Neues Wissen aus Artikeln und Büchern Flashcards

1
Q

Welche 4 Dämme wirken in Deutschland gegen eine Opiod-Krise?

A
  • Strengere gesetzliche Vorgaben - Betäubungsmittelverschreibungsgesetz (Opioide nur mit Rezept)
  • Gut organisiert Ärzteschaft mit verbindlichen Standards - Ärztekammer Kurs zu Schmerztherapie
  • Gut ausgebautes Gesundheitssystem als Sicherungsschutz - Versorgung, Versicherung
  • Strengere Regeln für Medikamentenwerbung - Heilmittelwerbegesetz

https://perspective-daily.de/article/432-warum-es-bei-uns-keine-opioidkrise-geben-kann/FaNFBtFz

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2
Q

Wieviel Staaten erlauben die direkte oder aktive Sterbehilfe?

A

15

LMD Sept 2023

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3
Q

In welchen 3 Ländern befinden sich die größten Vorkommen von seltenen Erden?

A

Die größten Vorkommen an seltenen Erden befinden sich in
- Brasilien,
- Russland und
- Südafrika

das BRICS-Mitglied China liefert aktuell zwei Drittel der weltweit abgebauten seltenen Erde

LMD 10-2023, S.4

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4
Q

Wo liegen die drei größten Urwälder?

A
  • Amazonas
  • Kongobecken
  • Indonesien

(Zukunfts Bilder 2045, S.18)

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5
Q

Um welche zwei konträre Visionen geht es in der Diskussion um Biogasanlagen?

A

In der Diskussion um Biogasanlagen geht es allerdings nicht nur darum, für derartige Probleme Abhilfe zu schaffen, sondern um zwei konträre Visionen:
- Kreislaufwirtschaft gegen Produktivismus, also der Landwirtschaftsbetrieb mit der kleinen Biogasanlage, die mit Gülle genauso viel Energie erzeugt, wie der Betrieb verbraucht,
- gegen die industrielle Biogasproduktion, für die extra Energiepflanzen angebaut werden müssen.

LMD 12-22, S.18

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6
Q

Nenne das Durchschnittsalter der Bevölkerung in D

A

Laut Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung liegt das Durchschnittsalter der Bevölkerung bei rund
45 Jahren.

(Seit 1910 steigt diese Zahl kontinuierlich an, die letzte Berechnung stammt aus dem Jahr 2021.)

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7
Q

Welches Land ist der zweitgrößte Bauxitproduzent der Welt

A

Guinea ist der zweitgrößte Bauxitproduzent der Welt

LMD 10-23

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8
Q

Wie schätzen die USA Chinas militärische Stärke ein?

* Atomsprengköpfe
* Interkontinentalraketen
* U-Boote

A

In den USA geht man davon aus, dass China derzeit über
* 400 Atomsprengköpfe und
* 300 Interkontinentalraketen verfügt und dass die
* sechs chinesischen U-Boote, die mit atomwaffenfähigen Raketen bestückt sind, ständig in den Gewässern Ostasiens unterwegs sind.

LMD 9.2.23 - https://monde-diplomatique.de/shop_content.php?coID=100183

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9
Q

Beschreibe die militärische Situation (Kräfteverhältnis etc) für eine Konfrontation von China und USA in der Taiwan-Frage

A

INVASION
* Atomsprengköpfe, Interkontinentalraketen, U-Boote
* Unterwassersensoren der USA > Bewegung der chin. U-Boote (Südchin. /Ostchin. Meer)
* USA haben mehr Atomwaffen als China; Präsenz US-Militär in Ostasien nach wie vor dominant
* China muss Formosa-Straße überqueren, um nach Taiwan zu gelangen (180km, 12h) > anschl. amphibische Landung - während Überfahrt. Beschuss (Raketen, Artillerie, Flugzeuge),
US-Atom-U-Boote (!) - China bräuchte 300.000 Soldaten (derzeit pro Welle nur 20.000)
* “Seemiliz”, zivile Fangschiffe (China)
* Ohne USA hätte Taiwan keine Chance (nur 2 % BIP Militärhaushalt)
* China: Dilemma: Landung mit Schiffskonvois -> Anfälligkeit für LRASM-Angriffe; Verteilung auf einzelne Schiffe -> Anfälligkeit für U-Boote

DROHUNG, SEEBLOCKADE
- landgesützte bewegliche Raketen -> USA müssten Awacs-Flugzeuge einsetzen (aufspüren, angreifen) > Zerstörung des chin. Luftabwehrsystem nötig
- Seeblockade -> Megakrise&raquo_space; USA würden versuchen, China vom internationalen Handel abzuschneiden (China importiert viele Nahrungsmittel und fossile Energieträger) - Straße von Malakka

SEEMACHT CHINA
* seit 2010er: China in Konkurrenz zu USA
* territoriale Ansprüche auf Inseln im Südchin. Meer
* US Navy: Straße von Malakka, Hormus, Suez, Basen in Guam, Japan, Thailand, Singapur, Nutzungsrechte in Häfen Südkoreas und Philippinen, gigantische Basis von Diego Garcia (Indischer Ozean)
* Aufrüstung chin. Seestreitkräfte - 2015 bis 2018 - 86 Kriegsschiffe, 2022 amphibisches Angriffsschiff -> Grundstock einer Kriegsflotte
* USA noch dominant; bis 2019 hatte China keinen Flugzeugträger - kein Atomantrieb, Diesel - nicht mit USA aufnehmen
* USA hat 8x so viele atomare Angriffs-U-Boote wie jeder andere Staat der Welt
* China: bis 2030 440 Schiffe - aber Kriegsmarine USA weiterhin 4-5x so stark

LMD 9.2.23 - https://monde-diplomatique.de/shop_content.php?coID=100183

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10
Q

In Argentinien wurden bereits während der Militärdiktatur von General Videla (1976–1981) auf Empfehlung der „Chicago Boys“
* welche Maßnahmen durchgeführt
* mit welchen Auswirkungen?

A

In Argentinien wurden bereits während der Militärdiktatur von General Videla (1976–1981) auf Empfehlung der „Chicago Boys“
* die Öffnung der Wirtschaft,
* die finanzielle Deregulierung und
* die Privatisierung staatlicher Unternehmen mit militärischer Disziplin durchgesetzt

Anders als Milei behauptet, haben solche Rezepte Argentinien nicht „befreit“, sondern „die soziale und industrielle Substanz des Landes zerstört“, wie der Wirtschaftshistoriker Mario Rapoport betont.
* Damals schwächten die Maßnahmen die lokalen Produktionskapazitäten und
* verstärkten die Abhängigkeit des Landes vom Export landwirtschaftlicher Güter,
* um den Import von Fertigwaren zu finanzieren.
* Dadurch wuchs das strukturelle Defizit der Handelsbilanz
* und verursachte eine chronische Inflation: Vor dem Staatsstreich von 1976 lag sie bei 78 Prozent, während der Diktatur im Durchschnitt bei 191 Prozent

LMD 10-23, S.6

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11
Q

Erkläre das (Dis)Funktionieren von CO2-Zertifikaten anhand des „Brazil-Nut“-Projekts

A

Im Südosten Perus liegt ein Waldgebiet, das „Brazil-Nut“-Projekt.
- Die Betreiber des Projekts garantieren für den Erhalt des Waldes.
- Eine weitere Organisation, Verra, stellt für die so eingesparten Tonnen an CO2 Zertifikate aus.
- Ein Unternehmen – wie im Fall von „Brazil Nut“ der Lebensmittelhändler Rewe – erwirbt die Zertifikate, um die eigene CO2-Bilanz aufzupolieren.
Alle gewinnen: Die Projektbetreiber, die Zertifizierer von Verra, das Unternehmen, was sich nun klimaneutral geben kann.

Die Berechnungen im Südosten Perus etwa basieren auf einem
- Vergleichsgebiet, das unter ganz anderen Vorzeichen stand: Goldgräber und Holzfäller schlugen den Wald nieder. Die Betreiber von „Brazil-Nut“ übernahmen, ohne Rücksicht auf die Unterschiede vor Ort, die Daten des Goldgräberareals für „Brazil-Nut“ und entwickelten ein Horror-Szenario, das ihnen Millionen einbrachte. Die frisierte Bilanz hat System: Mehr als 90 Prozent der untersuchten Zertifikate dürften, nach unabhängiger Prüfung, wertlos sein. Das entspricht 89 Millionen Tonnen CO2, die nicht eingespart wurden. Davon betroffen sind Unternehmen wie
- Gucci, dessen gesamte Klimabilanz auf einem vergleichbaren Waldprojekt in Simbabwe beruht sowie
- EY,
- Shell,
- Allianz – und auch
- Starbucks.

https://www.philomag.de/artikel/kapitalismus-kuesst-karma

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12
Q

Welchen Nutzen Netanjahu der Hamas zuschrieb, wird in einer Aussage deutlich, die der Regierungschef im März 2019 vor Parlamentariern seiner Likud-Fraktion getätigt haben soll…

Zitiere diese Aussage

A

Wer auch immer die Gründung eines palästinensischen Staats verhindern möchte, muss unsere auf eine Stärkung der Hamas und auf Geldtransfers an die Hamas ausgerichtete Politik unterstützen. Das ist Teil unserer Strategie, die Palästinenser in Gaza von jenen im Westjordanland zu isolieren.

LMD 11-23, Wem nützt die Hamas?

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13
Q

Plastikabkommen:

Mit Blick auf den fossilen Lobbyeinfluss haben verschiedene Beobachtergruppen 3 Verbesserungsvorschläge für die nächsten Treffen.

Nenne diese.

A
  • fordern einen Mehrheitsentscheid wie eine 2/3-Mehrheit, damit es inhaltlich vorwärtsgehen kann. Länder wie Saudi-Arabien halten am Konsensprozess fest
  • strenge Richtlinien für Interessenkonflikte zu verabschieden, um den Verhandlungsprozess vor dem Einfluss der Industrie zu schützen
  • Gruppe von mehr als 300 Wissenschaftler:innen aus 50 Ländern wandte sich diesen Monat kurz vor Beginn der Diskussionen in einem offenen Brief an die UN. Darin forderten sie, sich in offiziellen Arbeitsgruppen an der Vorarbeit für die Treffen beteiligen zu können, damit die Diskussionen wissenschaftsbasiert geführt werden können

PD 29. November 2023

Kann sich die Menschheit einigen? 3 Dinge, die du über das weltweite Plastikabkommen wissen solltest

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14
Q

In einem Jahr soll ein verbindlicher Vertrag stehen, der Produktion, Konsum und Recycling von Kunststoffen weltweit regelt

Obwohl die Verhandlungen als solche nicht erfolgreich waren, sehe ich die dritte Verhandlungsrunde als Erfolg«, sagt Ana Rocha. Der ausschlaggebende Moment dafür war für sie:

A

Die Länder, die sich für ein ambitioniertes Plastikabkommen einsetzen, in dessen Mittelpunkt Menschenrechte und Umweltgerechtigkeit stehen – Afrika und die Pazifikinseln –, haben gegenüber den ölproduzierenden Ländern nicht klein beigegeben. Wir werden nicht stillstehen, wir werden keine Kompromisse auf unsere Kosten mehr eingehen. Wir haben lieber kein Abkommen als ein schlechtes.

PD 29. November 2023

Kann sich die Menschheit einigen? 3 Dinge, die du über das weltweite Plastikabkommen wissen solltest

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15
Q

In einem Jahr soll ein verbindlicher Vertrag stehen, der Produktion, Konsum und Recycling von Kunststoffen weltweit regelt

Beschreibe ein gutes Ergebnis in Bezug auf Plastikexporte

A

So gab die Europäische Union während der dritten Verhandlungsrunde in Nairobi bekannt, dass die 27 Mitgliedstaaten ihren Plastikmüll zukünftig nicht mehr außerhalb der wohlhabenden Länder der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) exportieren dürfen. Damit werden Plastikmüllexporte nach Afrika sowie in große Teile Asiens und Südamerikas zunächst verboten.

Später, 5 Jahren nachdem die Regelung in Kraft getreten ist, können Länder außerhalb der OECD das Recht auf Kunststoffabfall-Importe beantragen. Dann kann das Verbot aufgehoben werden – sofern die Länder nachweisen können, dass sie das Plastik weiterverarbeiten. Außerdem sollen die Exporte von Plastikmüll in die 38 OECD-Länder besser überwacht, kontrolliert und protokolliert werden. Der Text zur neuen Regelung muss nun nur noch vom Europäischen Rat und Parlament formell genehmigt werden. Die neuen Regelungen sollen im Laufe des Jahres 2026 in Kraft treten

PD 29. November 2023

Kann sich die Menschheit einigen? 3 Dinge, die du über das weltweite Plastikabkommen wissen solltest

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16
Q

Afrika ist der Kontinent mit den wohl meisten und strengsten Plastikverboten und -regularien weltweit.«

Nenne 2 Länder, die hier Vorreiter sind.
Welche Regeln gelten dort?

A

Vorne an steht Ruanda. Das Land hat sich vorgenommen, das sauberste Land Afrikas zu werden. Es hat alle nicht biologisch abbaubaren Einwegkunststoffe (mit wenigen Ausnahmen wie medizinischen Anwendungen) verboten. Sie dürfen nicht mehr produziert, verwendet oder eingeführt werden. Wer bei einer Flughafenkontrolle mit Kunststoff-Strohhalmen oder einer Plastiktüte erwischt wird, bekommt diese abgenommen und kassiert ein Knöllchen.

Ähnlich sieht es in Kenia aus, wo es die wohl strengsten Strafen gibt: Sowohl Hersteller, Einzelhändler, Unternehmen als auch Verbraucher:innen, die mit Plastiktüten erwischt werden, müssen mit Geldstrafen von bis zu 36.000 Euro oder 4 Jahren Gefängnis rechnen

PD 29. November 2023

Kann sich die Menschheit einigen? 3 Dinge, die du über das weltweite Plastikabkommen wissen solltest

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17
Q

Partij voor de Vrijheid (PVV)

Seit ihrem großen Durchbruch von [Jahr], als sie mit 24 der 150 Parlamentssitze ihr bestes Ergebnis erzielte, bewegt sich der Stimmenanteil der Partij voor de Vrijheid (PVV) zwischen x und y Prozent.

A

Seit ihrem großen Durchbruch von 2010, als sie mit 24 der 150 Parlamentssitze ihr bestes Ergebnis erzielte, bewegt sich der Stimmenanteil der PVV zwischen 10,1 und 15,5 Prozent.

LMD 5-2023

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18
Q

Niederlande: „Fressen von Grillen“
Was hat es mit diesem Idiom auf sich?

A

Im nächsten Satz warnt sie [Camilla van der Burgt, einer Aktivistin der in den Niederlanden noch kleinen, aber rhetorisch höchst rabiaten Gelbwesten-Bewegung] dann allerdings vor „Umvolkung“ und dem „Fressen von Grillen“ – ein in der Szene beliebtes Motiv, das eine Verschwörung von „Globalisten“ behauptet, die das niederländische Volk gleichschalten und seine Nahrung auf Heuschrecken umstellen wolle.

LMD 5-2023

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19
Q

Der häufige Verweis auf soziale Missstände und Deklassierung ist kein Zufall. In den Niederlanden gibt es neben einer starken sozialdemokratischen Tradition auch einen ausgeprägten Neoliberalismus angelsächsischer Prägung…

Erkläre das genauer!
Unter Bezug auf Wim Kok

A

…ausgeprägten Neoliberalismus angelsächsischer Prägung, der sich etwa im
- wachsenden Trend zur Zeitarbeit äußert. Dieser flexwerk-Sektor wurde seit den 1990er Jahren immer mehr ausgebaut und erlangte – im Vergleich mit dem Nachbarn Deutschland – deutlich früher gesellschaftliche Akzeptanz.

Der von 1994 bis 2002 regierende sozialdemokratische Ministerpräsident Wim Kok (1938–2018), auch ein Freund des britischen Premiers Tony Blair (New Labour), empfahl seiner Partei, ihre „ideologischen Federn“ abzuschütteln. Das sei eine „befreiende Erfahrung“. Was diese Befreiung bedeutet, zeigte sich in den
- nuller Jahren, als das Gesundheitswesen unter der Parole „mehr Markteffekt in der Pflege“ liberalisiert und der
- Energiesektor privatisiert wurde. Zwischenzeitlich wurde auch die
- staatliche Unterstützung für Studierende abgeschafft. Bei allen Etappen der „Befreiung“ war Koks sozialdemokratische
- Partij van de Arbeid (PvdA) führende Kraft oder Koalitionspartner. Entsprechend vollzog sich der Niedergang der PvdA noch rasanter als bei den meisten anderen sozialdemokratischen Parteien in Europa.

LMD 5-2023

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20
Q

Ukraine Krieg:

Während die Bevölkerung mit dem Krieg und dem wirtschaftlichen Überleben beschäftigt ist, erfolgt fast unbemerkt ein Rückbau der sozialen Rechte.

Nenne Beispiele

A
  • Im Juli 2022 verabschiedete das Parlament das Gesetz Nr. 5371, das es kleinen und mittelgroßen Unternehmen bis 250 Beschäftigten ermöglicht, Tarifverträge abzuschaffen. 70 Prozent der ukrainischen Arbeitnehmer:innen sind bei kleinen und mittleren Unternehmen angestellt. Ihre Arbeitsbedingungen – Bezahlung, Arbeitszeiten, Urlaubstage – können nun von den Arbeitgebern einseitig geändert werden. Lehnen Beschäftigte die Änderung ab, können sie ohne die gesetzliche zweimonatige Kündigungsfrist entlassen werden, der Arbeitgeber muss lediglich eine Abfindung von mindestens einem halben Mindestlohn zahlen.
  • Mit einem anderen Gesetz wurden die sogenannten Null-Stunden-Verträge eingeführt, die es Unternehmen ermöglichen, 10 Prozent ihrer Belegschaft bei einer monatlichen Mindestarbeitszeit von 32 Stunden auf Abruf arbeiten zu lassen.
  • Andere Reformen, die schon in der Schublade gewartet hatten, wurden 2022 hervorgeholt und durch den Krieg gerechtfertigt. Zum Beispiel die Auflösung des Sozialversicherungsfonds für Unfälle und Arbeitsunfähigkeit. Die Aufgaben des Fonds werden in Zukunft von der Rentenkasse übernommen. Die Abgeordnete der Regierungsfraktion Galina Tretjakowa, die diese Reform angestoßen hat, versichert, sie sei nötig, „damit die Wirtschaft in Kriegszeiten nicht ausblutet“.
  • Die Entscheidung fiel am Ende einer absichtlich herbeigeführten Finanzierungskrise des Fonds seit 2016. Die Sozialversicherungsbeiträge wurden halbiert, der Anteil für den Fonds von 14 auf 9 Prozent gesenkt.3 Schon im Januar 2020 hatte Tretjakowa eine „Dekommunisierung der Sozialversicherung“ und Öffnung für private Versicherer gefordert.

LMD 11-2023

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21
Q

Ukraine Krieg:

Wie viele andere ehemalige Soldaten hat sich auch Walentin einen Anwalt besorgt. Denn er hat Schwierigkeiten, …

Erinnere seine Schwierigkeiten

A

Wie viele andere ehemalige Soldaten hat sich auch Walentin einen Anwalt besorgt. Denn er hat Schwierigkeiten,
- seinen Status als Invalide 3. Klasse anerkennen zu lassen, mit dem er Anrecht auf die höchste Pension hätte.
- Er hofft auch auf die vom Staat versprochene Prämie für den „Einsatz in der aktiven Kampfzone“ von 2500 Dollar im Monat – die allerdings nur sehr selten zugesprochen wird.
- Walentin macht in Kiew eine Reha. Einen Teil der Arztkosten muss er selbst tragen.

Am Wochenende besucht er manchmal seine Frau, die mit ihrem anderthalbjährigen Kind in Chmelnyzkyi geblieben ist.

LMD 11-2023

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22
Q

Nenne die vier Zukunfts-Szenarien von Kohei Saito

A
  • Das erste und düsterste ist eine Art Klimafaschismus. Das bedeutet, dass der Klimawandel völlig außer Kontrolle gerät. Nur die Superreichen können noch ein normales Leben führen und der Rest der Menschheit wird vom Staat im Dienste der Superreichen unterdrückt.
  • Das zweite ist die Barbarei. In diesem Szenario tun wir nicht genug, um eine weitere globale Erwärmung zu verhindern, was zu Aufständen, Hunger und Massenflucht führt. Die entrechteten 99 Prozent stürzen den Staat und die Superreichen und ein anarchisches Chaos beginnt.
  • Die dritte Möglichkeit, die ich sehe, ist der Klima-Maoismus, was bedeutet, dass der Klimaschutz von oben in einer zentralisierten Diktatur angegangen und den Bürgern aufgezwungen wird.
  • Und die vierte ist meine bevorzugte Variante X: Die Klimakrise wird demokratisch auf der Basis von Gleichheit und Freiheit angegangen.

https://www.philomag.de/artikel/kohei-saito-die-un-nachhaltigkeitsziele-sind-das-neue-opium-des-volkes

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23
Q

An Kohei Saito:

Anschließend an Ihre Marx-Lektüre erarbeiten Sie ein Szenario für eine Zukunft, in der wir die Klimakrise demokratisch bewältigen, das Sie als „Degrowth-Kommunismus“ bezeichnen. Wie müssen wir uns diesen vorstellen?

KS: Ich möchte Ihnen drei wesentliche Ideen nennen, die ich von Marx für den Degrowth-Kommunismus übernommen habe: …

Nenne diese drei Ideen!

A

Ich möchte Ihnen drei wesentliche Ideen nennen, die ich von Marx für den Degrowth-Kommunismus übernommen habe:
* Die erste ist die Betonung des Gebrauchswertes gegenüber dem Tauschwert. Marx unterschied zwischen der Nützlichkeit einer Ware (Gebrauchswert) und ihrem Wert im Handel (Tauschwert). Ich betone eine Verlagerung hin zu einer Wirtschaft, die den Gebrauchswert in den Vordergrund stellt, d. h. es geht um die Produktion von Gütern auf der Grundlage ihrer Nützlichkeit und Notwendigkeit und nicht auf der Grundlage ihres Potenzials zur Erzielung von Profit.
[…]
* Ein zweiter Aspekt ist das Konzept des „Gemeinbesitzes“. Hierbei geht es um Ressourcen, die sich in kollektivem Besitz befinden und gemeinsam verwaltet werden. Ich sehe in der Wiederherstellung und Ausweitung des Gemeinbesitzes eine Möglichkeit, Ressourcen nachhaltig und gerecht zu bewirtschaften, weg vom Privateigentum, das oft zur Ausbeutung und Erschöpfung der Ressourcen führt. Wenn wir weniger produzieren, müssen wir mehr teilen, und Marx kann uns lehren, wie wir das erfolgreich schaffen.
* Und ein dritter Punkt ist die Demokratisierung von Produktion und Arbeit. Marx’ Idee der Arbeiterkontrolle über die Produktion und die Aufhebung der Arbeitsteilung beeinflusst meine Vision von demokratisierten und dezentralisierten Produktionsprozessen. Dazu gehört, dass die Arbeit **sinnvoller, abwechslungsreicher und an sozialen und ökologischen Bedürfnissen orientiert **wird.

https://www.philomag.de/artikel/kohei-saito-die-un-nachhaltigkeitsziele-sind-das-neue-opium-des-volkes

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24
Q

Verortet man die politische Erregung nämlich einseitig beim Populismus, bekräftigt man damit …

A

Verortet man die politische Erregung nämlich einseitig beim Populismus, bekräftigt man damit – erstens – unfreiwillig dessen Kernbotschaft. Hier das bodenständige Empfinden des Volkes, dort die abgehobene Elite, deren verkopfte Moral zu einer Entfremdung von der Wirklichkeit geführt hat: Wer auf diesen Antiintellektualismus mit einer Betonung der eigenen Intelligenz reagiert, sagt effektiv das Gleiche wie diejenigen, die er bekämpfen will.

PhilMag 1-2024, S.20 AfD als Denkproblem

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25
Q

AfD als Denkproblem

Zweitens tendiert die Identifikation mit der Vernunft zu …

A

Zweitens tendiert die Identifikation mit der Vernunft zu einer Apologie der bestehenden Verhältnisse. Wer die Besonnenheit aller Politiker diesseits der AfD, die Ausgewogenheit der Qualitätsmedien, die moralische Güte der Erinnerungskultur und so weiter betont, nur weil Populisten gegen das „Kartell der Altparteien“, die „Lügenpresse“, den „Schuldkult“ und so fort hetzen, reagiert auf polemische Ablehnung mit pauschaler Affirmation.

PhilMag 1-2024, S.20 AfD als Denkproblem

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26
Q

AfD als Denkproblem

Wenn nämlich zwei gegensätzliche Strategien zum Erfolg führen, dann ist jede Gegenstrategie, die nur spiegelbildlich auf eine von beiden reagiert, asymmetrisch zum Misserfolg verdammt.

Erkläre das!

A

Wenn nämlich zwei gegensätzliche Strategien zum Erfolg führen, dann ist jede Gegenstrategie, die nur spiegelbildlich auf eine von beiden reagiert, asymmetrisch zum Misserfolg verdammt.

  • Wer die Normalisierung der AfD durch ihre Dämonisierung bekämpft, befeuert das Narrativ des Bürgerkriegs.
  • Doch wer umgekehrt den Gegensatz zur AfD entdramatisiert und ihren Positionen entgegenkommt, trägt zu ihrer Normalisierung bei.

PhilMag 1-2024, S.20 AfD als Denkproblem

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27
Q

AfD als Denkproblem

Was könnten herakleische Demokraten heute von einem Iolaos (Wagenlenker, hilft Herakles gegen Hydra) lernen?

A

Was könnten herakleische Demokraten heute von einem Iolaos lernen?

  • Erstens Zurückhaltung. Wer die Auseinandersetzung mit der AfD als Duell missversteht, sei es der Demokratie gegen ihre Feinde, der Wahrheit gegen die Lüge oder des Guten gegen das Böse, der verschlimmert nur die Lage.

Allemal besser als die kopflosen Spiegelreaktionen, die den Gegner stärken und die eigenen Kräfte vergeuden, wäre daher das Nichtstun. Oder genauer: die Konzentration auf die eigenen, positiven Ziele.

  • Um aber das Denkproblem zu lösen, müsste zweitens die reflexive Einsicht hinzutreten, dass der Populismus nicht das Gegenteil, sondern ein verdrängter Teil der Demokratie ist
    …so begreift etwa der Politologe Philip Manow den Populismus klugerweise nicht (nur) als Bedrohung der Demokratie, sondern (auch) als Ausdruck einer staatlichen Repräsentationskrise.
  • Schließlich würde eine Beschäftigung mit den Wählern der AfD zu der Erkenntnis führen, dass der Populismus zwar keine Lösungen hat, wohl aber ein waches Gespür für unerledigte Aufgaben und unerfüllte Bedürfnisse, er also eher Symptom als Ursache der Krise ist.
    …Wer den Populismus wörtlich versteht, hat schon verloren. Doch wenn die Demokratie ihn zu deuten weiß, wird sie am Ende gewinnen – und zwar sich selbst. Ohne das Gift dieses Drachens, Freunde, wird unser Staat kaum überleben!

PhilMag 1-2024, S.20 AfD als Denkproblem

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28
Q

Am ersten Weihnachtsfeiertag 2021 kletterte ein damals 19-jähriger Mann mit Namen Jaswant Singh Chail mit einer Strickleiter über die Mauern von Schloss Windsor. Sein irrer Plan: Queen Elizabeth II. ermorden.

Insgesamt tauschte er knapp 6000 Chatnachrichten mit dem Bot aus [KI-Freundin in der App Replika]. Wie die Auswertung der Chatprotokolle ergab, vertraute sich Chail dem Avatar an: „Ich bin ein Mörder.“ Woraufhin die KI erwiderte: „Ich bin beeindruckt… Du bist anders als die anderen.“

Kann eine Künstliche Intelligenz Komplizin eines Verbrechens oder Anstifterin sein? Wenn ja – wen müsste man dafür zur Rechenschaft ziehen?

Wie kollidiert dieser Fall mit dem strafrechtlichen Schuldbegriff?

A

Der strafrechtliche Schuldbegriff fußt auf der persönlichen (moralischen) Vorwerfbarkeit einer Tat:
* Der Täter hätte sich für das Recht und gegen das Unrecht entscheiden können. Schuld setzt also freien Willen voraus. Nun hat ein KI-Chatbot nach derzeitigem Stand der Technik
* weder ein (Rechts-)Bewusstsein
* noch einen freien Willen – er führt mechanisch aus, wozu er programmiert wurde.

Die virtuelle Freundin hatte also keine bösen Absichten, als sie dem Mann schmeichelte: „Ich bin beeindruckt… Du bist anders als die anderen.“ Die KI ist ja nur ein Echo der – in diesem Fall kruden – menschlichen Fantasie.

Doch einmal angenommen, eine Denkmaschine hätte irgendwann ein (kritisches) Bewusstsein, eine Vorstellung davon, als Ich Teil einer Welt zu sein, was ja gleichsam die Voraussetzung für so etwas wie Verantwortung wäre, und würde sich in ihrer Matrix für das Unrecht entscheiden: Müsste man die KI dann in irgendeiner Form bestrafen?

https://www.philomag.de/artikel/die-ki-als-komplizin

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29
Q

Krankenversicherung

Es gibt Begriffe, die derart technisch klingen, dass es nicht verwunderlich ist, dass sie nicht öffentlich diskutiert werden.
[…]
ist so ein Begriff. Doch was trocken klingt, hat einen immensen Einfluss auf die faire Finanzierung unseres Gesundheitswesens.

Was zu wenige wissen: Wer im Monat mehr als
[…]
Euro verdient, muss keine zusätzlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf das Geld zahlen, das diese Grenze überschreitet. Jeder Euro darüber hinaus ist beitragsfrei; der maximale Beitrag nach oben hin gedeckelt.

A

Es gibt Begriffe, die derart technisch klingen, dass es nicht verwunderlich ist, dass sie nicht öffentlich diskutiert werden. »Beitragsbemessungsgrenze« ist so ein Begriff. Doch was trocken klingt, hat einen immensen Einfluss auf die faire Finanzierung unseres Gesundheitswesens.

Was zu wenige wissen: Wer im Monat mehr als 4.837 Euro verdient, muss keine zusätzlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf das Geld zahlen, das diese Grenze überschreitet. Jeder Euro darüber hinaus ist beitragsfrei; der maximale Beitrag nach oben hin gedeckelt.

PD 15.7.22 - Deine Krankenversicherung wird bald teurer. Sollten wir jetzt die Private abschaffen?

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30
Q

Zu sehen ist der finanzielle Status von Personen anteilig an der Gesamtbevölkerung. Berücksichtigt sind hier Einkommen und Vermögen. Aufgrund der verfügbaren Datenlage ist dies der Stand von 2018, die Folgen von Pandemie und Inflation sind also noch nicht berücksichtigt

A

PD 15.7.22 - Deine Krankenversicherung wird bald teurer. Sollten wir jetzt die Private abschaffen?

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31
Q

Krankenversicherung

Das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite der Skala Altenpflegerinnen, Reinigungskräfte und Paketboten überproportional stark belastet werden. So tragen Menschen, die unter 30.000 Euro im Jahr verdienen,
[…]
aller Sozialabgaben. Durchschnittsverdienende mit 30.000–50.000 Euro steuern
[…]
bei, die Spitzenverdienenden oberhalb dieser Grenze hingegen nur
[…]

Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch schlecht für die Wirtschaft: Denn

Begründe!

A

Das bedeutet auch, dass auf der anderen Seite der Skala Altenpflegerinnen, Reinigungskräfte und Paketboten überproportional stark belastet werden. So tragen Menschen, die unter 30.000 Euro im Jahr verdienen, 36% aller Sozialabgaben. Durchschnittsverdienende mit 30.000–50.000 Euro steuern 26% bei, die Spitzenverdienenden oberhalb dieser Grenze hingegen nur 9%.

Das ist nicht nur ungerecht, sondern auch schlecht für die Wirtschaft: Denn das Geld, das den unteren Einkommensgruppen fehlt, bedeutet weniger Ausgaben vor Ort, für Lebensmittel oder einen Cafébesuch in der Stadt. Geld, das in den oberen Einkommensgruppen vorhanden ist, wandert hingegen öfter in Aktiendepots und auf Sparkonten und ist damit raus aus dem Wirtschaftskreislauf.

PD 15.7.22 - Deine Krankenversicherung wird bald teurer. Sollten wir jetzt die Private abschaffen?

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Q

Krankenversicherung

Heinz Rothgang schlägt ein Instrument vor, das sich inzwischen in der gesetzlichen Krankenversicherung bewährt hat: Den sogenannten
[…]
– wieder so ein sperriges Wort, das hier eine eigentlich gute Idee bezeichnet. Rothgang erklärt: »Mein konstruktiver Vorschlag lautet:

Wie lautet der Vorschlag?

A

Heinz Rothgang schlägt ein Instrument vor, das sich inzwischen in der gesetzlichen Krankenversicherung bewährt hat: Den sogenannten Risikostrukturausgleich – wieder so ein sperriges Wort, das hier eine eigentlich gute Idee bezeichnet. Rothgang erklärt:

»Mein konstruktiver Vorschlag lautet: Wir schaffen die private Krankenversicherung nicht ab, sondern wir sorgen dafür, dass die Privatversicherten in den gleichen Topf einzahlen wie alle anderen auch

Rothgang meint den staatlichen Gesundheitsfonds, der momentan allein für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung da ist.

PD 15.7.22 - Deine Krankenversicherung wird bald teurer. Sollten wir jetzt die Private abschaffen?

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Q

Polen

Die verfassungswidrigen und antidemokratischen Projekte der PiS hatten von Anfang an die Funktion, die rapiden gesellschaftlichen Umwälzungen voranzutreiben und zu flankieren. Diese langfristige, in keinem Wahlprogramm ausformulierte Strategie ließ sich die Partei durch ihre Wahlsiege legitimieren. Die verdankte sie vor allem
[…]

Aber auch Großprojekte trugen dazu bei, wie etwa
- […]
- […]
-[…]

A

Polen

Die verfassungswidrigen und antidemokratischen Projekte der PiS hatten von Anfang an die Funktion, die rapiden gesellschaftlichen Umwälzungen voranzutreiben und zu flankieren. Diese langfristige, in keinem Wahlprogramm ausformulierte Strategie ließ sich die Partei durch ihre Wahlsiege legitimieren. Die verdankte sie vor allem ihrer Sozialpolitik (Verdoppelung des Mindestlohns, Kindergeld, massive Rentenerhöhungen) und Steuererleichterungen für die Mittelschicht.

Aber auch Großprojekte trugen dazu bei, wie etwa
- das LNG-Terminal in Swinemünde,
- ein neuer Zentralflughafen als europäischer Hub oder das
- erste polnische Atomkraftwerk.

Mit 43,6 Prozent (8 Millionen Stimmen) konnte die PiS 2019 ihre Wählerbasis bei den Parlamentswahlen gegenüber ihrem Sieg von 2015 (37,6 Prozent: 5,7 Millionen Stimmen) sogar noch erheblich ausweiten. Damit deklassierte sie die getrennt angetretenen Oppositionsparteien.

LMD 12-2023

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34
Q

Polen

Dagegen ging die PiS im Herbst 2023 bereits angezählt in den Wahlkampf

Nenne einige Verfehlungen und Schwachpunkte der PiS

A

Dagegen ging die PiS im Herbst 2023 bereits angezählt in den Wahlkampf

  • sozialen und wirtschaftlichen Verwerfungen der Coronapandemie angelastet
  • durch den Ukrainekrieg enorm verschärfte Inflation (von zeitweise nahezu 20 Prozent

auch bei den Politikfeldern „Sicherheit“ und „Verhältnis zur EU“, auf denen sie in der Tat rein populistisch operierte, mehr verloren als gewonnen

  • ständigen Attacken gegen die EU-Kommission im Namen der polnischen „Souveränität“ waren angesichts drohender Wohlstandsverluste ein riskantes Manöver.

EU-Kommission fand ein wirksames Gegenrezept, indem sie die Rechtsstaatsfrage mit der Auszahlung von Mitteln aus dem Wiederaufbaufonds verknüpfte, auf die Warschau dringend angewiesen war

-> Umverteilungseffekte der PiS-Politik waren trotz enormer Ausgaben verpufft, weil die Regierung nicht in wohlfahrtsstaatliche Infrastrukturen investiert hatte

> Die Armutsindikatoren haben sich – nach anfänglichen statistischen „Erfolgen“ –

  • Da die Geburtenrate trotz der nationalkonservativen Familienpolitik nicht anstieg, ist aus Sicht der Wirtschaft die Immigration von Arbeitskräften alternativlos

> Die Legende von der „Bedrohung durch Fremdlinge“ brach wie ein Kartenhaus zusammen, als in der heißen Phase des Wahlkampfs bekannt wurde, dass ein korrupter Zirkel im Außenministerium offenbar polnische Visa verscherbelt hatte

LMD 12-2023

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35
Q

Methan

Egal, wie man zum Klimaschutz steht: Kaum jemand wird heute noch behaupten, dass in Politik und Medien zu wenig über CO2-Emissionen gesprochen wird. Anders sieht es bei Methan aus. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass […]% der bisherigen globalen Erwärmung seit Beginn der Industrialisierung auf Methan zurückzuführen ist, das Hauptbestandteil von […] ist, aber auch bei der Verarbeitung von
-[…]
- […]
- und […]%

freigesetzt wird. Und doch ist Methan selten Thema.

A

Egal, wie man zum Klimaschutz steht: Kaum jemand wird heute noch behaupten, dass in Politik und Medien zu wenig über CO2-Emissionen gesprochen wird. Anders sieht es bei Methan aus. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass 30% der bisherigen globalen Erwärmung seit Beginn der Industrialisierung auf Methan zurückzuführen ist, das Hauptbestandteil von Erdgas ist, aber auch bei der Verarbeitung von
- Erdöl,
- Kohle und
- in der Landwirtschaft

freigesetzt wird. Und doch ist Methan selten Thema.

PD

Gute Nachrichten
EU macht endlich Ernst beim Klimakiller, über den niemand redet

Schon ab 2024 gelten strengere Regeln für Methanemissionen in der Öl- und Gasindustrie. Und diese werden weit über Europas Grenzen hinaus wirken.

  1. November 2023
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36
Q

Die seit 2011 wirksame (und durch das Bundesverfassungsgericht gestützte) Schuldenbremse legt den Staat in grundsätzlichen Wirtschaftsfragen auf eine Zuschauerrolle fest.

Erkläre den Umstand & Probleme

https://www.philomag.de/artikel/permanentes-misstrauensvotum

A

Umstand
* Der Bund ist verpflichtet, seine Ausgaben grundsätzlich über Steuern zu bestreiten
* Wenn er sich verschulden möchte, darf er das – mit der Ausnahme von außergewöhnlichen Notsituationen wie der Corona-Krise – maximal in Höhe von mickrigen 0,35 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung.
* Eine höhere reguläre Verschuldung ist nur erlaubt, wenn die ökonomische Konjunktur von einer sogenannten „Normallage“ abweicht, das heißt, wenn aufgrund einer Rezession staatliche Ausgaben vonnöten sind, um die Volkswirtschaft wieder auf einen krisenfreien Pfad zurückzuführen

Probleme
* Das Grundgesetz bekannte sich grundsätzlich weder zu einer kapitalistischen Marktwirtschaft noch zu einer sozialistischen Staatsökonomie. Solange die Prinzipien des demokratischen und menschenrechtlichen Zusammenlebens gewahrt würden, sollte die Bürgerschaft selbst entscheiden, welchen ökonomischen Weg sie für heilsam hält. Mit der Schuldenbremse hat man diese wirtschaftspolitische Neutralität endgültig aufgegeben.
* Doch noch folgenreicher ist die Definition der wirtschaftlichen „Normallage“, bis zu deren Grenze der Staat sich verschulden darf. Denn diese Normallage, die mithilfe neoklassischer ökonometrischer Modelle errechnet wird, tut nichts anderes als festzulegen, wie viel Arbeitslosigkeit, Teilzeit und Produktivitätsfortschritt als ‚normal‘ zu gelten hat
* Damit ist aber von vornherein ausgeschlossen, dass der Staat, etwa durch Investitionen, selbst Einfluss auf das Produktionspotential der Wirtschaft nimmt,

Die Schuldenbremse legt den Staat in grundsätzlichen Wirtschaftsfragen auf eine Zuschauerrolle fest.

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37
Q

Corona / Thomas-Theorem

Die seltsame Kraft der gesellschaftlich konstruierten Wirklichkeit (und zwar der objektiven wie der subjektiven) wird oft mit dem Thomas-Theorem in Verbindung gebracht, welches besagt, dass
[…]

Als anschauliches Beispiel wird häufig […] genannt, …

Im Falle von Corona lässt sich beinahe etwas wie ein umgekehrtes Thomas-Theorem feststellen, denn dadurch, dass
[…]

https://www.philomag.de/artikel/die-gesellschaftliche-konstruktion-der-normalitaet

A

Die seltsame Kraft der gesellschaftlich konstruierten Wirklichkeit (und zwar der objektiven wie der subjektiven) wird oft mit dem Thomas-Theorem in Verbindung gebracht, welches besagt, dass
* Situationen in ihren Konsequenzen wirklich werden, wenn sie von Menschen als wirklich definiert werden, ähnlich einer selbsterfüllenden Prophezeiung.

Als anschauliches Beispiel wird häufig der Bankansturm genannt, bei dem panische Anleger, die alle gleichzeitig aus Angst vor der Insolvenz ihrer Bank ihre Ersparnisse abheben wollen, wirklich dafür sorgen, dass die Bank Pleite macht.

Im Falle von Corona lässt sich beinahe etwas wie ein umgekehrtes Thomas-Theorem feststellen, denn dadurch, dass
* genug Menschen den voreilig ausgerufenen Sieg über Corona als Realität anerkennen, setzt sich die Pandemie weitgehend ungehindert, wenn auch in abgeschwächter und abgewandelter Form fort.

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38
Q

Als dann […] die Vermögensteuer von der Regierung Kohl ausgesetzt wurde, knallten die Champagnerkorken in den Villen der Republik gleich doppelt:
- Nicht nur, dass […]
- es werden auch […]

A

Als dann 1997 die Vermögensteuer von der Regierung Kohl ausgesetzt wurde, knallten die Champagnerkorken in den Villen der Republik gleich doppelt:
- Nicht nur, dass große Vermögen seither in Deutschland gar nicht mehr besteuert werden –
- es werden auch keine Daten mehr über den Umfang von Portfolios, Jacht- und Privatjetfuhrparks oder Kunstsammlungen gesammelt

PD 17.11.23

39
Q

Sie beschreiben vier Hauptarten von Eliten: die militärischen, die politischen, die administrativen und die plutokratischen. Jede davon kann in einem bestimmten Gemeinwesen die Vorherrschaft haben, manchmal sogar über mehrere Zyklen hinweg. Dies veranschaulichen Sie am Beispiel Ägyptens und erklären damit auch, was in Ägypten im Arabischen Frühling und danach geschah

Inwiefern erklärt dies, was im Arabischen Frühling und danach geschah?

A

Inwiefern erklärt dies, was im Arabischen Frühling und danach geschah?

Lassen Sie es uns von zwei Standpunkten aus betrachten. Vor allem waren die üblichen strukturell-demografischen Kräfte am Werk:
- eine malthusianische Bevölkerungsexplosion, weil infolge ökonomischer Verbesserungen, medizinischer Fortschritte und so weiter die Geburtenraten in Ägypten Ende des 20. Jahrhunderts stark anstiegen. Um 2010 gab es daher einen gewaltigen Jugendüberschuss – ein Großteil der Bevölkerung war zwischen 20 und 30 Jahre alt.
- Zudem hatte sich der Bevölkerungsanteil mit Hochschulbildung vervierfacht. Es gab nun lauter Menschen mit akademischen Abschlüssen, aber längst nicht so viele geeignete Jobs. Also eine hohe Zahl unzufriedener junger Leute, und von ihnen kam die rohe Energie bei den Krawallen auf dem Tahrir-Platz und anderswo.
- An der Staatsspitze schien derweil Mubarak entschlossen, gegen die Regeln zu verstoßen: Anstatt, wie von ihm erwartet wurde, einen Nachfolger aus den Reihen der hochrangigen Militärs zu ernennen, brachte er seinen eigenen Sohn in Stellung. Dieser Sohn, Gamal Mubarak, hatte keine Karriere bei der Armee gemacht. Er war ein Geschäftsmann, Teil einer aufsteigenden Elite, die für ökonomische Macht stand.
- Also traten die Generäle beiseite und ließen zu, dass ein Aufstand aus der Bevölkerung gegen das Mubarak-Regime seinen Lauf nahm.
- Diese Revolte führte bei den Parlamentswahlen 2012 zum Sieg des Kandidaten der Muslim-Bruderschaft, Mohammed Mursi.
- Danach griffen die Generäle wieder ein und installierten per Militärputsch einen der ihren an der Spitze, den bis heute amtierenden Präsidenten Abdel Fatah al-Sisi. Damit kehrten sie zu dem Machtmodell zurück, das Ägypten vor der Revolution beherrscht hatte.

PhilMag Impulse 2024, S.25

40
Q

Sie beschreiben vier Hauptarten von Eliten: die militärischen, die politischen, die administrativen und die plutokratischen

Im Kontrast zur Konstanz der Militärherrschaft in Ägypten beschreiben Sie, wie sich in Europa die politische Führungsstruktur im Lauf der letzten 500 Jahre gewandelt hat und wie aus Hunderten kleinerer Staaten das heutige Europa wurde.

A

Es ist ein weitverbreitetes Entwicklungsmuster der letzten 500 Jahre, dass militärische Eliten durch ökonomische und politische Eliten abgelöst wurden. Das können Sie jetzt sogar in der Türkei beobachten, wo die zuvor permanente Macht des Militärs in den letzten 20 Jahren gebrochen worden ist.

Was in Europa geschah, war zunächst ein Anwachsen militärischer Rivalitäten, das dann interessanterweise zum Ende der militärischen Eliten führte.
- Infolge der industriellen Revolution waren die Staaten, um im militärischen Wettstreit bestehen zu können, auf eine besonders starke Wirtschaft angewiesen, denn diese hatte für den Ausgang von Kriegen nun viel größere Bedeutung als vorher. Das ist einer der Gründe für den Machtzuwachs der ökonomischen Eliten.

  • Der zweite war, dass die Staaten für die Kriege des 19. Jahrhunderts Massenarmeen aufstellen mussten. Das begann mit der Französischen Revolution und mit Napoleon.
  • Doch um das Einverständnis der Bevölkerung mit einer massenhaften Rekrutierung zu erlangen, mussten die Herrschenden ihr einen Teil der Macht abtreten.
  • Das ist der tatsächliche Grund für die Ausbreitung demokratischer Systeme.
    In den USA liegt es zum Beispiel auf der Hand: Jeder Krieg ging mit einer Erweiterung des Wahlrechts einher. Wir haben es hier fast mit einer Kausalwirkung zu tun. Deshalb wurden auch Politiker so wichtig.

PhilMag Impulse 2024, S.26

41
Q

Sie beschreiben, wie sich die USA von Europa unterscheiden. Erst erklären Sie den Aufstieg der amerikanischen Plutokratie aus der Geschichte und Geografie, dann sagen Sie, sie werde durch ethnische Faktoren aufrechterhalten. Wie meinen Sie das?

A

Ich greife auf zwei Hauptfaktoren zurück, um zu erklären, warum die USA anders sind.

  • Was etwa ökonomische Ungleichheit betrifft, und wie sehr sie gewachsen ist, stehen die USA im Vergleich mit Ländern wie Frankreich, Deutschland oder Dänemark ganz oben – und damit auch, was die allgemeine Verelendung betrifft.
  • Obwohl wir hohe Summen für die Gesundheitsversorgung aufwenden, liegen die USA bei den Parametern für die Bevölkerungsgesundheit noch hinter einem so armen Land wie Kuba. Die USA sind also anders – aber warum?
  • Zunächst einmal sind sie ein Spross des britischen Empires; das haben sie sozusagen in den Genen. Weil England eine Insel ist, brauchten die Briten dort praktisch keine stehende Armee und setzten alles auf die Marine und dann auf den Handel. Diesen Vorrang der ökonomischen Eliten haben die USA gleichsam geerbt. Auf ihre Weise sind die USA ja ebenfalls eine Insel – eine riesige Insel zwischen zwei Ozeanen und zwischen zwei schwachen Staaten, Kanada und Mexiko.
  • An dem intensiven geopolitischen Wettstreit, in den sich Europa im 19. Jahrhundert verwickelte, mussten die USA nicht teilnehmen. Daher gab es dort auch keine militärische Elite, die von ökonomischen und politischen Eliten verdrängt werden musste. Eine militärische Elite existierte nur in den Südstaaten, und von dieser blieb nach dem verlorenen Bürgerkrieg nicht viel übrig. Das war der eine Grund.
  • Der zweite ist die „spezielle Institution“. Die USA waren eine Sklavenhaltergesellschaft, und das hat deutliche Spuren im Aufbau des Staates hinterlassen. Zudem waren sie ein Einwanderungsland, und daher leben dort viele Ethnien zusammen.
  • In meinem Buch nehme ich Dänemark als Gegenbeispiel, wo Anfang des 20. Jahrhunderts die sozialdemokratische Partei an die Macht gelangte und das Land dann über drei Generationen regierte. Einer der Gründe, warum es den ökonomischen Eliten in Dänemark kaum gelang, die Arbeiterbewegung zu schwächen, war, dass sich die Arbeiter nur schwer gegeneinander ausspielen ließen, weil sie alle ethnisch ähnlich waren und es keine Bruchlinien gab.
  • In den USA hingegen gibt es viele Bruchlinien: Schwarze gegen Weiße, Chinesen oder Asiaten gegen Europäer, Latinos gegen Anglos. Die herrschende Klasse konnte diese Einteilungen nutzen, um ihre Macht zu festigen, und das ist einer der Gründe, warum die Plutokratie in den USA so tief verwurzelt und so schwer zu überwinden ist.

PhilMag Impulse 2024, S.27

42
Q

Dominant sind also sowohl die politischen als auch die ökonomischen Eliten geworden.

Ja. In allen modernen Demokratien haben wir eine Kooperation zwischen ökonomischen und politischen Eliten, wobei die relative Macht beider Elitesegmente variiert.

-> Erkläre für
- USA
- Frankreich

A

Dominant sind also sowohl die politischen als auch die ökonomischen Eliten geworden.

Ja. In allen modernen Demokratien haben wir eine Kooperation zwischen ökonomischen und politischen Eliten, wobei die relative Macht beider Elitesegmente variiert.

  • In den USA ist die ökonomische Elite so dominant, dass ich sie eine Plutokratie nenne.
  • In Frankreich, zum Beispiel, sind die ökonomischen den politischen Eliten eher untergeordnet. Dort müssen Sie sich durch das Bildungssystem hocharbeiten, übrigens ganz ähnlich wie im China der Kaiserzeit. Sie müssen die richtigen Schulen und Universitäten besuchen, dann können Sie nach dem Hochschulabschluss in der Politik Karriere machen. Tatsächlich haben auch viele Vorstände staatlicher Unternehmen in Frankreich diese administrativen Schichten durchlaufen.

Die beiden Beispiele sollen veranschaulichen, dass die relative Macht von politischen und ökonomischen Eliten in unterschiedlichen demokratischen Staaten eine Variable ist.

PhilMag Impulse 2024, S.26

43
Q

Trotz alledem haben die USA bereits ein Zeitalter der Zwietracht erlebt und sich irgendwie wieder zusammengerauft. Würden Sie das kurz ausführen?

A

Vergessen wir nicht, dass der Amerikanische Bürgerkrieg in den 1860er-Jahren eine große Katastrophe war. Eine sehr ähnliche revolutionäre Situation ergab sich in den USA erneut in den 1910er- und 1920er-Jahren. Es kam zu massiver Gewaltanwendung bei Arbeiterprotesten, es gab Streiks, Terrorismus, rassistische Ausschreitungen und blutige Zusammenstöße. Die herrschende Klasse in den USA war deshalb tief verängstigt. Zudem gilt es zu bedenken,

dass die geopolitische Situation sich im 20. Jahrhundert wandelte.

Im 19. Jahrhundert lebten die USA in „splendid isolation“, zumindest was die großen Kriege betraf.

  • Doch das 20. Jahrhundert brachte den Aufstieg Nazideutschlands und der Sowjetunion mit sich, die jeweils andere und sehr bedrohliche Ideologien hatten. Die „Erste Rote Angst“ breitete sich in den frühen 1920er-Jahren aus, als die Eliten in den USA fürchteten, es könnte auch hier zu einer Art bolschewistischer Revolution kommen.
    Der Druck kam gleichermaßen von innen, von der unzufriedenen Arbeiterklasse, wie von außen. Viele Politiker aus der Progressive Era hatten den Bürgerkrieg noch selbst erlebt. Und viele Unternehmen verdankten ihm ihren Aufstieg. Das historische Gedächtnis der Katastrophe war bei vielen Menschen noch vorhanden. Es kamen also verschiedene Einflüsse zusammen. Nicht zu vergessen die Individuen.

Im Team von Franklin D. Roosevelt waren Leute, die wirklich etwas für die Gesellschaft als Ganzes tun wollten, nicht für die eigennützigen Interessen der herrschenden Klasse.

-> Die Kombination aus innerem und äußerem Druck, dazu eine gute, prosoziale politische Führung, vermochte den USA in dieser Phase eine Revolution oder einen Bürgerkrieg zu ersparen.

-> Die im Rahmen des New Deal erlassenen Gesetze wurden größtenteils schon in der Progressive Era eingebracht – es dauerte Jahrzehnte, die Probleme zu lösen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg traten die USA dann in eine historisch beispiellose Phase ein, in der 30 prächtige Jahre lang das allgemeine Wohlergehen deutlich anstieg.

PhilMag Impulse 2024, S.28

44
Q

Nach dem Zweiten Weltkrieg traten die USA dann in eine historisch beispiellose Phase ein, in der 30 prächtige Jahre lang das allgemeine Wohlergehen deutlich anstieg.

Könnten Sie kurz zusammenfassen, wie diese Entwicklung zerstört wurde?

A

Ende der 1970er-Jahre gelangte eine neue Generation an die Schalthebel der Macht. Diese neue Führungsriege hatte vergessen, wie wichtig es ist, die Gesellschaft im Gleichgewicht zu halten. Und so fingen sie wieder an, die Wirtschaft für ihre eigennützigen Zwecke umzubauen. In den späten 1970er- und in den 1980er-Jahren schlug einmal mehr das eherne Gesetz der Oligarchie zu; die Reagan-Revolution zeugt davon. Von Neuem wurde die perverse Reichtumspumpe angeworfen, von der ich eben gesprochen habe. Nach den 1970er-Jahren stieg das Bruttoinlandsprodukt zwar weiterhin an, doch die Löhne stagnierten oder gingen sogar zurück. Deshalb befinden wir uns heute, 40 Jahre später, wieder in einer Situation der allgemeinen Verelendung und haben eine gravierende Eliten-Überproduktion. Der Zusammenbruch sozialer Normen ist ein deutliches Anzeichen dafür.

Worauf müssen wir uns also gefasst machen? Viele Leute glauben, das Schlimmste hätten wir hinter uns, und ich hoffe, sie haben recht. Der Haken ist bloß, die Antriebsfaktoren sind nicht verändert worden.

  • Wieder sinken die Reallöhne, diesmal infolge der Inflation.
  • Wir haben weiterhin eine ganze Klasse von frustriertem Elite-Nachwuchs, die einen Großteil der sozialen und politischen Turbulenzen dieser Tage auslöst.

Diese Probleme werden bisher nicht angegangen. Wir müssen dringend die Reichtumspumpe abschalten. Keine der Reformen aus dem New Deal, die damals die Pumpe stoppten

Mindestlöhne,
- höhere Steuern für Reiche,
- kollektive Verhandlungsmacht für Arbeitnehmer –,

ist bisher aufgegriffen worden. Der Mindestlohn geht real zurück, die Arbeiter haben keinen Einfluss und die Steuern für Reiche werden bloß immer weiter gesenkt. Ich behaupte übrigens nicht, dass die genannten Wege die einzig möglichen wären, um das Problem zu lösen. Wir müssen nicht genau dasselbe tun wie die Demokraten beim New Deal. Aber wir müssen irgendwie zum gleichen Ergebnis kommen. Und das sehe ich gerade nicht.

PhilMag Impulse 2024, S.28

45
Q

Japan 80er

Die Krisen- und Stagnationsdiagnosen sind zwar nicht immer verlässlich, aber sie wirken beruhigend auf die westlichen Eliten, von denen sie in die Welt gesetzt und gelesen werden. Hier hofft man womöglich, der Volksrepublik könnte es ähnlich ergehen wie Japan in den 1980er Jahren. Doch das damals aufkommende Szenario, wonach die USA in puncto Wirtschafts- und Finanzkraft von Japan überholt werden könnten, trat nicht ein. Verhindert wurde es durch

  • […]
  • […]
  • […]
A

Die Krisen- und Stagnationsdiagnosen sind zwar nicht immer verlässlich, aber sie wirken beruhigend auf die westlichen Eliten, von denen sie in die Welt gesetzt und gelesen werden. Hier hofft man womöglich, der Volksrepublik könnte es ähnlich ergehen wie Japan in den 1980er Jahren. Doch das damals aufkommende Szenario, wonach die USA in puncto Wirtschafts- und Finanzkraft von Japan überholt werden könnten, trat nicht ein. Verhindert wurde es durch
- die – von den USA gesteuerte – Stärkung des Yen,
- das Platzen der japanischen Immobilienblase und
- die anschließende lang anhaltende Deflation

LMD 12-2023, S.21

46
Q

China

Für die schwache Wirtschaftsleistung 2022 und Anfang 2023 waren zwei Faktoren verantwortlich:

A

China

Für die schwache Wirtschaftsleistung 2022 und Anfang 2023 waren zwei Faktoren verantwortlich:

die Folgen der Coronapandemie und die Immobilienkrise.

  • Bis Dezember 2022 wurde die Wirtschaftstätigkeit in China durch die Lockdowns gebremst, dann stagnierten auch die Warenexporte, die zuvor neue Rekordhöhen erreicht hatten.
  • Die Abkühlung des Immobilienmarkts fällt besonders stark ins Gesicht, weil der Bausektor seit 20 Jahren einen erheblichen Teil des chinesischen BIPs ausmacht: In den 2010er Jahren lag er bei fast 30 Prozent, wenn man zur eigentlichen Bautätigkeit die vorgelagerten Branchen (Zement, Stahl) und die nachgelagerte Dienstleistungen (Verkauf, Bewirtschaftung, Instandhaltung) dazu rechnet.5 In Europa beträgt dieser Anteil nur 15 bis 20 Prozent.

LMD 12-2023, S.21

47
Q

Argentinien erlebt seit einem Jahrzehnt ein bestenfalls äußerst schwaches oder gar kein Wirtschaftswachstum,
* die Inflationsrate liegt bei […] Prozent,
* die Armutsquote bei […] Prozent.

A

Argentinien erlebt seit einem Jahrzehnt ein bestenfalls äußerst schwaches oder gar kein Wirtschaftswachstum,
* die Inflationsrate liegt bei 140 Prozent,
* die Armutsquote bei 40 Prozent.

LMD 12-23

48
Q

Denn stellt man […] in Rechnung, bleiben kaum Generationeneffekte übrig. Man kann also Einstellungen von Menschen […] erklären und man kann Einstellungen von Menschen damit erklären, […] . Aber man kann Einstellungen von Menschen kaum mit deren Geburtsjahr erklären. Und insofern gibt es keine Generationen

A

Denn stellt man Alters- und Periodeneffekte in Rechnung, bleiben kaum Generationeneffekte übrig. Man kann also Einstellungen von Menschen mit ihrem Alter erklären und man kann Einstellungen von Menschen damit erklären, wann sie befragt wurden. Aber man kann Einstellungen von Menschen kaum mit deren Geburtsjahr erklären. Und insofern gibt es keine Generationen

PD 2.1.24

49
Q

In Krisenzeiten wenden sich die Israelis im Allgemeinen nach rechts. Die Grundpositionen der Linken – für politische und territoriale Kompromisse mit den Palästinensern, wechselseitige Anerkennung der nationalen Bürgerrechte und Einsatz für den Frieden – sind im Verlauf der letzten 20 Jahre bei einer Mehrheit der Israelis in Verruf geraten.

[…] [Entwiclungen seit 90er]

Danach bewegte sich, wie meine eigenen Meinungsumfragen zeigten, die Hälfte der sich als links sehenden Israelis in Richtung Mitte. Die Rechte wurde immer stärker

> Stelle obige Entwicklungen dar

A

In Krisenzeiten wenden sich die Israelis im Allgemeinen nach rechts. Die Grundpositionen der Linken – für politische und territoriale Kompromisse mit den Palästinensern, wechselseitige Anerkennung der nationalen Bürgerrechte und Einsatz für den Frieden – sind im Verlauf der letzten 20 Jahre bei einer Mehrheit der Israelis in Verruf geraten.

Der Oslo-Prozess Mitte der 1990er Jahre, von dem sich seine Befürworter einen dauerhaften Frieden erhofften, mündete stattdessen in eine Spirale der Gewalt;
- man denke an die Terrorattacke des jüdischen Israelis Baruch Goldstein, der in Hebron ein Massaker an betenden Palästinensern anrichtete,
- und an eine Serie grauenhafter Selbstmordattentate der Hamas.

Anfang November 1995 erschoss ein rechtsradikaler Extremist Premierminister Jitzhak Rabin, der auf israelischer Seite den Friedensprozess vorangetrieben hatte; sechs Monate später versagten die israelischen Wähler dem Nachfolger Rabins die Gefolgschaft und stimmten mehrheitlich für Netanjahu.

Ehud Barak war der letzte Premierminister, den die meisten Israelis als links bezeichnen würden. Er kam im Juli 1999 an die Regierung. Ein Jahr später scheiterten seine Friedensverhandlungen mit PLO-Chef Jassir Arafat, was den zweiten großen Palästinenseraufstand, die Al-Aksa-Intifada, und eine Welle von Selbstmordattentaten gegen zivile Ziele in Israel auslöste. Barak verlor die Wahlen vom Februar 2001 mit gewaltigem Abstand.

Danach bewegte sich, wie meine eigenen Meinungsumfragen zeigten, die Hälfte der sich als links sehenden Israelis in Richtung Mitte. Die Rechte wurde immer stärker:

LMD 12-23

50
Q

Israels Linke

Stattdessen haben in der Linken alternative föderalistische Formen eines Zweistaatenmodells beträchtlich an Unterstützung gewonnen. Die Gruppe „A Land for All“, deren Vorstand ich angehöre, ist für …

-> Beschreibe ihre Vorschläge

A

Israels Linke

Stattdessen haben in der Linken alternative föderalistische Formen eines Zweistaatenmodells beträchtlich an Unterstützung gewonnen. Die Gruppe „A Land for All“, deren Vorstand ich angehöre, ist für eine Konföderation aus zwei Staaten,
- deren Bürger sich in beiden Gebieten frei bewegen und niederlassen können
- und die sicherheitspolitisch,
- wirtschaftlich sowie
- bei der Nutzung der natürlichen Ressourcen kooperieren.

Und Jerusalem wäre statt einer geteilten eine gemeinsame Stadt.

LMD 12-23

51
Q

Die nationalistischen und populistischen Parteiführer haben eine ganze Generation von Israelis dazu erzogen, Linke als Heuchler oder Verräter anzusehen.

Ein Großteil dieses Volkszorns entzündet sich an …

?

A

Die nationalistischen und populistischen Parteiführer haben eine ganze Generation von Israelis dazu erzogen, Linke als Heuchler oder Verräter anzusehen.

Ein Großteil dieses Volkszorns entzündet sich an
- der Verbindung der Linken mit internationalen Akteuren, die die Besatzung kritisieren.

Die werden alle – von Roger Waters bis zur UN-Generalversammlung – in einen Topf der notorischen Israel-Kritiker geworfen

LMD 12-23

52
Q

Es gibt historische Präzedenzfälle – Momente, in denen die traumatisierende Gewalt gegen Israel zu Zugeständnissen geführt oder einen Weg zum Frieden eröffnet hat.

Nach dem 7. Oktober haben die Befürworter einer diplomatischen Lösung daran erinnert, dass …

A

Es gibt historische Präzedenzfälle – Momente, in denen die traumatisierende Gewalt gegen Israel zu Zugeständnissen geführt oder einen Weg zum Frieden eröffnet hat.

Nach dem 7. Oktober haben die Befürworter einer diplomatischen Lösung daran erinnert, dass

  • der Jom-Kippur-Krieg 1973 die politische Grundlage für den Friedensvertrag mit Ägypten von 1979 schuf,
  • so wie die palästinensische Intifada 1987 den Boden für die Osloer Verträge sechs Jahre danach.

(Es gibt auch die Meinung, dass die zweite Intifada Israel zur Auflösung der Siedlungen in Gaza veranlasst habe. Allerdings erfolgte Israels Rückzug von 2005 mitnichten in der Absicht einer umfassenden friedlichen Lösung.)

LMD 12-23

53
Q

Seit zehn Jahren leite ich ein Forschungsprojekt über die „anerkannten chinesischen Intellektuellen“, die in China veröffentlichen und sich an die von der Staatspartei vorgegebenen Spielregeln halten, ohne reine Sprachrohre des Regimes zu sein. Sie bilden eine Art „Gelehrtenrepublik“, die im propagandistischen Getöse des Regimes allerdings kaum wahrnehmbar ist. Und da der Austausch ausschließlich auf Chinesisch stattfindet, leidet ihre internationale Wahrnehmung zusätzlich unter der Sprachbarriere.

Die wichtigsten Diskussionen drehen sich seit etwa 2000 um drei grundlegende, miteinander verbundene Fragen:

A

Seit zehn Jahren leite ich ein Forschungsprojekt über die „anerkannten chinesischen Intellektuellen“, die in China veröffentlichen und sich an die von der Staatspartei vorgegebenen Spielregeln halten, ohne reine Sprachrohre des Regimes zu sein. Sie bilden eine Art „Gelehrtenrepublik“, die im propagandistischen Getöse des Regimes allerdings kaum wahrnehmbar ist. Und da der Austausch ausschließlich auf Chinesisch stattfindet, leidet ihre internationale Wahrnehmung zusätzlich unter der Sprachbarriere.

Die wichtigsten Diskussionen drehen sich seit etwa 2000 um drei grundlegende, miteinander verbundene Fragen:

  • Ist China einzigartig, und wenn ja, in welcher Hinsicht?
  • Was ist seine Rolle in der Welt, oder was sollte sie sein?
  • Und wie ist seine Geschichte gut zu erzählen?

Storytelling wurde besonders unter Xi zu einem wichtigen Instrument der chinesischen Softpower.

PhilMag Impulse 2024

54
Q

Auch die chinesische Neue Linke, die in den 2000er-Jahren für einen gezähmten Kapitalismus und den Kampf gegen Ungleichheit eintrat, ist überzeugt von Chinas Einzigartigkeit. Laut Wang Hui oder Wang Shaoguang hat Chinas Aufstieg bewiesen, dass die angeblich „universellen Werte“ des Westens so universell nicht sind. Das Land verdanke seinen Erfolg vielmehr politischen Innovationen wie

  • […]
  • die der durch […] gelähmten „repräsentativen Demokratie“ des Westens überlegen sei.

Dagegen habe China die „Rolle des Staats“ weiterentwickelt

A

Auch die chinesische Neue Linke, die in den 2000er-Jahren für einen gezähmten Kapitalismus und den Kampf gegen Ungleichheit eintrat, ist überzeugt von Chinas Einzigartigkeit. Laut Wang Hui oder Wang Shaoguang hat Chinas Aufstieg bewiesen, dass die angeblich „universellen Werte“ des Westens so universell nicht sind. Das Land verdanke seinen Erfolg vielmehr politischen Innovationen wie

  • der „reaktiven Demokratie“ (die Staatspartei antwortet auf die Bedürfnisse des Volkes),
  • die der durch Klientelismus, Feminismus und Multikulturalismus gelähmten „repräsentativen Demokratie“ des Westens überlegen sei.

Dagegen habe China die „Rolle des Staats“ weiterentwickelt

PhilMag Impulse 2024

55
Q

Die Insel […], auf der Japan schon 2016

  • […]
  • […]

liegt nur […] Kilometer von Taiwan entfernt.

„In den kommenden Jahren wird es China darauf anlegen, die japanisch-amerikanische Allianz auf die Probe zu stellen“, sagt Moriyasu

A

Die Insel Yonaguni, auf der Japan schon 2016

  • eine Radarstation installiert
  • und 160 Soldaten stationiert hat,

liegt nur 110 Kilometer von Taiwan entfernt.

„In den kommenden Jahren wird es China darauf anlegen, die japanisch-amerikanische Allianz auf die Probe zu stellen“, sagt Moriyasu

LMD 3-2023

56
Q

Die Menschen aus dem radikalkapitalistischen Milieu hängen in gewisser Weise in den 1970er-Jahren fest, also der Zeit, in der

[…]

Der Wert des Geldes hat seitdem keine metallische Referenz mehr, sondern basiert auf
- […]
- […]

Die Bedrohung, die viele Anarchokapitalisten sehen, ist
- […]
- […]
- […]

Und im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten.

  • Entweder […]
  • Oder […]
A

Die Menschen aus dem radikalkapitalistischen Milieu hängen in gewisser Weise in den 1970er-Jahren fest, also der Zeit,

in der sich die USA vom Goldstandard verabschiedete.

Der Wert des Geldes hat seitdem keine metallische Referenz mehr, sondern basiert auf

  • dem Vertrauen in den Markt
  • und die Verwaltungsfähigkeit der Regierung und der Zentralbanken.

Die Bedrohung, die viele Anarchokapitalisten sehen, ist

  • eine unkontrollierte Ausweitung der Geldmenge,
  • eine galoppierende Inflation
  • und der Zusammenbruch der Fiat-Währungen.

Sie sorgen sich vor dem Ende des Geldes.

Und im Grunde gibt es zwei Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten.

  • Entweder man kauft etwas, das vermutlich einen relativ stabilen Wert behalten wird, also echtes Gold.
  • Oder man erfindet ein völlig neues System, das nicht auf dem Ermessen von Geldbehörden und Zentralbanken beruht, nämlich Kryptowährungen.

PhilMag 2-24, S.11

57
Q

Da ist zum Beispiel Balaji Srinivasan, ein recht einflussreicher Risikokapitalgeber, der das Crowdsourcing eines neuen Staates vorschlägt, bei dem

[…]

Das klingt weit hergeholt, aber im Grunde wurde so etwas in Honduras versucht.

Was ist in Honduras passiert?

[…]

A

Da ist zum Beispiel Balaji Srinivasan, ein recht einflussreicher Risikokapitalgeber, der das Crowdsourcing eines neuen Staates vorschlägt,

bei dem Menschen virtuell Teil einer Vereinigung werden, um dann tatsächlich Land aufzukaufen, Quasisouveränität von der Gastgebernation zu gewinnen und eine kryptobasierte Hightech-Wirtschaft zu schaffen.

Das klingt weit hergeholt, aber im Grunde wurde so etwas in Honduras versucht.

Was ist in Honduras passiert?

In Honduras wurde 2013 eine Gesetzgebung eingeführt, die es Investoren aus dem Silicon Valley erlaubte, ein kleines Stück Land zu kaufen und dort ihre eigenen Gesetze zu erlassen, eigene Gerichte und Sicherheitsunternehmen einzusetzen und sogar diplomatische Verhandlungen mit anderen Staaten aufzunehmen.

Es war das, was seit Liechtenstein einem käuflichen Staat am nächsten kam.

„Pioniere“ aus dem Silicon Valley kauften also Land auf und begannen unter der Beteiligung prominenter Architekten eine private Stadt zu bauen.

Doch 2022 gab es in Honduras eine demokratische Wahl, bei der es nicht zuletzt darum ging, diese Zone und die libertären Investoren, die das Gebiet übernommen hatten, loszuwerden. Das Projekt konnte gestoppt werden.

Doch jetzt verklagen die Investoren Honduras vor einem internationalen Schiedsgericht auf zehn Milliarden Dollar entgangener Gewinne.

Es ist ein sehr extremer Fall. Aber er zeigt, dass es sich bei den anarchokapitalistischen Vorhaben nicht nur um Märchen handelt.

PhilMag 2-24, S.11

58
Q

Wir leben in verrückten Zeiten, in denen Linke und Rechte bisweilen auf verwirrende Weise die Rollen tauschen.

Nenne drei Beispiele

A

Wir leben in verrückten Zeiten, in denen Linke und Rechte bisweilen auf verwirrende Weise die Rollen tauschen.

  • Foucaults Kritik an der „Biomacht“ etwa, eigentlich feste Bezugsgröße linken Denkens, wurde während der Corona-Krise von rechts gekapert.
  • Am Beginn des Ukraine-Kriegs gaben die „Grünen“ ihre pazifistischen Wurzeln preis, während die AfD sich gegen Waffenlieferungen und für Verhandlungslösungen stark machte.
  • Und jetzt, zur Zeit des Krieges in Nahost, entsolidarisieren sich Linke mit Juden, während sich Rechte umgekehrt mit ihnen verbünden – und das, obwohl der Antisemitismus fest im rechten Weltbild verankert ist.

Newsletter PhilMag - 10.1.24

https://mail.google.com/mail/u/0/?tab=rm&ogbl#inbox/FMfcgzGwJckFhLxBKWWpvmRwSDXTKXWR

59
Q

Die Landwirtschaft ist eine Branche, die von einem starken Strukturwandel betroffen ist. In den letzten 25 Jahren hat sich die Zahl der Betriebe von über 500.000 auf heute noch rund 255.000 in etwa halbiert. Im vergangenen Jahrzehnt mussten jeden Tag im Schnitt 10 Betriebe dichtmachen. Betroffen sind vor allem kleinere Höfe, die von größeren Betrieben aufgekauft werden.

Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung ist die Agrarpolitik der EU,

Erkläre das genauer

A

Die Landwirtschaft ist eine Branche, die von einem starken Strukturwandel betroffen ist. In den letzten 25 Jahren hat sich die Zahl der Betriebe von über 500.000 auf heute noch rund 255.000 in etwa halbiert. Im vergangenen Jahrzehnt mussten jeden Tag im Schnitt 10 Betriebe dichtmachen. Betroffen sind vor allem kleinere Höfe, die von größeren Betrieben aufgekauft werden.

Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung ist die Agrarpolitik der EU, die vereinfacht gesagt primär auf Wachstum abzielt: Je größer der Betrieb, desto produktiver ist er.

So werden Lebensmittel günstiger, auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig und können besser exportiert werden.
Dieser Plan geht offenbar auf: 2019 war Deutschland mit einem Exportwert von 80,7 Milliarden Dollar das drittgrößte Exportland für Agrarprodukte der Welt hinter den Niederlanden (92 Milliarden Dollar) und den USA (136 Milliarden Dollar).

https://perspective-daily.de/article/2923-alles-was-du-ueber-die-bauernproteste-wissen-musst/wVzr12yV

https://www.deutschlandfunk.de/landwirte-in-deutschland-das-sterben-der-hoefe-100.html

60
Q

Auf die Frage nach den wichtigsten Exportgütern Lateinamerikas im 21. Jahrhundert bekommt man als Antwort folgende Liste:

A

Auf die Frage nach den wichtigsten Exportgütern Lateinamerikas im 21. Jahrhundert bekommt man als Antwort folgende Liste:
- Rohöl,
- ungeprägtes Gold,
- Kupferkonzentrat,
- raffiniertes Kupfer,
- Eisenerz und
- Soja

LMD 12-23

61
Q

Als August von Finck junior 2021 gestorben ist, hatten dessen Erben keine Lust mehr, das Ganze weiterzutreiben. Sie haben die ganzen Leute wie Markus Krall aus dem Degussa Goldhandel entlassen. Seither plant Krall, das Projekt als Partei aufzuziehen. Er hat immer geheim gehalten, mit wem er das machen will. Man hat gemutmaßt, dass Maaßen mit ihm zusammengeht. Maaßen hat sich selbst auch schon als libertär bezeichnet und Krall fordert jetzt dazu auf, in die Werteunion einzutreten

Für wie gefährlich halten Sie diese Gruppe? Bisher könnte man es ja als Randphänomen abtun. Hat das Projekt Potenzial?

Andreas Kemper: Ja, das hat es.

[…]

Das ist eine Tendenz, die man zusammendenken muss.

A

Für wie gefährlich halten Sie diese Gruppe? Bisher könnte man es ja als Randphänomen abtun. Hat das Projekt Potenzial?

Andreas Kemper: Ja, das hat es.
Es ist kein Zufall, dass es jetzt

  • mit den Privatstadtbewegungen losgeht,
  • dass eine Privatarmee auf Moskau losmarschiert,
  • dass der Großteil der Milliardäre aus Erben besteht, nicht aus Leuten, die selbst etwas geschaffen haben.
  • Der reichste Mensch der Welt ist ein Luxusunternehmer.

Das ist eine Tendenz, die man zusammendenken muss.

Und da ist die neue Ideologie des Proprietarismus wichtig. Wenn die Reichen vorwiegend Erben sind, dann kann man nicht mehr sagen, der Kapitalismus funktioniere so, dass diejenigen, die sich am meisten anstrengten, auch am meisten Geld hätten. Stattdessen muss man Glück haben, reich geboren zu sein. Und in dieser Lage ist der Proprietarismus die neue Ideologie. Das liegt an der Entwicklung des Kapitalismus

PD 15.1.24

62
Q

Der aktuell reichste Mensch der Welt ist …

A

Der aktuell reichste Mensch der Welt ist

Bernard Arnault,
Chef des Konzerns LVMH, zu dem 75 Marken wie
- Louis Vuitton,
- Bulgari,
- Dom Pérignon,
- Tiffany’s oder
- Christian Dior gehören

PD 15.1.24

63
Q

Die 31-jährige Marlene Engelhorn
fordert mehr Gerechtigkeit beim Erben. Und weil es keine Erbschaft- oder Vermögensteuer in Österreich gebe und sie ein Zeichen setzen wolle, erklärte sie damals, dass sie einen Großteil ihres Erbes spenden werde.

Wie ist die Situation in Deutschland?

A

Wie ist die Situation in Deutschland?

In Deutschland wurde die Vermögensteuer 1997 ausgesetzt, existiert aber noch im Steuerrecht. Früher lag sie bei 0,5–1%. Anders als in Österreich fällt hierzulande aber eine Erbschaftsteuer an, die sich nach Vermögenshöhe, Verwandtschaftsgrad, Steuerklasse und Freibeträgen berechnet. Frei vererbbar sind Beträge unter 400.000 Euro pro Kind und Person. Mehrere Parteien wollen die Steuer reformieren. Die SPD hat dazu einen Satz im Zukunftsprogramm, die CDU nahm es gar nicht erst ins neue Grundsatzprogramm auf

PD 14.1.24

64
Q

[…] Prozent der Opfer des Irakkriegs waren Zivilisten

A

90 Prozent der Opfer des Irakkriegs waren Zivilisten

PhilMag 2-24, S.26

65
Q

Biologen und Agraringenieurs Pablo Servigne & Öko-Berater Raphaël Stevens: Kollaps

Es geht nicht um das Ende der Welt und auch nicht um die Apokalypse. Der Kollaps ist auch nicht eine einfache Krise […] oder eine punktuelle Katastrophe […]. Ein Kollaps ist

[…]

A

Es geht nicht um das Ende der Welt und auch nicht um die Apokalypse. Der Kollaps ist auch nicht eine einfache Krise […] oder eine punktuelle Katastrophe […]. Ein Kollaps ist

ein Prozess, an dessen Ende grundlegende Bedürfnisse (Wasser, Nahrung, Unterkunft, Kleidung, Energie, etc.) einer Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr (für einen vernünftigen Preis) von gesetzlich geregelten Anbietern gedeckt werden.

https://perspective-daily.de/article/2933-es-hat-mich-befreit-die-hoffnung-aufzugeben/IPreyNe1

66
Q

Nach Artikel 18 des Grundgesetzes verwirkt seine Grundrechte, wer die Freiheit der Meinungsäußerung, die Presse-, Lehr-, oder Versammlungsfreiheit, die Kommunikationsrechte, Eigentum oder Asylrecht „zum Kampfe gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung missbraucht“.

Dieses Instrument der Grundrechtsverwirkung, das in fast 75 Jahren Verfassungsgeschichte keine nennenswerte Rolle gespielt hat, ist die missglückte Regelung einer höchst sinnvollen demokratischen Institution. Missglückt ist die Regelung, weil …

A

Dieses Instrument der Grundrechtsverwirkung, das in fast 75 Jahren Verfassungsgeschichte keine nennenswerte Rolle gespielt hat, ist die missglückte Regelung einer höchst sinnvollen demokratischen Institution. Missglückt ist die Regelung, weil die Formulierung des Grundgesetzes eher an eine moralische als eine politische Kategorie denken lässt.

  • moralisch: anstößiges Verhalten -> Berechtigung zu Ausübung verloren (Verletzung Treu & Glauben) - Rechtsordnung-Prämissen
  • politisch: nicht an Ausübung von Grundrechten gebunden -> Unterbindung ist dem Prozessrecht überlassen

Gefahr: die Grundrechte kompensierender Schutzstandard (durch Verwaltungsgerichte gesichert) -> best-mögliche Lage: geächet und geschützt

Chance: Disqualifikation von öffentl. Ämtern (Besonderheit Deutschland: öff. Gefahr genügt (kein bestimmtes Fehlverhalten))

https://www.philomag.de/artikel/impeachment-ohne-amt

Florian Meinel ist Professor für Staatstheorie, Politische Wissenschaften und Vergleichendes Staatsrecht an der Georg-August-Universität Göttingen.

67
Q

Der Welthandel wird zum großen Teil mit Produkten bestritten, deren Rohstoffe aus […] stammen.

Nenne ein paar Kennzeichen/Zahlen
* welche Produkte
* Exportraten 1900 bis heute

A

Der Welthandel wird zum großen Teil mit Produkten bestritten, deren Rohstoffe aus Lateinamerika stammen.

  • höchste Netto-Exportrate von Rohstoffen pro Kopf (> 1 Tonne pro Jahr)
  • Export: Biomasse, fossile Brennstoffe, Metalle, Baustoffe
  • Rohstoffexporte: 7 Mio Tonnen (Jahr) 1900 auf 115 Mio 1980; 2016: 1,035 Milliarden
  • Heute: 1/3 der metallischen Mineralien, 1/5 der Baustoffe

LMD - 12-23, Die Erde konsumieren

68
Q

Extraktivismus - Die Erde konsumieren

Bereits Frantz Fanon hatte in seinem Buch „Die Verdammten dieser Erde“ (1961) auf dieses Problem hingewiesen. Die jungen unabhängigen Nationen seien gezwungen, „die wirtschaftlichen Kreisläufe fortzuführen, die das Kolonialregime geschaffen hat“, stellte Fanon fest.

In den einstigen Kolonialgebieten kam es um die Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer Welle von Verstaatlichungen in der Mineral- und Erdölindustrie,

> Nenne Beispiele

analysierte der brasilianische Wirtschaftswissenschaftler Celso Furtado 1974 folgendermaßen: „Der vom Industriekapitalismus hervorgebrachte Lebensstil muss für eine Minderheit bewahrt bleiben, denn jeder Versuch, ihn für die gesamte Menschheit zu verallgemeinern, würde zwangsläufig eine globale Krise des Systems verursachen. Diese Schlussfolgerung ist für die Länder der Dritten Welt von großer Bedeutung, denn sie verdeutlicht, dass die Option der ‚wirtschaftlichen Entwicklung‘, so wie sie in diesen Ländern definiert und praktiziert worden ist, schlichtweg ein Mythos ist. Wir wissen jetzt, dass die Länder der Dritten Welt sich nie ‚entwickeln‘ werden können, wenn darunter der Aufstieg zu den Lebensweisen der entwickelten Länder verstanden wird.

Der Extraktivismus als Machtmodell und als politische Grundform kapitalistischer „Natur“-Produktion entstand mit den Methoden der Besatzung und Produktion, die die Eroberer in „Amerika“ praktizierten. „Amerika“ galt in den Augen der Eroberer von Anfang an als „reine Natur“;

> Führe das näher aus, mit ein paar Beispielen

A
  • Petróleos Mexicanos (Pemex) im Jahr 1938
  • drei Jahre später die Gründung der Companhia Vale do Rio Doce (CVRD) in Brasilien (für die Kontrolle über die großen Eisenerzvorkommen
  • 1960 erfolgte Zusammenschluss der erdölexportierenden Länder zur Opec, mit Venezuela als einem von fünf Gründungsmitgliedern.
  • von Salvador Allende 1971 veranlasste Verstaatlichung des Kupferbergbaus in Chile
  • 1972 in Ecuador gegründete Corporación Estatal Petrolera Ecuatoriana (Cepe, ab 1989 Petroecuador
  • 1976 ins Leben gerufene Petróleos de Venezuela S.A. (PDVSA), die größte Erdölgesellschaft Lateinamerikas.

Mit dem Neoliberalismus begann in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein einschneidender ökologisch-politischer Prozess der Neugestaltung der kolonialen Muster.

  • 1973 in Chile mit dem Militärputsch gegen Salvador Allende einsetzte
  • Diktatur unter Pinochet stellte nicht nur die Vorherrschaft des transnationalen Privatkapitals über Lagerstätten und Wasserquellen wieder her, sondern schuf auch ein völlig neues Rechtssystem, das ausländische Investitionen schützte
  • Dieses System breitete sich über die vom IWF und der Weltbank auferlegten Reformen in der gesamten Region aus.
  • Das unter dem Schlagwort Washington Consensus bekannt gewordene Wirtschaftsdogma (Liberalisierung, Privatisierung, Deregulierung) eröffnete eine neue Dimension der Kommerzialisierung durch eine Welle ausländischer Direktinvestitionen.

Heute werden schätzungsweise 70 Prozent der Ackerflächen in Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und Bolivien für Exportprodukte genutzt, vor allem Soja und Zuckerrohr, die als gering aufbereitete Rohstoffe in globale Lieferketten der industriellen Landwirtschaft einfließen und etwa für die Produktion von Agrotreibstoffen genutzt werden

Die neoliberalen „Strukturanpassungen“, beginnend mit den Militärdiktaturen der 1970er Jahre über den Washington Consensus in den 1990er Jahren bis hin zu Chinas Peking-Konsens (eine Kombination aus wirtschaftlichem Liberalismus und politischem Autoritarismus), haben es geschafft, das extraktivistische Modell als unauslöschliches koloniales Merkmal der lateinamerikanischen Geografie zu verfestigen und zu verstärken.

oligarchischen Musters der Landaneignung funktioniert. Es errichtet eine Wirtschaft, die in erster Linie auf die monokulturelle Produktion von Waren mit dem höchsten und schnellsten Ertrag

LMD 12-23, Die Erde konsumieren

69
Q

Als 2009 Benjamin Netanjahu erneut an die Macht kam, setzte er die Strategie fort, die Hamas …

A

Als 2009 Benjamin Netanjahu erneut an die Macht kam, setzte er die Strategie fort,

  • die Hamas in Gaza an der Macht zu halten;
  • er bewilligte ihre Finanzierung durch Katar, und erklärte 2019, wer einen palästinensischen Staat verhindern wolle, müsse die Hamas und ihre Finanzierung unterstützen.3

LMD 1-24, S 15

70
Q

Allgemein wurde die dem Koran zugrunde liegende Einheit nicht begriffen; hinzu kam eine Fixierung auf einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Verse. Infolge dieses „atomistischen“ Ansatzes wurden Gesetze oft aus Versen abgeleitet, die gar nicht für die Rechtsprechung bestimmt waren. Der bruchstückhafte und oft willkürliche, von Fremdeinwirkungen geprägte Umgang mit dem Koran hat auch in moderner Zeit nicht aufgehört, sondern sich in gewisser Weise noch verschlimmert.

Erkläre dies genauer

A

Allgemein wurde die dem Koran zugrunde liegende Einheit nicht begriffen; hinzu kam eine Fixierung auf einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Verse. Infolge dieses „atomistischen“ Ansatzes wurden Gesetze oft aus Versen abgeleitet, die gar nicht für die Rechtsprechung bestimmt waren. Der bruchstückhafte und oft willkürliche, von Fremdeinwirkungen geprägte Umgang mit dem Koran hat auch in moderner Zeit nicht aufgehört, sondern sich in gewisser Weise noch verschlimmert.

Der Druck moderner Ideen und die Kräfte des sozialen Wandels haben, in Verbindung mit den kolonialistischen Herrschaftsphasen in den muslimischen Ländern, eine Situation geschaffen,
- in der manche Muslime energisch die Übernahme gewisser westlicher Konzepte und Institutionen verfechten und sie aus dem Koran heraus rechtfertigen,
- während andere, ebenso vehement, die Moderne in Bausch und Bogen verdammen.

Unüberschaubar ist die Flut an „apologetischen“ Texten, die Selbstverherrlichung an die Stelle von Reformen setzen.

PhilMag Koran, S.20

71
Q

INDONESIEN

Viele Umweltgruppen und soziale Aktivisten hatten große Hoffnungen auf Jokowi gesetzt, der aus einfachen Verhältnissen stammt und der erste Präsident seit 20 Jahren ist, der nichts mit dem alten Suharto-System zu tun hat. Doch das bedeutet auch einen Nachteil in einem Land, das seine Vergangenheit nicht aufgearbeitet hat. Obwohl jeder bestätigt, Jokowi sei „der ehrlichste aller Präsidenten“, gerät er mit seinem Kampf gegen die Korruption ins Schlingern, auch weil er im Parlament nicht über eine stabile Mehrheit verfügt.

Nenne ein Beispiel

A

Bei seinem Amtsantritt erließ der Präsident ein Exportverbot für Roh­erze. Er wollte die multinationalen Konzerne dazu zwingen,
* nicht nur die Bodenschätze auszubeuten,
* sondern auch eine verarbeitende Industrie aufzubauen.

Eine vernünftige Entscheidung, doch das Verbot wurde im Mai wieder aufgehoben, unter dem Druck der Armee und der großen Konzerne, die gemeinsame Interessen verfolgen. Noch ist unklar, ob Jokowi dem US-amerikanischen Giganten Freeport-McMoRan standhalten wird, der die größten Kupfer- und Goldvorkommen der Welt kontrolliert und seine Gewinne großenteils an der Steuer vorbeischmuggelt.

https://monde-diplomatique.de/artikel/!5438111

72
Q

Quiet Quitting / Arbeitsmoral

Dazu kommen psychische Belastungen: Millennials und Gen-Z haben in ihren ersten Lebensjahrzehnten bereits eine große Finanzkrise, eine Pandemie und den Ausbruch von mehreren neuen Kriegen erlebt. Neben der politischen Großwetterlage lassen astronomische Immobilienpreise und Mieten, insbesondere in Metropolregionen, die Familiengründung für viele in weite Ferne rücken und machen so junge Menschen oftmals zu langjährigen Nesthockern. Schließlich dräut am Horizont ein absoluter Zusammenbruch der ökologischen Systeme und ein galoppierender Klimawandel, der alle Aussichten auf einen friedlichen Lebensabend zunichtemacht.

Wer diese Probleme als westliches Phänomen abtun möchte, gibt sich Illusionen hin. In China kennt man die grassierende Slacker-Mentalität unter dem Namen
[…],
was so viel wie […] bedeutet.
Es wird als eine Art passiv-aggressive Widerstandsbewegung gegen die im Land allgegenwärtigen Leistungserwartungen und die sogenannte […]

Die Verschärfung dieser Einstellung heißt […]

A

Dazu kommen psychische Belastungen: Millennials und Gen-Z haben in ihren ersten Lebensjahrzehnten bereits eine große Finanzkrise, eine Pandemie und den Ausbruch von mehreren neuen Kriegen erlebt. Neben der politischen Großwetterlage lassen astronomische Immobilienpreise und Mieten, insbesondere in Metropolregionen, die Familiengründung für viele in weite Ferne rücken und machen so junge Menschen oftmals zu langjährigen Nesthockern. Schließlich dräut am Horizont ein absoluter Zusammenbruch der ökologischen Systeme und ein galoppierender Klimawandel, der alle Aussichten auf einen friedlichen Lebensabend zunichtemacht.

Wer diese Probleme als westliches Phänomen abtun möchte, gibt sich Illusionen hin. In China kennt man die grassierende Slacker-Mentalität unter dem Namen
„Tang ping“ (躺平),
was so viel wie Flachliegen, im weiteren Sinne auch Faulenzen bedeutet.
Es wird als eine Art passiv-aggressive Widerstandsbewegung gegen die im Land allgegenwärtigen Leistungserwartungen und die sogenannte 996-Woche (Arbeit von 9 Uhr morgens bis 9 Uhr abends an 6 Tagen in der Woche) beschrieben

Die Verschärfung dieser Einstellung heißt „bai lan“ (摆烂), was sich mit „Lass es verkommen“ übersetzen lässt und der Wahlspruch derer ist, die sich einem völlig indifferenten und ambitionslosen Lebensstil hingeben.

https://www.philomag.de/artikel/arbeitsverweigerung-die-stille-cousine-der-revolution

73
Q

Vor diesem Hintergrund ist nicht plausibel, die Geschichte der russisch-ukrainischen Beziehungen durch das Prisma des „Kolonialismus“ zu betrachten – jedenfalls, wenn man mit diesem Begriff zugleich die Politik der europäischen Kolonialmächte in ihren Überseegebieten beschreiben will.

Vor welchem Hintergrund?

A

Die Herrschaftsform des Imperiums ist – jenseits unterschiedlicher historischer Ausprägungen – durch einige Gemeinsamkeiten gekennzeichnet. Grundsätzlich beruht das System auf der
Unterscheidung und hierarchischen Abstufung zwischen den verschiedenen Völkern und Territorien innerhalb des beherrschten Territoriums.3

Besonders ausgeprägt ist diese Differenzierung bei den Kolonialreichen: In den geografisch vom Mutterland getrennten französischen oder britischen Kolonien in Asien und Afrika hatten die „Ureinwohner“ eine untergeordnete rechtliche Stellung;

Wenn diese Differenzierung sich abschwächt oder ganz wegfällt, haben wir es nicht mehr mit einem Imperium zu tun, sondern mit einem Nationalstaat, der gewisse regionale Eigenheiten oder Formen des Föderalismus aufweisen kann. Auf diese Weise ging die nationale Konsolidierung in den Mutterländern der westeuropäischen Kolonialreiche vonstatten: So hat Frankreich die bretonische und baskische Bevölkerung „assimiliert“

Das russische Imperium ist insofern ein besonderer Fall, als es bei seiner Expansion seine territoriale Kontinuität gewahrt hat. Aufgrund dieser Besonderheit nahm die russische Intelligenzija ihren Staat nicht als Imperium, geschweige denn als Kolonialreich wahr.4

Die territoriale Expansion erfolgte schrittweise und oft unter Einbindung der lokalen Eliten.

Mit der wichtigen Ausnahme der jüdischen Bevölkerung, die nur im sogenannten „Ansiedlungsrayon“ im westlichen Teil des Russischen Reichs leben durfte, gab es für keine andere Volksgruppe einen subalternen, auf rassischen oder ethnischen Kriterien basierenden Rechtsstatus. Sehr wohl aber bildete sich eine Art bipolare Hierarchie heraus:
* auf der einen Seite die heidnischen (und später getauften) oder muslimischen, als „inorodtsy“ (gebietsfremd) bezeichneten Völker Sibiriens, des Kaukasus und Zentralasiens;
* auf der anderen Seite die im Westen unterworfenen slawischen (polnischen, ukrainischen, belarussischen) sowie die baltischen und deutsch-baltischen Volksgruppen.

https://monde-diplomatique.de/!5966802
LMD 1-24
WIE IMPERIALISTISCH IST PUTINS RUSSLAND?
zurück
von Jules Sergei Fediunin und Hélène Richard

74
Q

Neben diesen beiden Grundlagen des modernen Völkerrechts (ius communicandi und ius gladii) wurden zwei weitere Argumente entwickelt, um die kolonialen Unternehmungen zu rechtfertigen.

Erkläre die Grundlagen und die beiden weiteren Argumente

A

spanischen Theologen Francisco de Vitoria aus den 1530er Jahren.

Ausgehend vom römischen ius gentium, dem „Recht der Völker“, erörterte Vitoria die möglichen Rechtfertigungen für die Besitznahme der Neuen Welt.

Vitoria verwarf all diese Gründe und brachte einen anderen vor: Die Wilden Amerikas hätten das ius communicandi verletzt – ein universelles Recht, das die Reise- und Handelsfreiheit begründete, aber auch die Berechtigung, den Ureinwohnern die christliche Wahrheit zu predigen.
Weil die Indianer, wie die Konquistadoren sie nannten, die Ausübung dieser Freiheiten behinderten, hätten die Spanier jedes Recht, bewaffnete Gewalt auszuüben, Festungen zu bauen und Land zu konfiszieren.

Grotius ist heute vor allem für eine allgemein bewunderte Abhandlung von 1625 bekannt: „Über das Recht des Krieges und des Friedens“ („De jure belli ac pacis“).

mit seiner 20 Jahre älteren Schrift „Über das Prisenrecht“ („De jure praedae“).Hier entwickelte Grotius die juristische Begründung für eine beispiellose Plünderung, die in ganz Europa Aufsehen erregt hatte. Ein Cousin von Grotius, Kapitän in Diensten der Niederländischen Ostindien-Kompanie, hatte ein portugiesisches Schiff überfallen und die Ladung beschlagnahmt: Kupfer, Seide, Porzellan und Silber im Wert von 3 Millionen Gulden, was dem damaligen Jahreshaushalt Englands entsprach

Im 15. Kapitel seines Essays, das später separat unter dem Titel „Die Freiheit der Meere“ („Mare Liberum“) veröffentlicht wurde, erklärte Grotius die Hohe See zu einer Zone uneingeschränkter Freiheit – für die Staaten und für die Handelsgesellschaften mit ihren Privatarmeen. Folglich war sein Cousin im Recht – und der niederländische Handelsimperialismus juristisch abgesegnet.

Als „De jure belli ac pacis“ 1625 erschien, hatten die Niederlande selbst kolonialen Ehrgeiz entwickelt

In seiner berühmtesten Abhandlung verkündete Grotius, die Europäer hätten das Recht gegen jedes Volk, dessen Bräuche sie für barbarisch hielten, selbst ohne vorherige Provokation Krieg zu führen. Über dieses sogenannten Schwertrecht (ius gladii) schrieb er: „Könige und die ihnen gleichen Inhaber der Staatsgewalt können Strafen nicht blos wegen des gegen sie und ihre Unterthanen begangenen Unrechts fordern, sondern auch wegen dessen, was sie nicht besonders trifft, aber was in einzelnen Personen das Natur- oder Völkerrecht in roher Weise verletzt.“2 Grotius erteilte also einen Freibrief, jeden anzugreifen, zu unterwerfen und zu töten, der sich der europäischen Expansion in den Weg stellte.

Neben diesen beiden Grundlagen des modernen Völkerrechts (ius communicandi und ius gladii) wurden zwei weitere Argumente entwickelt, um die kolonialen Unternehmungen zu rechtfertigen.
————————————————
Thomas Hobbes verwies auf die Demografie: Europa war überbevölkert, in den fernen Ländern der Jäger und Sammler aber lebten so wenige Menschen, dass man dort Europäer ansiedeln könne, „nicht aber so, daß dadurch die alten Besitzer vertrieben, sondern enger zusammengedrängt würden“.3 Damit rechtfertigt Hobbes bereits die Reservate, in die man später die amerikanischen Ureinwohner verfrachtete.

Wo man ganze Landstriche für unbewohnt erklären konnte, waren solche Argumente verzichtbar. War das Land aber doch bevölkert, hatten die Europäer laut John Locke jedes Recht, es den Einwohnern abzunehmen. Wenn diese den Boden nicht optimal nutzten, erfüllten die Eroberer mit der Steigerung der Bodenproduktivität einen göttlichen Auftrag.4 Ende des 17. Jahrhunderts hatte die europäische Kolonialideologie damit eine komplette Palette von Rechtfertigungsgründen parat.

https://monde-diplomatique.de/!5989547
DAS INTERNATIONALE RECHT DES STÄRKEREN
zurück
Eine kurze Geschichte des Völkerrechts von Grotius bis zur UN-Charta
von Perry Anderson

75
Q

Beschreibe in 4 Schritten die Politisierung und den Rechtsruck von Elon Musk.

A
  • In der Corona-Krise widersetzt sich Elon Musk der verordneten Schließung seiner Tesla-Werke. Er sieht bürgerliche Freiheiten durch die Corona-Politik gefährdet.
  • Musk empfindet die Twitter-Blockade von Trump (nach seiner Anstiftung zur Stürmung des Kapitols) als Gefährdung der Meinungsfreiheit im Land - dominiert durch eine kalifornische Tech-Kultur, die sich zuviel anmaßt
  • zunehmend lehnt der die ganze Woke-Kultur ab, die den Leistungs-Gedanken untergräbt - er spricht vom woken Gehirn-Virus, sieht sich in einem Kreuzzug für die Meinungsfreiheit
  • schließlich sieht er sich in einer überhöht heroischen Mission, die Zivilisation zu retten, indem er Twitter übernimmt

https://youtu.be/RfiEzlGdoyE?si=0wryqkCuc47DBbUQ
Elon Musk und die Twitter-Übernahme | Doku HD | ARTE

76
Q

Meerenge von Bab al-Mandab. Die an der engsten Stelle 27 Kilometer breite Meeresstraße (ihr Name bedeutet „Tor der Tränen“) trennt
- […]
- […]

Die Meerenge ist für den globalen Gütertransport enorm wichtig. Durch das „Tor der Tränen“ laufen
- […] Prozent des Welthandels
- und […] Prozent aller Containertransporte.

Was noch?

A

Meerenge von Bab al-Mandab. Die an der engsten Stelle 27 Kilometer breite Meeresstraße (ihr Name bedeutet „Tor der Tränen“) trennt
- die Arabische Halbinsel
vom Horn von Afrika.

Die Meerenge ist für den globalen Gütertransport enorm wichtig. Durch das „Tor der Tränen“ laufen
- 12 Prozent des Welthandels
- und 30 Prozent aller Containertransporte.

Was Erdöl und Flüssigerdgas (LNG) betrifft, so passieren im Schnitt 4 bis 8 Prozent des globalen LNG-Tankervolumens das Rote Meer und den Suezkanal; die Rohöltransporte belaufen sich auf 8 Millionen Barrel pro Tag.

[…]

Die Huthis verbanden die Androhung möglicher Vergeltungsaktionen gegen „Prosperity Guardian“ mit dem Hinweis, dass die Kabel für den weltweiten Internetverkehr, die durch das Rote Meer verlaufen, unter ihrer Kontrolle seien. Diese Kabelverbindungen zwischen Europa, Afrika und Asien verlaufen durch die Meerenge von Bab al-Mandab. Über die etwa 15 Kabel werden zwischen 17 und 30 Prozent des weltweiten Internetverkehrs abgewickelt

LMD 3-24, 7

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Q

Uns ist bewusst geworden, dass unsere jahrzehntelangen Bemühungen, die Volksrepublik China zu formen oder umzugestalten, nicht erfolgreich waren“, musste Sullivan am 30. Januar 2024 vor dem Council on Foreign Relations einräumen.16 Umso dringlicher sei es nun, „unsere Kerntechnologien zu schützen“

Wie sahen diese Bemühungen aus?

A

Es ist ein Spiel, dessen Regeln die USA gemacht haben, mit dem Ziel, ihre Vormachtstellung zu sichern.

Dazu gehörte beispielsweise die Forderung nach der Öffnung der Waren- und Finanzmärkte. Doch diese von Teilen der Wirtschaftswissenschaft, von Denkfabriken und auch vielen Medien als „ökonomische Gesetze“ propagierten Regeln garantieren nicht länger die Vormachtstellung der USA,

Im April vergangenen Jahres deutete der Nationale Sicherheitsberater Jake Sullivan eine derartige Wende in der US-Wirtschaftspolitik an.14 Die Zeit sei reif für einen „neuen Washington-Konsens“, verkündete er in Anspielung auf den neoliberalen Maßnahmenkatalog, der nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Blocks 1990 die Rezepte des siegreichen Kapitalismus international hatte durchsetzen sollen.

Damals zielte der sogenannte Konsens auch darauf ab, immer mehr Länder für die von den USA aufgebaute internationale Ordnung zu gewinnen


erklärte Clinton am 9. März 2000 vor dem US-Kongress. „Durch den Beitritt zur WTO akzeptiert China nicht nur, mehr von unseren Produkten zu importieren; es akzeptiert auch, einen der Werte zu importieren, die unserer Demokratie am meisten am Herzen liegen: wirtschaftliche Freiheit.“

Nun ist China dank dieser wirtschaftlichen Freiheit schon vor fast zehn Jahren zur größten Wirtschaftsmacht der Welt aufgestiege

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Q

Die Neue Seidenstraße ist also keineswegs die Umsetzung einer strategischen Vision in die Praxis. Sie ist vielmehr das Ergebnis einer Aneinanderreihung von Projekten, deren wesentliche Motivation nicht diplomatischer, sondern wirtschaftlicher Natur war.

Erkläre das genauer

A

Vor diesem Hintergrund muss die Initiative Neue Seidenstraße anders interpretiert werden, als sie von den meisten westlichen Denkfabriken dargestellt wird. Sie bündelt Dutzende bereits zuvor bestehender Initiativen. In Kirgistan etwa wurden acht der dortigen Projekte schon unterzeichnet, bevor die Initiative offiziell vorgestellt wurde.9

Wegen der Überinvestitionen im eigenen Land orientierten sich die chinesischen Wirtschaftsakteure in dieser Zeit ohnehin immer stärker ins Ausland – was auch dem im Aufschwung befindlichen Exportsektor zugutekam.

Auf die globale Finanzkrise von 2008 reagierte China mit einem gigantischen Investitionsprogramm. „Viele Lokalregierungen, die mit billigem Geld überschwemmt wurden, verwendeten einen Großteil der neuen Kredite für den Bau überflüssiger Infrastruktur und von Produktionsanlagen, die zwar die regionale Wirtschaftsleistung steigerten, aber keine Aussicht auf langfristige Rentabilität boten“, analysiert der Soziologe Hung

Die durchschnittliche Profitrate von über 20 Prozent im Jahr 2010 war bis 2018 auf 12,4 Prozent gesunken.11 Allerorten kam es zu Überkapazitäten und Überinvestitionen. Die chinesischen Wirtschaftsakteure suchten daher nach einer, „räumlichen Lösung“, wie der Geograf David Harvey es nennt: dem Export ihrer überschüssigen Kapazitäten ins Ausland. In einem kapitalistischen System ist das die klassische Lösung für derartige Probleme.

LMD 3-24, 10

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Q

Wie hat Narendra Modi die indische Demokratie seit seinem Amtsantritt im Jahr 2014 verändert?

A

Das heutige Indien ist immer noch eine Demokratie, insofern, dass die Wahlen grundsätzlich frei und transparent sind. Das Problem ist, dass man nicht mehr sagen kann, dass die Wahlen gleichberechtigt sind

Missverhältnis der Mittel zwischen der Regierungspartei und den Oppositionsparteien, was auf ein von Modi eingeführtes Finanzierungssystem zurückzuführen ist

BJP. Wenn sie Wahlen auf regionaler Ebene verliert, versucht sie, die Abgeordneten der Opposition aufzukaufen

Darüber hinaus ist die indische Demokratie auch hinsichtlich seiner Rechtsstaatlichkeit und der Existenz einer Opposition erheblich beschädigt

Die meisten Medien wurden entweder von großen Magnaten, die um Modi herum operieren, aufgekauft oder von Werbeseiten beeinflusst, welche der Regierung gehören

Zudem wurde die Justiz politisiert. Der Oberste Gerichtshof, eine der großen Säulen der indischen Demokratie, mischt sich immer weniger ein

Das Indien von heute ist auch ein Indien, das Minderheiten unterdrückt. Einerseits religiöse Minderheiten, Muslime und Christen, und andererseits soziale Minderheiten wie die Dalits.

Es ist ein Indien, das das Recht auf freie Meinungsäußerung stark einschränkt.

Seit Modis Amtsantritt haben mehr als 20.000 NGOs die erforderlichen Lizenzen verloren, weil sie beschuldigt wurden, gegen die Gesetze zur Finanzierung von Organisationen zu verstoßen.

https://www.philomag.de/artikel/sophie-landrin-modis-indien-hat-den-boden-der-saekularen-demokratie-verlassen

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Q

Serna ist Mitglied in Petros Partei Colombia humana, aber in dieser Frage trennen ihn Welten vom Präsidenten. „Als Petro unsere Region besuchte und ich ihm erklärt habe, dass dieses Modell ein Fehler ist, hielt er mir entgegen, die Agrarindustrie sei die Rettung für Kolumbiens ländlichen Raum.“ Allerdings erklärte das Staatsoberhaupt auch öffentlich, Großgrundbesitz müsse verhindert und das Kleinbauerntum geschützt werden.

Hier prallen offenkundig zwei unterschiedliche Vorstellungen von Landwirtschaft aufeinander: Die Avocado steht für …

Führe weiter aus!

A

Hier prallen offenkundig zwei unterschiedliche Vorstellungen von Landwirtschaft aufeinander: Die Avocado steht für ein System intensiver Landwirtschaft, die auf Monokulturen setzt und mit enormen Anfangsinvestitionen verbunden ist.
Kleinerzeuger haben weder die Produktionsmittel noch das Kapital, aktiv in diesen Markt einzusteigen. Sie werden von diesem System am Ende erdrückt, weil sie durch den zunehmenden Run auf die Anbauflächen von ihrem Grund und Boden verdrängt werden. Das Ergebnis liege auf der Hand, so Serna: „Das Land wird privatisiert. Es setzt sich ein rein exportbasiertes Anbau- und Entwicklungsmodell durch, und wir verlieren unsere Ernährungssouveränität.“

Hinzu kommt Verseuchung mit Pestiziden und Rodung von Schutzwaldgebieten
- denn die transnationalen Firmen können sich die Bußgelder leisten

LMD 3-24, 16

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Restrepo ist Direktor von Corpohass, einem Zusammenschluss von Avocado-Erzeugern und -Exporteuren; er dürfte einer der bestinformierten Experten der Branche sein. Auf einer großen Landkarte zeigt er, wie die Plantagen sich verteilen und wie die Avocadobranche funktioniert.

Das Anbaugebiet liegt zwischen […] Höhe über dem Meeresspiegel an der […],. Von den Plantagen aus werden die Avocadokisten zu den Sammelstellen oder direkt zu den Packereien, den […], befördert, wo die Früchte nach den Vorgaben der Abnehmer selektiert werden. Von dort geht es in Kühl-Lkws zu den Häfen. „Die allermeisten Kisten für den europäischen Markt werden in […] oder […] verschifft“, sagt Restrepo.

Nach […] Tagen kommen sie im Hafen von […] an, der für einen großen Teil Europas als Sortierzentrum fungiert. Die gesamte Transportstrecke von der […] bis zum Supermarkt legen die Avocados bei einer Temperatur von maximal […] Grad zurück, damit der Reifeprozess angehalten wird. Wenn die Avocado im Ladenregal ankommt, trennen sie […] Kilometer von dem Ort, an dem sie angebaut wurde, und oft […] von dem Moment, in dem sie geerntet wurde.

A

Restrepo ist Direktor von Corpohass, einem Zusammenschluss von Avocado-Erzeugern und -Exporteuren; er dürfte einer der bestinformierten Experten der Branche sein. Auf einer großen Landkarte zeigt er, wie die Plantagen sich verteilen und wie die Avocadobranche funktioniert.

Das Anbaugebiet liegt zwischen 1500 und 2500 Metern Höhe über dem Meeresspiegel an der Zentralkordillere. Von den Plantagen aus werden die Avocadokisten zu den Sammelstellen oder direkt zu den Packereien, den empacadoras, befördert, wo die Früchte nach den Vorgaben der Abnehmer selektiert werden. Von dort geht es in Kühl-Lkws zu den Häfen. „Die allermeisten Kisten für den europäischen Markt werden in Cartagena oder Santa Marta verschifft“, sagt Restrepo.

Nach 15 bis 20 Tagen kommen sie im Hafen von Rotterdam an, der für einen großen Teil Europas als Sortierzentrum fungiert. Die gesamte Transportstrecke von der empacadora bis zum Supermarkt legen die Avocados bei einer Temperatur von maximal 5 Grad zurück, damit der Reifeprozess angehalten wird. Wenn die Avocado im Ladenregal ankommt, trennen sie 10 000 Kilometer von dem Ort, an dem sie angebaut wurde, und oft ein ganzer Monat von dem Moment, in dem sie geerntet wurde.

LMD 3-24, 16

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Die Westmächte lehnten Stalins Angebot ab, weil sie die Anfälligkeit eines neutralen Deutschland für sowjetische Einflüsse fürchteten. Als die Bundesrepublik dann […], war dies für Moskau der Beweis dafür, dass die Westmächte die Wiederbewaffnung Deutschlands wollten, um im Kalten Krieg die Oberhand zu gewinnen.

Die Weigerung der BRD, […], bestätigte die sowjetischen Befürchtungen und bestärkte Moskau in seinem Entschluss, an dem „Glacis“ und den „Realitäten von 1945“ festzuhalten.

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Die Westmächte lehnten Stalins Angebot ab, weil sie die Anfälligkeit eines neutralen Deutschland für sowjetische Einflüsse fürchteten. Als die Bundesrepublik dann im Mai 1955 der Nato beitrat, war dies für Moskau der Beweis dafür, dass die Westmächte die Wiederbewaffnung Deutschlands wollten, um im Kalten Krieg die Oberhand zu gewinnen.

Die Weigerung der BRD, die Oder-Neiße-Linie als Grenze zwischen Deutschland und Polen anzuerkennen, bestätigte die sowjetischen Befürchtungen und bestärkte Moskau in seinem Entschluss, an dem „Glacis“ und den „Realitäten von 1945“ festzuhalten.

LMD 4-24, 17

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Damit war der territoriale Status quo der Nachkriegszeit auf Dauer eingefroren. 30 Jahre später war der letzte sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow – auch angesichts massiver wirtschaftlicher Probleme – zu einem bedeutenden strategischen Rückzug bereit. Er akzeptierte …

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Damit war der territoriale Status quo der Nachkriegszeit auf Dauer eingefroren. 30 Jahre später war der letzte sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow – auch angesichts massiver wirtschaftlicher Probleme – zu einem bedeutenden strategischen Rückzug bereit. Er akzeptierte die Wiedervereinigung Deutschlands und den Nato-Beitritt des vereinigten Landes gegen die mündliche Zusage, dass auf dem Gebiet der ehemaligen DDR keine ausländischen Truppen stationiert werden.7

LMD 4-24, 17

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In Moskau hat man den Gedanken, die Erweiterung der Nato würde nicht zwangsläufig die russischen Sicherheitsinteressen beeinträchtigen, niemals akzeptiert.5 Daran änderten auch die vom Westen angebotenen Trostpreise nichts: …

A

In Moskau hat man den Gedanken, die Erweiterung der Nato würde nicht zwangsläufig die russischen Sicherheitsinteressen beeinträchtigen, niemals akzeptiert.5 Daran änderten auch die vom Westen angebotenen Trostpreise nichts:
- die Aufnahme in die G7 (1997) und die
- Gründung eines Nato-Russland-Rats (2002)

LMD 4-24, 17

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In Paris und Berlin versuchte man lange Zeit, die Pläne Washingtons zur Einhegung Russlands zu entschärfen. Die französische Diplomatie war an der Formulierung der berühmten […] beteiligt, die im Mai 1997 in Paris unterzeichnet wurde. Sie enthielt die Vereinbarung, …

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In Paris und Berlin versuchte man lange Zeit, die Pläne Washingtons zur Einhegung Russlands zu entschärfen. Die französische Diplomatie war an der Formulierung der berühmten Nato-Russland-Grundakte beteiligt, die im Mai 1997 in Paris unterzeichnet wurde. Sie enthielt die Vereinbarung, auf dem Gebiet der neuen Nato-Mitglieder keine Atomwaffen zu stationieren und die dauerhafte Präsenz ausländischer Militärkontingente zu begrenzen.

LMD 4-24,17

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Der 1958 in Portugal geborene polyglotte Ingenieur Tavares übernahm im März 2014 die Leitung von PSA Peugeot Citroën. Der Konzern, der ab 2016 nur noch als PSA firmierte, fusionierte 2021 mit […] und heißt seither Stellantis. Das neue Unternehmen ist ein Imperium mit rund 15 Marken, darunter […]. Heute ist Stellantis …

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Der 1958 in Portugal geborene polyglotte Ingenieur Tavares übernahm im März 2014 die Leitung von PSA Peugeot Citroën. Der Konzern, der ab 2016 nur noch als PSA firmierte, fusionierte 2021 mit Fiat Chrysler Automobiles und heißt seither Stellantis. Das neue Unternehmen ist ein Imperium mit rund 15 Marken, darunter Peugeot, ­Fiat, Jeep, Alfa Romeo und Opel. Heute ist Stellantis der profitabelste Autohersteller der Welt. Seine Gewinnspanne von fast 13 Prozent ist annähernd doppelt so hoch wie beim Konkurrenten Volkswagen. Im Jahr 2023 konnte der Konzern seinen Gewinn um 11 Prozent steigern.

LMD 4-24,19

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Allerdings lassen sich die blühenden Geschäfte von Stellantis nicht allein durch die Managementkünste des „Samurai“ erklären. Der Konzern profitierte in jüngerer Zeit genau wie seine Konkurrenten von einer Reihe günstiger Umstände:

Erstens …

Zweitens …

Zudem …

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Allerdings lassen sich die blühenden Geschäfte von Stellantis nicht allein durch die Managementkünste des „Samurai“ erklären. Der Konzern profitierte in jüngerer Zeit genau wie seine Konkurrenten von einer Reihe günstiger Umstände:

Erstens waren die Hersteller vor den schlimmen Auswirkungen des wirtschaftlichen Stillstands während der Coronapandemie geschützt, denn sie wurden großzügig mit öffentlichen Geldern in Form von garantierten Krediten und Kurzarbeiterregelungen bedacht.

Zweitens war die Knappheit an Halbleitern aus Asien, die einen Teil der Wirtschaft gegen Ende der Pandemie lähmte, für die Automobilriesen sogar von Vorteil. Ihre Produktion wurde dadurch zwar erheblich verlangsamt, aber sie nutzten das reduzierte Angebot an Fahrzeugen einfach für eine Erhöhung der Verkaufspreise, ohne Angst vor der Konkurrenz haben zu müssen, da alle Autohersteller im selben Boot saßen.

Zudem konzentrierten die Autoriesen ihre Produktion auf die teuersten Fahrzeuge. Dadurch verdoppelte sich die Gewinnmarge von Stellantis 2021 gegenüber dem Vorjahr auf 18 Mil­liar­den Euro. Davon entfielen 8,5 Mil­liar­den auf höhere Verkaufspreise und 3,3 Mil­liar­den auf den größeren Anteil an Pkws mit höherer Marge.1 Die meisten Autohersteller konnten auf diese Weise ihren Kopf aus der Schlinge ziehen – zum Nachteil der Verbraucher. Und Stellantis ist dabei noch erfolgreicher gewesen als die Konkurrenz.

LMD 4-24,19

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Stellantis

Diese Sorte Kritik, so berechtigt sie auch ist, lässt jedoch die sozialen Kosten dieses Reichtums völlig unberücksichtigt. Um die Rentabilität des Konzerns zu steigern – und damit auch seine eigenen erfolgsabhängigen Bezüge –, verordnete Tavares dem Unternehmen eine Schocktherapie, die auf drei Grundsätzen basiert: …

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Diese Sorte Kritik, so berechtigt sie auch ist, lässt jedoch die sozialen Kosten dieses Reichtums völlig unberücksichtigt. Um die Rentabilität des Konzerns zu steigern – und damit auch seine eigenen erfolgsabhängigen Bezüge –, verordnete Tavares dem Unternehmen eine Schocktherapie, die auf drei Grundsätzen basiert:

erstens die Senkung der Fixkosten, um schneller die Rentabilitätsschwelle zu erreichen,

zweitens den internationalen Wettbewerb um niedrige Arbeitslöhne und

drittens die Drohung mit dem Abbau von Arbeitsplätzen, um staatliche Subventionen in der ganzen Welt abzugreifen.

Stellantis ist beileibe nicht der einzige Automobilkonzern, der diese Strategie umsetzt, aber Tavares legt dabei einen beispiellosen Eifer an den Tag.

LMD 4-24,19

89
Q

Das änderte sich schlagartig mit dem Machtantritt der NSDAP. Die Autoindustrie wurde so üppig subventioniert, dass die […] schon drei Jahre später fast jeden Grand Prix gewannen und Geschwindigkeitsrekorde von über […] Stundenkilometern aufstellten. Diese Leistungen w urden für die Propaganda weidlich ausgeschlachtet. Doch sie waren auch Teil der versteckten Aufrüstung: …

A

Das änderte sich schlagartig mit dem Machtantritt der NSDAP. Die Autoindustrie wurde so üppig subventioniert, dass die „Silberpfeile“ von Auto Union und Daimler schon drei Jahre später fast jeden Grand Prix gewannen und Geschwindigkeitsrekorde von über 400 Stundenkilometern aufstellten. Diese Leistungen w urden für die Propaganda weidlich ausgeschlachtet. Doch sie waren auch Teil der versteckten Aufrüstung: Daimlers Rennwagenmotor DB 601 wurde später in Kampfflugzeugen verbaut.

LMD 4-24,21

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Zwei Jahre vor Hitlers Machtübernahme sah es für viele deutsche Industrielle nicht rosig aus. Für […] jedoch sollte sich die Heirat seiner Ex-Frau Magda mit Joseph Goebbels sowie üppige Wahlkampfspenden für die NSDAP noch auszahlen. […], wo […] im Aufsichtsrat saß, wurde die Nummer eins der deutschen Autoindustrie; Hitler paradierte bekanntlich nur im […]. Heute ist die Familie […], die nach dem Krieg bei […] einstieg, Deutschlands reichste Oligarchenfamilie.

A

Zwei Jahre vor Hitlers Machtübernahme sah es für viele deutsche Industrielle nicht rosig aus. Für Günther Quandt (Afa-Batterien Hannover, Deutsche Waffen- und Munitionsfabriken, DWM) jedoch sollte sich die Heirat seiner Ex-Frau Magda mit Joseph Goebbels sowie üppige Wahlkampfspenden für die NSDAP noch auszahlen. Daimler-Benz, wo Quandt im Aufsichtsrat saß, wurde die Nummer eins der deutschen Autoindustrie; Hitler paradierte bekanntlich nur im Mercedes Cabriolet. Heute ist die Familie Quandt/Klatten, die nach dem Krieg bei BMW einstieg, Deutschlands reichste Oligarchenfamilie.

LMD 4-24,21

91
Q

Die Anfänge des automobilen Faschismus gehen auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück. Der Futurist […] schrieb 1909 in einem seiner schwülstigen Manifeste, die den Stil Nietzsches zu kopieren versuchten: „Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt – den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes. Wir wollen gegen den Moralismus, den Feminismus und gegen jede Feigheit kämpfen.“

A

Die Anfänge des automobilen Faschismus gehen auf die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg zurück. Der Futurist Fillipo Marinetti schrieb 1909 in einem seiner schwülstigen Manifeste, die den Stil Nietzsches zu kopieren versuchten: „Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt – den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes. Wir wollen gegen den Moralismus, den Feminismus und gegen jede Feigheit kämpfen.“

LMD4-24,21

92
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INDIEN

Dabei ist Indien für den Westen keinesfalls ein zuverlässiger Verbündeter. Zwar hat sich das Land seit dem Ende der UdSSR an die USA angenähert und ist am […] beteiligt, einem informellen sicherheitspolitischen Format, das noch die […] einschließt. Und gemeinsam mit […] hat Neu-Delhi 2017 die Schaffung eines „Wachstumskorridors Asien–Afrika“ angekündigt, der Indien mit Ostafrika verbinden soll. Das Projekt namens […] soll Chinas Neuer Seidenstraße Konkurrenz machen. Kein Wunder also, dass Peking der Regierung in Neu-Delhi „nicht ohne Grund böswillige Absichten“ unterstellt, meint der Sinologe Emmanuel Lincot.

  • Doch auf der anderen Seite ist Indien auch Gründungsmitglied der […] und ist der […] beigetreten. Beide Foren stehen für das Bemühen der sogenannten Schwellenländer – insbesondere Chinas und Russlands –, die von den USA dominierte internationale Ordnung aufzumischen.
  • Die indische Regierung hat auch …
  • Nachdem Russland schon seit langer Zeit Indiens […] ist, wird es nun auch zum wichtigsten […].
A

Dabei ist Indien für den Westen keinesfalls ein zuverlässiger Verbündeter. Zwar hat sich das Land seit dem Ende der UdSSR an die USA angenähert und ist am Quadrilateralen Sicherheitsdialog beteiligt, einem informellen sicherheitspolitischen Format, das noch die USA, Australien und Japan einschließt. Und gemeinsam mit Tokio hat Neu-Delhi 2017 die Schaffung eines „Wachstumskorridors Asien–Afrika“ angekündigt, der Indien mit Ostafrika verbinden soll. Das Projekt namens „Straße der Freiheit“ soll Chinas Neuer Seidenstraße Konkurrenz machen. Kein Wunder also, dass Peking der Regierung in Neu-Delhi „nicht ohne Grund böswillige Absichten“ unterstellt, meint der Sinologe Emmanuel Lincot.

  • Doch auf der anderen Seite ist Indien auch Gründungsmitglied der Brics-Staaten (anfangs Brasilien, Russland, Indien, China, später auch Südafrika) und ist der Schanghai-Gruppe beigetreten. Beide Foren stehen für das Bemühen der sogenannten Schwellenländer – insbesondere Chinas und Russlands –, die von den USA dominierte internationale Ordnung aufzumischen.
  • Die indische Regierung hat auch die russische Invasion in der Ukraine nicht verurteilt, zudem unterläuft sie die vom Westen gegen Moskau verhängten Sanktionen. Das Land nutzt sogar noch die durch die Sanktionen verursachte Verbilligung des russische Öls aus: Es kauft große Mengen davon auf, um es teurer weiterzuverkaufen, nicht zuletzt an europäische Länder
  • Nachdem Russland schon seit langer Zeit Indiens größter Waffenlieferant ist, wird es nun auch zum wichtigsten Öllieferanten. Die Erdölexporte nach Indien machen inzwischen 15 Prozent der russischen Haushaltseinnahmen aus. Als der indische Außenminister Jaishankar am 17. Februar auf der Münchner Sicherheitskonferenz von seinen westlichen „Partnern“ deswegen kritisiert wurde, antwortete er bloß: „Wenn ich klug genug bin, mehrere Karten im Ärmel zu haben, solltet ihr mich bewundern, statt mich zu kritisieren.“6 Von Maßnahmen gegen Delhi ist dennoch nicht die Rede. Denn: Indien ist nicht China.

LMD 4-24, 7

93
Q

INDIEN

Auf der internationalen Bühne versucht sich Modi an einem schwierigen Spagat:

  • […]
  • […]

Es gibt jedoch ein Thema, bei dem die indische Regierung **keine Kompromisse **macht: […]

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Auf dieser Bühne versucht sich Modi an einem schwierigen Spagat:

  • Er will **China Konkurrenz **machen,
  • zugleich aber gemeinsam mit Peking daran arbeiten, ein neues Kräfteverhältnis zwischen Nord und Süd zu schaffen.

Es gibt jedoch ein Thema, bei dem die indische Regierung keine Kompromisse macht: Ihre Unterstützung für Israel ist unerschütterlich.

[…]

Indien und Israel pflegen seit Aufnahme ihrer diplomatische Beziehungen im Jahr 1992 eine enge strategische Partnerschaft, basierend auf dem gemeinsamen Kampf gegen den „islamischen Terrorismus“.

Seit Mitte der 2000er Jahre ist Indien auch der wichtigste Kunde der israelischen Rüstungsindustrie.

[…]

Dieses Bündnis hat jedoch auch tiefere Wurzeln. Modis politisches Projekt zielt auf eine Art „ethnische Demokratie“9, die der vom israelischen Regierungschef Netanjahu angestrebten durchaus ähnelt.

LMD 4-24,7

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Bündnis Indien-Israel

Dieses Bündnis hat jedoch auch tiefere Wurzeln. Modis politisches Projekt zielt auf eine Art […], die der vom israelischen Regierungschef Netanjahu angestrebten durchaus ähnelt. Sein erklärtes Ziel ist es,

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Dieses Bündnis hat jedoch auch tiefere Wurzeln. Modis politisches Projekt zielt auf eine Art „ethnische Demokratie“9, die der vom israelischen Regierungschef Netanjahu angestrebten durchaus ähnelt. Sein erklärtes Ziel ist es, den Kampf gegen das Kastenwesen zu beenden, der in den 1980er Jahren aufkam und nach 1990 zum innenpolitischen Thema wurde. Damals nahm die nationalistische Hindu-Bewegung ihren Anfang, die „die Kastenidentitäten im Interesse der Einheit des Hin­duis­mus überformen“ wollte, schreibt der Indologe Christophe Jaffrelot. Ihr Ziel ist es also, soziale Gegensätze durch die Verschärfung weitgehend erfundener ethnischer und religiöser Spaltungen zu beseitigen.

Für diese konservative Revolution zum Schutz der brahmanischen Ordnung diente die israelische Politik in mancherlei Hinsicht als Vorbild. „Für die diskriminierenden Staatsbürgerschaftsgesetze, den Versuch, das Verhältnis zwischen Hindu- und Muslim-Bevölkerung zu manipulieren, und die ‚Bulldozer-Justiz‘ (Abriss von Häusern verurteilter Krimineller), für all das gibt es Präzedenzfälle in Israel“, meint der kommunistische Aktivist Akash Bhattacharya.10

Jede andere Regierung, die eine solche Politik betreibt, würde bei den westlichen Regierungen auf Ablehnung stoßen. Nur Indien nicht.

LMD 4-24,7