwinden
 Das Falsche Selbst als eine Abwehrorganisation – Falsches Selbst versteckt Wahres Selbst durch
Erfüllung von Ansprüchen der (sozialen) Umwelt
– Schutz vor unempathischen Übergriffen der Bezugsperson
 Selbstpsychologische Perspektive: Verrat eigener Authentizität durch willfährige Anpassung an die Unzulänglichkeit des Selbstobjekts (Bacal & Newman, 1994)

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5
Q

Kontinuum von Organisationen des falschen Selbst

Winnicott, 1965

A

Falsches Selbst wirkt für Beobachtende wie „echt“

Falsches Selbst schützt geheimes Wahres Selbst

Falsches Selbst sucht Kontext für Entfaltung von Wahrem Selbst

Falsches Selbst als höfliche und gesittete soziale Haltung

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6
Q

Idealisierung des Konzepts Wahres Selbst?

A

 Kritik von Glasser (1992):
 Bei Winnicott würde der Säugling als der Mutter
hilflos und unschuldig ausgeliefert gedacht
 Das ‚Wahre Selbst‘ kann jedoch auch Destruktivität beinhalten, sodass das ‚Falsche Selbst‘ auch die Bezugsperson vor Zerstörung schützt
 Klinisches Beispiel (Glasser, 1992)

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7
Q

Projektive Identifikation anhand eines Beispiels

nach Gumz & Hörz-Sagstetter, 2018, S. 127f

A

 Frau fragt ihren Mann: „Hast du was?“
 Er: „Nein.“
 Sie: „Hast du wirklich nichts?“
 Er: „Nein, ich lese nur meine Zeitung.“
 Sie: „Wenn du was hast, kannst du es mir ruhig sagen!“
 Er: „Du störst mich beim Lesen.“
 Sie: „Ich wusste doch, dass du was hast!“

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8
Q

Definition Projektive Identifikation

A

 Projektiven Identifikation kann als eine Form der interpersonellen Abwehr betrachtet werden (vgl. Vorlesung #2)
 1946 eingeführt von Melanie Klein

Der Säugling bewältigt eigene destruktive Impulse, indem er sie auf das mütterliche Objekt projiziert

Wahrnehmung dann nicht mehr im Innern, … … sondern als Bedrohung durch das Objekt

 Körner: „Versuch, einen inneren Dialog (mit einem unerträglichen Selbstanteil), der im Innern nicht geführt werden kann, in einen äußeren, sozialen Dialog zu verwandeln“ (Körner, 2013)

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9
Q

Projektive Identifikation nach Ogden

A
  1. S bietet unliebsamen Selbstanteil einem O projektiv an
  2. Wenn sich O mit dem projizierten Anteil identifiziert und ihn annimmt, verhält sich O so, wie es S bei sich selbst abwehrte
  3. S erkennt die Eigenschaften im O, ohne sie wiederzuerkennen, und identifiziert sich (komplementär) mit ihnen
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10
Q

Projektive Identifikation… (Gumz und Hörz-Sagstetter, 2018)

A

 … als Selbstregulation
– „… letztlich ein selbstregulatorischer Prozess: Abgelehnte Selbstanteile werden im Gegenüber verortet und greifen so das Selbstwertgefühl nicht an. Darüber hinaus bietet die projektive Identifizierung die Chance, mit dem abgewehrten Selbstanteil, der nun im Gegenüber lebendig wird, im Dialog zu bleiben.“ (S. 128)
 … als Kommunikation
– „Wird der projektiv-identifikatorisch abgewehrte Selbstanteil vom Therapeuten verstanden und wohlwollend zurückgespiegelt, kann sich
der Patient damit in geeigneter Weise auseinandersetzen
und die Angst vor diesem Selbstanteil verringern.“ (S. 128)

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11
Q

Container-Contained (oft: ‚Containing‘; Bion, 1963)

A

 Wilfred Bion: Bei der projektiven Identifikation werden z.B. „schlechte Gefühle“ in die Bezugsperson projiziert und vor dem Zurückholen, also während ihres „Aufenthalts“ dort, verändert oder als verändert erlebt
 Beta-Elemente: „Rohe“ Sensorische und affektive Phänomene, die ohne Bedeutung verblieben sind
 Alpha-Elemente: Bedeutsame, symbolisierte, psychische Inhalte, mit denen ‚gedacht‘ werden kann
 Alpha-Funktion: transformiert Beta- in Alpha-Elemente
 Bezugsperson anfänglich als „Container“, der das „contained“ transformiert – Später Internalisierung dieser Funktion

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12
Q

Klassische Haltung

A

 Psychoanalytischer Dialog als Austausch von Worten (Streeck, 1998)
– Möglichst kein Handeln (weder P. noch A.)
– Handelt der P. dennoch im Rahmen der Übertragung: Agieren
– Handelt der A. dennoch im Rahmen der Gegenübertragung: behandlungstechnischer Fehler
 „So scheinen Sprechen und Handeln, soweit es den therapeutischen Prozess angeht, Aktivitäten zu sein, die sich wechselseitig ausschließen.“ (Streeck, 1998, S. 67)
 Agieren: „Zuflucht“ in motorische Aktion oder Aktualisieren in der Übertragung (beides „gegen das Erinnern“)

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13
Q

Eine moderne, relationale Sichtweise (Stern, 2019)

A

 ‚not-me‘-Erleben kann ausschließlich inszeniert werden und auf keine andere Art und Weise in die Behandlung kommen (engl. enactment), da es in dissoziierter, nicht symbolischer Form vorliegt
 Annahme von non-verbalen unformulierten Erfahrungen, die nicht artikuliert (=versprachlicht) werden (können), sondern realisiert werden
– Akzeptanz von ‚not-me‘ als Toleranz und Benutzung
 Implikation für Behandlung: „Enactments [of dissociated experience] are not dissolved by verbal understanding at all, but by the enactor‘s development of a new, nonverbal perception of the other“ (S. 68)

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14
Q

Arten von unformuliertem und formuliertem Erleben

in Anlehnung an Stern, 2019

A

Symbolisch

  • Unformuliert: Kontextlos, unmentalisiert
  • Formuliert: Artikuliert, explizit, symbolisch repräsentiert

Prozedural
-Unformuliert:
Unverfügbar, ‚ich-fremd‘
-Formuliert: Realisiert, zur Verfügung stehend

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15
Q

Zusammenfassung Enactment

A

 Die psychodynamische Theoriebildung bezieht neben verbalen Interventionen verstärkt auch das, was als „Handlungsdialoge“ (Klüwer, 1983) bezeichnet werden kann, ein
 Auch sprachliche Interventionen (Deuten) können als „Handeln im sprachlichen Vollzug“ (Streeck, 1998, S. 68) verstanden werden
 Verbindungen zu dem, was in der allgemeinen Psychologie explizites und implizites Gedächtnis genannt wird

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16
Q

Take-Home-Message

A
  • Moderne psychodynamische Sichtweisen nahmen an, dass das Unbewusste nicht nur aus verdrängten, vor der Bewusstwerdung schon existierenden und vollständig ausgeformten psychischen Inhalten besteht, sondern auch aus potenziellem, noch unformuliertem Erleben
  • Während Handeln im psychoanalytischen Kontext früher als etwas vor allem problematisches erachtet wurde (Agieren), wird es heute als etwas oft nützliches verstanden (Enactments, Inszenierungen)
  • Die Zentralität von verbalen Deutungen als Mittel der therapeutischen Veränderung wird infrage gestellt
17
Q

not me

A

-nicht ich wäre kein Selbstzustand, wenn er in den Vordergrund des Erlebens rücken würde
-aber wenn es passieren würde, würde nicht Ich sich nicht nach mir fühlen
und so bleibt NICH Ich dissoziiert

-> nicht ich entsteht als Antwort auf die unerträgliche angst vor Demütigung