Besonderes Verwaltungsrecht Flashcards
(100 cards)
Schutzzweck
Schutz von Verbrauchern und Schutz gewerblicher Arbeitnehmer vor unzuverlässigen Gewerbetreibenden.
Die Allgemeinheit soll vor störenden und belästigenden Betrieben bewahrt werden. (Gewerbeüberwachungsrecht)
Gewerbe
Ergibt sich aus § 1 GewO
stehendes Gewerbe §§ 14 ff. GewO Auffang-TB als Regelgewerbeart
stehendes Gewerbe
Negativdefinition
alle gewerblichen Tätigkeiten, die nicht Marktverkehr oder Reisegewerbe sind, gehören zum stehenden Gewerbe.
Ob und Wie des Gewerbes
Die Aufnahme u. Fortsetzung eines Gewerbes (“ob”) darf nur von Erlaubnissen abhängig gemacht werden die bundesgesetzlich vorgesehen sind. (§.30ff. GewO, GastG)
Art und Weise “Wie”: Das Land darf neben dem Bund die Ausübung des Gewerbes regeln.
Erlaubnisfreies Gewerbe unterbinden
In einem Schritt zu unterbinden:
UntersagungsVfg nach § 35 I 1 GewO
Erlaubnispflichtiges Gewerbe unterbinden
zwei Schritte
- Behörde muss die Erlaubnis beseitigen, indem sie diese widerruft oder zurücknimmt (§§ 48, 49 VwVfg)
- Erst danach: SchließungsVfg nach § 15 II 1 GewO gg. den dann nicht mehr erlaubten Gewerbebetrieb
Durchsetzung der Schließung von Gewerben
Bei beiden Gewerbearten durch Zwangsgeld / Zwanghaft nach dem NVwVG.
Gewerbeschein
§ 15 I GewO ist keine Erlaubnis im Sinne des Abs. 2.
Sondern bereits lediglich, dass das Gewerbe nach § 14 GewO angemeldet wurde.
Verletzung des § 14 GewO rechtfertig keine Untersagungsverfügung, weil es nur eine Ordnungsvorschrift ist. (Überwachung, Statistik)
Definition Gewerbe
Gewerbe ist jede nicht sozial unwertige, auf Gewinnerzielung gerichtete, dauerhaft ausgeübte, selbstständige Tätigkeit, die nicht Urproduktion, freier Beruf oder Verwaltung eigenen Vermögens ist.
Begriffe der Gewerbsdefinition
nicht sozial unfertig = nicht schlechthin gemeinschädlich (Straftaten)
auf Gewinnerzielung = nicht gemeinnützig (ohne wirtschaftlichen Vorteil
dauerhaft = einmalig / vorübergehend
Selbstständig = unabhängig, weisungsunterworfen, ohne eigenes wirtschaftliches Risiko
3 Negativmerkmale:
nicht Urproduktion = keine Land/Forstwirtschaft
nicht freiberuflich = keine persönliche Dienstleistung höherer Art
nicht Verwaltung eigenen Vermögens = kein Verbleib im privaten Bereich
Beispielformulierung : Feststellung eines Gewerbes
Der Betrieb eines Hundesalons ist ein Gewerbe i.S.d § 1 Abs. 1 GewO. Er stellt eine erlaubte, dauerhafte, auf Gewinnerzielung gerichtete selbstständige Tätigkeit dar. Der Hundefriseur erbringt auch keine persönlichen Dienstleistungen höherer Art, arbeitet also nicht freiberuflich. Urproduktion oder Verwaltung eigenen Vermögens scheiden ohne Weiteres aus.
Problem: Gewinnerzielungsabsicht, Beispiel
(+) bei wirtschaftliche Tätigkeit der Scientology-Kirche, Sekten, usw. auch wenn Einnahmen weltanschaulicher Zwecke dienen.
(-) bei staatlichem Glücksspielanbieter, denn im Vordergrund steht die Bekämpfung der Spielsucht, nicht die Absicht der Gewinnerzielung
Problem: Soziale Unfertigkeit, Beispiele
liegt nicht vor bei Prostitution/Bordell, Glücksspiele, Wetten
(+) bei kommerzieller Sterbehilfe, Peepshow, Betteln, Lasertag (Str.)
Problem Urproduktion
Gewinnung und Zubereitung, Bearbeitung und Verkauf von Bodenerzeugnissen (auch Folgetätigkeiten: Hofladen)
Problem: freier Beruf
Tätigkeit höherer Art = nur, wenn höhere Bildung (Hochschulabschluss) oder besondere schöpferische Begabung Voraussetzung ist (wissenschaftlich, künstlerisch, schriftstellerisch)
vgl. § 1 II 1 PartGG und § 18 Nr. 1 EStG
Was ist wenn kein Gewerbe vorliegt?
Dann ist allgemeines Ordnung anwendbar, also bspw. zur Unterbindung der Tätigkeit die Generalklausen der NPOG § 11 und nicht § 35 GewO
Definition Unzuverlässigkeit
Unzuverlässig ist der Gewerbetreibende, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreibt.
(Setzt kein Verschulden im rechtl. bzw moralisch-sittlichen Sinne oder eine Charakterschwäche voraus)
gilt sowohl für erlaubnisbedürftige, also auch erlaubnisfreie Gewerbe
Unzuverlässigkeit
künftige (Un-)Zuverlässigkeit: Prognoseeentscheidung! indem man aus dem vergangenen Verhalten auf das wahrscheinlich zukünftige schließt.
Fehlverhalten muss nicht beim Betrieb eines Gewerbebetriebs erfolgt sein, Aber es muss i.d.S gewerbebezogen sein, dass es Rückschlüsse auf das konkrete Gewerbe zulässt.
Bei Personengesellschaften ist auf die Gesellschafter bzw. rechtsgeschäftlichen Vertreter abzustellen.
Auswirkungen der Unzuverlässigkeit
erlaubnisbedürftige Gewerbe: TB-Vss für die Zulassung zum Gewerbe (§34a I 3 Nr. 1 GewO.
Fehlt diese von Anfang an, oder fällt sie später weg, kann die Gewerbeaufsicht die Gewerbeerlaubnis aufheben (§§ 48, 49 VwVfG)
erlaubnisfreies Gewerbe:
kann untersagt werden (Dauer-VA) nach § 35 I 1 GewO, wenn u.a Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun.
Typische materielle Klausurprobleme bei der Zuverlässigkeit
Steuer- oder Sozialabgabenrückstände: nach absoluter Höhe und relativ zur Gesamtbelastung nicht ganz unerhebliche Rückstände –> unzuverlässig (für alle Gewerbe)
mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit: (= ausweglose wirtschaftliche Krise): unzuverlässig (für alle Gewerbe), sofern die Leistungsunfähigkeit anhält, also kein von den Gläubigern akzeptiertes Sanierungskonzept verfolgt wird.
(Wer den betrieb, trotz anhaltender Leistungsunfähigkeit nicht aufgibt, ist unzuverlässig –> schadet dem ordnungsgemäßen. Wirtschaftsverkehr
Auch bei unverschuldeter wirtschaftlicher Not
Straftaten/Owis, bzgl des ausgeübten Gewerbebetriebes, wenn die Tat auf gewerbliche Tätigkeit bezogen. (Eigentums- u. Vermögensdelikte immer gewerbebezogen! Verkehrsdelikt nur bei Verkehrsgewerbe)
Strohmänner: der formal nach au0en autretende unbescholtene Strohmann ist unzuverlässig, wenn er dem seinerseits unzuverlässigen Hintermann maßgeblichen Einfluss auf Geschäftsführung einräumt. Behörde kann gg beide vorgehen
NICHT zur Unzuverlässigkeit führen: mangelnde Sachkunde (Gewerbefreiheit), zivil- o. Wettbewerbsrechtl. Verstöße
Prognoseentscheidung: Überprüfbarkeit durch das Gericht
Die Prognose über die Zuverlässigkeit ist gerichtlich voll überprüfbar.
hat die Gewerbeaufsicht Informationen unter Verstoß gg. Offenbarungsverbote erhalten, gilt für die Informationen ein Verwertungsverbot.
Behörden die der Gewerbeaufsicht Mitteilungen machen dürfen, sind z.B Finanzämter (Steuerschulden), Sozialversicherungsträger (Sozialabgaben, etc)
Nachträgliche Beseitigung der Gründe der Unzuverlässigkeit; Folgen im jeweiligen Verfahrensstadium
WS-Verfahren: es sind alle tatsächlichen Änderungen bis zum Erlass des WS-Bescheides zu berücksichtigen. Prognose kann daher anders ausfallen.
Nach Abschluss des WS-Verfahrens, im verwaltungsgerichtlichen Verfahren: Keine Auswirkung auf RMK der UntersagungsVfg nach § 35 I GewO. Bei belastendem Dauer-VA grds. zwar nach allg. Regeln Ztpkt. der letzten mündlichen Verhandlung entscheidungserheblich. Aber § 35 Abs. 6 GewO sieht ein besonderes Verfahren für die Wiedererstattung vor. Regelmäßige Wartefrist von einem Jahr. = Unzuverlässigkeit fällt nicht rückwirkend weg (In Anwaltsklausur bei Zweckmäßigkeit darauf hinweisen!)
Bei § 15 II GewO fehlt diese Spezialregelung, sodass auf die mündliche Verhandlung abzustellen ist.
Zulässigkeit im Gewerberechtsverfahren
Anfechtungsklage:
gegen Untersagungs- , Aufhebung- und Schließungsverfügung
im vorläufigen Rechtsschutz der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO
Verpflichtungsklage:
Streit über Erlaubnispflichtigkeit oder -freiheit eines Gewerbes, wenn der Gewerbetreibende meint, es sei eine Erlaubnis nötig, die ihm zu Unrecht versagt wurde.
Meint er hingegen, das Gewerbe sei garnicht erlaubnispflichtig, dann –> Feststellungsklage
Feststellungsantrag “ .. wird beantragt festzustellen, dass der Kläger seinen Hundesalon gewerberechtlich erlaubnisfrei betreiben darf.”
Im Eilrechtsschutz, Antrag auf vorläufige Genehmigung nach § 123 Abs.1 S. 2 VwGO. HS darf nur bei existenzbedrohenden Nachteilen vorweggenommen werden. bei stehendem Gewerbe eher selten, eher bei Marktgewerbe, da diese nur wenige Tage dauern.
Prüfungsschema Untersagung eines erlaubnisfreien Gewerbes
I. EGL, 3 35 I 1 GewO
II. Anwendbarkeit - keine vorrangige Spezialregelung § 35 Abs. 8 GewO
1. Kein durch VA erlaubtes Gewerbe –> dann Aufhebung der Erlaubnis und Schließung nach § 15 II GewO spezieller.
2. Keine vorrangigen Spezialgesetze
3. Keine Untersagung aller Arten von Gewerbe, § 35 I 2 GewO
III. Formelle RMK
1. Zuständigkeit, §§35 Abs. 7, 155 GewO i.V.m landesrechtlicher Zuständigkeitsnorm
2. Verfahren: Anhörung
3. Form: Schriftform soweit Landesrechts Vorgesehen.
IV. Materielle RMK
1. Gewerbe
2. Tatsachen die die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun
a) Def. Unzuverlässigkeit
b) Tatsachen
aa) konkrete Tatsachen aus der Vergangenheit –> bloße Vermutungen
bb) tragfähige Grundlage einer Prognoseentscheidung für die Zukunft
cc) Entscheidungserheblicher Ztpkt. für die Gerichte. Prüfung der Prognose
(1) Untersagung = Dauer-VA –> trotz AnfKL grds. letzte mündliche Verhandlung
(2) Gegenausnahme: Spezialregelung des § 35 Abs. 6 GewO: Tatsachenänderungen nach Erlass der UntersagungsVfg können nur im Wiedergestattungsverfahren berücksichtigt werden.
3. Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit oder der Beschäftigten erforderlich - ja, wenn Schadenseintritt in überschaubarer Zeit zu erwarten.
4. RF: Untersagung (gebundene Entscheidung)
V. Zwangsweise Durchsetzung
Untersagung enthält konkludiert das Gebot, die Gewerbetätigkeit einzustellen, das mit Zwangsmitteln durchgesetzt wird.
z.B Androhung und spätere Festsetzung von Zwangsgeld, Stilllegung betrieblicher KFZ (nicht VHM, wenn hauptsächlich privat genutzt)