Eigentümer-Besitzer-Verhältnis Flashcards
(27 cards)
Allgemeines
- §§ 987 ff
- Systematische Verortung im Sachenrecht verwirrend (Gesetzliche Schuldverhältnisse - spezielles gesetzliches Schuldverhältnis, das allgemeinere bereicherungsrechtliche und schadensersatzrechtliche Positionen verdrängt)
- gehört “eigentlich” zu Schuldrecht BT
- Sinn und Zweck:
- > Privilegierung des unverklagten und redlichen Besitzers (Sperrwirkung bei diesem: § 993 I) [Prüfung vor schadensersatzrechtlichen oder deliktischen Ansprüchen] : “Trostpreis” des Gutglaubensschutzes (Nutzungen dürfen behalten werden, kein Schadensersatz - “Gutglaubenserwerb light”)
- > Sonderregeln iSe “Haftungsverschärfung” für den busgläubigen oder verklagten Besitzer: Verwahrungs- und Geschäftsbesorgungscharakter (Konkurrenzprobleme zu Schadensersatz- und Deliktsrecht)
- –
- als Anspruchsgrundlage (für Nutzungen, Schadensersatz und Verwendungen)
- als Sperrwirkung
Systematik - Voraussetzung
- Vindikationslage im Zeitpunkt des maßgebenden Ereignisses
- Voraussetzung, aber es geht gerade darum, vergangene Rechtsverletzungen zu sanktionieren
(“Es muss ein EBV im maßgeblichen Zeitpunkt vorgelegen haben.” Gegenwärtiges Bestehen einer Vindikationslage irrelevant - bezieht sich nicht auf momentane Störungen etc)
-> Eigentümer ist anspruchsberechtigt
-> Besitzer hat kein Eigentum
-> Besitzer hat kein Recht zum Besitz iSv § 986 - Zeitpunkt richtet sich nach Inhalt des geltend gemachten Anspruchs (also etwa Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses, der Nutzungsziehung oder der Verwendungsvornahme)
Systematik - Voraussetzung: Probleme: “Nichts-so-berechtigter” Besitzer
- Konkurrenzproblematik nachtragen
- hM: Delikt und Vertrag haben Vorrang, keine Sperrwirkung des EBV
Systematik - Voraussetzung: Probleme: “Fremdbesitzerexzess”
P: keine Haftung, da Gutgläubigkeit - würde besser stehen, nur weil der Vertrag unwirksam ist (aber hätte ihm klar sein müssen, dass er nicht schädigen darf)
- Wenn schon nicht-so-Berechtigter aus allgemeinen Schadensersatzregeln bei Überschreitung seines Besitzrechtes haftet, dann erst recht derjenige, der gar keine Berechtigung hat (aber dachte, er wäre Berechtigter); aA: § 991 II analog
Systematik - Voraussetzung: Probleme: “Nicht-mehr-berechtigter” Besitzer
- im maßgeblichen Zeitpunkt bestand noch ein Besitzrecht (dann eigentlich kein EBV)
- > relevant vor allem beim Verwendungsersatz im Rahmen von § 994
- > BGH wendet das EBV an, um Verwendungsersatz zu gewähren (anders hL) - Einzelfallentscheidung des BGH aus Billigkeitsgründen
- im maßgeblichen Zeitpunkt bestand kein Besitzrecht mehr (insbesondere wenn Rücktritt von Vertrag: verdrängen als leges speciales das EBV)
EBV - Unterschied zwischen drei Besitzerarten
- Gutgläubiger und unverklagter Besitzer
- Verklagter (Klageschrift zugestellt - Schuld nach Rechtshängigkeit) / Bösgläubiger (§ 990) Besitzer
- Besitzer nach § 992 (Besitzer durch verbotene Eigenmacht): Haftung nach Deliktsrecht
Bösgläubigkeit § 990
- Zeitpunkt der Besitzerlangung
- Ausreichend, dass zu diesem Zeitpunkt nicht gutgläubig (932 II: Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis)
- 990 I: Veränderung des subjektiven Maßstabs!
- > wird der Besitzer nach Besitzerwerb bösgläubig, haftet er erst ab positiver Kenntniserlangung nach §§ 990 I 2, 989
Wissenszurechnung EBV
- nicht normiert
- Analogie aus:
- > § 166 (Stellvertretung - es geht um Zurechnung innerhalb privatautonomer Verhältnisse)
- > § 278 (heteronomes Verhältnis - keine Exkulpationsmöglichkeit)
- > § 831 (heteronomes Verhältnis - Exkulpationsmöglichkeit)
- -> je nach Fallkonstellation: Abstellen auf zugrundeliegenden Verhältnis und Billigkeit der Exkulpationsmöglichkeit
- > hM 166, wenn wie Stellvertreter auftritt, sonst 278/831
- > jedoch: besonderes Näheverhältnis zwischen Eigentümer und Besitzer (278 wohl daher herrschend, obwohl EBV als l.s. zu 823!)
Bösgläubigkeit bei Minderjährigen
- hM: wenn vertragliches Verhältnis im Hintergrund: § 166 (Eltern als gesetzliche Stellvertreter)
- wenn kein vertragliches Verhältnis: § 868
- nachtragen
Schadensersatz (gutgläubig)
- EBV mit Sperrwirkung: redlicher Besitzer haftet auch nicht nach 823 I
- Fallprüfung:
1. Schadensersatz aus EBV: 989 (verklagt); 989, 990 (bösgläubig)
2. Schadensersatz aus 823 I: wird aber gesperrt durch EBV
Schadensersatz (Verklagt; Bösgläubig)
- Verklagt: 989
2. Bösgläubig: 989, 990 I (auch beim bösgläubigen Besitzer wird Deliktsrecht gesperrt - EBV als lex specialis)
Schadensersatz nach §§ 989, 990 I
- Vindikationslage im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses
- Bösgläubigkeit (im Zeitpunkt)
- Verschulden (Besitzer hat nicht die Sorgfalt walten lassen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch anwendet, um eine Sache vor Schaden zu bewahren - auch §§ 276 I, 278, 827 f. beachten)
- Schaden
(Keine) Haftung für Vorenthaltungsschäden
- Schäden, die beim Eigentümer entstehen, weil er die Sache nicht hat (bspw. entgangener Gewinn, Deckungskosten)
- § 990 II: zusätzliche Verzugsvoraussetzung für weitergehende Haftung nur sinnvoll, wenn diese sonst nicht besteht
- Bösgläubiger Besitzer erfährt Privilegierung: haftet für Vorenthaltungsschäden nur bei Verzug
- nur unter zusätzlichen Voraussetzungen zu ersetzen
- deliktischer Besitzer haftet regulär nach § 823 für Vorenthaltungsschäden
Nutzungsersatz nach EBV (verdrängende Spezialregelung ggü allgemeinem Bereicherungsrecht mit Sperrwirkung)
- Ausnahme von dem Telos, dass redlicher Besitzer Nutzungen behalten darf: Herausgabepflicht § 993 (sog. Übermaßfrüchte: siehe auch 935: Sachsubstanz steht Eigentümer zu - Nutzungen zehren das Eigentum soweit auf, dass nicht mehr von “Trostpreis” zu sprechen ist)
- Extrema (hM): verspeiste Torte: Nutzungsersatz; 10 Jahre gefahrener PKW: kein Nutzungsersatz;
Sperrung von 816 durch EBV bei Verkauf durch Gutgläubigen (Sache nicht mehr auffindbar)
- Sperrwirkung bezieht sich nur auf Nutzungs- und Schadensersatz, nicht auf Erlös (con: Erlös aus Sachsubstanz!)
P: Nutzungsherausgabe 988 bei gutgläubigem Besitzer
- bei Unentgeltlichkeit: bekommt “Trostpreis” nicht
- jedoch P (rechtsgrundlos erwerbender Besitzer): Wertungswiderspruch: wenn Vertrag so fehlerhaft, dass nicht nur causa, sondern auch Verfügung unwirksam, dann müsste Besitzer aus EBV die Nutzungen nicht herausgeben (Eigentümer aber noch schutzwürdiger)
- > Lösung BGH: 988 analog (“unentgeltlich”: Erwerb hänge nicht von einer ausgleichenden Zuwendung ab -> Gleichstellung)
- > Lösung hL: EBV hat keine Sperrwirkung (Bereichungsrecht greife: Regelungslücke für Analogie nicht gegeben)
Haftung des Besitzers auf Nutzungsersatz - der verklagte oder bösgläubige Besitzer
- tatsächlich gezogene Nutzungen nach §§ 990 I, 987 I
- nicht gezogene Nutzungen nach §§ 990 I, 987 II (in der Sache Schadensersatz)
- Besitzmittler (§ 991 I): nach hM ist 991 teleologisch zu reduzieren, wenn der unmittelbare Besitzer gegenüber dem mittelbaren Besitzer keine Regressansprüche hat
Ansprüche des Besitzers auf Verwendungsersatz - P: enger oder weiter Verwendungsbegriff
- BGH: eng: Verwendung dürfen die Sachen nicht grundlegend verändern
-> §§ 994 sind nicht anwendbar
-> da gleichzeitig 951 und Bereicherungsrecht durch EBV gesperrt sein soll, womöglich unbillige Härte
=> Folge: kein Ersatz, daher Rückgriff auf “Notnagel” 242 - hL: weiter Verwendungsbegriff, BGH habe keine Stütze für engen Verwendungsbegriff im Wortlaut
- > §§ 994 anwendbar
- > §§ 951 werden durch EBV verdrängt
- mM: eng, aber Rückgriff auf 951 gestattet, da schon keine Verwendung vorliegt
Ansprüche des Besitzers auf Verwendungsersatz - redlicher Besitzer
- notwendige Verwendungen gem. § 994 I (Ausnahme S. 2: nicht aber gewöhnliche Erhaltungskosten)
- andere Verwendungen: gem. § 996 (objektiver Maßstab)
Ansprüche des Besitzers auf Verwendungsersatz - redlicher Besitzer - P: “aufgedrängte Bereicherung”
nach hL durch § 1001 S. 2 entschärft, da der Eigentümer nur mit der Sache haftet
- BGH würde hier mit dem engen Verwendungsbegriff helfen
- tw: Korrektur des 996 mit der Lehre von der aufgedrängten Bereicherung
Ansprüche des Besitzers auf Verwendungsersatz - verklagter oder bösgläubiger Besitzer
- nur notwendige Verwendung nach den Voraussetzungen der § 994 II
- > tw. Verweis auf GoA (Fremdgeschäftsführungswille müsse nicht vorliegen, da dieser wegen des Zuschnitts der §§ 994 ff. auf die Situation des unrechtmäßigen Eigenbesitzers schon begrifflich ausgeschlossen)
Ansprüche des Besitzers auf Verwendungsersatz - deliktischer Besitzer
wie der verklagte oder bösgläubige Besitzer (§ 850)
P: EBV in der Prüfung
- nach besitzrechtsbegründende Ansprüche aus Vertrag bzw. vertragsähnliche Ansprüche sowie Ansprüche aus GoA
- vor Delikts- und Bereichungsrecht (tw. spezieller bzw. verdrängend)
Begriff und Arten der Verwendung, § 994
= “willentliche Vermögensaufwendungen, die der Sache selbst zugute kommen, indem sie ihrer Erhaltung, Wiederherstellung oder Verbesserung dienen”
- > notwendige Verwendungen: zur Erhaltung oder ordnungsgemäßen Bewirtschaftung der Sache objektiv erforderlich (die der Eigentümer auch hätte machen müssen)
- > nützliche Verwendungen: sonstige wertsteigernde Verwendungen (nach objektiven Kriterien -> Verkehrswert zu ermitteln) ( Luxusverwendungen)