Arbeitsrecht Flashcards
(47 cards)
Wirkung der Anfechtung im Arbeitsrecht
grundsätzlich wirkt die Anfechtung auch im Arbeitsrecht gem. §142 BGB ex tunc. Im Hinblick auf den Charakter des Arbeitsverhältnisses als personenrechtliches Gemeinschaftsverhältnis und nicht zuletzt wegen der Rückabwicklungsschwierigkeiten hat sich in Rspr und Lit die Meinung durchgesetzt, dass bei einem bereits in Vollzug gesetzten Arbeitsverhältnis die Rückwirkung der Anfechtung nicht geltend gemacht werden kann. Nach der Lehre des fehlerhaften Arbeitsverhältnisses wird das Arbeitsverhältnis für die Vergangenheit als wirksam behandelt
Wie lange ist die Anfechtungsfrist gem. §§ 119 II, 121 BGB im Arbeitsrecht?
gem. § 121 BGB: Anfechtung nur ohne schuldhaftes Zögern möglich (Unverzüglich)
im Arbeitsrecht gilt jedoch grundsätzlich die 2 Wochenfrist (vgl. § 626 II BGB)
Die Besonderheiten des Arbeitsrechts und die funtionelle Ähnlichkeit der Anfechtung mit der Kündigung rechtfertigen es, die Frist des § 121 BGB an die des § 626 II BGB anzugleichen. Daher 2 Wochen
aber: nicht generell 2 Wochen Zeit für Anfechtung, nach diesem Zeitraum besteht jedoch auf jeden FAll schuldhaftes Zögern
Was ist die Folge einer unzulässigen Frage des Arbeitgebers?
dem Arbeitnehmer steht dann ein “notwehrähnliches” Recht zur Lüge zu
Wann sind Fragen des Arbeitgebers unzulässig?
2 Fallgruppen:
- Frage hat keine Relevanz für den konkreten Arbeitsplatz
- Frage ist in der Lage den Arbeitnehmer in seinen Grundrechten zu verletzen, insbesondere ihn zu diskriminieren.
Muss vor einer Anfechtung der Betriebsrat gem. § 102 BetrVG angehört werden?
Nein. Aufgrund der Unterschiedlichen Schutzrichtung der Gestaltungsrechte Anfechtung und Kündigung kann die Wertung des § 102 BetrVG nicht auf die Anfechtung übertragen werden.
Die Anfechtung schützt die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit, die Kündigung dagegen die Störung des Vertrauens für die Zukunft
Bedarf die Anfechtung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten der Zustimmung des Integrationsamtes gem. §§ 85, 91 I 1 SGB IX iVm § 134 BGB?
Nein. Zustimmung nur bei Kündigung nicht bei Anfechtung. Die Gestaltungsrechte haben unterschiedliche Schutzrichtungen. Die Anfechtung schützt die rechtsgeschäftliche Entschließungsfreiheit, die Kündigung dagegen die Störung des Vertrauens für die Zukunft
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wirksamkeit einer Kündigung
Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Kündigung im Arbeitsrecht ist ohne Ausnahme stets der Zeitpunkt des Zugang der Kündigung
wichtiger Grund iSd § 626 I BGB
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht mehr zugemutet werden kann, § 626 i BGB
Wie wird geprüft, ob ein wichtiger Grund iSd § 626 II BGB vorliegt?
Bestimmung nach der sogenannten Zwei- Stufen-Prüfung
- Stufe: abstrakt generelle Eignung für § 626 I BGB
- Stufe: konkrete Abwägung im Einzelfall (ultima ratio)
Wer trägt die Kosten für eine schwangere Arbeitnehmerin?
gem. § 1 II Nr. 1 und Nr. 2 AAG die Krankenkassen
Wann besteht besonderes Feststellungsinteresse bei einer Kündigungsschutzklage?
bei ordentlichen und bei außerordentlichen (§13 i 2 KSchG) gilt die Vorschrift des § 4 KSchG. Damit muss innerhalb von 3 Wochen Kündigungsschutzklage erhoben werden, da sonst die Wirkung des § 7 KSchG eintreten würde.
Zudem muss Subsidiarität zur Leistungsklage in Feststellungsinteresse angesprochen werden
Obersatz der Begründetheit einer Kündigungsschutzklage
Die Kündigungsschutzklage ist begründet, wenn das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 1.1.2017 aufgelöst wurde, §§ 4 S. 1, 13 I 2 KSchG.
(sog. punktueller Streitgegenstandsbegriff)
Fristbeginn bei Verdachtskündigung
Bei einer Verdachtskündigung beginnt die Frist des § 626 II BGB zu laufen, sobald ein objektiv begründeter Verdacht besteht und der Arbeitgeber alle ihm zumutbaren Maßnahmen zur Sachverhaltsaufklärung ausgeschöpft hat. (Insb. Anhörung des AN)
Ist § 622 II 2 BGB europarechtskonform?
Nein.
könnte gegen Art. 19 AEUV Altersdiskriminierung verstoßen
Eingriff (+) da junge AN gegenüber älteren AN trotz gleicher Betriebszugehörigkeit nicht in gleicher Weise von der stufenweise Verlängerung der Kündigungsfristen profitieren.
mögliche Rechtfertigung?
- durch flexible Beschäftigungspolitik: nein, da junge AN auch untereinander nicht gleichstark von der Regelung betroffen sind
damit ist § 626 II 2 BGB europarechtswidrig. Er bleib unangewendet (sog. Anwendungsvorrang des Unionsrechts)
Berechnung des sachlichen Anwendungsbereiches des KSchG (§ 23 KSchG)
Der erste Abschnitt des KSchG findet gem. § 23 I 2, 3 KSchG nur Anwednung, wenn im Betrieb zum Kündigungszeitpunkt entweder mehr als 10 AN beschäftigt sind oder mehr als 5 AltAN, die bereits am 31.12.2003 beschäftigt waren.
Bei der Berechnung des abgesenkten Schwellenwerts des § 23 I 2 KSchG zählen nur Alt-AN
Ersatzeinstellungen für ausgeschiedene Alt-AN werden bei der Berechnung nciht berücksichtigt
punktueller Streitgegenstandsbegriff
Bei der Kündigungsschutzklage kommt es nicht auf das Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses an, sondern auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die angegriffene Kündigung. Die Kündigung ist dabei selbst Streitgegenstand.
Wie wird Wirksamkeit der außerordentlichen Kündigung geprüft?
I. Einhaltung der 3 wöchigen Präklusionsfrist §§ 13 I 2, 4, 7 KSchG
- Zugang einer schriftlichen Kündigung (§130, §623)
- Wahrung der 3 Wochen Frist
II. Prüfung des § 626 BGB
- 626 II BGB
- 626 I BGB
subjektiver Gewissenbegriff
Lässt sich aus den festgestellten Tatsachen ein die verweigerte Arbeit betreffender Glaubens- oder Gewissenskonflikt ableiten, so unterliegt die Relevanz und die Gewichtigkeit der Gewissensbildung keiner gerichtlichen Überprüfung auf Vernünftigkeit, Verhältnismäßigkeit o.Ä.
Die Entscheidung muss nur dargelegt und erläutert werden
Wie muss eine Gewissensentscheidung aussehen?
Es muss erkennbar sein, dass es sich um eine nach außen tretende, rational mitteilbare und nachvollziehbare Tiefe, Ernsthaftigkeit und absolute Verbindlichkeit einer Selbstbestimmung handelt.
Zudem darf der Gewissenskonflikt bei Aufnahme der Tätigkeit nicht vorhersehbar gewesen sein.
Muss der Kündigungsgrund in der Kündigung genannt werden?
Nein
Gesetzeswortlaut gibt nicht dergestalt her (§ 623 BGB)
zudem nicht vom Gesetzeszweck gefordert
ultima ratio bei personenbedingter Kündigung
Vorrang der Abmahnung greift hier nicht, da gründe die in der Personen des Arbeitnehmers liegen nicht geändert werden können. (Rollstuhlfahrerbeispiel)
aber: anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit im gleichen Betrieb auch unter Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen muss geprüft werden § 1 III 2 KSchG
Wann wird der Fristbeginn des § 626 II BGB bei einer Verdachtskündigung gehemmt?
Fristbeginn ist gehemmt, solange der Arbeitgeber die nach pflichtgemäßem Ermessen notwendigen Maßnahmen zur Aufklärung des Kündigungssachverhaltes durchführt. Dies muss er jedoch mit der notwendigen Eile durchführen.
Muss der gekündigte Arbeitnehmer dauerhafte Verfügungsgewalt über die Kündigung erlangen?
nein, er muss nur die Möglichkeit der tatsächlichen Kenntnisnahme haben. (auch nur Durchlesen reicht)
Verschulden iSd § 3 EFZG
im Rahmen des § EFZG gilt nicht der normale Sorgfaltsmaßstab des § 276 II BGB.
nur: Verschulden gegen sich selbst
dies ist nur eine leichtsinnige, unverantwortliche Selbstgefährdung oder ein grober Verstoß gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten
Nicht bei einem normalen selbst verschuldeten Foulspiel