Rechtsquellen des Unionsrechts Flashcards

1
Q

In welche Hauptkategorien lässt sich das Unionsrecht unterteilen? Worin besteht der Unterschied?

A
  • Primäres Unionsrecht
  • Sekundäres Unionsrecht
    Sekundäres Unionsrecht ist (vom primären Unionsrecht) abgeleitetes Recht.
  • Hinzu kommen die von der EU abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge
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2
Q

Woraus setzt sich das primäre Unionsrecht zusammen?

A
  • Verträge zur Gründung der EG und der EU sowie die Beitritts- und Änderungsverträge
    • EUV
    • AEUV
    • EAGV
    • GRC
    • Die den Verträgen angefügten Anhänge und Protokolle (EUV 51) sowie Erklärungen
    • Gewisse Beschlüsse des Rats, welche gem. ausdrücklicher Bestimmung in den Verträgen der Ratifizierung durch die MS bedürfen (Bsp.: Direktwahlbeschluss von 1976)
  • Gewisse Prinzipien zur Sicherung des Unionsrechts, die der EuGH entwickelt hat:
    • Allgemeine Treuepflicht (explizit in EUV 4 III)
    • Effet utile (praktische Wirksamkeit)
    • Vorrang & unmittelbare Anwendbarkeit von Unionsrecht
  • Gewisse vom EuGH entwickelte allgemeine Rechtsgrundsätze (bspw. derjenige des Vertrauensschutzes, EuGH, Sofrimport, 1990)
  • Gewohnheitsrecht (bspw. die Zulassung von Staatssekretären als Vertreter der MS im Rat)
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3
Q

Wie ist die Stellung von völkerrechtlichen Verträgen der Union in der Normenhierarchie? Welche Wirkung haben völkerrechtliche Verträge im Rahmen der Union?

A
  • Völkerrechtliche Verträge stehen zwischen primärem und sekundärem Unionsrecht (AEUV 216 II)
  • Bestätigt vom EuGH (EuGH, Internationale Übereinkunft über Milcherzeugnisse, 1996)
  • Damit gehen sie dem Recht der MS sowie sekundärem Unionsrecht vor, nicht jedoch primärem Unionsrecht
  • Völkerrechtliche Verträge gelten (wie Primär- und Sekundärrecht) unmittelbar und sind unmittelbar anwendbar (EuGH, Kupferberg, 1982), sofern
    • der fragliche Vertrag mit Blick auf seine Art und Struktur einer direkte Anwendbarkeit nicht entgegensteht;
    • und die betr. Norm self-executing (=justiziabel) ist
      D.h. sie muss inhaltlich hinreichend bestimmt und unbedingt formuliert sein, damit sie von einer mitglied- staatlichen oder unionalen Behörde im Einzelfall angewendet werden kann, ohne dass es zwingend weiterer Umsetzungsmassnahmen bedarf.
  • Andernfalls bedürfen sie einer Umsetzung in das Unionsrecht)
  • Wichtige Ausnahmen:
    • WTO-Verträge (vgl. EuGH, Portugal/Rat)
    • Seerechtsübereinkommen
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4
Q

Wo ist das Verfahren zur Änderung der Verträge geregelt?

A

Vgl. EUV 48

  • Ordentliches Änderungsverfahren: EUV 48 II ff.
  • Vereinfachtes Änderungsverfahren: EUV 48 VI ff.
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5
Q

Wie ist die Wirkung von primärem Unionsrecht?

A
  • Sofern genügend bestimmt (= self-executing): Unionsrecht begründet unmittelbar Rechte und Pflichten der Unionsbürger gegenüber Behörden und Gerichten (EuGH, van Gend & Loos, 1963)
  • Hinreichend bestimmtes Primärrecht kann unmittelbare Drittwirkung entfalten (EuGH, Defrenne II, 1976)
  • Unmittelbare Drittwirkung auch anerkannt für gewisse Bereiche der Grundfreiheiten (EuGH, Bosman, 1995)
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6
Q

Wo sind die Handlungsformen der Union für die Ausübung ihrer vertraglich vorgesehenen Zuständigkeiten geregelt? Um welche handelt es sich? Welche davon ergehen in generell-abstrakter Form?

A

AEUV 288

  • Verordnungen
  • Richtlinien
  • Beschlüsse
  • Empfehlungen
  • Stellungnahmen

Generell-abstrakt sind lediglich Verordnungen und Richtlinien (sie bilden damit das sekundäre Unionsrecht).

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7
Q

Wie lassen sich die Handlungsformen der Unionsorgane schematisch darstellen?

A
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8
Q

In welcher Form ist ein bestimmter Rechtsakt zu erlassen?

A
  • Häufig in der Verträgen festgelegt
    Auch in dieser Hinsicht gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, die Organe müssen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und in den vorgesehenen Formen handeln.
  • Wo nicht durch die Verträge bestimmt: Organe entscheiden selbst unter Berücksichtigung des Verfahrensrechts und des Verhältnismässigkeitsprinzips (AEUV 296 I)
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9
Q

Was verlangt das Subsidiaritätsprinzip und in welchen Fällen muss es berücksichtigt werden?

A
  • In Bereichen, die nicht in die ausschliessliche Zuständigkeit der Union fallen, ist das Subsidiaritätsprinzip gem. EUV 5 I und III als Kompetenzausübungsschranke zu berücksichtigen:
  • EUV 5 III: Die Union darf nur tätig werden, soweit die Ziele der in Betracht gezogenen Massnahmen von den MS nicht ausreichend verwirklicht werden können und auf der Unionsebene besser zu verwirklichen sind.
  • Dies kann im Einzelfall auch heissen, dass Richtlinien anstatt Verordnungen zu erlassen sind
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10
Q

Welche Rechtsakte werden mitunter als tertiäres Unionsrecht bezeichnet? Wo sind sie geregelt? Was ist in Bezug auf den Rechtsschutz bemerkenswert?

A

Rechtsakte ohne Gesetzescharakter:

  • Delegierte Rechtsakte (AEUV 290)
    Der Kommission kann in Gesetzgebungsakten die Befugnis übertragen werden, Rechtsakte ohne Gesetzescharakter mit allgemeiner Geltung zu erlassen, mit welchen nicht wesentliche Vorschriften der betreffenden Richtlinie ergänzt oder geändert werden.
  • Durchführungsrechtsakte (AEUV 291)
    Dienen dem einheitlichen Vollzug in den MS.

In Zusammenhang mit dem Rechtsschutz werden solche Rechtsakte als Rechtsakte mit Verordnungscharakter i.S.v. AEUV 263 IV bezeichnet.

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11
Q

Was ist eine Verordnung i.S.v. AEUV 288 II?

A
  • Verordnungen sind verbindliche, generell-abstrakte Regelungen der Unionsorgange
  • Sie sind ohne formelle Umsetzung in das nationale Recht ab dem Datum des Inkrafttretens unmittelbar auf die Bürgerinnen und Bürger der MS anzuwenden (AEUV 288 II)
  • Verordnung sind das effizenteste Mittel der Rechtsvereinheitlichung
  • Die Verordnung entfaltet auch Drittwirkung
    Sie kann damit kraft ihrer unmittelbaren Geltung in den MS auch zwischen Einezlpersonen Rechte gewähren und Pflichten auferlegen.
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12
Q

Was sind Richtlinien i.S.v. AEUV 288 III?

A
  • Richtlinien sind rechtsverbindliche, generell-abstraktre Regelungen
  • Sie richten sich an die MS
  • Nicht* (wie Verordnungen) unmittelbar an die Bürger, Gerichts- und Verwaltungsbehörden.
  • Sie statuieren verbindlich die Ziele, welche die MS durch Anpassung des innerstaatlichen Rechts verfolgen sollen, lassen ihnen jedoch die Wahlfreiheit über die Mittel zur Erreichung dieser Ziele
  • Richtlinen enthalten jeweils eine Frist, innert derer die Umsetzung erfolgt sein muss
  • Sie dienen der Harmonisierung des Rechts der MS
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13
Q

Was ist bei der Umsetzung einer Richtlinie durch die MS zu beachten?

A
  • Die praktische Wirksamkeit (effet utile) muss gewährleistet sein
  • Die Richtlinie muss in einem verbindlichen, formellen, innerstaatlichen Rechtsakt (kann auch eine Verordnung oder ein bestehendes Gesetz sein) umgesetzt werden, Berücksichtigung lediglich im Rahmen der Rechtsanwendung genügt nicht
  • Verwaltungsverordnungen genügen nicht (EuGH, TA Luft, 1991)
  • Bestehende widersprechende Regelungen sind formell aufzuheben und neue dürfen (auch bei noch bestehender Umsetzungsfrist der Richtlinie) nicht erlassen werden (EuGH, Wallonie, 1997)
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14
Q

Wie kann bei einer Nichtumsetzung von Richtlinien durch MS vorgegangen werden?

A
  • Die Nichtumsetzung von Richtlinien durch MS stellt eine Rechtsverletzung dar
  • Sie kann von der Kommission auf dem Weg eines Vertragsverletzungsverfahrens verfolgt werden (AEUV 258-260)
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15
Q

Unter welchen Voraussetzungen können Richtlinien unmittelbare Wirkungen entfalten? Wozu dient diese Ausnahme?

A
  • Ausnahmsweise sind Richtlinien von den nationalen Behörden anzunwenden und Private können sich direkt darauf berufen (z.B. EuGH, Becker, 1982)
    • Sie wirken aber grds. nur zugunsten von Privaten, nicht zu deren Lasten
    • Unmittelbarke Wirkung von Richtlinien unter Privaten wird (wurde) verneint (EuGH, FAccini Dori, 1994)
    • In neuerer Zeit etwas relativiert (z.B. EuGH, Unilever Italia, 2000)
  • Voraussetzungen (kumulativ):
    • Richtlinie ist nicht fristgerecht und korrekt in das innerstaatliche Recht umgesetzt worden
    • Die entsprechenden Bestimmungen sind genügend bestimmt und unbedingt
    • Sie räumen Bürgern Rechte ggü. dem Staat ein
  • Die unmittelbare Wirkung von Richtlinien kann als Sanktion gegen den betreffenden MS verstanden werden und soll der Sicherstellung der praktischen Wirksamkeit (effet utile) dienen
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16
Q

Was geschieht, wenn Richtlinien, die nicht rechtzeitig und korrekt in das innerstaatliche Recht umgesetzt worden sind, nicht unmittelbar angewendet werden können?

A

Es besteht allenfalls ein Schadenersatzanspruch gegen den säumigen MS (vgl. EuGH, Francovich, 1991).

17
Q

Was sind Beschlüsse i.S.v. AEUV 288 IV? Von wem werden sie vor allem erlassen? An wen richten sich Beschlüsse i.d.R.?

A
  • Individuell-konkrete Anordnungen mit rechtsverbindlichen Wirkungen für die Adressaten
  • Sie werden vorwiegend von der Kommission erlassen (etwa im Bereich Wettbewerbs- oder Kartellrecht ist diese Handlungsform häufig)
  • Beschlüsse richten sich i.d.R. an Private, manchmal auch an MS
    An Private gerichtete Beschlüsse sind mit innerstaatlichen Verfügungen vergleichbar.
18
Q

Was sind Empfehlungen und Stellungnahmen i.S.v. AEUV 288 V?

A
  • Äusserungen der Unionsorgane ohne oder höchstens mit beschränkter Verbindlichkeit
  • Es handelt sich somit nicht um Rechtsakte und damit auch nicht um Rechtsquellen, allenfalls können Empfehlungen und Stellungnahmen aber als Materialien bei der Auslegung von Unionsrecht Berücksichtigung finden