M02 Forschungsmethoden & Statistik I Flashcards
(89 cards)
Alltagspsychologie vs. wissenschaftliche Psychologie
Während die Alltagspsychologie alle Menschen betrifft und vor allem genutzt wird, um eigene Beobachtungen und Erlebnisse selbst zu begründen und verstehen, basiert die wissenschaftliche Psychologie auf wissenschaftlichen Methoden. Annahmen der Alltagspsychologie sind nicht zwangsläufig falsch, unterliegen jedoch häufig kognitiven Verzerrungen und subjektiven Fehlschlüssen. In der wissenschaftlichen Psychologie hingegen werden psychologische Theorien und Hypothesen methodisch untersucht und objektive, zuverlässige und gültige Aussagen und Ergebnisse erzielt.
Vorurteile bei alltagspsychologischen Annahmen
- Auch wenn ich mein Handeln auf einer falschen Annahme aufbaue, kann das gewünschte oder vorhergesagte Ergebnis ohne mein Zutun trotzdem eintreten, weil ich Glück oder Pech habe.
- Alltagspsychologische Annahmen beeinflussen unser Handeln. Durch unser Handeln können wir aber u.U. das erwartete Ergebnis herbeiführen, auch wenn diese alltagspsychologische Annahme falsch ist.
- Was wir wahrnehmen und erinnern, ist oft von unseren Wünschen, Erwartungen etc. beeinflusst und verzerrt. Dies kann z.B. dazu führen, dass eine falsche alltagspsychologische Annahme nicht als solche erkannt wird.
- Bei der Anwendung alltagspsychologischen Wissens ist es oft schlicht irrelevant, ob das Wissen richtig oder falsch oder auch widersprüchlich ist. Wir verwenden es häufig nur dazu, um uns bestimmte Vorgänge nachträglich zu erklären.
Allgemeine Psychologie
Sucht nach grundlegenden Prinzipien menschlichen Erlebens und Verhaltens, soweit sie allen Menschen gemeinsam sind. Diese wird mit Experimenten und weiteren wissenschaftlichen Verfahren untersucht.
Angewandte Psychologie
Nutzbarmachung der Erkenntnisse der psychologischen Grundlagenforschung für die Praxis. Diese basiert auf grundlegenden psychologischen Methoden der Diagnostik, Problemanalyse, Evaluation, umfasst aber auch Experimente und Beobachtungsverfahren.
Differentielle Psychologie
Erfassen und erklären von individuellen Unterschieden im menschlichen Erleben und Verhalten. Diese wird oft mit psychologischen Tests, Fragebogen und Interviews untersucht.
Entwicklungspsychologie
Untersuchung des Menschen aus der Perspektive seiner lebenslangen Veränderung. Die Forschungsmethoden richten ihr Hauptinteresse auf den Vergleich verschiedener Altersgruppen oder auf langjährige Beobachtung von Einzelpersonen.
Klinische Psychologie
Konzentration auf Entstehung, Aufrechterhaltung und Veränderung von Krankheiten und Störungen, insbesondere psychischer oder psychosomatischer Natur, und deren Auswirkungen. Dabei liegt der Fokus auf Entwicklung und Evaluation von Diagnose- und Interventionstechniken.
Pädagogische Psychologie
Sozialisierungsprozesse, speziell im Bereich der schulischen Erziehung. Die eingesetzten Untersuchungsmethoden reichen von systematischen Beobachtungen in natürlichen Situationen bis zu Laborexperimente.
Sozialpsychologie
Wie beeinflussen soziale Beziehungen individuelles menschliches Erleben und Verhalten. Diese Frage wird oft mittels Verfahren der Selbst- und Fremdbeurteilung sowie Beobachtungen untersucht.
Psychologische Fachbereiche
- Allgemeine Psychologie
- Angewandte Psychologie
- Differentielle Psychologie
- Entwicklungspsychologie
- Klinische Psychologie
- Pädagogische Psychologie
- Sozialpsychologie
Grundlegendes Vorgehen in der Literatursuche
- Was suchen: Übersicht über das Thema gewinnen, Suchbegriffe sammeln
- Grobe Suche, um ersten Überblick zu bekommen
- Suche nach Review-Artikeln via Google Scholar
- Relevante Begriffe / Schlagwörter / Deskriptoren sammeln
- Wortliste zusammenstellen, Synonyme und verwandte Begriffe einbeziehen (inkl. Übersetzungen ins Englische)
- Recherche / erste Evaluation
- Suchen mit Google Scholar
- Alternativen zu Google Scholar: ScienceDirect, PubMed, JSTOR (Journal STORage)
- Quellen lesen, Suche vertiefen
Aufsetzung eines Experimentes
- Fragestellung: Was wollen wir herausfinden? Was interessiert uns?
- Hypothese: Wie lässt sich die Forschungsfrage provisorisch beantworten? Welche Voraussagen können wir aufgrund bestehender Literatur oder Pilotstudien machen?
- Bestimmung der unabhängigen Variable(n) (UV): Was wird manipuliert? Was wird verglichen? Bestimmung von Experimental- und Kontrollgruppe(n)
- Manipulation Check: Sinnvoll, wenn nicht klar ist, ob eine unabhängige Variable funktioniert. Z.B. wenn man die Annahme trifft, dass eine Komödie positive Stimmung herbeiführt, muss dies noch überprüft werden, dass die Komödie wirklich zur positiven Stimmung führt.
- Bestimmung & Operationalisierung der abhängigen Variable(n) (AV): Was wird gemessen? Wie wird gemessen?
- Güte der Operationalisierung: Konstruktvalidität
- Wahl des Versuchsplans: Wie ist die Studie aufgebaut? Planung des logischen Ablaufs eines Versuches.
- Kontrolle von Störvariablen: Ist ein Effekt auf die Manipulation einer UV zurückzuführen? Solche Variablen müssen neutralisiert werden.
- Bei gelungener Kontrolle ist die interne Validität gewährleistet und somit ist die Kausalität der Ursache und Wirkung sichergestellt.
- Zuteilung zu Experimental- und Kontrollgruppe per Randomisierung aber auch Parallelisierung (z.B. nach Geschlecht). Wenn keine Paralleliserung durchgeführt wird, kann getestet werden, ob Charaktereigenschaften wie Alter, Motivation etc. zwischen den Gruppen stark differenzieren.
- Statistische Hypothese: Ableitung einer statistischen Hypothese von der Sachhypothese abgeleitet. Dabei werden erwartete Ergebnisse in quantitative Form gebracht. Es wird eine Nullhypothese (H0) und eine Alternativhypothese (H1) aufgestellt, welche sich sachlogisch ausschliessen müssen.
- Stichprobe: Auswahl und Rekrutierung der teilnehmenden Personen. Die Stichprobe ist wichtig für die externe Validität: Aus der Grundgesamtheit wird eine Stichprobe gezogen und aus den Ergebnissen der Stichprobe können mit schliessender Statistik / Inferenzstatistik wieder auf die Grundgesamtheit zurückgeschlossen werden.
- Durchführung: Detailplanung des praktischen Ablaufs. Wichtig ist eine Ausarbeitung einer detaillierten Instruktion.
- Auswertung: Wahl des geeigneten Analyseverfahrens. Güte-Kriterium: Validität statistischer Schlussfolgerungen
- Schluss auf die Sachhypothese: Vergleich von Vorhersage und Ergebnis und Ermittlung, ob Hypothese bestätigt werden konnte oder nicht.
- Ergebnisaufbereitung: Beschreibung und Diskussion der Resultate und Verfassen eines Berichts / Publikation.
Hypothese
Eine Hypothese ist eine beliebige Aussage, die man provisorisch für bestimmte Zwecke als wahr annimmt, auch wenn man nicht oder zumindest nicht genau weiss, ob sie wirklich wahr ist oder nicht.
Arten von Hypothesen
- Universelle Hypothesen: Gelten für alle Fälle einer bestimmten Art.
- Strikt universelle Hypothesen: Ohne Einschränkung für alle Fälle eines Bereiches
- Nicht strikt oder quasi-universelle Hypothesen: Eingeschränkt, z.B. nicht alle Menschen, sondern nur alle Menschen weiblichen Geschlechts.
- Fast universelle (pseudo-universell) Hypothesen: Universelle Hypothesen, die Abweichungen / Ausnahmen erlauben. Eigentlich Hypothesen über Anteile, die behaupten, dass ein hoher Anteil (unbestimmt) der Fälle zutrifft.
- Hypothesen über Anteile: Beziehen sich auf eine bestimmte Prozentzahl, z.B. 88-95% aller Menschen sind Rechtshänder
- Existenzielle Hypothesen: Behaupten das Vorhandensein eines Phänomens für mindestens einen Fall.
- Ungerichtete und gerichtete Hypothesen: Bei einer ungerichteten Hypothese wird keine Aussage bezüglich der Richtung des vorausgesagten Effektes gemacht. Es wird z.B. gesagt, dass es etwas verändert, aber nicht wie oder in welche Richtung. Bei einer gerichteten Hypothese wir die Richtung vorausgesagt.
Überprüfen von Hypothesen
Um Hypothesen mit der Wirklichkeit zu vergleichen, folgen wir vereinfacht folgendem Prozess:
1. (Sach-)Hypothese
1. Empirische Vorhersage: Eine empirische Vorhersage beinhaltet bereits Operationalisierungen (Bedingungen) und lässt darauf schliessen, wie die Hypothese untersucht wird. Somit sind empirische Vorhersagen konkreter wie Hypothesen und beinhalten bereits Hinweise, wie genau die Hypothese untersucht wird.
1. Realisierung: Umsetzung, kann aktiv (bei Experimenten) oder passiv (bei nicht-experimenteller Forschung) sein
1. Vergleich Vorhersage und Wirklichkeit: Wie weit stimmen Ereignisse mit Vorhersage überein
1. Ergebnis: Falsifikation (Widerlegung) vs. Verifikation (Bestätigung). Bedeutung von Replikationen zur Absicherung von Ergebnissen.
1. Die Prüfung der Hypothesen sollte so streng wie möglich sein.
Ergebnis je nach Art der Hypothese
Beim Ergebnis gilt es zu bemerken, dass die meisten Hypothesen zu gross sind, dass alle Fälle untersucht werden können. Wenn z.B. eine Hypothese über alle Menschen des weiblichen Geschlechts spricht, ist es unmöglich alle diese Menschen zu untersuchen. Je nach Hypothese muss entsprechend beachtet werden:
* Universelle Hypothesen können nicht verifiziert werden, da es schlicht zu viele Fälle gibt. Sie können jedoch falsifiziert werden, indem man mindestens einen Fall findet, der der Hypothese widerspricht. Sollte eine universelle Hypothese empirisch geprüft und dabei nicht falsifiziert werden, nennt man sie bestätigt oder bewährt. Dabei werden auch Grade der Bewährung berücksichtigt, wobei ein mehrmals repliziertes Ergebnis als gut bewährt gilt.
* Existenzielle Hypothesen können verifiziert werden indem mindestens ein zutreffender Fall gefunden wird. Sie können allerdings nicht falsifiziert werden.
* Hypothesen über Anteile können weder falsifiziert noch verifiziert werden, da die Anteile in einer kleineren Untergruppe immer verzerrt werden können. Mittels statistischer Methoden kann man jedoch oft einen ungefähren Bewährungsgrad bestimmen.
Vorbedingungen zur Überprüfbarkeit von Hypothesen
- Widerspruchsfreiheit
- Kritisierbarkeit: Mögliche Ergebnisse, welche die Hypothese falsifizieren. Ist eine Hypothese nicht kritisierbar, ist sie immun gegen die Prüfung.
- Operationalisierbarkeit: Den Begriffen in der Hypothese können beobachtbare Daten zugeordnet werden.
- Die Hypothese muss vor der Prüfung aufgestellt werden.
Kriterien für gute Hypothesen
- Präzise Formulierung.
- Empirischer Gehalt (Testbarkeit): Gibt an wie informativ eine Hypothese ist, und ist umso grösser, je grösser die Zahl der Falsifikationsmöglichkeiten ist.
- Logische Konsistenz.
Theorien
Eine Theorie ist ein System von Hypothesen. Bei der Prüfung von Theorien passiert es häufig, dass ein Teil der Hypothesen empirisch bestätigt wurde und andere nicht. Des Weiteren ist es schwierig eine Theorie zu verwerfen, sollte auch nur eine Hypothese falsifiziert werden. Daher werden in der Praxis Theorien oft verglichen und die insgesamt am besten bewährte wird vorläufig beibehalten.
Variablen
Variablen sind Merkmale von Menschen, Objekten, Tiere, die operationalisiert bzw. messbar gemacht werden müssen. Eine Variable hat mindestens zwei Abstufungen. Im einfachsten Fall trifft eine Variable zu oder nicht – also zwei Abstufungen, 0 oder 1. Eine Variable kann aber auch sehr viele Abstufungen haben und da auch oft viele Kombinationen möglich sind, kann die Variable sehr viele Ausprägungen haben. Variablen mit sehr vielen Abstufungen kann man stets auf wenige Stufen reduzieren, dabei gehen allerdings Informationen verloren. Die Stufen der UV werden experimentelle Bedingung genannt.
Variablen können mehr oder weniger beobachtungsnah sein. Es gibt also beobachtungsnahe (konkrete, manifeste) Variablen sowie beobachtungsferne (latente, abstrakte) Variablen. Für letztere brauchen wir spezielle Methoden (in der Regel ein Test) um sie indirekt beobachten zu können.
Experiment
Bei einem Experiment verändert der Versuchsleiter (Vl) aktiv min. eine unabhängige Variable (UV) und beobachtet die Wirkung dieser Veränderung an min. einer abhängigen Variable (AV). Gleichzeitig schaltet er die Wirkung der Störvariablen aus.
Weitere wichtige Abkürzungen: Versuchsperson (Vp(n)) / Proband (Pb) / Subjekt (S), Versuchstier (Vt)
Mit einem Experiment werden in der Regel universelle oder fast-universelle Hypothesen geprüft.
Experimentelle vs. nicht-experimentelle Forschung
- Experimente ermöglichen die Untersuchung von Ursache-Wirkungs-Beziehungen.
- Nicht-experimentelle Forschung (z. B. Korrelationsstudien) erlaubt nur begrenzte Schlussfolgerungen.
- Während bei der experimentellen Forschung Versuchsleiter aktiv ins Geschehen eingreifen, werden bei der nicht-experimentelle Forschung Variablen lediglich beobachtet und Zusammenhänge überprüft. Nicht-experimentelle Studien erlauben daher meist keine Aussagen bezüglich Kausalität, da keine Variable aktiv manipuliert wird und Störvariablen nicht aktiv kontrolliert werden.
Arten von Variablen
- Unabhängige Variable (UV): wird systematisch manipuliert. Werden teilweise auch Treatment oder Faktor genannt.
- Abhängige Variable (AV): wird gemessen und von der UV beeinflusst. Werden teilweise auch Messindikator oder Messgrösse genannt.
- Störvariablen: unerwünschte Einflussfaktoren, die kontrolliert werden müssen. Bei ungenügender Kontrolle kann es zu einer Konfundierung kommen, d.h. der Einfluss der UV ist nicht vom Einfluss einer Störvariable zu trennen.
- Häufig werden in einem Experiment nebst der Manipulation von mindestens einer UV zusätzlich noch nicht aktiv manipulierte Variable erhoben und in die Analysen miteinbezogen (z.B. Geschlecht). Diese Art von Variablen nennt man organismische Variable. Werden in einer Studie nur organismische Variablen betrachtet (z.B. Vergleich alt vs. jung), dann handelt es sich um eine nicht-experimentelle Studie.
- Moderatorvariable: Wenn die Gültigkeit einer Hypothese von einem Merkmal der Person oder einem der Situation abhängt.
Kontrolle von Störvariablen
- Randomisierung: zufällige Zuordnung von Versuchspersonen.
- Konstanthaltung: Man sorgt dafür, dass die Störvariable während des gesamten Experimentes den gleichen Wert hat.
- Elimination: Ausschaltung störender Faktoren.