Aufmerksamkeitsstörungen Flashcards
(40 cards)
Aufmerksamkeit /Allgemeines
Aufmerksamkeitsstörungen als die häufigste und dauerhafteste kognitive Beeinträchtigung:
- neurologische Patienten ( 90% nach SHT , 67% nach cerebrovaskulärer Erkrankung
- psychiatrische Patienten (Schiziphrenie, Depression)
- schon leichte Hirnschäden führen zu Beeinträchtigungen
Aufmerksamkeit als Voraussetzung für erfolgreiches Handeln im Alltag!
Entscheidende Auswirkung auf Reha-Massnahmen: schlechteres Ergebnis der motorischen Reha, geringere Selbstständigkeit nach 2 Jahren, mehr Schwierigkeiten beim Erlernen von Gedächtnishilfen und deren Einsatz im Alltag
Definition Aufmerksamkeit
= die Fähigkeit des Menschen, aus der Vielzahl der Sinneseindrücke und Informationen diejenigen auszuwählen, die sein Interesse finden und für die Planung und Durchführung von Handlungen von Bedeutung sind (=Selektionsfunktion).
Voraussetzung für Selektionsfunktion: ausreichender Wachheitsgrad (=Aktivierungsfunktion).
Typische Probleme bei Aufmerksamkeitsstörungen:
- Verlangsamung
-Gedächtnisprobleme
-Ablenkbarkeit
-geringe Belastbarkeit
Aufmerksamkeitsleistungen als funktionelle Basisleistungen
Beteiligung an vielen perzeptuellen und kognitiven Prozessen:
- Wahrnehmung, Gedächtnis, Planen, Handeln, Sprache, räumliche Orientierung, Problemlösen
- Aufmerksamkeit kann nicht direkt gemessen werden
- Defizite äußern sich in Geschwindigkeit und Genauigkeit anderer kognitiver Leistungen, werden über diese indirekt gemessen und sind dadurch konzeptuell und funktionell schwer von anderen Funktionen abgrenzbar.
Funktionen von Aufmerksamkeit
Selektion: Beachtete Stimuli werden herausgegriffen und bevorzugt bearbeitet.
Inhibition: Reduzierte Verarbeitung nicht beachteter Stimuli
Konzentration: willentliche Fokussierung auf eine bestimmte Aufgabe über einen längeren Zeitraum hinweg
5 Komponenten der Aufmerksamkeit
- Aufmerksamkeitsaktivierung (Alertness /tonisch, phasisch, intrinsisch)
- Daueraufmerksamkeit
- Selektive (fokussierte ) Aufmerksamkeit
- Geteilte Aufmerksamkeit
- Exekutive Aufmerksamkeit
Alertness (Aufmerksamkeitsaktivierung)
= Fähigkeit, eine Reaktionsbereitschaft herzustellen)
- tonische Alertness: allgemeine, physiologische Aktivierung/Wachheit und Erhöhung der Reaktionsbereitschaft eines Organismus (unterliegt cirkadianen Schwankungen und situativen Anforderungen)
- phasische Alertness: plötzliche , kurzfristige Zunahme der Aufmerksamkeit unmittelbar nach einem Warnreiz
- intrinsische Alterness: selbstgenerierte Steigerung der Aufmerksamkeit zwecks schneller Reaktion auf ein erwartetes Ereignis (z.B. rote Ampel)
Daueraufmerksamkeit
= Fähigkeit, relevante Reize über längeren Zeitraum zu beachten und auf diese zu reagieren.
a) Vigilanz: Aufrechterhaltung Aufmerksamkeit unter extrem monotonen Bedingungen (sehr geringe Auftretensrate von kritischen Reizen, Nachtfahrten auf der Autobahn, Fließbandarbeit,…)
b) Daueraufmerksamkeit: selektive Aufmerksamkeit unter Einsatz mentaler Anstrengung willentlich und kontrolliert aufrechterhalten.(hohe Auftretensrate kritischer Reize mit zusätzlicher perzeptueller Anforderung , viele konkurrierende Reize(Autofahren im Stadtverkehr,…))
Selektive (fokussierte) Aufmerksamkeit
= auf bestimmte Merkmale schnell und zuverlässig reagieren.
- nicht durch irrelevante und unwichtige Merkmale ablenken lassen, Verarbeitungskapazität des Gehirns ist beschränkt.
- Auswahl erfolgt durch externe (hervorstechende) und interne (Erwartungen) Faktoren.
Geteilte Aufmerksamkeit
= Fähigkeit, 2 oder mehr Áufgaben gleichzeitig zu bewältigen.
hängt ab von:
- Automatisierungsgrad der Aufgaben
- Ausmaß indem Aufgaben dieselbe kognitive Ressource beanspruchen (zur Aufteilung der kognitiven Ressourcen auf die Aufgaben wird exekutive Kontrolle benötigt.
z.B. während Spaziergang eine Unterhaltung führen, während Autofahren unterhalten, Notizen bei Vortrag machen
Exekutive Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsflexibilität)
= Fähigkeit, Aufmerksamkeit schnell zwischen verschiedenen Infoquellen/Tätigkeiten wechseln zu lassen.
- notwendig für zielgerichtetes Handeln, willentliche Kontrolle und Steuerung bei der Verarbeitung von Infos
- Handlungsplanung,- antizipation,-kontrolle
- Fehlererkennung und Konfliktbearbeitung
Räumliche Aufmerksamkeit
=Fähigkeit, die Wahrnehmung (visuell, auditiv, taktil, motorisch) auf bestimmte Ausschnitte des Raumes zu konzentrieren
- räumliche Aufmerksamkeitszuwendung kann verdeckt erfolgen (ohne Blickzuwendung) oder offen
- > Störung = Neglect
Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit
= Geschwindigkeit mit der kognitive Prozesse realisiert werden können
- Mechanismus der Zeitbegrenzung (Verlangsamung -> Prozess kann nicht in vorgegebener Zeit beendet werden )
- Mechanismus der Gleichzeitigkeit (Verlangsamung auf basaler Ebene -> es stehen nicht rechtzeitig alle Infos zum Lösen einer Aufgabe zur Verfügung)
Störungen der Alertness
- Pat. reagiert verzögert auf Ansprache, wirkt schläfrig
- zeitl. ,örtlich und in Bezug auf eigene Person deorientiert
- allgemein verlangsamt
- reagiert phasenweise reduziert
Störungen der Daueraufmerksamkeit/Vigilanz
- Pat. ermüdet rasch bei jeder alltagspraktischen Tätigkeit
- benötigt längere Pausen um sich zu erholen
- Pat. klagen über geringere Belastbarkeit
Störungen der Selektiven Aufmerksamkeit
- v. a. Unterdrücken von irrelevanten Reizen ist gestört
- erhöhte Ablenkbarkeit (v.a. bei Frontalhirnläsionen)
- neu auftauchender Reiz löst Orientierungsreaktion aus
- momentan ausgeführte Aktivität wird unterbrochen, ohne sie zu beenden
- Extremfall: utilization behaviour ( environmental dependency syndrome: Handlungen oder Handlungssequenzen werden durch Umwelt hervorgerufen (Pat. sieht Zahnbürste und putzt sich die Zähne, Blatt Papier -> schreibt einen Brief,…)
Störungen der Geteilten Aufmerksamkeit
- Pat. berichtet über Überforderung wenn viele Menschen im Raum sind
- Multitasking nicht möglich
- Dinge, die früher parallel (automatisch ,gleichzeitig)ausgeführt werden konnten, müssen jetzt seriell kontrolliert werden. (Gehen und Sprechen)
Störungen der Exekutiven Aufmerksamkeit (Aufmerksamkeitsflexibilität)
- Pat. zeigt perseveratives Verhalten (streicht immer wieder gleiches Item durch)
- Ablauforganisation ist unstrukturiert (Pat. will abreisen, hat aber nur die Fahrt organisiert und nicht gepackt, Nudeln in kaltes Wasser,…)
- Inflexibles, stereotypes Verhalten: Pläne und Handlungsroutinen werden nicht verändert (Pat. macht Großeinkauf, obwohl Gäste warten,…)
- Fehler werden nicht korrigiert
- schnelles, ungeplantes Verhalten ohne Plausibilitätskontrolle (Pat. kontrolliert nicht, ob alle wesentlichen Dinge berücksichtigt wurden)
Aufmerksamkeitsfunktionen: Taxonomie
a) Intensität:
Alertness (tonisch, phasisch, intrinsisch)
–> Kognitive Verlangsamung, Müdigkeit, verzögertes Reagieren, Abwesenheit
Daueraufmerksamkeit:
–> Ermüden/Fehler bei längeren Aufgaben mit hoher Reizdichte.
Vigilanz:
–> Fehler bei längeren, monotonen Aufgaben mit niedriger Reizdichte
b) Selektivität: Selektive (fokussierte) Aufmerksamkeit: --> Erhöhte Ablenkbarkeit geteilte Aufmerksamkeit: --> Probleme beim Multitasking Exekutive Aufmerksamkeit: --> Unorganisierte Arbeitsweise, Perseverationen, Inflexibilität
c) Räumliche Aufmerksamkeit (Orientierung):
Räumliche Verschiebung der Aufmerksamkeit:
–> Neglect
Ätiologie und Läsionslokalisationen bei Aufmerksamkeitsstörungen
- bei nahezu allen neurologischen Erkrankungen des ZNS möglich
- je nach Erkrankung (umschrieben, lokal, diffus): Funktionsstörungen in einzelnen Aufmerksamkeitskomponenten oder global
- häufigste ätiologische Gruppen:
+ Zerebrovaskuläre Erkrankungen
+ SHT
+Neurodegenerative Erkrankungen (Demenz,…)
+ Extrapyramidale Erkrankungen (Parkinson, Chorea Huntington)
+Entzündliche Erkrankungen des ZNS
+ Epilepsie
+psychische Erkrankungen: Depression, Angststörung, Schizophrenie
Rechtshemissphärische Dominanz des Aufmerksamkeitsaktivierungssystems und des Systems der räumlichen Aufmerksamkeitszuwendung
Neglect= Kombination aus gestörter räumlicher Aufmerksamkeitszuwendung und geminderter Alertness
Aufmerksamkeitsnetzwerke
= grobe Zuordnung der Aufmerksamkeitsfunktionen zu neuroanatomischen Strukturen
- Netzwerke überlappen und interagieren
1. Alerting Netzwerk
2. Orienting Netzwerk
3. Executive-Control-Netzwerk
Aufmerksamkeitsnetzwerke/Alerting Netzwerk
=reguliert Alertness, Vigilanz und Daueraufmerksamkeit
- kortikales, subkortikales, überwiegend rechtshemissphärisches Netzwerk
+ Hirnstamm
+dorsolateraler frontaler Cortex re.
+anteriorer cingulärer Cortex re.
+inferiorer parietaler Cortex re.
+ Thalamus re.
- subkortikale Strukturen sind für kortikale Aktivierung verantwortlich,
–> Läsionen: Anstieg Reaktionszeit, fronto-thamalisch: erhöhte Ablenkbarkeit (selektive Aufmerksamkeit)
–> Neurotransmitter: Noradrenalin
Aufmerksamkeitsnetzwerke/Orienting Netzwerk
=Netzwerk für selektive Aufmerksamkeit, räumliche Aufmerksamkeitszuwendung
- Läsionen frontaler Anteile der linken Hemissphäre: Beeinträchtigung der selektiven Aufmerksamkeit (Anstieg RZ und Fehler bei Wahlreaktionsaufgaben)
- neuronales Netzwerk für die räumlich Selektion von Reizen:
+Parietallappen, temporo-parietaler Übergangsbereich, superiore Colliculi, frontales Augenfeld
–> Neurotransmitter: Acetylcholin
(covert shifts führen zu metabolischer Aktivität im Parietallappen)
Aufmerksamkeitsnetzwerke/Executive Control Netzwerk
= geteilte Aufmerksamkeit und Aufgabenwechsel
- mediale Anteile des Frontalhirns inclusive anteriorer gyrus cinguli, supplementär motorisches Areal, Basalganglien(Schnittstelle zwischen exekutiven Funktionen (exekutive Aufmerksamkeit) und Aufmerksamkeit)
- -> Defizite häufig bei Patienten mit Aneurysmaruptur der A. communicans ant. (bilaterale frontale Blutung)
- -> Neurotransmitter : Dopamin
Aufmerksamkeitsstörungen nach SHT
- schon bei leichten SHT (Kontusion)
- bei Rückkehr in Alltag:
+ kognitive Verlangsamung
+ schlechte Konzentration
+ Unfähigkeit zwei Dinge gleichzeitig zu tun
+ erhöhte Müdigkeit
+ Irritierbarkeit