Patientin 4 Flashcards
(20 cards)
Welche Hauptdiagnosen stellen Sie basierend auf der Fallvignette und nach ICD-10?
Verdachtsdiagnosen sind F43.1 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) und F60.31 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung, Borderline-Typ.
Welche Kriterien der PTBS nach ICD-10 erfüllt die Patientin?
Antwort: Wiedererleben (Flashbacks), Vermeidungsverhalten (intensives Grübeln nach Triggern), erhöhte psychische Erregung (Anspannung, Stimmungsschwankungen). Eine gesicherte Diagnose benötigt noch genauere Informationen zu den Traumata und deren zeitlichem Verlauf.
Welche diagnostischen Kriterien sprechen für eine Borderline-Persönlichkeitsstörung?
Antwort: Stimmungsschwankungen, Selbstverletzendes Verhalten (SVV), Identitätsunsicherheit, intensive zwischenmenschliche Beziehungen (z.B. Konflikte mit Familie), Angst vor dem Alleinsein.
Welche Differentialdiagnosen sollten in Betracht gezogen werden?
Antwort: Komplexe PTBS, depressive Episode, Anpassungsstörung, Essstörung (aufgrund Appetitverlust), Somatoforme Störung (z.B. Migräne), Angststörungen.
Wie würden Sie die Suizidalität der Patientin aktuell einschätzen?
Antwort: Keine akute Suizidalität, da Patientin sich glaubhaft distanziert. Aber aufgrund der Vorgeschichte (Suizidversuch 2020) besteht ein erhöhtes Risiko. Eine engmaschige Überwachung ist wichtig.
Welche evidenzbasierten Therapieansätze sind bei PTBS indiziert?
Antwort: Traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie (z.B. Prolonged Exposure, Kognitive Verarbeitungstherapie) oder EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing).
Wie kann der Umgang mit Dissoziationen und Flashbacks in der Therapie unterstützt werden?
Antwort: Stabilisierungstechniken (z.B. imaginative Verfahren wie der „sichere Ort“), Erdungstechniken, Psychoedukation über Dissoziation.
Welche Therapieansätze sind für die Behandlung der Borderline-Störung evidenzbasiert?
Antwort: Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT), Schematherapie oder Mentalisierungsbasierte Therapie (MBT).
Wie würden Sie den Aufbau einer tragfähigen therapeutischen Beziehung bei dieser Patientin gestalten?
Antwort: Klare therapeutische Grenzen setzen, Validierung der Gefühle, Authentizität und Transparenz im Umgang mit der Beziehungsgestaltung.
Wie würden Sie den hohen Leistungsanspruch und die Grübelneigung der Patientin therapeutisch bearbeiten?
Antwort: Kognitive Umstrukturierung zur Bearbeitung dysfunktionaler Glaubenssätze, Förderung von Selbstmitgefühl, Achtsamkeitsbasierte Verfahren zur Reduktion von Grübeln.
Welche medikamentösen Alternativen könnten in Betracht gezogen werden?
Antwort: SNRI (z.B. Venlafaxin) bei unzureichender Wirkung von SSRI, Lamotrigin oder Topiramat zur Unterstützung bei emotionaler Instabilität.
Wie beurteilen Sie die aktuelle Medikation der Patientin (Sertralin 125 mg, Quetiapin 100 mg retardiert)?
Antwort: Sertralin (SSRI) ist leitliniengerecht bei PTBS und Depression. Quetiapin kann zur Reduktion von Anspannung, Schlafproblemen und affektiver Instabilität eingesetzt werden. Verträglichkeit und Nebenwirkungen sollten überwacht werden.
Wie würden Sie die familiäre Dynamik der Patientin psychodynamisch interpretieren?
Antwort: Potenzielle Bindungs- und Vertrauensproblematik aufgrund instabiler Familienverhältnisse, konflikthafte Beziehung zur Mutter (selbst Psychotherapeutin) kann zu Ambivalenz gegenüber therapeutischen Beziehungen führen.
Wie könnte der Wunsch der Patientin, Psychologie zu studieren, im therapeutischen Kontext interpretiert werden?
Antwort: Möglicher Wunsch nach Selbstverstehen, aber auch ein Versuch, Kontrolle über die therapeutische Beziehung zu gewinnen oder sich auf eine „gleiche Ebene“ mit der Therapeutin zu stellen.
Welche Bedeutung könnte die Nähe-Distanz-Problematik in der therapeutischen Beziehung haben?
Antwort: Durch starke Nähe (ähnliches Alter, Geschlecht) besteht Gefahr von Grenzverwischung. Wichtig sind klare therapeutische Rollen und das Ansprechen dieser Dynamik im Sinne der Übertragungs- und Gegenübertragungsarbeit.
- Wie können Anspannungszustände und Selbstverletzungsdrang im Akutsetting behandelt werden?
Antwort: Skills-Training (DBT), Notfallbox mit individuellen Bewältigungsstrategien, achtsame Körperwahrnehmung zur Spannungsregulation.
Wie würden Sie in einer Krisensituation (z.B. akute Suizidalität) vorgehen?
Antwort: Sofortige Einschätzung der Suizidalität mittels Strukturierter Suizid-Abklärung (z.B. SAD PERSONS Scale), Erarbeitung eines Notfallplans, ggf. engmaschige Überwachung oder Verlegung auf eine geschützte Station.
- Welche ethischen Überlegungen spielen im Umgang mit der Traumageschichte der Patientin eine Rolle?
Antwort: Freiwilligkeit und Selbstbestimmung der Patientin im Fokus, behutsames Vorgehen bei der Traumabearbeitung, keine forcierten Details, sondern ein trauma-sensibles Vorgehen.
- Wie würden Sie die Schweigepflicht in Bezug auf familiäre Informationen handhaben?
Antwort: Strikte Wahrung der Schweigepflicht. Informationen dürfen nur mit expliziter Zustimmung der Patientin weitergegeben werden, auch wenn Familienangehörige betroffen sind.
Wie schätzen Sie die Prognose der Patientin ein?
Antwort: Aufgrund der hohen Motivation und bisherigen Therapieerfahrung besteht eine gute Prognose. Herausforderungen bleiben die emotionale Instabilität und die komplexe familiäre Belastung. Eine längere therapeutische Begleitung ist wahrscheinlich notwendig.