10/13 (Deliktsrecht III: Haftung mehrerer, Gefährdungshaftung, ProdH, TierhalterH, Unterlassungs- und BeseitigungsA) Flashcards

1
Q

Produkthaftung: § 823: Beweislastumkehr

A
  • Geschädigter muss nur darlegen und beweisen, dass die Rechtsgutsverletzung durch einen Produktfehler verursacht wurde; der Hersteller hat dann nachzuweisen, dass ihm kein Verschulden zur Last fällt
  • > pro: Gefahrbereichslehre (Kunde hat idR keine Einsichtsmöglichkeit in Betrieb)
  • > pro: gerechte Verteilung des wirtschaftlichen Risikos bei unaufklärbaren Umständen
  • > pro: Rechtsgedanke der §§ 831-836, § 280 I S. 2 BGB
  • bei Konstruktions- und Fabrikationsfehlern: Be-weislastumkehr auch auf die objektive Pflichtwidrigkeit (Hersteller muss also auch noch den Beweis führen, dass er bei der Konstruktion und Herstellung des Produkts keine Verkehrspflicht verletzt hat)
  • bei Instruktionsfehler: Geschädigter muss beweisen, dass Warnung hätte erfolgen müssen; Hersteller muss beweisen, dass dies für ihn nicht erkennbar war (BGH, MüKo)
  • zusätzlich: ordnungsgemäße Organisation des Betriebs (Hersteller muss also den Nachweis erbringen, dass er selbst oder ein Organ seines Unternehmens (§ 31) bei der Organisation und Überwachung der betrieblichen Abläufe alle erforderlichen Maßnahmen getroffen hat, damit fehlerhafte Produkte erst gar nicht in den Verkehr gelangen)
  • Befundsicherungspflicht (Hersteller hat beim In-Verkehr-Bringen den Zustand seiner Produkte zu ermitteln und die erhobenen Daten zu sichern): verstößt er gegen diese, so kann er sich nach Treu und Glauben nicht darauf berufen, dass der Fehler möglicherweise erst nach In-Verkehr-Bringen entstanden sei. Die Beweislastumkehr gilt aber nur, wenn das Produkt eine besondere Schadenstendenz aufweist und der Fehler typischerweise aus dem Verantwortungsbereich des Herstellers stammt.
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2
Q

Produkthaftung: § 823: Fallgruppen

A
  • Konstruktionsfehler (wenn das Produkt schon nach seiner Konzeption nicht den berechtigten Sicherheitserwartungen eines durchschnittlichen Benutzers entspricht)
  • > Entlastung: Entwicklungsfehler (wenn der Fehler beim In-Verkehr- Bringen des Produkts nach dem damaligen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkennbar war), jedoch Produktbeobachtungsfehler möglich
  • Fabrikationsfehler (wenn es bei der Herstellung einzelner Stücke zu einer planwidrigen Abweichung von der bei der Konzeption des Produkts zugrunde gelegten Beschaffenheit kommt)
  • > (-) bei “Ausreißern” (hier jedoch Haftung gem. § 1 ProdHG denkbar)
  • Instruktionsfehler (Hersteller hat die Benutzer nicht nur auf die mit dem bestimmungsgemäßen Gebrauch des Produkts verbundenen Risiken hinzuweisen, sondern auch auf solche Gefahren, die sich aus einem nahe liegenden (aber nicht vorsätzlichen) Fehlgebrauch oder dem allzu sorglosen Umgang mit dem Produkt ergeben)
  • Produktbeobachtungsfehler (Hersteller hat zu achten, ob sich bei der praktischen Verwendung des Produktes Risiken zeigen, die eine Warnung der Benutzer oder sogar einen Rückruf des Produkts erforderlich machen)
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3
Q

Produkthaftung: ProdHG: Charakteristik

A
  • vor Deliktsrecht zu prüfen
  • § 1 I ProdHG als eigenständige AGL
  • verschuldensunabhängige Haftung
  • idR nicht für Weiterfresser-Mängel (“andere Sache” muss vorliegen)
  • Fehler wie bei Produkthaftung nach § 823 I, ausgenommen Produktbeobachtungsfehler (s. § 3 I lit. c ProdHG: nur Zeitpunkt des Inverkehrbringens)
  • Konkretisierung der Verkehrspflichten für § 823 I
  • Einzelne Vorschriften als Schutzgesetze des § 823 II
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4
Q

Produkthaftung: AMG: Charakteristik

A
  • AMG als lex specialis zum ProdHG
  • § 84 AMG als verschuldensunabhängige Haftung
  • objektive Einstandspflicht für die Verletzung von Verkehrspflichten
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5
Q

§ 833: Tier P: Mikroorganismen als Tiere

A
  • Entscheidung nach allgemeinem Sprachgebrauch
  • > Mikroorganismen (Viren, Bakterien)?
  • -> Wortlaut: Unentschieden
  • -> Telos: § 833 S. 1 soll vor äußeren Beeinträchtigungen schützen, die gerade aus der Unberechenbarkeit des Tieres resultieren -> (-)
  • -> Systematik: für gentechnisch veränderte Organismen: § 32 GenTG (Gefährdungshaftung)
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6
Q

§ 833: Kausalität und Schutzzweckzusammenhang

A
  1. Äquivalenzformel
  2. Realisierung der spezifischen Tiergefahr, vor der § 833 S. 1 schützen soll
    - > Schaden beruht auf unberechenbarem, selbstständigem Verhalten des Tieres (Durchgehen, Ausbrechen, Kratzen, Ausschlagen, In-den-Weg-Stellen/-Legen)
    - > (-), wenn das Tier ausschließlich dem Willen und der Leitung einer Person folgt
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7
Q

§ 833: Halter

A

= wer willentlich und im eigenen Interesse die tatsächliche Herrschaft über das Tier ausübt
-> Eigentumslage unerheblich, auch Dieb kann Halter sein

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8
Q

§ 833: Exkulpationsmöglichkeit gem. § 833 S. 2

A
  1. Haustier/Luxustier
    - > nur zahme Tiere (Hund, Katze, Rind, Schwein)
    - > gezähmte Tiere (zB Tiger, Löwen, Wölfe) auch dann (-), wenn sie zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken (zB im Zirkus) gehalten werden
  2. Nutztier
    - > Abgrenzung zu den Luxustieren anhand der hauptsächlichen Zweckbestimmung
    - > vgl. Kriterien in § 833 S. 2 (ein Haustier, das dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters (Gewinnerzielung) zu dienen bestimmt ist)
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9
Q

§ 834: Haftung des Tieraufsehers

A
  • vglbar §§ 831 II, 832 II, 838
    1. Wirksamer Vertrag (bei bloßer Gefälligkeit (-))
    2. Gewisse Selbstständigkeit (bei Stallknechten oder angestelltem Reitlehrer (-))
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10
Q

§ 830: Mittäterschaft und Teilnahme (§ 830 I 1, II)

A
  • echte AGL
  • Mittäterschaft: erforderlich ist - analog dem Strafrecht - ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken zwischen den Tätern, wobei die unerlaubte Handlung allerdings nicht den Tatbestand eines Strafgesetzes zu erfüllen braucht
  • Teilnahme: Anstifter und Gehilfen im Sinne des StGB
    => mangels unterschiedlicher Rechtsfolgen ist eine Abgrenzung zwischen Mittäterschaft und Teilnahme hier entbehrlich
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11
Q

§ 830: Beteiligung (§ 830 I 2)

A

= mehrere Personen nehmen unabhängig voneinander eine Handlung vor, die zur Herbeiführung des Schadens geeignet ist
-> lässt sich im Nachhinein nicht feststellen, welche Handlung den Schaden tatsächlich verursacht hat, sind alle Beteiligten nach § 830 I 2 für den Schaden verantwortlich und haften gem. § 840 I als Gesamtschuldner

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12
Q

P: Beteiligter iSd § 830 I 2

A
  • nicht im strafrechtlichen Sinne: bereits in § 830 I 1, II geregelt
  • > daher keine subjektive Beziehung erforderlich
  • objektive Beziehung: Handlungen bilden in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht untereinander und mit der Schädigung einen einheitlichen Vorgang
  • > eA: »praktische Anschauung des täglichen Lebens« oder »Gleichartigkeit der Gefährdung«
    con: sehr unscharf
  • > aA: Eignung der Handlung zur Herbeiführung des konkreten Schadens
    pro: konkreter
    pro: Schutzbedürfnis des Geschädigten umfassend als Telos zu berücksichtigen
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13
Q

Diff: Nebentäterschaft vs. Beteiligung

A

Kumulative vs. alternative Kausalität

  • > § 830 I 2 stellt lediglich eine Beweislastumkehr hinsichtlich der Kausalität dar
  • > bei (fahrlässiger) Nebentäterschaft: allgemeine Zurechnungsregeln -> jeder haftet für den gesamten Schaden, wenn sein Verhalten den gesamten Schaden verursacht hat, andernfalls für den (feststellbaren) Teil des Schadens, den er individuell verursacht hat
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14
Q

§ 830: weitere Anwendungsfälle des § 830 I 2 (analog)

A
  • da § 830 I 2 keine subjektiven Elemente enthält:
  • > Gefährdungshaftung
  • > vertragliche SEA wegen Schutzpflichtverletzungen (§§ 280 I, 241 II)
    pro: Nähe zu deliktischer Regelung
  • BGH: wendet unter Prüfung der Voraussetzungen des § 830 den Rechtsgedanken der Norm als Beweislastregel auf vertraglichen SEA an, um über Kausalitätszweifel zwischen pflichtwidrigem Verhalten (§ 241 II) und Schaden hinwegzukommen
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15
Q

§ 840: Charakteristik

A
  • keine eigenständige AGL
  • Außenverhältnis: § 840 I -> gesamtschuldnerische Haftung nach §§ 421 ff.: Geschädigter kann jeden Schädiger nach seiner Wahl auf Ersatz des gesamten Schadens in Anspruch nehmen, wobei der Ersatz aber nur einmal geleistet werden muss
  • gilt nicht nur für die deliktsrechtliche Verschuldenshaftung, sondern auch für die Gefährdungshaftung
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16
Q

§ 840: Innenverhältnis: Allgemein

A
  • Grds:
    -> Dem in Anspruch genommenen Schädiger steht ein Regressanspruch nach § 426 I, II gegen die anderen Schädiger zu
    -> § 426 I: zu gleichen Teilen => im Deliktsrecht: Rechtsgedanke des § 254, wonach jeder Schädiger
    nach dem Gewicht seiner Verursachungsbeiträge und dem Maß seines Verschuldens für den Schaden einstehen muss -> §§ 840 II, III, 841: Sonderregelungen, die der Anknüpfung an den Rechtsgedanken des § 254 vorgehen
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17
Q

§ 840: Innenverhältnis: Verrichtungsgehilfe

A
  1. Der gem. § 831 in Anspruch genommene Geschäftsherr kann bei dem nach §§ 823 ff. verantwortlichen Verrichtungsgehilfen gem. § 840 II in vollem Umfang Regress nehmen
  2. bei Arbeitsverhältnissen gehen die Grundsätze über den innerbetrieblichen Schadensausgleich aber vor -> meist muss Geschäftsherr (Arbeitgeber) allein für den Schaden einstehen
  3. Grundgedanke des § 840 II, III trifft nicht zu, wenn der mittelbare Schädiger (zB der Geschäftsherr) aufgrund nachgewiesenen eigenen Verschuldens für den Schaden verantwortlich ist => teleologische Reduktion
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18
Q

P: § 840: Mitverschulden des Geschädigten im Verhältnis zu mehreren Schädigern

A
  1. Wenn Mittäter/Teilnehmer-Konstellation: Beitrag wird als eine Einheit betrachtet, die mit dem Beitrag des Geschädigten verrechnet wird
  2. Wenn Nebentäter-Konstellation:
    - > hM: Kombination von Gesamt- und Einzelabwägungen
    con: auch Nebentäter sind nach allgemeinen Regeln für den gesamten Schaden verantwortlich
    - > mM (Lit): Lösung wie bei Mittäter/Teilnehmer
19
Q

Quasinegatorischer Anspruch: Charakteristik

A
  • Gesamtanalogie von § 1004 (auch: § 12: Namensrecht und § 862: Besitz)
  • Erweiterung des effektiven Rechtsschutzes vom Rechtsgut Eigentum auf andere, gem. § 823 I (und II sowie 824) geschützten Rechtsgüter
  • Kein Verschulden erforderlich
20
Q

Quasinegatorischer Anspruch: Unterlassungsanspruch gem. § 1004 I 2 analog: Tatbestand

A

Wie Beseitigungsanspruch, jedoch statt “2. Fortdauernde Beeinträchtigung”:

a) Wiederholungsgefahr: Beeinträchtigung bereits eingetreten und weitere Beeinträchtigungen sind zu erwarten

oder

b) Erstbegehungsgefahr: wenn konkrete Tatsachen vorliegen, die die Annahme einer Beeinträchtigung vermuten lassen
pro: nicht zumutbar, auf RGVerletzung oder gar Wiederholungsgefahr zu warten (effektiver RS)

21
Q

Quasinegatorischer Anspruch: Beseitigungsanspruch gem. § 1004 I 1 analog: Handlungsstörer vs. Zustandsstörer

A
  • Handlungsstörer:
    a) unmittelbar: wer die Beeinträchtigung selbst durch eigenes Verhalten – positives Tun oder pflichtwidriges Unterlassen* – in objektiv zurechenbarer Weise herbei- geführt hat
    b) mittelbar: wer die Beeinträchtigung durch einen anderen in irgendeiner adäquaten Weise durch seine Willensbetätigung verursacht und in der Lage ist, die unmittelbar auftretende Störung zu verhindern
  • Zustandsstörer: wer zwar nicht selbst gehandelt hat, aber die Quelle der Störung beherrscht, sodass von seinem Willen die Beseitigung der Beeinträchtigung maßgeblich abhängt
  • > wertende Betrachtung
  • Eingrenzung der weiten (verschuldensunabhängigen!) Haftung: Möglichkeit und Zumutbarkeit der Erfolgsabwendung
22
Q

P: Quasinegatorischer Anspruch: Beseitigungsanspruch gem. § 1004 I 1 analog: Abgrenzung zum SE

A
  • hL: Anspruch aus § 1004 I 1 (analog) ist auf die Rückgängigmachung der störenden Handlung – durch Vornahme des actus contrarius – bzw. die Beseitigung der primären Störungsquelle zu beschränken; weitere Folgen der Störung: §§ 823 ff.
    pro: Eindämmung der Gefahr, dass § 1004 analog zum verschuldensunabhängigen SEA wird
  • BGH/hM: Wiederbenutzbarkeitstheorie: umfasst sind auch Begleitschäden, die zwangsläufig durch die Beseitigung der primären Störung entstehen (bspw. nicht nur das Abtragen und Entsorgen verunreinigten Erdreichs, sondern auch die anschließende Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands des beeinträchtigten Grundstücks)
  • > aber: Mitverschulden des anderen und Abzug “Neu für Alt” (Vorteilsausgleichung) möglich (§ 254 analog)

s. auch entsprechende KK im Sachenrecht!

23
Q

Gefährdungshaftung: Legitimation

A
  • Gefahrveranlassung und Gefahrbeherrschung: ausgleichende Gerechtigkeit, dass derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder beherrscht und daraus einen wirtschaftlichen Nutzen zieht, für die damit verbundenen Schäden aufzukommen hat
  • Preis für das erlaubte Risiko
  • Versicherbarkeit des Risikos: einfacher für den, der es schafft
    => Enumerationsprinzip (keine generelle Analogiefähigkeit)
24
Q

Gefährdungshaftung: Rechtswidrigkeit

A
  • Abstrakte Gefahr ist gerade nicht rechtswidrig, sondern erlaubt
  • jedoch: Abwehrrechte des Betroffenen, wenn sich Gefahr als konkrete Gefahr manifestiert
  • hat der Betroffene die Rechtsgutverletzung zu dulden (bspw. § 906 II 1), steht ihm kein SEA aus Gefährdungshaftung zu (ggf. aber Aufopferungsanspruch gem. § 906 II 2)
  • kommt neben der abstrakten Gefahr noch zusätzlich ein rechtswidriges Verhalten in Betracht, so ist neben Gefährdungshaftung auch Verschuldenshaftung zu prüfen
25
Q

Gefährdungshaftung: Zurechnungszusammenhang (vgl. § 823 I)

A
  • in dem Schaden muss sich gerade diejenige Gefahr verwirklicht haben, vor welcher der Tatbestand schützen soll
  • Pflichtiger nur für solche Schäden einstehen müssen, die aus der von ihm geschaffenen »besonderen Gefahr« resultieren
26
Q

Gefährdungshaftung: § 7 StVG: Sachbeschädigung

A
  • Sachschaden grds. (+), jedoch nicht am betriebenen Kfz*
  • reine Vermögensschäden (-)
  • auch Besitz (+) -> § 7 I StVG stellt gerade nicht auf die Verletzung des “Eigentums”, sonder auf die “Beschädigung der Sache” ab
  • Halter/Eigentümer hat nur einen Anspruch aus Vertrag bzw. §§ 823 ff., da der Schutzzweck des §§ 18, 7 StVG nicht das Eigentum am Kfz selbst umfasst
27
Q

Gefährdungshaftung: § 7 StVG: Halter

A

= wer das Kraftfahrzeug auf eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt

  • > tatsächliches, nicht rechtliches Herrschaftsverhältnis
  • > Betriebskosten, nicht Eigentumsverhältnisse entscheidend (bspw. sind Bank bei einer Sicherungsübereignung oder Autohändler bei einem Leasingvertrag nicht Halter)
28
Q

Gefährdungshaftung: § 7 StVG: beim Betrieb eines Kfz

A
  1. In Betrieb (s. “P: Gefährdungshaftung: § 7 StVG: Betrieb eines Kfz”)
  2. Ursächlicher Zusammenhang
    - > Verwirklichung der durch den Betrieb des Kfz hervorgerufenen spezifischen Gefahr
    - > (-), wenn sich im Schaden ein eigenständiger Gefahrenkreis verwirklicht hat (bspw. Schweinepanikfall: Schweinetod durch Panik, die durch Türzuschlagen erfolgte)
29
Q

P: Gefährdungshaftung: § 7 StVG: Betrieb eines Kfz

A
  • hM: verkehrstechnische Auffassung: wenn Kfz im öffentlichen Verkehrsbereich bewegt wird oder in verkehrsbeeinflussender Weise ruht
    pro: es kommt allein darauf an, ob von dem Fahrzeug eine erhöhte Gefahr ausgeht (auch (+), wenn das Fahrzeug be- oder entladen wird, auf der Straße liegen bleibt oder abgeschleppt wird)
  • > BGH: entscheidend, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Kfz steht
  • aA: maschinentechnische Auffassung: Motorkraft muss für den Schaden relevant sein
30
Q

P: Gefährdungshaftung: § 7 StVG: Höhere Gewalt

A

Das Ereignis muss

(1) von außen kommen,
(2) außergewöhnlich und unvorhersehbar sein und
(3) auch durch äußerste Sorgfalt nicht verhütet werden können

(-) insbesondere bei auf die Straße laufenden Kindern

31
Q

Systematik der Tierhalterhaftung (§ 833f.)

A
  • § 833 S. 1: Haftung des Tierhalters für Luxustiere: echte Gefährdungshaftung
  • § 833 S. 2: Haftung des Tierhalters für Nutztiere: Haftung für vermutetes Verschulden
  • § 834: Haftung des Tieraufsehers für jedwede Tierart für vermutetes Verschulden
32
Q

Tierhalterhaftung: Handeln auf eigene Gefahr

A
  • idR als spezielle Ausprägung des Mitverschuldens anzusehen (§ 254)
  • Rspr: kompletter Haftungsausschluss insbesondere in Ansehen der Gefährdungshaftung restriktiv anzuwenden, aber gegeben, wenn
  • > der Geschädigte sich bewusst einer besonderen Gefahr aussetzt, die über die normalerweise mit der Nutzung oder der Nähe zu dem Tier verbundenen Gefahren hinausgeht
  • > umfassende Abwägung anhand der konkreten Umstände im Einzelfall
  • > insb. relevant bei Reitunfällen (über normale Nutzung hinaus: Zureiten, Fuchsjagd, Springen)
33
Q

P: § 840: gestörte Gesamtschuld

A

eA: Inanspruchnahme des nicht-privilegierten Schädigers

pro: aufgrund der Haftungsprivilegierung entsteht gar keine Gesamtschuldnerschaft
con: bei vertraglichen Haftungsprivilegierungen handelt es sich um einen unzulässigen Vertrag zugunsten Dritter

  • aA (Rspr.): Gesamtschuldnerschaft wird fingiert, sodass der nicht-privilegierte Schädiger einen Ausgleichsanspruch gegen den privilegierten Schädiger hat
    pro: Unbilligkeit der kompletten Belastung des nicht-privilegierten Schädigers wird behoben
    con: privilegierter Schädiger steht schlechter da als wenn er allein geschädigt hätte
    con: Entwertung der Privilegierung des privilegierten Schädigers
  • wA: Regresszirkel, sodass man nach Konstruktion der aA auch dem privilegierten Schädiger einen Regressanspruch ggü dem Geschädigten zuspricht
    con: obwohl letzten Endes ein Anspruch des nicht-privilegierten Schädigers zulasten des Geschädigten besteht, trägt der nicht-privilegierte Schädiger das Insolvenzrisiko des privilegierten Schädigers
  • neA (hL): automatische Kürzung des Anspruches des Gläubigers um den fiktiven Anteil des privilegierten Schädigers (nach außen gewendetes Innenverhältnis -> kein Innenregress nötig)
    pro: Benachteiligung des Gläubigers legitimiert sich daraus, dass er durch die Privilegierung seine Rechtsstellung selbst entwertet hat
    -> auch bei gesetzlichen Haftungsprivilegierungen?
    pro: auch gesetzliche Haftungsprivilegierungen haben idR den Zweck, den Interessenskonflikt zwischen (privilegiertem) Schädiger und Gläubiger zu regeln (den Schädiger zu entlasten) und nicht, andere (nicht-privilegierte) Schädiger zu belasten
    con (BGH): § 1664 (diligentia quam in suis bei Familie) schützt die Familie als “Haftungs- und Schicksalsgemeinschaft”, sodass außenstehender Schädiger voll haftet
    -> Rückausnahme für Straßenverkehr, da hier kein Raum für individuelle Sorglosigkeit
34
Q

Prüfung: Haftung des Beteiligten, § 830 I S. 2 BGB

A

I. Tatbestand

  1. Keine Mittäterschaft oder Teilnahme (§ 830 Abs. 1 S.1, Abs.2), sondern Beteiligung i.S. des § 830 Abs. 1 S.2.
  2. Anspruchsbegründendes (tatbestandsmäßiges, rechtswidriges und schuldhaftes [deliktisches]) Verhalten jedes Beteiligten, abgesehen vom Nachweis der Kausalität*
  3. Einer der Beteiligten muss den Schaden erwiesenermaßen verursacht haben; keine Herbei- führung des Schadens durch einen Dritten und keine mögliche Herbeiführung durch den Geschädigten
  4. Urheber-oder Anteilszweifel: es ist nicht feststellbar, welcher von den Beteiligten den Schaden ganz (Urheberzweifel) oder teilweise (Anteilszweifel) verursacht hat

II. Rechtsfolge
Jeder der Beteiligten haftet für den gesamten Schaden

  • § 830 hilft nur über fehlenden Kausalitätsnachweis hinweg, nicht jedoch darüber, dass Beteiligter nicht gehandelt habe
  • > hM/BGH: eigenständige AGL
  • > mM: Beweisregel für §§ 823 ff.
35
Q

§ 840: Arbeitsrechtliche Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs: Schädigung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer

A
  • BAG: Haftung des Arbeitnehmers bei jeder arbeitsvertraglich übertragenen oder im Interesse des Arbeitgebers ausgeführten Arbeit beschränkt (§ 254)
    1. Vorsatz: Haftung in vollem Umfang
    2. Grobe Fahrlässigkeit: regelmäßig ebenfalls im vollen Umfang
  1. Mittlere Fahrlässigkeit: einzelfallbezogene Abwägung
    - > quotale Haftung möglich - Kriterien: Betriebsrisiko, Wert des geschädigten Wirtschaftsgutes, Organisationsverschulden, Versicherbarkeit des betroffenen Risikos auf Seiten des Arbeitgebers; auf Seiten des Arbeitnehmers Verschuldensgrad, Höhe der Arbeitsvergütung, Gefahrgeneigtheit der Arbeit
  2. Leichte Fahrlässigkeit: grds. keine Haftung
36
Q

§ 840: Arbeitsrechtliche Grundsätze des innerbetrieblichen Schadensausgleichs: Schädigung eines Dritten durch den Arbeitnehmer

A
  • Außenverhältnis: unbeschränkte Haftung ggü Dritten, ggf. als Gesamtschuldner mit Arbeitgeber
  • Innenverhältnis: Freistellungsanspruch ggü Arbeitgeber gem. § 670 iVm § 257 S. 1 BGB in der Höhe, in welcher der Arbeitgeber den Schaden hätte selbst tragen müssen, wenn der Geschädigte nicht ein Dritter, sondern der Arbeitgeber gewesen wäre
  • Haftungsbeschränkungen zwischen dem Dritten und dem Arbeitgeber entfalten Schutzwirkung zugunsten des Arbeitnehmers [würde Arbeitnehmer in Anspruch genommen, würde über dessen Freistellungsanspruch die Privilegierung des Arbeitgebers unterlaufen]
  • > wenn Arbeitnehmer Mitverschulden zu tragen hat: gestörte Gesamtschuld
37
Q

§§ 842-846: Besonderheiten bei Personenschäden (unmittelbar Geschädigter): Systematik

A
  • Grds. als lex specialis zu § 252 (Ausgestaltung des konkreten Ersatzes) -> keine Erweiterung des Haftungsumfanges über §§ 249 ff. hinaus!
    -> MüKo: §§ 842, 843 betreffen nur den haftungsausfüllenden Tatbestand und gehören systematisch in das allgemeine Schuldrecht
    [auch bei §§ 844, 845 muss ein haftungsausfüllender deliktischer Tatbestand mit den modifizierten Voraussetzungen der §§ 844, 845 vorliegen]

a) § 842: aktuelle Einkünfte (Erwerb) und künftige berufliche Entwicklung (Fortkommen)
b) § 843 I Alt. 1: Aufhebung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit
- > a) und b) oft zusammen zitiert
c) § 843 I Alt. 2: Vermehrung der Bedürfnisse (alle durch die Verletzung bedingten ständigen Mehraufwendungen für die persönliche Lebensführung)

38
Q

§§ 842-843: Besonderheiten bei Personenschäden (unmittelbar Geschädigter): Hausfrauentätigkeit

A
  • Beitrag zum Familienunterhalt (§§ 1360, 1601): wirt- schaftlich ins Gewicht fallende Arbeitsleistung, die mit der Erwerbstätigkeit (d. h. dem auf Erzielung von Gewinn zur Deckung des Lebensbedarfs gerichteten Arbeitseinsatz) vergleichbar ist
  • > Erwerbsschaden i. S. der §§ 842, 843 Abs. 1 Alt. 1 => Gleichwertigkeit anerkannt (stRspr)
  • Ausschluss, wenn Tätigkeit nur zur Befriedigung der persönlichen Bedürfnisse dient
39
Q

§§ 844-846: Besonderheiten bei Personenschäden (mittelbar Geschädigter): § 845

A
  • (+) bei Mitarbeitspflicht der Kinder, § 1619
  • (-) bei Haushaltstätigkeit eines Ehegatten: keine Dienstleistung; beruht auf Unterhaltspflicht (§§ 1356, 1360: Haushaltstätigkeit des Ehegatten ist ein Beitrag zum Unterhalt der Familie)
  • > § 844 II
40
Q

Prüfung: quasi-negatorischer Beseitigungsanspruch aus § 1004 I S. 1 analog

A

I. Tatbestand

  1. Verletzung der durch §§ 823 ff. geschützten Rechte und Rechtsgüter
  2. Fortdauernde Beeinträchtigung
  3. Rechtswidrigkeit – Keine Duldungspflicht, § 1004 Abs. 2 analog
  4. Verschulden nicht erforderlich
  5. Anspruchsgegner: Handlungs- oder Zustandsstörer

II. Rechtsfolge

  • > Beseitigung der fortdauernden Beeinträchtigung – kein Schadensausgleich
  • > P: Abgrenzung zum Schadensersatz

III. Weitere Ansprüche: neben §§ 823 ff. möglich (Naturalrestitution !)
-> bei Selbstbeseitigung: GoA, § 812 I S. 1 Alt. 2 denkbar

41
Q

Gefährdungshaftung: § 7 StVG: Bedeutung des § 17 StVG

A
  • § 17 StVG keine eigene AGL, sondern Regelung des Innenverhältnisses zwischen mehreren beteiligten Fahrzeugen
    -> § 17 I StVG: betrifft das Innenverhältnis zwischen mehreren Haltern, die einer nicht motorisierten Person kraft Gesetzes – unter Umständen aus unterschiedlichen Rechtsgründen – haften (als Gesamtschuldner)
    -> § 17 II StVG: betrifft den Fall der wechselseitigen Haftpflicht mehrerer Halter für die von ihnen selbst erlittenen Schäden, d. h. Haltereigenschaft und Rechtsgutträgerschaft müssen zusammenfallen
    –> eigene allgemeine Betriebsgefahr (§ 7 I StVG) hat auch anspruchsstellender Geschädigter zu tragen (idR 20 %)
    (Ausschluss aus Abs. 3 kann sowohl den Ausschluss eines etwaigen Anspruches aus § 7 I StVG gegen den Idealfahrer betreffen als auch die etwaige Kürzung des Anspruches des Idealfahrers selbst gem. § 254)
42
Q

Gefährdungshaftung: § 7 StVG: Prüfung

A

I. Tatbestand
1. Anspruchsinhaber: »Verletzter«
2. Anspruchsgegner: Halter eines Kfz oder Anhängers (auch »Schwarzfahrer« gem. § 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 1)
-> P: Geschäftsfähigkeit
3. Personen-oder Sachschaden
4. Bei dem Betrieb des Kfz oder Anhängers
5. Ausschluss der Haftung
– Höhere Gewalt (§ 7 Abs. 2 StVG)
– Unabwendbares Ereignis (§ 17 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 und 1 StVG)
– Schwarzfahrt (§ 7 Abs. 3 S. 1 Hs. 1 StVG)
– Sonderfälle des § 8 StVG
– Rechtsgeschäftlicher Haftungsausschluss (allerdings nicht möglich im Fall des § 8 a StVG)
II. Rechtsfolgen
1. Ersatz des daraus entstandenen Schadens (§§ 10 ff. StVG)
2. Schmerzensgeld (§ 253 Abs.2 BGB, §11 S.2 StVG)
3. Mitverursachung und Mitverschulden (§§ 9, 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StVG)
4. Verwirkung (§15 StVG, Anzeigepflicht)
-> Beachte: parallel bestehender Direktanspruch gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer gem. §§ 115ff. VVG i.V. m. §§ 3, 3a PflVG

43
Q

Haftung für vermutetes Verschulden: § 18 StVG

A

Führer = derjenige, der das Kfz eigenverantwortlich lenkt und die tatsächliche Gewalt über das Steuer hat

44
Q

Produzentenhaftung: § 823: Prüfung

A
  • Haftung des Produzenten wegen Verletzung einer herstellerspezifischen Verkehrssicherungspflicht aus § 823* (aufgrund der weitgehenden Beweislastumkehr in der Nähe einer Gefährdungshaftung)
  1. Hersteller & Produkt
    -> weit zu verstehen
  2. Rechtsgutsverletzung
    -> ggf. Problematik des Weiterfresserschadens
  3. Verletzungshandlung (In-den-Verkehr-Bringen) und haftungsbegründende Kausalität: bei mittelbaren RG-Verletzungen (idR) oder bei bloßem Unterlassen: für objektive Zurechnung ist eine Verkehrssicherungspflichtverletzung nötig
    a. Unterscheidung zwischen
    – Konstruktionsfehler
    – Fabrikationsfehler
    – Instruktionsfehler
    – Produktbeobachtungsfehler (nach Inverkehrgabe des Produkts)
    b. Beweislast (abhängig von Verkehrspflichtverletzung)
  4. Rechtswidrigkeit (bei Mittelbarkeit/Unterlassen: positive Feststellung nach Lehre vom Handlungsunrecht, s. Prüfungspunkt 3. Verkehrssicherungspflichtverletzung)
  5. Verschulden (Beweislast abhängig von Verkehrspflichtverletzung)
  6. Schaden
  • > Vorrangig zu prüfen: Anspruch nach ProdHG (verschuldensunabhängig); Produzentenhaftung daneben möglich, vgl. § 15 II ProdHG
  • Ansprüche gegen den Verkäufer scheitern idR an dessen Verschulden; vertragliche Ansprüche gegen den Hersteller bestehen ebenfalls idR nicht (auch kein VSZD, DSL)