2. Klinisch-psychologische Gesprächsführung Flashcards
(29 cards)
Klinisch-psychologische Gesprächsführung
• DieGesprächsführunginderklinisch-psychologischen Anwendung unterscheidet sich, je nachdem ob es um Diagnostik, Beratung oder Intervention geht
- Diagnostischer Kontext: Fokus liegt auf Informationsgewinnung und Urteilsbildung
- Interventioneller Kontext: Fokus liegt auf Aufbau und Entwicklung der therapeutischen Beziehung
• AberauchdasSettingunddiePhaseim Therapieprozesses haben einen Einfluss auf die klinisch- psychologische Gesprächsführung
Aspekte der Gesprächsführung in ausgewählten Kontexten
Gesprächsvoraussetzungen im therapeutischen Kontext
• Das erste Ziel einer klinisch-psychologischen Intervention im therapeutischen Kontext ist die Klärung der Zielsetzungen des Patienten und somit die Förderung realistischer positiver Erwartungen
• Es soll eine Vertrauensbasis aufgebaut werden, welche eine tragfähige und problemorientierte therapeutische Arbeitsbeziehung ermöglicht
• Dem Patienten soll das Gefühl gegeben werden, gut aufgehoben zu sein
⇾ Eventuell muss dem Patienten zu Beginn der Therapie verdeutlicht werden, dass er oder sie mehr von sich mitteilen muss, als dies in klassischen medizinischen Behandlungssituationen der Fall ist
Die erste Kontaktaufnahme
Wichtige therapeutische Kompetenzen:
• Störungs- und Veränderungswissen
• Wissen über (klinisch-) psychologische Diagnostik
• Empathische Haltung und „sich-einstellen-Können“ auf unterschiedliche Personen
• Gleichzeitig Professionalität
• Gesprächsführungskompetenzen
Wichtige Bedingungen:
• Nicht-Reziprozität der Beziehung
• Institutioneller, rechtlicher und zeitlicher Rahmen für den Kontakt
• Finanzielle Honorierung des Therapeuten
Die 3 Basisvariablen nach Carl Rogers
Basisvariablen:
• Empathie (einfühlendes Verstehen)
• Akzeptanz (unbedingte Wertschätzung, emotionale Wärme)
• Kongruenz (Echtheit)
Die 3 Basisvariablen nach Carl Rogers: Empathie
Empathie = Einfühlendes Verstehen
• Hineinversetzen in das persönliche Denk- und Wertesystem, den „inneren Bezugsrahmen“ des Patienten ⇾ Förderung von Selbstverständnis
• Nicht nur das „Gesagte“, sondern das „Gemeinte“ verstehen (mit Hilfe von weiteren Informationen wie paraverbalem und nonverbalem Verhalten)
• Zu erkennen geben, dass man verstanden hat
• Umsetzung:
– Präzises Nachfragen
– Paraphrasieren und Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte – Eine gemeinsame Sprache finden, Formulierungen aufgreifen ⇾ Aber: Empathie ist eher Haltung als Technik !
Die 3 Basisvariablen nach Carl Rogers: Akzeptanz
Akzeptanz = Unbedingte Wertschätzung, emotionale Wärme
• Verständnis entwickeln und Wertungen weitgehend vermeiden
• Wertschätzung ist nicht an Bedingungen geknüpft
- Bedeutetnicht,jedesVerhalten(z.B.einfürdieTherapie problematisches Verhalten) zu akzeptieren ⇾ problematisches Verhalten direkt ansprechen, aber deutlich machen, dass man die Person trotzdem prinzipiell wertschätzt
• Bedeutet nicht, jede Meinung zu teilen
• Akzeptanz ohne zu verstehen ist nicht möglich und nicht wirksam
Die 3 Basisvariablen nach Carl Rogers: Kongruenz
Kongruenz = Echtheit
• Offenheit und Echtheit des Therapeuten
• Kein Spielen einer Rolle
• Empathie und Akzeptanz sind nur auf der Basis von Kongruenz möglich
„Trichterprinzip“
Zu Beginn: Offene Fragen stellen, weniger strukturieren
->
Relevantes herausgreifen, klären, spezifizieren
->
Zusammenfassen, Fehlendes ergänzen
Ausgewählte Gesprächsführungskompetenzen
Aktives Zuhören Paraphrasieren Struktur herstellen Zielorientierte Fragen stellen Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte Konkretisieren und präzisieren Transparenz herstellen Anleiten, erklären und rückmelden Verstärken und motivieren Umgang mit Pausen Umgang mit schwierigen Themen Uvm.
Struktur und steuerung: aktives zu hören, struktur herstellen, zielorientierte fragen stellen, transparenz hersrellen
Transparenz herstellen
• Grundprinzip der Verhaltenstherapie, auf den aufgeklärten und aktiven Patienten zu setzen
• Offenlegen der Behandlungsschritte
– Z.B.AufklärenüberZweckdiagnostischerEinheiten,
– Z.B.AufklärenüberdenZwecktherapeutischerVerhaltensweisen, – Z.B.AufklärenüberdenZweckvonÜbungenundHausaufgaben
• Selektive Transparenz: Therapeut muss keineswegs einfach alle Fragen beantworten, die gestellt werden
⇾ Nachfragen, warum bestimmte Fragen gestellt werden
Struktur herstellen
• Einzelne Gesprächseinheiten sowie der Therapieablauf als Ganzes sollten eine vorhersagbare und zielgerichtete Struktur aufweisen
- Reduktion von Unsicherheiten auf Klientenseite
- Förderung realistischer Behandlungserwartungen
- Förderung der Therapiemotivation
• Strukturierung erhöht Vorhersagbarkeit und vermittelt Sicherheit, was als „strategisches Zwischenziel“ genutzt werden kann
• Plötzliche Themenwechsel, weitschweifige Problembeschreibungen, Erzählungen über rein äußere Sachverhalte etc. können die Strukturierung durcheinanderbringen
– Reflektieren,obRollen/Struktur/Zielsetzungenhinreichendvermittelt wurden
– IndikatorfürVermeidungsverhalten⇾therapeutischnutzen
Zielorientierte Fragen stellen
Offene vs. geschlossene Fragen, präzisierende Fragen
• Offene Fragen: „Was ist Ihnen in der Situation durch den Kopf gegangen?“
• Geschlossene Fragen: „Haben Sie auch befürchtet, dass Sie rot werden könnten?“
• Präzisierende Fragen: „Was genau wäre für Sie so schlimm daran, in dieser Situation rot zu werden?“
• Doppel- oder Mehrfachfragen sind wenig geeignet (überfordern, fördern Missverständnisse)
Aktives Zuhören
Erster Schritt: Zuhören
• ErfordertAufmerksamkeitundKonzentration • Herausforderungen:
• Zeitdruck
• Viele Patienten
• Hohes Redetempo
• Viele „irrelevante Informationen
• Eigene Parallelprozesse (z.B. Emotionen, Gedanken)
Verbal und paraverbal: • Kurze Ermutigungen („ja“, „gut“) • Mitgehen signalisieren („mmh“, „aha“) • Stockungen auffangen (Wiederholen der letzten Worte) • Bitte um Konkretisierung und Beispiele • Wichtig: authentisch sein! Nonverbal: • Offene Sitzhaltung • Flexibler Blickkontakt • Nicken und andere Ausdrucksbewegungen • Angemessene Distanz
Paraphrasieren & Zusammenfassen
• Alle wichtigen Inhalte des Gesagten wiederholen
• Die Wiederholung möglichst kurz fassen
• Die Äußerung nicht „nachplappern“, sondern den Inhalt mit eigenen Worten zusammenfassen
- Ermöglicht auch Schwerpunktsetzung und damit Strukturierung
- Ermöglicht Klärung und Präzisierung
• Am Ende einer Sitzung: Zusammenfassung/ Bilanz
- Ermöglicht ebenfalls Klärung und Schwerpunktsetzung
- Stärkung des Erfahrungssystems des Patienten und Erleichterung der Übertragung in den Alltag
Beispielfragen für Klärungen, Paraphrasen & Zusammenfassungen
Beispiele für die Einleitung von Klärungen/ Paraphrasen:
• „Habe ich Sie richtig verstanden, dass …“
• „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann …“
• „Als Sie mir erzählt haben, dass …, hatte ich den Eindruck, dass …“
• „Wenn Sie sagen, dass … bedeutet dies dann, dass…?“
• „Meinen Sie damit, dass…?“
Beispiele für die Einleitung einer Zusammenfassung am Ende einer Sitzung:
• „Wie würden Sie das Wichtigste des heutigen Gespräches zusammenfassen?“
• „Welche Punkte erscheinen Ihnen heute besonders wichtig?“
• „Welche Konsequenzen ergeben sich für Sie aus dem heutigen Gespräch?“
• „Welche Konsequenzen ergeben sich für Sie aus der heutigen Übung?“
Konkretisieren und Präzisieren
• Psychische Störungen sind oft mit dem Gefühl verbunden, von den eigenen Emotionen, Gedanken und Verhaltensweisen überwältigt zu werden ⇾ Chaos/ Kontrollverlust
• Auffordern, möglichst präzise Situationen, Verhalten, Gedanken und Gefühle und deren Auslöser/ Konsequenzen zu beschreiben
- Verbesserung der Selbstbeobachtung des Patienten
- Bearbeitung übergeneralisierender/ katastrophisierender Bewertungen
• Geleitetes Entdecken: Gesprächsstrategie, in der ein Patient durch gezielte Fragen oder Beispiele dazu angeregt wird, wichtige zielführende Informationen selbst zu generieren
- Patient macht von sich aus Entdeckungen, Verantwortung des Therapeuten wird relativiert
Beispielinteraktionen zum Konkretisieren & Präzisieren
• Patient: „Ich habe doch schon alles ausprobiert, es gibt nichts mehr was ich noch tun kann!“
• Therapeut: „Bitte zählen Sie einmal im Einzelnen auf, was Sie schon ausprobiert haben.“
⇾ Bearbeitung schädlicher Katastrophisierungen
• Patient: „Frauen sind doch alle gleich!“
• Therapeut: „Was meinen Sie genau?“
• Patient: „Sie nutzen einen aus, wo sie nur können!“
• Therapeut: „An wen denken Sie dabei genau?“
• Patient: „An meine Exfrau!“
• Therapeut: „Welche anderen Frauen haben Sie genauso ausgenutzt wie Ihre Exfrau?“
⇾ BearbeitungschädlicherÜbergeneralisierungen
Anleiten, Erklären, Rückmelden & Verstärken
Anleiten, erklären und rückmelden:
• Informationen geben (z.B. zu Diagnosen, Erklärungsmodellen etc.)
• Empfehlen und verabreden statt verordnen
• Autonomie und Selbstwirksamkeit erhöhen
• Konkrete Absprachen für eine begrenzte Zeit
Verstärken und motivieren
• Glaubhafte soziale Verstärkung (direkt und indirekt)
• Motivation erhöhen, bei therapeutischen Maßnahmen kontinuierlich mitzumachen
• Barrieren ansprechen und Ressourcen erfragen
Beispielfragen zum Anleiten, Erklären, Rückmelden & Verstärken
- Autonomie und Selbstwirksamkeit erhöhen: „Was können Sie tun, damit Sie den Kopf freibekommen?“ statt „Haben Sie es mal mit XY probiert?“
- Empfehlen/ verabreden statt verordnen: „Wie kann eine sinnvolle Routine für Sie aussehen die Sie in Ihren Alltag integrieren können?“ statt „Dann machen Sie ab jetzt dreimal die Woche XY!“
- Konkrete Absprachen für begrenzte Zeit: „Wie wäre es, wenn Sie in den nächsten 2 Wochen ausprobieren, ob XY das Richtige für Sie ist, z.B. zweimal für 30 Minuten?“ statt „Probieren Sie mal aus, ob das für Sie das Richtige ist!“
- Nachfragen und Verstärken: „Haben Sie XY ausprobiert? Wie ist es Ihnen dabei ergangen? Fiel es Ihnen schwer, anzufangen? Wie war es, als Sie fertig waren?“
- Barrieren ansprechen: „Was könnte Sie von Ihrem Plan, XY zu tun, abbringen? Was wäre, wenn YZ eintritt?“
- Ressourcen erfragen: „Wer oder was könnte Sie bei der Zielerreichung motivieren/ unterstützen?“
Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte
• Direkt oder indirekt ausgedrückte Ziele, Gefühle, Wünsche, Absichten, Interessen, Bewertungen des Patienten aus dessen Äußerungen aufgreifen und mit eigenen Worten formulieren
• Formulieren emotionaler Erlebnisinhalte durch Synonymen/ Antonymen
• Formulieren emotionaler Erlebnisinhalte durch geeignete Metaphern oder bildhaften Vorstellungen
- Metaphern/ bildhafte Vorstellungen als kreative Möglichkeit, um sich auszudrücken und empathisches Verstehen zu signalisieren
- Sie bieten also einen neuen Bezugsrahmen und können damit Veränderungen erleichtern
- Dienen dazu, den Bedeutungshorizont zu erweitern und erleichtern gegenseitiges Verstehen
• Möglichkeit, die Intensität emotionaler Erlebnisinhalte zu verstärken oder abzuflachen
Synonyme, Antonyme, Metaphern/ bildhafte Vorstellungen:
• Beispielsatz: „Mein Freund ist der einzige Mensch, bei dem ich mich sicher fühle.“
• Synonym: „Bei ihm fühlen Sie sich geborgen.“
• Antonym: „Bei ihm können Sie Ihre Ängste und Sorgen vergessen.“
• Bildhafte Vorstellung: „Ihr Freund ist Ihr sicherer Hafen.“
Verstärken oder Abflachen der Intensität:
• Beispielsatz: „Statt dass ich das einfach so hinnehme, werde ich echt wütend.“
• Verstärkung: „Sie könnten dann platzen vor lauter Wut!“
• Abschwächung: „Das hat Sie geärgert.“
Umgang mit Pausen
und schwierigen Themen
Umgang mit Pausen
• AuchPausenaushaltenkönnen
• Beispielsweise,wennKlientnacheinempassenden Ausdruck/ einer passenden Erfahrung sucht ⇾ können notwendig sein, um sich zu sammeln/ strukturieren
Umgang mit schwierigen Themen
• SchwierigeThemenvonsichausansprechen • Beispiel:Suizidalität,Sexualität
Häufige Fehler in der Gesprächsführung
- VoreiligeRatschlägegeben
- VoreiligeDiagnosenvergeben
- Fachsimpeln
- Fachausdrückeverwenden
- UnverständlicheErklärungenabgeben(zulangeSätze) • DenPatientennichteinbeziehen(Dozentenstil)
- Bagatellisieren
- Distanzverlust
- Plaudern
- NichteinsichtigerThemenwechsel
Probefragen
- Was sind die frei Basisvariablen der Gesprächspsychotherapie nach Rogers? Erläutern Sie jeweils!
- Nennen Sie verbale und non-verbale Möglichkeiten, um aktives Zuhören zu signalisieren!
- Was ist mit Verbalisieren emotionaler Erlebnisinhalte gemeint?
- Was ist der Unterschied zwischen Paraphrasieren und Konkretisieren? Wann werden sie verwendet und wozu dienen sie?
- Was sind häufige Fehler in der klinischen Gesprächsführung? Wozu können sie jeweils führen?