Qualitative Methoden Flashcards
(87 cards)
Grundlegende Unterscheidung qualitativer Methoden
Frage: Welche zwei Hauptkategorien qualitativer Methoden (Forschungsdesigns / Forschungsansätze) werden in den Quellen unterschieden?
Interpretative (verstehende) Methoden (Herangehensweisen oder Zugänge)
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Positivistische (erklärende) Methoden (Herangehensweisen oder Zugänge)
Verstehen vs. Erklären
Frage: Erläutern Sie den Unterschied zwischen “Verstehen” und “Erklären” in den Sozialwissenschaften laut den Quellen.
Verstehen: Nachvollzug von Bedeutung (und des Prozesses ihrer Genese). Handeln erfolgt aus “Gründen” (im Gegensatz zu “Ursachen”).
Erklären: Nachweis von Ursache und Wirkung. Suche nach gesetzesartigen Regelmässigkeiten (‘Ursachen’).
Was ist das Hauptziel einer fallvergleichenden Kausalanalyse?
Das Hauptziel ist die Bestimmung der Wirkung einer bestimmten Kausalvariable. Es geht darum herauszufinden, ob ein ganz bestimmter Faktor eine bestimmte Wirkung besitzt. Dies entspricht einer X-zentrierten Perspektive: Macht X einen Unterschied (für Y)?. Sie wird in der Grundlagenforschung für Theorietests und in der angewandten Forschung für Evaluationen genutzt.
Nennen Sie zentrale Grundannahmen der fallvergleichenden Kausalanalyse laut den Quellen.
Sie orientiert sich an der experimentellen Methode und einem kontrafaktischen Begriff der Kausalität.
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Sie stützt sich auf ein deterministisches (vs. probabilistisches) Verständnis von Kausalität.
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Sie nimmt an, dass unabhängige Variablen jeweils autonom (vs. konfigurativ) wirken.
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Sie geht davon aus, dass alle relevanten Kontrollvariablen abgedeckt sind (-> omitted variable bias).
Fallvergleichende Kausalanalyse - Fallauswahl
Frage: Wie erfolgt die Fallauswahl bei der fallvergleichenden Kausalanalyse?
ie Fälle werden so ausgewählt, dass die Varianz der unabhängigen Variable maximiert und die Varianz der Kontrollvariablen minimiert wird. Ziel ist es, möglichst ähnliche Fälle zu finden, die sich hinsichtlich der unabhängigen Variable unterscheiden.
Was ist das Ziel einer (kausalen) Prozessanalyse?
Die Prozessanalyse zielt darauf ab, die sequenziellen und situativen Konfigurationen von Kausalfaktoren zu identifizieren, die zu bestimmten Ergebnissen führen. Sie dient der Rekonstruktion der Kausalpfade, die zu Y führen und der Identifizierung der Bedingungen, unter denen Kausalmechanismen wirksam werden
Prozessanalyse - Grundannahmen
Frage: Welche Annahmen über Kausalität liegen der Prozessanalyse zugrunde, insbesondere im Vergleich zum Kovarianz-Ansatz?
Prozessanalysen, die auf konfigurativem Denken basieren, gehen davon aus:
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Fast alle sozialen Ergebnisse resultieren aus einer Kombination von Kausalfaktoren.
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Verschiedene Pfade führen zu ähnlichen sozialen Ergebnissen (Äquifinalität).
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Ein und derselbe Kausalfaktor kann in unterschiedlichen Kontexten und Kombinationen verschiedene Wirkungen entfalten (kausale Heterogenität)
Prozessanalyse - Kausalmechanismen
Frage: Wie werden Kausalmechanismen in den Quellen definiert und wie unterscheiden sie sich von einfachen kausalen Kombinationen?
Definition 1: Wiederkehrende Prozesse, die bestimmte Ausgangsbedingungen und ein bestimmtes Ergebnis miteinander verbinden (Renate Mayntz).
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Definition 2: Ein komplexes System, das durch das Zusammenwirken seiner Teile ein Ergebnis hervorbringt (Stuart Glennan).
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Eine spezifischere Definition sieht kausale Mechanismen als konfigurative Einheiten, die drei verschiedene Typen sozialer Mechanismen kombinieren: Situationsmechanismen, Handlungsmechanismen und Transformationsmechanismen.
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Kausale Kombinationen sind unspezifische Konfigurationen von Kausalfaktoren, während kausale Mechanismen kausale Mehrebenenmodelle sind, die auf einer Konfiguration von drei Typen sozialer Mechanismen basieren.
Prozessanalyse - Prozessbeobachtungen
Frage: Was sind “causal-process observations” (Prozessbeobachtungen) im Vergleich zu “data-set observations” und welche Typen von Prozessbeobachtungen sind für die Prozessanalyse wichtig
Data-set observation: Die Sammlung aller Werte eines Falls auf abhängigen und unabhängigen Variablen.
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Causal-process observation: Ein Einblick oder Datum, das Informationen über Kontext, Prozess oder Mechanismus liefert und eine deutliche Aussagekraft für kausale Schlussfolgerungen besitzt. Es kann ein “rauchender Colt” in qualitativer Forschung sein und eine Ergänzung zu korrelationsbasierten Schlussfolgerungen in quantitativer Forschung. Spezifischere “process-tracing observations” dienen dazu, die zeitliche Abfolge, den Status kausaler Faktoren (notwendig/hinreichend) und soziale Mechanismen zu identifizieren/spezifizieren.
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Wichtige Typen von Prozessbeobachtungen: Beobachtungen für ein gesamthaftes Bild (comprehensive storyline), Beobachtungen zur Beschreibung kritischer Momente (smoking guns), Beobachtungen für Einsichten in Wahrnehmungen und Motivationen (confessions)
Kongruenzanalyse - Ziel
Frage: Was ist das Hauptziel einer Kongruenzanalyse?
Das Ziel ist die Verbindung von theoretischem Diskurs und empirischen Studien auf reflektierte Weise. Sie dient dazu, die relative Erklärungskraft einer Theorie zu bestimmen oder einen Fall in neuem Licht zu sehen. Sie ermöglicht ein vollständigeres Verständnis eines Falls, die Einschätzung der relativen Erklärungskraft verschiedener Theorien und die Entwicklung neuer theoretischer Ansätze
Kongruenzanalyse - Logik
Frage: Was meint “Kongruenz” im Kontext der Kongruenzanalyse und wie wird sie beurteilt?
Kongruenz meint die Übereinstimmung der aus der Theorie abgeleiteten Vorhersagen / Erwartungen mit den tatsächlich gemachten Beobachtungen. Die Beurteilung erfolgt durch einen systematischen Vergleich der gesammelten empirischen Informationen mit den aus verschiedenen Theorien abgeleiteten Erwartungen. Man prüft, ob die Beobachtungen mit den Erwartungen übereinstimmen, ihnen widersprechen oder außerhalb des Erwartungshorizonts liegen
Kongruenzanalyse - Fallauswahl
Frage: Wie unterscheidet sich die Fallauswahl bei der Kongruenzanalyse von der fallvergleichenden Kausalanalyse, insbesondere im Hinblick auf “crucial cases”?
Im Gegensatz zur fallvergleichenden Analyse geschieht die Fallauswahl bei der Kongruenzanalyse nicht mit Blick auf die Ausprägungen der unabhängigen Variable und der Kontrollvariablen. Stattdessen reflektiert man ex ante über die Wahrscheinlichkeit, mit der der Fall einem Erklärungsansatz entspricht. Wichtig sind dabei “crucial cases”, insbesondere “very likely cases” (dominierende Theorie sehr unwahrscheinlich, trifft aber zu) und “very unlikely cases” (alternative Theorie sehr unwahrscheinlich, trifft aber zu), um den Diskurs zu beeinflussen
Diskursanalyse - Was ist ein Diskurs?
Frage: Was sind “Diskurse” laut den Quellen und warum interessieren sich Sozialwissenschaftler dafür?
Diskurse sind repräsentierende Praktiken, durch die Bedeutungen generiert werden.
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Sie sind Systeme der Bedeutungs-Produktion, die Bedeutung (wenn auch temporär) fixieren und Akteuren ermöglichen, die Welt zu verstehen und in ihr zu handeln.
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Sie beschränken, wie die Welt geordnet gedacht wird, was als möglich oder “natürlich” in einer Situation angesehen wird.
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Sozialwissenschaftler interessieren sich dafür, weil Sprache und andere Repräsentationsformen Realität erzeugen. Wissen und soziale Realität sind eng verknüpft, Bedeutung ist sozial konstruiert und hat praktische Konsequenzen, auch wenn sie nicht hinterfragt wird
Diskursanalyse - Forschungsfragen
Frage: Für welche Arten von Forschungsfragen eignet sich eine Diskursanalyse?
Eine Diskursanalyse eignet sich, um zu fragen:
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Was ist ein Diskurs? Was eine Diskursanalyse?
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Für welche Arten von Fragen eignet sich eine Diskursanalyse?
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Wie hat sich ein Konzept über die Zeit verändert und welche policy-Änderungen haben diese Veränderungen “angemessen” oder “normal” erscheinen lassen?
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Wie und warum hat sich der Diskurs zu einem bestimmten Thema über die Zeit verändert und welche praktischen Konsequenzen hat dies?
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Wie wird ein Phänomen konstruiert (z.B. in politischen Karikaturen oder Boulevardzeitungen)?
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Welche Gegenmaßnahmen erscheinen durch bestimmte Konstruktionen eines Phänomens angemessen, nützlich oder logisch?
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Warum wurde ein Text oder ein Konzept so erfolgreich?
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Rekonstruktion alternativer Konstruktionen, die sich nicht durchgesetzt haben
Ethnographie - Was zeichnet sie aus?
Frage: Was zeichnet ethnographische Forschung aus?
Sie ist eine Form der Erkenntnisgewinnung, die auf dichter Beschreibung beruht.
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Das empirische Herzstück ist die Beobachtung.
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Sie stützt sich auf teilnehmende Beobachtung, Interviews und Artefaktanalyse.
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Sie ist darauf ausgerichtet, die gelebten Realitäten, Erfahrungen und Perspektiven der Praktiker ernst zu nehmen.
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Sie beinhaltet oft das “DIY”-Prinzip (“Do it yourself”), was bedeutet, die Phänomene räumlich und zeitlich nah zu erleben.
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Sie erfordert die Bereitschaft, Überraschungen aufzugreifen und das eigene Forschungsdesign zu überdenken.
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Das Ziel ist, ein Verständnis der Methodik zu gewinnen und die historischen Entwicklungen zu schätzen.
Ethnographie - De-Naturalisierung
Frage: Was bedeutet “De-Naturalisierung” in der Ethnographie?
De-Naturalisierung ist die Fähigkeit, vertraute Dinge fremd zu sehen und die eigene Perspektive auf das zu ändern, was als natürlich oder selbstverständlich angesehen wird. Dies hilft, die soziale Konstruktion der Realität zu dekonstruieren und zu verstehen, was als normal angesehen wird.
Qualitätskriterien qualitativer Forschung
Frage: Nennen Sie vier zentrale Qualitätskriterien für qualitative Forschung laut den Quellen.
Rich rigor (Reichhaltige Strenge): Überzeugende theoretische Konzepte, ausreichende Zeit im Feld, sinnvolle Kontexte/Samples, sorgfältige Datenerhebung/Analyse.
2.
Sincerity (Aufrichtigkeit): Selbstreflexivität des Forschenden bezüglich Werte/Neigungen, Transparenz bezüglich Methoden/Herausforderungen.
3.
Credibility (Glaubwürdigkeit): Dichte Beschreibung, Kristallisation (statt Triangulation), Multivokalität, Reflexion mit Mitgliedern (statt Überprüfung).
4.
Meaningful coherence (Schlüssigkeit des Gesamtproduktes): Studie erreicht, was sie vorgibt; Methoden überzeugend umgesetzt; Elemente bilden kohärentes Ganzes (Forschungsfrage/ziel, Theorien, Methoden, Empirie, Ergebnisse)
Kombination qualitativer Methoden
Frage: Können qualitative Methoden kombiniert werden und was ist dabei zu beachten?
a, verschiedene qualitative Methoden können kombiniert werden, beispielsweise als Teil von “multi-method” Designs. Es wird empfohlen, die verschiedenen Analysetechniken nicht miteinander zu vermischen, sondern sequenziell und getrennt einzusetzen. Die Prozessanalyse eignet sich oft als nachfolgender zweiter Schritt zur Ergänzung der fallvergleichenden Kausalanalyse oder der Kongruenzanalyse
Qualitative Methoden: Grundunterscheidungen
Interpretative (verstehende) Methode, was ist Ziel, Fokus, Grundannahme und Ansätze
Ziel: Nachvollzug von Bedeutung (und des Prozesses ihrer Genese)
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Fokus: Soziale Regeln / Bedeutungen, die Praktiken anleiten (“Gründe”, “sozialer Sinn”)
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Grundannahme: Die soziale Welt besteht aus ‘Spielen’ oder ‘Systemen’. Bedeutung ist nicht objektiv gegeben, sondern das Produkt sozialer Konstruktion.
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Ansätze: Ethnographie, Diskursanalys
Positivistische (erklärende) Methoden; Was ist ziel, Fokus, Grundannahme, Ansätze
Ziel: Nachweis von Ursache und Wirkung
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Fokus: Suche nach gesetzesartigen Regelmässigkeiten (“Ursachen”)
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Grundannahme: Die soziale Welt besteht aus ‘Systemen’.
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Ansätze: Fallvergleichende Kausalanalyse, (Kausale) Prozessanalyse, Kongruenzanalyse
Fallvergleichende Kausalanalyse (Kovarianzanalyse)
Grundbegriffe
X-zentriert / Y-zentriert
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Variablen (Unabhängige, Abhängige, Kontrollvariablen)
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Hypothesen (deterministische vs. probabilistische, notwendige vs. hinreichende Bedingungen)
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Mill’s Method of Difference / Most Similar Systems Design
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Mill’s Method of Agreement / Most Different Systems Design
Fallvergleichende Kausalanalyse (Kovarianzanalyse) - Forschungsziele
Herauszufinden, ob ein ganz bestimmter Faktor eine bestimmte Wirkung besitzt.
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Typische Frage: “Macht X einen Unterschied (für Y)?” oder “Führt der Kausalfaktor X zum erwarteten Effekt Y?”.
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Genutzt für: Theorietests in der Grundlagenforschung, Evaluationen in der angewandten Forschung
Fallvergleichende Kausalanalyse (Kovarianzanalyse) -Grundannahmen
Orientiert sich an der experimentellen Methode und einem kontrafaktischen Begriff der Kausalität.
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Stützt sich auf ein deterministisches (vs. probabilistisches) Verständnis von Kausalität.
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Nimmt an, dass unabhängige Variablen jeweils autonom (vs. konfigurativ) wirken.
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Geht davon aus, dass alle relevanten Kontrollvariablen abgedeckt sind (-> omitted variable bias)
Fallvergleichende Kausalanalyse (Kovarinazanalyse) Fallauswahl
Maximierung der Varianz der unabhängigen Variablen und Minimierung der Varianz der Kontrollvariablen.
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Zielt darauf ab, Fälle zu finden, die sich in Bezug auf Kontrollvariablen möglichst wenig unterscheiden, sich aber hinsichtlich der unabhängigen Variable unterscheiden.