BT II Flashcards
Welches Rechtsgut schützt der TB der unrechtmässigen Aneignung?
StGB 137 schützt die Verfügungsmacht (des Eigentümers) und damit ein dingliches Recht. Umfasst ist:
- die unmittelbare Sachherrschaft (tatsächliche und rechtliche Verfügungsmacht) sowie
- die absolute Ausschlusswirkung ggü. Dritten
Wie sehen der obj. und der sub. TB der unrechtmässigen Aneignung aus?
StGB 137 Ziff. 1:
- Obj. TB
- Täterkreis: Jedermann
- Tatobjekt: Fremde, bewegliche Sache
- Tathandlung: Aneignen
- Subj. TB
- Mind. dolus eventualis
- Bereicherungsabsicht
Wie ist der Begriff der “Sache” in Bezug auf die Aneignungsdelikte definiert?
- Körperliche Gegenstände i.S.v. ZGB 713, die abgrenzbar und beherrschbar sind
- Tiere werden gem. StGB 110 IVbis entsprechend den Vorschriften für Sachen behandelt
- Keine Sachen sind Energie, Daten, Naturkräfte, Rechte & Forderungen, lebende und tote Menschen, therapeutische Hilfsmittel, die fest mit dem Körper eines Menschen verbunden sind
Wie ist der Begriff “beweglich” in Bezug auf das Tatobjekt der Aneignungsdelikte definiert?
- Beurteilt sich nach den Regeln des Zivilrechts
- Objekte, deren räumliche Lage ohne Substanzverlust beliebig geändert werden kann
- Nicht fest mit der Erdoberfläche verbunden (sonst Bestandteil eines Grundstücks)
- Es ist ausreichend wenn die Sache erst mit der Tathandlung selbst beweglich gemacht (abgetrennt, gelöst, aus Grundstück ausgegraben etc.) wird
Wie ist der Begriff “fremd” in Bezug auf das Tatobjekt der Aneignungsdelikte definiert?
- Stellt ab auf die sachenrechtliche Zuordnung des Tatobjekts gemäss den Regeln des Zivilrechts
- Sache muss verkehrsfähig sein, d.h. Erwerb eines Eigentumsrechts muss möglich sein (keine res extra commercium)
- Eigentumsfähige Sache ist fremd, wenn sie
- weder im Alleineigentum des Täters steht
- noch herrenlos ist
Worin besteht die Tathandlung der Aneignungsdelikte und woraus setzt sich diese Tathandlung zusammen?
- Die Tathandlung besteht in einem Aneignen, d.h. in der Anmassung einer Eigentümerposition (se ut dominum gerere) bzw. der Einverleibung der Sache in das Vermögen des Täters
- Erforderlich ist die Manifestation des Aneignungswillens durch eine äusserlich erkennbare Handlung, welche sich wie folgt zusammensetzt:
- (Intendierte) dauerhafte Enteignung / Ausschluss des wahren Berechtigten von der Verügung über die Sache
- Hat der Täter die Absicht, die Sache nach Gebrauch zurückzugeben, liegt keine Enteignung vor. Diese Absicht muss aber klar zum Ausdruck kommen.
- Bei Schmälerung der Brauchbarkeit wird (entsprechend der Sachwerttheorie) selbst bei Rückgabe von Enteignung ausgegangen
- Zumindest vorübergehende Zueignung der Sache zu ihrer Nutzung/Behandlung für eigene Zwecke, Einnahme einer Quasi-Eigentümer-Position
- (Intendierte) dauerhafte Enteignung / Ausschluss des wahren Berechtigten von der Verügung über die Sache
Was ist der Gegenstand der Aneignung?
- Substanztheorie:
- Zueignung wird als Überführung der Substanz der Sache in den Herrschaftsbereich des Täters betrachtet
- Unzureichend, wenn nicht die Substanz, sondern der wirtschaftliche Wert der Sache einverleibt werden soll (z.B. bei Kinoticket)
- Sachwerttheorie:
- Zueignung wird als Überführung des in der Sache verkörperten wirtschaftlichen Werts in das Vermögen des Täters betrachtet
- Unzureichend, wenn eine Sache keinen konkreten wirtschaftlichen Wert hat
-
Vereinigungstheorie (h.L. und Praxis):
“Alternative” Anwendbarkeit von Substanz- und Sachwerttheorie
Wie ist die “Bereicherungsabsicht” in Bezug auf die Vermögensdelikte definiert und welcher Vorsatz in Bezug auf die Bereicherung ist notwendig?
- Täter muss für sich oder einen Dritten einen unrechtmässigen wirtschaftlichen Vorteil erstreben
- Hinsichtlich der Bereicherung ist dolus directus ersten Grades erforderlich (Dolus eventualis genügt nicht! Allerdings str.)
Wie ist der “unrechtmässige wirtschaftliche Vorteil” in Bezug auf die Bereicherungsabsicht bei Aneignungsdelikten definiert?
Wirtschaftlicher Vorteil:
- Jede wirtschaftliche Besserstellung, die auch nur vorübergehend sein kann
- Bloss ideeller Vorteil reicht nicht aus
- Wirtschaftlicher Vorteil orientiert sich grds. am Wert der Sache. Ausnahmen:
- Keine oder erschwerte Verfügbarkeit auf dem Makrt
- Besonderes Interesse am Erhalt der Sache
- Wert entspringt besonderer Gebrauchsmöglichkeit der Sache
Unrechtmässigkeit:
- Betrachtet wird hier nicht der Aneignungsakt, sondern die erstrebte Bereicherung
- Unrechtmässig ist sie, wenn sie im Widerspruch zur Rechtsordnung ist, mithin der Täter keinen zivilrechtlichen Anspruch auf die Bereicherung hat
- Bzgl. unrechtmässigkeit genügt dolus eventualis (bzw. Eventualabsicht)
Wann wird vom Fehlen der Bereicherungsabsicht ausgegangen?
- Bei Aneignungen ohne jede Bereicherung (d.h., wenn der Täter sogleich Wertersatz leistet)
- Bei Aneignungen ohne Absicht der Bereicherung
- Bei Aneignungen ohne Unrechtmässigkeit der Bereicherung
Wann kann eine Sache gefunden werden i.S.v. StGB 137 Ziff. 2 I?
- Eine Sache kann nur gefunden werden, wenn sie dem Eigentümer zuvor verloren gegangen ist
- Eine Sache gilt als verloren:
- wenn sie dem ursprünglichen Gewahrsamsinhaber ohne seinen Willen abhanden gekommen ist
- und niemand an diesem Gegenstand Gewahrsam innehat
Welche Fälle erfasst StGB 137 Ziff. 2 II?
- Aneignungen ohne jede Bereicherung
Bsp.: Aneignung eines vertretbaren und an sich käuflichen Gegenstandes gegen vollen Ersatz seiens Wertes - Aneignungen ohne Absicht der Bereicherung
Bsp.: Aneignung von Geld in der Absicht, dieses zurückzugeben und zu verzinsen - Aneignungen ohne Unrechtmässigkeit der Bereicherung
- P: Erstreckung auf alle Aneignungsdelikte über Ziff. 1 hinaus
Was ist ein “Angehöriger oder Familiengenosse” i.S.v. StGB 137 Ziff. 2 III?
Definitionen gemäss StGB 110 I und II.
Wer ist zum Strafantrag gemäss StGB 137 Ziff. 2 IV berechtigt?
- Eigentümer
- Inhaber eines rechtlich geschützten Gebrauchsinteresses (BGer); vgl. aber StGB 30 I
Welches Rechtsgut schützt der Tatbestand der Veruntreuung?
StGB 138 schützt:
- Die Verfügungsmacht und das Vertrauen des Eigentümers (Ziff. 1 I)
- Das Vermögen und das Vertrauen des Vermögensinhabers (Ziff. 1 II)
Wie ordnen sich die Tatbestände von StGB in die Systematik der Veremögensdelikte ein?
- Ziff. 1 I stellt einen Qualifikationstatbestand zur unrechtmässigen Aneignung dar (unechtes Sonderdelikt)
- Ziff. 2 II stellt einen neuen Grundtatbestand dar (echtes Sonderdelikt)
Was ist im obj. und subj. TB der Sachveruntreuung erforderlich?
StGB 138 Ziff. 1 I
Obj. TB:
- Täterkreis: Jedermann, dem eine Sache anvertraut wurde
- Tatobjekt: Anvertraute fremde bewegliche Sache
- Tathandlung: Aneignen
Subj. TB:
- Mind. dolus eventualis
- Bereicherungsabsicht
Wann liegt ein “Anvertrauen” i.S.v. StGB 138 Ziff. 1 I vor?
-
BGer:
Eine Sache gilt als anvertraut, wenn sie jemand mit der (ausdrücklichen oder stillschweigenden) Verpflichtung empfängt, sie in bestimmter Weise im Interesse eines anderen (des Treugebers) zu verwenden, insb. sie zu verwahren, zu verwalten oder abzuliefern. - Modifizierte Definition in der Lehre (Donatsch):
Eine Sache gilt als anvertraut, wenn der Täter sie mit der vertraglich oder gesetzlich begründeten besonderen Pflicht empfangen hat, die Verfügungsmacht des Eigentümers über die betreffende Sache zu erhalten.
Wie muss der Gewahrsam des Treunehmers zustande kommen und beschaffen sein?
- Sache muss übergeben oder überlassen worden sein (durch Treugeber selbst oder vermittelt über einen Dritten)
- Eigentum darf dabei nicht übergehen, sondern nur Verfügungsmacht (ansonsten keine Sachveruntreuung möglich)
- Alleingewahrsam des Treunehmers ist nicht notwendig (BGer), str. ist aber die Behandlung von Allein- und Mitgewahrsam des Treugebers
Was ist in Bezug auf Täterschaft und Teilnahme an einer Veruntreuung zu beachten?
- Wem die Sache bzw. der Vermögenswert nicht anvertraut wurde, kann nur Anstifter oder Gehilfe sein.
- Gem. StGB 26 wird der Teilnehmer, welchem die besondere Pflicht des Täters nicht obliegt, milder bestraft.
Was ist im obj. und subj. TB der Vermögensveruntreuung erforderlich?
StGB 138 Ziff. 1 II
Obj. TB
- Täterkreis: Jedermann, dem ein Vermögenswert anvertraut wurde
- Tatobjekt: Anvertrauter Vermögenswert
- Tathandlung: Unrechtmässige Verwendung
Subj. TB
- Mind. Eventualvorsatz
- Bereicherungsabsicht (ungeschriebenes TBE)
Wie ist der “Vermögenswert” i.S.v. StGB 138 Ziff. 1 II definiert?
- Vermögenswerte: Alle Güter, welche Gegenstand eines Rechtsgeschäftes “Tausch gegen Geld” sein können
- Vermögenswert ist jeder konkrete einzelne Bestandteil des Vermögens, d.h.:
- Vertretbare Sachen
- Unvertretbare Sachen
- Forderungen
Wann liegt ein “Anvertrauen” i.S.v. StGB 138 Ziff. 1 II vor?
- Der Treunehmer hat die alleinige Verfügungsmacht von Treugeber und Dritten erlangt. (?)
- Erfasst sein können auch Sachen im Eigentum des Treunehmers, welche aber wirtschaftlich zum Vermögen eines anderen gehören.
- Vermögenswert muss für einen anderen empfangen werden mit der Verpflichtung, den Wert ständig zur Verfügung des Treugebers zu (er)halten und/oder in seinem Interesse zu verwenden.
Wie ist die “unrechtmässige Verwendung” i.S.v. StGB 138 Ziff. 1 II definiert?
- Verhalten des Täters, durch welches er eindeutig seinen Willen manifestiert, seine Verpflichtungen ggü. dem Treugeber nicht zu erfüllen; d.h. den obligatorischen Anspruch des Treugebers zu vereiteln.
- Z.B. durch:
- Verkauf,
- Schenkung,
- Verpfändung des Vermögenswerts ohne Ersatzmöglichkeit.
- I.d.R. nicht gegeben bei Verletzung einer gesetzlich oder vertraglich begründeten Ablieferungspflicht (dann aber u.U. StGB 158 oder 146 erfüllt)


