Diagnostik_Master Flashcards
(63 cards)
Was ist die Definition von Psychologischer Diagnostik?
- Antworten zu Fragen nach Beschreibung, Klassifikation, Erklärung oder Vorhersage
menschlichen Verhaltens und Erlebens - gezielte Erhebung von Informationen über Verhalten und Erleben von Menschen inkl. der relevanten Bedingungen
- Vorgehen ist von psychologischem Wissen geleitet
- wissenschaftlich fundierte Methoden
Was ist die Definition des diagnostischen Prozesses und des psychologischen Gutachtens?
Diagnostischer Prozess
- Abfolge von Maßnahmen zur Gewinnung
diagnostisch relevanter Informationen
- deren Integration zur Beantwortung einer
Fragestellung
Psychologisches Gutachten
- Beantwortung der konkreten
Fragestellung zu einer
Person(engruppe ) von einerm
Auftraggeberin
- Dokumentation des diagnostischen
Vorgehens
Was sind Themen von psychologischer Gutachten?
Lebensbereiche, in denen wichtige Entscheidungen von und für Menschen getroffen werden, …
… die dokumentiert werden sollen.
… deren Klärung in die Expertise von Psycholog*innen fällt.
Familienpsychologische Gutachten (Fragen Kindeswohl, Vormundschaft, etc)
Rechtspsychologische Gutachten (Schuldfähigkeit, Kriminalprognose, Glaubwürdigkeit Zeugen, etc)
Verkehrspsychologische Gutachten (MPU, etc)
Neuropsychologische Begutachtung (Berufliche Wiedereingliederung nach Unfall, etc)
Begutachtung im Berufskontext (Berentung, Berufsunfähigkeit, Potenzialanalysen, Gefährdungsbeurteilung, etc.)
Psychotherapie (Erfordernis psychotherapeutische Behandlung, etc)
Wie läuft ein psychologischer Prozess ab?
- Sachstand, Auftragsklärung und Formulierung der Fragestellung
- Ableitung diagnostischer Kriterien und Formulierung “psychologischer Fragen” (vgl. Hypothesen)
- Auswahl der diagnostischen Instrumente
- Durchführung der Untersuchung
- Ergebnisse
- Beantwortung “psychologische Fragen” / Befund
- Stellungnahme
Psychologischer Prozess: Was gibt es zur 1. Phase Sachstand zu wissen?
Wie ist es dazu gekommen, dass das Gutachten in Auftrag gegeben wurde?
Welche Vorinformationen liegen vor, die für die zu beantwortende Fragstellung relevant sind? (zB Daten zur Fokusperson, Vorgeschichte, Voruntersuchungen, etc)
Psychologischer Prozess: Was gibt es zur 2A. Phase Fragestellung zu wissen? Und worauf ist zu achten?
Ethisch vertretbar?
Rechtlich zulässig?
Prinzipiell genügend Wissen und Methoden zur Beantwortung vorhanden?
Gutachtende Person verfügt über ausreichend Expertise?
Ggf. Einbezug weiterer Experten?
Fragestellung ist hinreichend präzise?
Achtung:
- Auftraggebende (unrealistische Ziele, bestimmte Erwartungen)
- Grenzen des Gutachten
- Objektivität
- Ergebnisoffenheit
Psychologischer Prozess: Was gibt es zur 2B. Phase Diagnostische Kriterien zu wissen?
- Konkret, kurz
- Allgemeinverständlich
- Wissenschaftlich korrekt
- ggf. Festlegung bei Ergebnisauswertung (z.B. kompensatorische oder konjuktive Entscheidungen)
- Wenn Zusammenhang zur Fragestellung nicht offenkundig, wird dieser dargelegt
Psychologischer Prozess: Was gibt es zur 2C. Phase Psychologische Fragen zu wissen?
- Teilfragestellungen, die bearbeitbar sind (Synonyme: Hypothesen, diagnostische Kriterien, psychologische Fragen)
Woher?
- Kriterienkataloge
- empirisch gesicherte Gesetzmäßigkeiten
- bewährte Taxonomien
- SORKC
- “Verrechnung”
Welche Entscheidungsmodelle gibt es?
- Konjuktiv (“und”, Musskriterien)
- Schwach Konjuktiv (Minimum “und”, dann kompensatorisch)
- Additiv (kompensatorisch)
- Schwach Disjunktiv (Minimum “kompensatorisch”, dann “oder”)
- Disjunktiv (“oder”)
Was ist der Unterschied zwischen nomothetisches vs. idiografisches Vorgehen bei der Verhaltensprognose?
Nomothetisches Vorgehen
Nutzung allgemeingültiger (empirisch
abgesicherter) Erkenntnisse über den
Zusammenhang zwischen Merkmalen
der Person der Situation und dem zu
erklärenden Kriterium/der zu
beantwortenden Fragestellung
Idiografisches Vorgehen
Prognose anhand einen
individuelles
Erklärungsmodells
> > Das nomothetische Vorgehen eignet sich besonders für generalisierbare Prognosen, während das idiografische Vorgehen für individuelle Fallanalysen genutzt wird.
Psychologischer Prozess: Was gibt es zur 3. Phase Instrumente zu wissen?
Multimethodales Vorgehen
- Dokumentenanalysen
- Interviews
- Verhaltensbeobachtung und –beurteilung
- Fragebögen
- Tests
- …
Internationale Richtlinien für die
Testanwendung -> Fachkompetente Testanwenden …
… checken regelmäßig aktuelle Informationen im Hinblick auf die infrage kommenden Tests
… prüfen, ob das Manual ausreichende Informationen liefert über …
* Geltungsbereich und Repräsentativität des Testinhalts
* Messgenauigkeit für relevante Populationen
* Validität und Bedeutsamkeit für die vorgesehene Verwendung
* fein systematischer Fehler bzgl. der vorgesehenen Proband:innengruppe, angemessene Normen
* wahrgenommene Fairness und Bedeutsamkeit
* Praktikabilität (Zeit –, Kosten und andere Ressourcen)
… Vermeiden es, einen Test nur auf der Grundlage des Augenscheins, den Berichten anderer Anwenderinnen und Anwender oder den Empfehlungen von Personen zu beurteilen, die ein nachvollziehbares kommerzielles Interesse daran haben
… Stellen interessierten Personen und Personengruppen (z. B. Proband:innen, deren Eltern, Vorgesetzten) auf Anfrage ausreichende Informationen zur Verfügung, damit diese die Gründe für die Auswahl eines Tests nachvollziehen können.
Psychologischer Prozess: Was gibt es zur 4. Phase Durchführung zu wissen?
- Sorgfältig planen
- Ort und Zeit (Dauer!)
- Ausschluss von Störungen
- Abfolge der Verfahren
- Materialien bereitlegen
- auf Verfahren vorbereiten
- Informierte Einwilligung
- Dokumentation von Störungen
- Dokumentation von sog. „Gelegenheitsbeobachtungen“
- datenschutzkonforme Speicherung der Ergebnisse
Psychologischer Prozess: Was gibt es zur 5. Phase Ergebnisse zu wissen?
- Auswertung
- pro Verfahren
- keine Vergleiche
- alle relevanten, aber auch nur die relevanten Ergebnisse
- ggf. richtig rechnen ;-)
- ggf. Berücksichtigung der Messgenauigkeit
- Reflexion:
- Welche Art der Auswertung ist sinnvoll?
- Angaben im Manual ≈ Hilfestellung, aber u.U. nicht passend
Welche Arten von Normen gibt es?
Idealnorm oder anderweitig feststehende Norm
Testergebnisse werden mit einem Kriterium verglichen
(z.B. mit den Anforderungen eines Lehrzieles oder mit einem Cut off)
Interindividuelle oder soziale Norm
Testergebnisse werden in Beziehung gesetzt zu einer Normpopulation (z.B. mit Gleichaltrigen oder mit Personen, die an einer Depression erkrankt
Intraindividuelle Norm
Ergebnis der untersuchten Testperson wird mit sich selbst verglichen
(z.B. momentaner Gesundheitszustand mit einem früheren)
Was ist die Definition eines psychologischen Gutachtens?
Psychologisches Gutachten:
- Wissenschaftlich fundiertes Vorgehen
- Beantwortung von Fragestellungen des Auftraggebers
- Analyse von Erleben und Verhalten
- Diagnostischer Prozess als Grundlage
- Nachvollziehbare Darstellung von Prozess und Ergebnissen
- Methodenbeschreibung gemäß wissenschaftlichen Gütekriterien
Was gibt es bei der Herleitung von psychologischen Fragen zu beachten?
Herleitung der Psychologischen Fragen:
- Formulierung und Dokumentation vor Untersuchungsbeginn
- Kurz, konkret, allgemeinverständlich & wissenschaftlich korrekt
- Ggf. Festlegungen zur Ergebnisauswertung (z. B. Entscheidungsstrategien)
- Neue Hypothesen im Begutachtungsprozess sind zu begründen
- Wahl und Begründung der Prüfverfahren für Hypothesen
- Hypothesenprüfende Ergebnisauswertung dokumentieren
Was gibt es bei der Auswahl von Verfahren für psychologische Gutachten zu beachten?
Auswahl der Verfahren:
- Begründete Auswahl diagnostischer Methoden zur Beantwortung der psychologischen Fragen
- Nur notwendige Informationen erheben (keine überflüssigen Daten)
- Dokumentation der Auswahl und Begründung der Verfahren
- Verfahren passend zur Fragestellung und zum Einzelfall wählen
- Hypothesenbildender & -testender, multimethodaler Prozess
- Angabe von Autor:innen, Erscheinungsjahr & Version bei fremden Verfahren
- Eigenentwickelte Verfahren: Konstruktion & wissenschaftliche Grundlagen darlegen
- Zuordnung der Verfahren zu einzelnen Teilfragestellungen
- Auswahl nach evidenzbasierter Praxis (Quellen, Expertenmeinungen)
- Berücksichtigung der Hauptgütekriterien (Objektivität, Reliabilität, Validität)
- Berücksichtigung der Nebengütekriterien (Zumutbarkeit, Unverfälschbarkeit)
- Qualitätssicherung gemäß Testkuratorium-Richtlinien (z. B. 2009er Standards)
- Normstichprobe muss zur Fragestellung passen & aktuell sein
- Repräsentativität bei sozialen Randgruppen & Minoritäten beachten
- Besondere Berücksichtigung bei Selbstbeurteilung in extremen Lebenssituationen
Was gibt es bei der psychologischen Untersuchung im Gutachten zu beachten?
Psychologische Untersuchung:
- Prüfung der Untersuchungsfähigkeit & möglicher Einschränkungen
- Aufklärung der Person & gesetzlicher Vertreter über Ablauf, Dauer & Ziele
- Information über Beteiligte (Durchführende, Mitwirkende, Anwesende)
- Durchführung & Auswertung gemäß Anwendungsregeln der Verfahren
- Dokumentation & Begründung von Abweichungen von den Regeln
- Nachvollziehbare Dokumentation als Bestandteil des Gutachtens
Was gibt es bei der Ergebnisdarstellung von Gutachten zu beachten?
Ergebnisse der psychologischen Untersuchung:
- Verständliche, nachvollziehbare & adressatengerechte Darstellung
- Angabe der verwendeten Verfahren zur Ergebnisermittlung
- Fachbegriffe korrekt & allgemeinverständlich erklären
- Reliabilität & Konfidenzintervalle bei standardisierten Tests angeben
- Ergebnisse normorientierter Tests in verständliche Kategorien einordnen
- Vergleich mit Normgruppen oder früheren Testwerten erläutern
- Messwertunterschiede auf Messfehler prüfen
- Nachprüfbare Auswertung im Anhang dokumentieren (Normwerte, Berechnungen)
- Dokumentation von Abweichungen vom geplanten Untersuchungsablauf
- Interviews: Wichtige Fragen & Antworten dokumentieren, v. a. zur Suggestionsfreiheit
Was gibt es bei den Schlussfolgerungen in Gutachten zu beachten?
Aus den Ergebnissen abgeleitete Schlussfolgerungen:
- Antworten auf psychologische Fragen aus den Ergebnissen ableiten
- Nutzung vorher festgelegter Entscheidungsstrategien / Urteilsmodelle
- Klare Trennung zwischen Ergebnissen & Schlussfolgerungen
- Bedingungen für die Gültigkeit der Schlussfolgerungen darlegen
- Alle relevanten Ergebnisse berücksichtigen
- Widersprüchliche Ergebnisse offenlegen & diskutieren
- Umgang mit Widersprüchen erklären, nicht Aufklärbares benennen
Was gibt es bei der Beantwortung der Fragestellung im Gutachten zu beachten?
Beantwortung der Fragestellung:
- Vollständige Antwort auf die Fragestellung der Auftraggeber:in
- Keine Aussagen zu irrelevanten Sachverhalten (Ausnahme: ethische Notwendigkeit)
- Maßnahmenvorschläge konkret & zielgerichtet beschreiben
- Einhaltung der Entscheidungsstrategien aus Abschnitt 3.6
- Dokumentation nicht aufklärbarer Widersprüche & deren Auswirkungen
Was gibt es bei der Beurteilung der Qualität des Gutachtens zu beachten?
Beurteilung des Gutachtens:
- Qualität auf zwei Ebenen:
1. Gutachterliches Handeln & Schlussfolgern
2. Schriftliche Abfassung des Gutachtens
- Fehler in (1) können nicht durch eine gute Darstellung in (2) ausgeglichen werden
- Nachbesserung möglich, sofern Transparenz & wissenschaftliche Standards gewahrt bleiben
- Fehler in (2) können das Gutachten unbrauchbar machen, wenn Methodik nicht beurteilbar ist
- Formale Mängel allein führen selten zur Unbrauchbarkeit & sind meist korrigierbar
- Einhaltung formaler Vorgaben garantiert keine inhaltliche Qualität
Was sind die 4 berufsethischen Prinzipien der EFPA (Europäische Psychologenvereinigung)?
Berufsethische Prinzipien der EFPA:
-
Achtung vor den Rechten und der Würde des Menschen
- Respektiert Grundrechte, Würde, Privatsphäre, Vertraulichkeit, Selbstbestimmung und Autonomie.
- Handelt im Einklang mit beruflichen Verpflichtungen und gesetzlichen Vorgaben.
-
Kompetenz
- Sichert hohe fachliche Standards durch kontinuierliche Weiterbildung.
- Kennt die eigenen Grenzen und bietet nur Dienstleistungen an, für die eine Qualifikation besteht.
-
Verantwortung
- Ist sich der wissenschaftlichen und professionellen Verantwortung gegenüber Klienten und Gesellschaft bewusst.
- Vermeidet Schaden und sorgt dafür, dass psychologische Dienstleistungen nicht missbraucht werden.
-
Integrität
- Fördert Ehrlichkeit, Fairness und Respekt in Wissenschaft, Lehre und Praxis.
- Klärt die eigene Berufsrolle transparent gegenüber Betroffenen.
Ergänzende Aspekte:
- Berufsrollen sind durch ein Wissens- und Machtgefälle geprägt, was die Verantwortung erhöht.
- Größere Abhängigkeit der Klient*innen bedeutet eine größere ethische Verpflichtung.
- Die vier Prinzipien stehen in wechselseitiger Beziehung und müssen in Konfliktsituationen gegeneinander abgewogen werden.
- Der Schutz der Menschenwürde hat gemäß der UNO-Charta und dem Grundgesetz besondere Priorität.