Öffentliches Recht III Flashcards
(258 cards)
Führe die Prüfung der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten durch, wenn es um die abstrakte Normenkontrolle (kantonales Gesetz, das gegen kantonale Verfassung verstösst) geht.
SV: Gemäss GOG 36 Abs. 3 sind engere Voraussetzungen an Personen gestellt, die sich als Handelsrichter wählen lassen wollen, als dies gemäss KV 40 Abs. 1, zur Wahl in oberste kantonale Behörden vorgesehen ist.
I. Zuständigkeit
1. Anfechtungsobjekt (BGG 82)
- kantonaler Erlass (BGG 82 Bst. b)
2. Ausnahmen (BGG 83 - 84a)
3. Vorinstanz (BGG 86 - 88)
- BGG 87: Gegen kantonale Erlasse ist unmittelbar die Beschwerde zulässig, sofern kein kantonales Rechtsmittel ergriffen werden kann.
II. Beschwerderecht:
1. Partei- und Prozessfähigkeit
2. Beschwerdelegitimation (BGG 89)
- formelle Beschwer
- materielle Beschwer
3. Aktuelles und praktisches Interesse (BGer)
- Ausnahme
4. Beschwerdegründe / Kognition (BGG 95 - 98)
- Das BGer hat eingeschränkte Kognition: Rüge von Rechtsverletzungen und unrichtiger Feststellung des Sachverhalts, sofern Willkür gegeben ist.
- Verletzung von kantonalen verfassungsmässigen Rechten (BGG 95 Bst. c)
- Es handelt sich um einen zulässigen Beschwerdegrund.
5. Form (BGG 42 i.V.m. BGG 106) und Frist (BGG 100)
III. Fazit: Eintreten / Nichteintreten
Wie ist bei der materiellen Prüfung zu entscheiden (Rüge, dass GOG 36 Abs. 3 KV 40 Abs. 1 verletzt)?
Regelungsinhalt:
- Der Regelungsinhalt von KV 40 Abs. 1 umfasst die Wählbarkeitsvoraussetzungen für oberste kantonale Gerichte, wozu das Handelsgericht (GOG 36 Abs. 3) gehört.
- In GOG 36 Abs. 3 sind zusätzliche (zu den in KV 40 Abs. 1 genannten) Wählbarkeitsvoraussetzungen statuiert.
- GOG 36 Abs. 3 verlangt eine Voraussetzung, welche die Kantonsverfassung nicht vorsieht. Zusätzliche Voraussetzungen auf tieferer Gesetzesstufe sind nicht zulässig.
Fazit: Entschieden wird danach, ob der kantonalen Norm ein Sinn beigemessen werden kann, der sie als mit den angerufenen Verfassungsgarantien vereinbar erscheinen lässt. Sofern dies nicht der Fall ist, ist die Bestimmung aufzuheben.
Wie wirkt sich die ungültig zustandegekommene Wahl eines Richters auf die Gültigkeit des Entscheides des entspr. Gerichtes aus?
Mögliche Folgen sind die Nichtigkeit und die Anfechtbarkeit des Entscheides. Die Prüfung muss folgendermassen durchgeführt werden:
-
Rüge der Verletzung von BV 30 Abs. 1 Satz 1
- Anspruch auf ein durch Gesetz geschaffenes Gericht,
- d.h. auf eine korrekte Besetzung des Gerichts
- I.c. ist die Besetzung des Gerichts nicht korrekt, da Richter X die Voraussetzungen für die Wahl gemäss KV 22 nicht erfüllt.
-
Nichtigkeit? Evidenztheorie: Anfechtbarkeit ist die Regel, Nichtigkeit stellt die Ausnahme dar. (kumulativ:)
- Der Mangel muss offensichtlich/ leicht erkennbar sein.
- Der Mangel muss schwer sein
- Die Rechtssicherheit darf durch die Nichtigkeit nicht beeinträchtigt werden.
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Anfechtbarkeit
- I.c. sind die Voraussetzungen zur Nichtigkeit nicht gegeben.
Was ist bei der Erteilung von Konzessionen sehr wichtig?
Es besteht kein Anspruch auf die Erteilung einer Konzession.
Worauf kann man sich berufen, wenn einem keine Konzession erteilt wurde (anderen Anbietern schon)?
- Dass sich die Behörde von unsachlichen Kriterien leiten lassen hat (und begründen, wo man selber den Anforderungen besser gerecht wird).
Wann kann die Willkür im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde gerügt werden?
- Beschwerdegrund: Willkür BV9 ist ein zulässiger Beschwerdegrund gem. BGG 116, kann somit also grds. immer gerügt werden.
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Beschwerdelegitimation: Voraussetzung ist aber, dass der Beschwerdeführer materiell beschwert ist; im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde ist die qualifizierte materielle Beschwer erforderlich (d.h. es braucht ein rechtlich geschütztes Interesse):
- gemäss BGer vermittelt das Willkürverbot BV 9 für sich alleine noch kein rechtlich geschütztes Interesse i.S.v. BGG 115 Bst. b.
- Der Beschwerdeführer ist nur dann legitimiert, wenn die Norm, deren Anwendung als willkürlich gerügt wird, ihm einen Rechtsanspruch einräumt oder jedenfalls den Schutz seiner Interessen bezweckt.
Welche Beschwerdegründe können bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden?
BGG 116
Mit der subsidiären Verfassungsbeschwerde kann die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Das Bundesgericht versteht unter verfassungsmässigen Rechten Verfassungsnormen, welche dem Bürger einen individuellen Rechtsanspruch vermitteln.
Kann im Rahmen der subsidiären Verfassungsbeschwerde die Verletzung von einfachem Gesetzesrecht (Bund/Kanton), die Verletzung von Verordnungen oder die fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung gerügt werden?
Gemäss BGG 116 kann lediglich die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten gerügt werden. Folge:
- Um die fehlerhafte Sachverhaltsfeststellung oder die Verletzung von Gesetzesrecht/Verordnungen zu rügen, muss der Beschwerdeführer Willkür (BV 9) geltend machen
- “Einkleidung” in eine Rüge gemäss BV 116 ist vorausgesetzt
Prüfschema subsidiäre Verfassungsbeschwerde
BGG 113ff.
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Subsidiarität BGG 113
- absolute Subsidiarität
- relative Subsidiarität
-
Zuständigkeit
- Spezialgesetzlich geregelter Instanzenzug/ Anwendbarkeit BGG
- Vorinstanzen BGG 86 i.v.m. BGG 114
- Beschwerdeobjekt BGG 90-93 i.V.m. BGG 113
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Beschwerderecht
- Partei- und Prozessfähigkeit
- Beschwerdelegitimation BGG 115
- aktuelles und praktisches Interesse (BGer)
- Kognition und Beschwerdegründe BGG 116
- Form BGG 117 i.V.m. BGG 42
- FristBGG 117 i.V.m. BGG 100 I
Welche Bestimmungen können den Instanzenzug auf Bundesebene spezialgesetzlich regeln?
- Nur Bundesgesetze können diesen spezialgesetzlich regeln. (vlg. BV 49)
- Auch die Zulässigkeit der Beschwerde von Verfügungen kantonaler Instanzen ans BVGer muss in einem Bundesgesetz vorgesehen sein (siehe VGG 33 lit. i)
- Spezialgesetzliche Regelungen durch den kantonalen Gesetzgeber würden eine Verletzung von BV 49 darstellen.
- Das Kantonale Recht kann lediglich auf kantonaler Ebene Rechtsmittel gegen Verfügungen/ Erlasse vorsehen.
Welche Voraussetzungen sind vom Erfordernis der Subsidiarität gem. BGG 113 umfasst?
absolute Subsidiarität =
sämtliche andere Rechtsmittel der Bundesrechtspflege gehen der subsidiären Verfassungsbeschwerde vor.
- Verhältnis zur BöA: SVB kommt nur zum Zug, wenn die Streitigkeit unter den Ausnahmekatalog von BGG 83 fällt oder in einer vermögensrechtlichen Streitigkeit gem. BGG 85 die Streitwertgrenze nicht erreicht wird, ohne dass sich eine Rechtsfrage von grds. Bedeutung stellt.
- Auch in Zivil- und Strafsachen subsidiäres Rechtsmittel
- Verhältnis Beschwerde ans BVGer: Sofern Beschwerde ans BVGer vorgesehen ist, kommt SVB nicht zur Anwendung (spezialgesetzliche Regel schliesst SVB in diesem Fall aus)
- Verhältnis zur Verwaltungsbeschwerde an verwaltungsinterne Rechtsmittelinstanz: s.o.
relative Subsidiarität =
kantonaler Instanzenzug muss ausgeschöpft sein (Anfechtungsobjekt somit Entscheid einer letzten kantonalen Instanz)
Welche zulässigen Anfechtungsobjekte bestehen bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde?
BGG 113; Entscheide letzter kantonaler Instanzen
-
Entscheide:
- sämtliche Verfügungen, unbesehen ihrer materiellen Rechtsgrundlage
- End-, Teil- sowie Vor- und Zwischenentscheide gem. BGG 90 - 93
- Auch Beschwerde gem. BGG 94
- kantonale Instanzen = Organe, die ihre Entscheidungsgewalt aus der kantonalen Hoheitsgewalt ableiten
Vorinstanzen subsidiäre Verfassungsbeschwerde:
BGG 114; letzte kantonale Instanzen (sinngemässe Anwendung BGG 75 bzw. 86)
- in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten also: BGG 86 II und BGG 86 I lit. d i.V.m. BGG 114
- oder Ausnahme BGG 86 III i.V.m. BGG 114
Wann sind die Partei- und Prozessfähigkeit bei der subsidiären Verfassungsbeschwerde gegeben?
Gleiche VSS wie BöA:
-
Parteifähig sind sämtliche Personen, die rechtsfähig sind:
- natürliche Personen (ZGB 11)
- juristische Personen: Gründung/Eintragung
-
Prozessfähig sind sämtliche Personen, die nach privatem und öffentlichem Recht handlungsfähig sind:
- natürliche Personen: Volljährigkeit und Urteilsfähigkeit (ZGB 12ff.)
- juristische Personen: wenn die nach Gesetz und Statuten unentbehrlichen Organe bestellt sind (ZGB 54)
Beschwerdelegitimation gemäss BGG 115:
-
formelle Beschwer BGG 115 lit. a (siehe BöA)
- wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme hatte und mit seinen Vorbringen mind. teilweise unterlegen ist.
→ Verfügungsadressat hat am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen (verfügungserlassende Behörde = Vorinstanz)
- wer am Verfahren vor der Vorinstanz teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme hatte und mit seinen Vorbringen mind. teilweise unterlegen ist.
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materielle Beschwer BGG 115 lit. b: qualifizierte materielle Beschwer (!)
- rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids ist vorausgesetzt (rein faktisches Berührtsein reicht nicht);
- rechtlich geschütztes Interesse muss sich aus einem verfassungsmässigen Recht ergeben, bei der Willkürrüge muss sich das rechtlich geschützte Interesse aus der willkürlich angewendeten Norm ergeben.
Welche Voraussetzungen sind an das aktuelle und praktische Interesse (subsidiäre Verfassungsbeschwerde) gestellt?
Es gelten dieselben VSS wie bei der BöA:
-
aktuelles Interesse = Der Nachteil muss im Urteilszeitpunkt noch bestehen;
→ Subsum.! -
praktisches Interesse = Der Nachteil muss durch eine erfolgreiche Beschwerdeführung beseitigt werden können
→ Subsum.!
Welche Rechte gehören zum Kreis der verfassungsmässigen Rechte (BGG 116)?
- Grundrechte der BV und der Kantonsverfassungen
- justiziable Garantien internationaler Menschenrechtsverträge
- gew. Verfassungsnormen primär rechtstaatlicher und föderalistischer Natur:
- Grundsatz der Gewaltenteilung
- Grundsatz des Vorrangs von Bundesrecht
- Legalistätsprinzip im Abgaberecht
- Verbot der interkantonalen Doppelbesteuerung
- …
Wo ist das Recht auf ein unparteiisches Gericht/Ausstand geregelt?
BV 30 I, VwVG 10, BGG 34
Was sind die durch Rechtsprechung entwickelten Fallkonstellationen zum Ausstand?
Ausstandsgründe gem. VwVG 10, BGG 34,
- Vorbefassung
- Persönliche Äusserungen
- Persönliche Beziehungen
- Konkurrenzverhältnisse
Wann ist ein Behördenmitglied vorbefasst?
VwVG 10 lit. c, BGG 34 lit. b
- Wenn sich dasselbe Behördenmitlglied bereits in einem früheren Zeitpunkt in amtl. Funktion mit derselben Angelegenheit befasst hat und dabei eine ähnliche Frage zu beantworten hatte.
-
Vorbefassung begründet solange keinen Ausstand, als der Fall noch als offen erscheint (d.h. die zu entscheidenden Sach- und Rechtsfragen noch als offen erscheinen.
- Der Fall erscheint als noch offen, wenn die Gerichtsperson lediglich über vorsorliche Massnahmen oder die unentgeltliche Rechtspflege entschieden hat, nicht aber wenn sie sich schon abschliessend festgelegt hat (= dass sie also einer anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage nicht mehr zugänglich erscheint).
Was umfasst der Ausstandsgrund der Persönlichen Äusserungen? Was fällt nicht darunter?
- Der Anschein der Befangenheit ist dann gegeben, wenn sich eine Amtsperson in Rechtsfragen, die mit der konkreten Streitsache zusammenhängen, vorgängig abschliessend festgelegt hat (mit der Äusserung) oder in diesem Sinne negative Äusserungen über eine Verfahrenspartei gemacht hat.
- Meinungsäusserung allgemeiner Art über aktuelle gesellschaftliche und politische Fragen, die nicht im Zusammenhang mit dem konkreten Verfahren gemacht wurden, fallen nicht darunter.
Wann ist der Ausstandsgrund der “Persönlichen Beziehungen” einschlägig?
VwVG 10 I lit. b, BGG 34 lit. c
Für Anschein der Befangenheit bedarf es gewisser Intensität der Beziehung. Darunter fallen besondere Freundschaften oder persönliche Feindschaften. Dazu gehören auch ehemalige enge Verbindungen zu einer Partei.
Was fällt unter den Ausstandsgrund“Konkurrenzverhältnisse”?
Direkte Konkurrenzverhältnisse zwischen einer Partei und dem Entscheidungsträger sind geeignet, den Anschein der Befangenheit zu wecken.
Was liegt vor, wenn eine Norm im Zusammenhang mit einem Entscheid bemängelt wird?
Vorfrageweise Überprüfung der Rechtmässigkeit der Norm.
