Modelle der Klinischen Psychologie Flashcards

FLB01 - Kapitel 1 + 2 (46 cards)

1
Q

Somatisch

Kernbegriffe

A

“soma” = Körper
Definition: Den Körper betreffend; körperlich bedingt oder körperlich verursacht.
Beispiel: Somatische Erkrankungen sind z. B. Krebs, Diabetes, Multiple Sklerose.
Kontext: Die Klinische Psychologie berücksichtigt auch psychische Aspekte somatischer Erkrankungen.

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2
Q

Diagnostik

Kernbegriffe

A

Definition: Systematische Erfassung und Bewertung psychischer Merkmale und Störungen durch wissenschaftlich fundierte Verfahren.
Methoden: z. B. Interviews, Fragebögen, Tests, Verhaltensbeobachtung.
Ziele: Beschreibung, Klassifikation, Verlaufskontrolle, Therapieplanung.

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3
Q

Epidemiologie

Kernbegriffe

A

Definition: Wissenschaft von der Häufigkeit, Verteilung und Ursachen psychischer Störungen in der Bevölkerung.
Kennzahlen: Prävalenz, Inzidenz, Komorbidität.
Beispiel: Die 12-Monatsprävalenz für Angststörungen liegt in Deutschland bei ca. 15 %.

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4
Q

Intervention

Kernbegriffe

A

Definition: Gezielte Maßnahmen zur Behandlung, Linderung oder Prävention psychischer Störungen.
Beispiele: Psychotherapie, Psychoedukation, Beratung, Pharmakotherapie, Selbsthilfe.
Unterscheidung: Primär-, Sekundär-, Tertiärprävention.

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5
Q

Ätiologie

Kernbegriffe

A

Definition: Lehre von den Ursachen psychischer Störungen (biologisch, psychologisch, sozial).
Beispiel: Depression kann genetische, kognitive und soziale Ursachen haben.
Verwandte Begriffe: Pathogenese (Entstehungsprozess), Ätiopathogenese (beides zusammen).

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6
Q

Klassifikation

Kernbegriffe

A

Definition: Systematische Einordnung psychischer Störungen in definierte Diagnosesysteme (z. B. ICD-11, DSM-5).
Ziel: Einheitliche Sprache, zuverlässige Diagnosen, Vergleichbarkeit in Forschung & Praxis.
Beispiel: „F32.1“ steht im ICD-11 für eine mittelgradige depressive Episode.

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7
Q

Psychopathologie / Störungslehre

Modelle der klinischen Psychologie

A

Grundlagenbereich der Klinischen Psychologie, das sich mit der Beschreibung, Erklärung und Systematik psychischer Störungen befasst.
Synonym: engl. Abnormal Psychology
Ziel: Verständnis psychischer Auffälligkeiten, Diagnosestellung, Klassifikation und Theoriebildung.

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8
Q

Anwendungsbereiche der Klinischen Psychologie

A
  • Definition: Die drei zentralen Arbeitsfelder der Klinischen Psychologie in Theorie und Praxis.
  • Bestandteile:
    1. Diagnostik
      → Systematische Erhebung psychischer Merkmale zur Feststellung, Klassifikation und Therapieplanung.
    2. Beratung
      → Psychologische Unterstützung bei belastenden Lebenssituationen – auch ohne Diagnose.
    3. Psychotherapie
      → Wissenschaftlich fundierte Behandlung psychischer Störungen mit psychologischen Mitteln.
  • Abgrenzung:
    – Diagnostik ist die Basis.
    – Beratung ist präventiv/stabilisierend.
    – Therapie ist indikationsgebunden und störungsspezifisch.
  • Beispiel:
    Ein:e Psycholog:in führt eine Diagnostik durch, berät bei einem akuten Lebensereignis und leitet bei Bedarf eine Psychotherapie ein.
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9
Q

Klinisch-psychologische Diagnostik

A
  • Definition: Wissenschaftlich fundierte Erhebung psychischer Merkmale, Symptome und Funktionsniveaus.
  • Ziel: Klassifikation, Therapieplanung, Verlaufskontrolle, Evaluation.
  • Beispiel: Einsatz standardisierter Tests, Interviews, Beobachtungen.
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10
Q

Klinisch-psychologische Beratung

A
  • Definition: Psychologisch fundierte Unterstützung in Krisen oder bei psychischen Belastungen unterhalb der Störungsschwelle.
  • Ziel: Hilfe zur Selbsthilfe, Prävention, Stabilisierung.
  • Abgrenzung: Keine „Therapie“, da kein Störungsbegriff vorausgesetzt wird.
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11
Q

Klinisch-psychologische Psychotherapie

A
  • Definition: Systematische, wissenschaftlich begründete Behandlung psychischer Störungen mit psychologischen Mitteln.
  • Verfahren: Verhaltenstherapie, psychodynamische Verfahren, systemische Therapie etc.
  • Ziel: Reduktion von Symptomen, Verbesserung von Lebensqualität, Veränderung dysfunktionaler Muster.
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12
Q

Psychiatrie

A
  • Definition: Medizinisches Fachgebiet zur Diagnose und Behandlung psychischer Störungen – mit besonderem Fokus auf biologische Grundlagen und medikamentöse Therapie.
  • Zugang: Psychiater:innen sind approbierte Ärzte mit Facharztausbildung.
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13
Q

Medizinische Psychologie

A
  • Definition: Psychologisches Teilgebiet innerhalb der Medizin – untersucht psychische Aspekte körperlicher Erkrankungen.
  • Anwendung: Stressbewältigung bei Krankheit, Arzt-Patient-Kommunikation, Gesundheitsverhalten.
  • Zielgruppe: Medizinstudierende; Grundlage für Psychosomatik und Gesundheitsförderung.
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14
Q

Verhaltensmedizin

A
  • Definition: Interdisziplinär psychologisch-medizinisches Forschungs- und Anwendungsfeld, das sich mit der Wechselwirkung zwischen psychischen und körperlichen Prozessen bei Störungen und Erkrankungen beschäftigt
  • Herkunft: Entstanden aus der Psychosomatik und Verhaltenstherapie.
  • Ziel: Prävention, Diagnostik und Behandlung von Erkrankungen mit biopsychosozialem Hintergrund (z. B. Herz-Kreislauf, Schmerz, Diabetes).
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15
Q

Psychische Störung

A
  • Definition:
    Ein psychologisches Konstrukt, das psychische Beeinträchtigungen, abweichendes Verhalten und subjektiven Leidensdruck umfasst – nicht eindeutig festlegbar, sondern abhängig von Normen, Zeitgeist, kulturellem Kontext und Expertenkonsens.
  • Fachlicher Hinweis:
    Psychische Störungen sind keine naturwissenschaftlich objektiv messbaren Entitäten, sondern sozial und klinisch ausgehandelte Konzepte.
  • Beispiel:
    Stimmenhören kann je nach Kultur religiöse Erfahrung oder Schizophrenie bedeuten.
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16
Q

Psychische Störungen sind Konstrukte!

A
  • Definition:
    Psychische Störungen sind theoretische Konstrukte, über die sich Gesellschaft und Fachwelt auf Grundlage von Normen, Forschung und klinischer Erfahrung konsensual verständigen.
  • Konsequenz:
    Die Abgrenzung zwischen normal und gestört ist nicht objektiv, sondern verhandelbar und historisch wandelbar (z. B. Homosexualität: früher Störung, heute nicht mehr).
  • Beispiel:
    Politisch Andersdenkende wurden in Diktaturen pathologisiert (z. B. UdSSR: Schizophrenie als Vorwurf).
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17
Q

Abgrenzung zwischen „krank“ und „gesund“ / „gestört“ und „normal“

A
  • Definition:
    Die Grenze zwischen psychischer Gesundheit und Störung verläuft nicht scharf, sondern ist kontinuierlich und abhängig von Normbezug, Funktionalität und subjektivem Erleben.
  • Schwierigkeit:
    Es gibt keine absolute Trennlinie, sondern nur Annäherungen über Kriterien und Normen.
  • Beispiel:
    Eine Person mit extremem Gerechtigkeitssinn kann als Aktivist gefeiert oder als Querulant pathologisiert werden – je nach Kontext.
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18
Q

TYPEN VON NORMEN

A

Subjektive Norm:
Abweichen von der eigenen Befindlichkeit.
Beispiel: „Ich leide unter meiner Angst.“

Statistische Norm:
Abweichung von der Häufigkeitsverteilung.
Beispiel: Sehr hoher oder sehr niedriger IQ.

Ideal- oder Funktionsnorm:
Abweichen von einem idealen psychischen Funktionieren.
Beispiel: Homosexualität wäre nach rein biologischer Fortpflanzungsidee „funktionsgestört“, heute aber als normal anerkannt.

Soziale Norm:
Abweichung von gesellschaftlichen Konventionen oder Regeln.
Beispiel: Stimmenhören = Schizophrenie im Westen, göttliche Botschaft in indigenen Kulturen.

Hinweis: Alle Normen sind relativ, keine ist für sich allein hinreichend.

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19
Q

Wann liegt eine psychische Störung vor?

A

Eine psychische Störung liegt vor, wenn…

  1. Psychisches Leid („Leidensdruck“) auf Seiten der Betroffenen besteht.
  2. Erhebliche psychische Fehlanpassung im Erleben oder Verhalten vorliegt, wobei der Kontakt zur Realität oder Selbstkontrolle über längere Zeit verloren geht.
  3. Die Veränderung nicht nur eine normale Reaktion auf ein Ereignis ist (z. B. Trauer nach Verlust).
  4. Ein definiertes Störungskonzept laut ICD/DSM erfüllt ist (zur Missbrauchsprävention).

Merksatz
Eine psychische Störung ist kein eindeutig messbares Ding, sondern ein multikriterielles Urteil mit hoher Verantwortung.

20
Q

Psychische Gesundheit

A

Definition:
Zustand des geistigen, seelischen und sozialen Wohlbefindens – nicht nur die Abwesenheit psychischer Störungen.

WHO-Definition (1948):
„Ein Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das Freisein von Krankheit oder Gebrechen.“

WHO-Erweiterung (1986):
„Gesundheit ist eine Ressource für das tägliche Leben, nicht das Ziel des Lebens. Sie betont soziale und persönliche Ressourcen sowie körperliche Fähigkeiten.“

Psychologische Ergänzung:
Psychische Gesundheit umfasst z. B. Selbstachtung, Liebesfähigkeit, Freiheit, Resilienz, Verbundenheit (Seligman, 2002).

21
Q

Ressourcen

A
  • Definition:
    Potenziale, Fähigkeiten und äußere Bedingungen, die das psychische Wohlbefinden fördern – unabhängig davon, ob eine Störung vorliegt.
  • Arten von Ressourcen:
    Innere Ressourcen: Fähigkeiten, Erfahrungen, Talente, Neigungen, Stärken
    Äußere Ressourcen: Freunde, Familie, Finanzen, Wohnraum, kulturelles Kapital
  • Besonderheit:
    Ressourcen sind oft latent vorhanden, aber nicht immer bewusst zugänglich.
  • Funktion:
    Ressourcen erklären, warum Menschen trotz Störung leistungsfähig sein oder Lebensfreude empfinden können – z. B. Künstler mit Depression (van Gogh, Monroe, Clapton).
22
Q

Psychische Stärken (Peterson & Seligman, 2004)

A
  • Definition:
    Psychische Stärken (Ressourcen), die das psychische Wohlbefinden fördern – empirisch erforscht und systematisiert im Rahmen der Positiven Psychologie.
  • Ziel:
    Ergänzung der defizitorientierten Perspektive durch förderliche psychische Qualitäten, die als individuelle Schutzfaktoren wirken können.
  • Die 6 Stärkengruppen: 3MGTW
    1. Mut: Zivilcourage, Beharrlichkeit, Vitalität
    2. Menschlichkeit: Liebe, Freundlichkeit, soziale Intelligenz
    3. Mäßigung: Ausgeglichenheit, Bescheidenheit, Vergebung, Selbstkontrolle
    4. Gerechtigkeit: Fairness, Autorität, Solidarität
    5. Transzendenz: Schönheitssinn, Bewunderungsfähigkeit, Dankbarkeit, Hoffnung, Humor, Spiritualität
    6. Weisheit und Wissen: Kreativität, Neugier, Offenheit, Freude am Lernen
  • Anwendung:
    In der Therapie zur Stärkensensibilisierung, Resilienzförderung und zur präventiven Arbeit mit Klienten.
23
Q

Endokrinologisch

A
  • Definition:
    Das Hormonsystem betreffend – Teil des biologischen Erklärungsmodells
  • Relevante Hormone: Cortisol, Adrenalin, Östrogen, Testosteron, Insulin etc.
  • Bezug zur Psychologie:
    Stressreaktionen (Cortisol), Depression (z. B. nach Geburt durch Östrogenabfall), Verhaltenssteuerung (z. B. Testosteron, Oxytocin)
24
Q

Hirnpathologisches Modell

A
  • Definition:
    Psychische Störungen sind Folge von organischer Hirnschädigungen (z. B. Läsionen, Degeneration, strukturelle Veränderungen) “Geisteskrankheiten sind Hirnkrankheiten”
  • Vertreter: Griesinger („Geisteskrankheiten sind Gehirnkrankheiten“), Kraepelin (Begründer der nosologischen Psychiatrie)
  • Beispiel: Korsakow-Syndrom: Gedächtnisdefizite, Retro-/Anterograde Amnesie durch Vitamin-B1-Mangel (meist alkoholbedingt)
  • Relevanz: Grundlage der heutigen neurobiologischen Psychiatrie
25
Psychogenetisches Modell
* Definition: Psychische Störungen entstehen durch verdrängte Konflikte, frühe Traumata oder ungelöste Affekte (Emotionen, Kognitionen, Motive, Willensprozesse) * Vertreter: Freud (ab 1895, „Studien über Hysterie“) + Jean-Marie Charcot & Pierre Janet * Grundannahme: Innerpsychische Konflikte wirken unbewusst → Symptome als Kompromissbildung * Bedeutung: Wurzel des psychodynamischen Modells und der Psychoanalyse * Historische Bedeutung: Gegenposition zum hirnpathologischen Modell (Griesinger). Betonung der inneren seelischen Dynamik statt organischer Defekte. * Entwicklungen: Topografisches Modell (1915) Instanzenmodell (1923)
26
Beispiele Psychogenetisches Modell
**Topografisches Modell (1915)** * Drei psychische Bereiche: 1. Bewusst 2. Vorbewusst 3. Unbewusst * Idee: Symptome entstehen durch unbewusste Inhalte, die nicht ins Bewusstsein gelangen dürfen **Instanzenmodell (1923)** * Es: Triebhafte Impulse * Ich: Vermittler, Realität, Selbststeuerung * Über-Ich: Werte, Normen, Gewissen * Ziel der Therapie: Aufdeckung & Integration unbewusster Konflikte zwischen den drei Instanzen
27
Neurobiologisches Modell (lang)
* Definition: Psychische Störungen entstehen durch Störungen im Gehirn und Hormonsystem. * Schlüsselkonzepte: Neurotransmitter (Serotonin, Dopamin, GABA, Noradrenalin) Hirnareale (präfrontaler Kortex, Amygdala, Hippocampus) Endokrines System (Cortisol, Östrogen etc.) Genetik & Epigenetik Klinische Beispiele: Korsakow-Syndrom: Antero- und retrograde Amnesie Schizophrenie: Dopaminhypothese Depression: HPA-Achsen-Dysregulation 🔬 RDoC (Research Domain Criteria) – moderne Erweiterung * Ziel: Erfassen psychischer Dysfunktionen transdiagnostisch (nicht nur nach ICD/DSM) * Fünf Domänen: 1. Negative Valenzsysteme 2. Positive Valenzsysteme 3. Kognitive Systeme 4. Soziale Prozesse 5. Arousal- und Regulationssysteme * Sieben Analyseeinheiten: 1. Gene 2. Moleküle 3. Zellen 4. neuronale Schaltkreise 5. Physiologie 6. Verhalten 7. Selbstbericht 🧠 Merksatz: Das RDoC ist biologisch fundiert, transdiagnostisch und dimensional – eine Alternative zum kategorialen Denken.
28
Neurobiologisches Modell
* Definition: Psychische Störungen entstehen durch neurophysiologische und neurochemische Veränderungen * Zentrale Aspekte: * Botenstoffe (z. B. Serotonin, Dopamin) * Hirnregionen (z. B. präfrontaler Kortex, Amygdala) * Endokrines System (z. B. Cortisol, Schilddrüse) * Beispiel: * Korsakow-Syndrom: Amnesie durch Hippocampusdegeneration * Schizophrenie: Dopaminhypothese * Depression: HPA-Achsen-Dysregulation (Cortisol) * Verbindung: Stützt biopsychosoziale Modelle durch empirische Befunde
29
Traditionelles medizinisches Modell
* Definition: Krankheit wird als somatische Störung mit Ursache → Symptom → Behandlung verstanden (lineares Kausalmodell) * Kritik: Reduktionistisch, vernachlässigt psychische & soziale Dimensionen * Beispiel: Depression = Folge eines Serotoninmangels → Antidepressiva
30
Psychodynamisches Modell
* Definition: Weiterentwicklung der Psychoanalyse – Fokus auf unbewusste Konflikte, Affektregulation, Beziehungsmuster * Zentrale Konzepte: Übertragung, Abwehr, innere Objekte, Ich-Funktionen * Therapeutische Haltung: Deutung, Beziehungserfahrung, Einsicht durch Reflexion * Relevanz: In tiefenpsychologisch fundierter Therapie (z. B. nach OPD)
31
Lerntheoretisches Modell
* Definition: Psychische Störungen entstehen durch Lernprozesse (klassisches & operantes Konditionieren, Modelllernen) * Vertreter: Pavlov, Skinner, Bandura * Beispiel: Phobie durch klassische Konditionierung Depression durch Verstärkerverlust Aggressives Verhalten durch Modelllernen * Therapie: Verhaltensanalyse, Exposition, Verstärkeraufbau, kognitive Umstrukturierung
32
Ätiologie
* Definition: Lehre von den Ursachen einer Erkrankung oder psychischen Störung. * Ziel: Identifikation von Risikofaktoren, die zur Entstehung einer Störung beitragen. * Beispiel: Genetische Prädisposition, frühkindliches Trauma, chronischer Stress. * Merksatz: Ätiologie fragt: Warum überhaupt?
33
Pathogenese
* Definition: Entstehung und Entwicklung einer Störung – d. h. wie aus einem Risikozustand tatsächlich ein Störungsbild wird. * Unterschied zur Ätiologie: Ätiologie = Ursache → Pathogenese = Verlauf bis zur Störung. * Beispiel: Belastung → Schlafstörung → Antriebsmangel → Depression * Merksatz: Pathogenese fragt: Wie genau passiert das eigentlich (beim aktuellen Patienten)?
34
Prädisposition / Disposition
* Definition: Genetisch bedingte Veranlagung oder Empfänglichkeit (Vulnerabilität) für bestimmte Störungen * Arten: * Genetisch (z. B. familiäre Vorbelastung) * Biografisch (z. B. Bindungsunsicherheit) * Neurobiologisch (z. B. HPA-Achsen-Sensibilität) * Merksatz: Disposition bedeutet: Ich bringe etwas mit – aber es muss nicht ausbrechen.
35
Auslösende & aufrechterhaltende Faktoren
* Definition: **Auslösende Faktoren**: Ereignisse oder Reize, die eine Störung triggern **Aufrechterhaltende Faktoren:**: Bedingungen, die die Störung stabilisieren oder verlängern * Beispiel: Auslöser: Spezifische biologische Konstellation (Hyperventilation -> Panikzustände) Aufrechterhaltend: Psychische Folgeerscheinungen (Erwartungsangst -> Chronifizierung der Panikstörung) * Merksatz: Auslöser zünden – Aufrechterhalter nähren das Feuer.
36
Salutogenese
* Definition: Gegenmodell zur Pathogenese: fragt nicht, was krank macht, sondern was gesund erhält. * Kernaussage: Menschen bewegen sich auf einem Kontinuum zwischen Krankheit und Gesundheit – entscheidend ist das Gefühl von Kohärenz (Stimmigkeit, Sinn, Verstehbarkeit). * Elemente: 1. Verstehbarkeit 2. Handhabbarkeit 3. Sinnhaftigkeit * Merksatz: Salutogenese fragt: Wie bleibe ich trotz Belastung gesund?
37
Diathese (Synonym: Vulnerabilität)
* Definition: Angeborene oder erworbene Veranlagung, eine bestimmte psychische Störung unter Belastung zu entwickeln. Diathese ist ein Teilaspekt der Ätiologie – sie beschreibt das innere Risikopotenzial unabhängig von einem Auslöser. * Typen: Biologisch: genetische Disposition, neurobiologische Besonderheiten Psychisch: maladaptive Kognitionen, emotionale Labilität Sozial: Bindungserfahrungen, Rollenmodelle * Kernidee (im Diathese-Stress-Modell): Diathese + Stressor = Störung (wenn Schwelle überschritten wird) * Merksatz: Die Diathese ist ein Fass – der Stress ist das Wasser – ob es überläuft, hängt vom Pegel ab.
38
bio-psycho-soziales-Modell
* Definition: Das biopsychosoziale Modell geht davon aus, dass biologische, psychologische und soziale Faktoren gleichwertig an der Entstehung, Aufrechterhaltung und Bewältigung psychischer Störungen beteiligt sind. Störungen und Gesundheit bilden sich aus einem dynamischen Wechselspiel zwischen diesen drei Polen heraus. * Ziel: Störungen multifaktoriell erklären und durch entsprechend ausgerichtete Interventionen behandeln. * Praxisbezug: Die Auswahl und der Fokus der Intervention richtet sich danach, welcher Bereich primär betroffen ist: * Bei biologischen Faktoren → z. B. Einsatz von Psychopharmaka * Bei psychischen Faktoren → z. B. kognitive Verhaltenstherapie, Emotionsregulation * Bei sozialen Faktoren → z. B. Maßnahmen zur Reduktion beruflicher Belastung **Kritik** –> **Störungsspezifität fehlt** „Ein bedeutsames Problem stellt die mangelnde Störungsspezifität des Modells dar. Jede Störung bzw. Störungsgruppe ist aber - wahrscheinlich - durch unterschiedliche Faktorenmuster eher erklärbar.“  * Beispiel: Schizophrene Psychose → stark biologisch determiniert, mit teils noch unbekannten Ursachen Belastungsstörungen (z. B. PTBS) → primär durch negative Umwelteinflüsse erklärbar * Weitere Begrenzung: → Das Modell berücksichtigt keine zeitlichen und dynamischen Aspekte der Störungsentwicklung über die Lebensspanne hinweg. **Fazit**: Das biopsychosoziale Modell ist systematisch offen und anschlussfähig, aber es verliert an Erklärungskraft, wenn störungsspezifische Muster und Verläufe über die Zeit nicht berücksichtigt werden.
39
Störungsspezifität
* Definition: Störungsspezifität bezeichnet die Annahme, dass jede psychische Störung durch ein jeweils typisches, spezifisches Bedingungsmuster erklärbar ist. * Bezug im FLB: Kritik am biopsychosozialen Modell: Es berücksichtigt nicht ausreichend, dass unterschiedliche Störungen unterschiedliche Hauptursachen und verlaufstypische Mechanismen haben. * Beispiel: * Schizophrenie: Überwiegend biologische Ursachen * PTBS: Primär durch soziale Belastungen (Trauma) * Depression: Mischbild, individuell verschieden * Funktion: Störungsspezifität hilft dabei, zielgerichtete Interventionen zu planen, anstatt mit einem allgemeinen Schema zu arbeiten.
40
Diathese
* Definition: Diathese ist die angeborene oder erworbene Anfälligkeit (Vulnerabilität), unter bestimmten Bedingungen eine psychische Störung zu entwickeln. * Formen: * Genetisch: z. B. familiäre Häufung * Neurobiologisch: z. B. Dopamin-Dysregulation * Psychosozial erworben: z. B. Bindungsunsicherheit, frühe Traumatisierung * Bedeutung: Die Diathese bleibt oft latent, bis durch äußere oder innere Belastung eine Schwelle überschritten wird.
41
Inzidenz
* Definition: Die Inzidenz bezeichnet die Häufigkeit von Neuerkrankungen an einer bestimmten Störung innerhalb eines definierten Zeitraums (meist pro Jahr). * Abgrenzung zur Prävalenz: Inzidenz = neu auftretende Fälle Prävalenz = bestehende Fälle zu einem bestimmten Zeitpunkt * Anwendung: Epidemiologische Inzidenzdaten helfen bei: ...der Einschätzung aktueller Versorgungslage ...der Planung präventiver Maßnahmen ...der Forschung zu Risikofaktoren
42
Vulnerabilitäts-Stress-Modell
**Vulnerabilität** (lat. vulnus, Wunde): Gegebener Grad der "Verletzlichkeit" einer Person. **Diathese** (griech. Auseinanderstellen, Zustand) Grad der "Empfänglichkeit" einer Person für eine *bestimmte* Störung Vulnerabilitäten entstehen durch: 1. angeborene oder erworbene biologische Einflüsse (z. B. genetisch, hirnanatomisch, endokrinologisch), 2. psychologische Einflüsse aus früheren Lebensphasen (z. B. problematische Familienkonstellationen), 3. sowie soziale und Umwelteinflüsse (z. B. Armut, soziale Benachteiligung). → So ergibt sich eine individuelle Resilienz gegenüber psychischen Störungen – die bei entsprechend einwirkenden Stressoren durch das Überschreiten einer Störungsschwelle zur Manifestation psychischer Störungen führen kann. Wichtig ist: Diese Störungsschwelle ist im Querschnitt der Gesellschaft relativ ähnlich. Wird sie überschritten – durch die Kombination von individuellen Vulnerabilitäten und akuten Stressoren – entsteht eine psychische Störung. Das kann sowohl: * störungsspezifisch (Diathese) * als auch generalisiert (Vulnerabilität) erfolgen.
43
Erweiterung des Vulnerabilitäts-Stress-Konzeptes (Becker, 1997)
Erweiterung um den Ressourcenaspekt: Interne Ressourcen (Psychische Kompetenz) Externe Ressourcen (Förderliche Umweltbedingungen)
44
Komorbidität
Das gleichzeitige Auftreten von mehreren psychischen (oder auch somatischen) Störungen bei einer Person. * Komorbiditäten sind nicht zufällig, sondern können gemeinsame Risikofaktoren oder wechselseitige Verstärkungsprozesse aufweisen. * In der Klassifikation werden sie zusätzlich zur Hauptdiagnose (F-Hauptgruppe im ICD) kodiert. Beispiele: * Depression + Angststörung * PTBS + Substanzmissbrauch * ADHS + oppositionelles Verhalten
45
Reliabilität
Grad der Zuverlässigkeit bzw. Reproduzierbarkeit einer Messung oder Diagnostik. Ein Verfahren ist **reliabel**, wenn es bei Wiederholung unter gleichen Bedingungen das gleiche Ergebnis liefert. Beispiel: Ein Depressionsfragebogen, der heute und nächste Woche beim gleichen Patienten ähnliche Werte liefert.
46
Validität
Grad der Gültigkeit: Misst ein Verfahren tatsächlich das, was es zu messen vorgibt? * Wichtigste Frage: Wird das Konstrukt erfasst – oder etwas anderes? Beispiel: Ein Fragebogen soll Depressivität messen – enthält aber überwiegend Fragen zur Lebenszufriedenheit → niedrige Validität.