Mini-Fragen und -Fälle Flashcards
Wie wird der Haupttermin vorbereitet?
Es stehen zwei Wege zur Verfügung: Die Bestimmung des frühen ersten Termins zur mündlichen Verhandlung (§ 275 ZPO) oder das schriftliche Vorverfahren (§ 276 ZPO)
Was ist der beauftragte Richter, was der ersuchte Richter?
Der beauftragte Richter ist ein Mitglied des Kollegialgerichts, der mit der Durchführung einer
Beweisaufnahme oder mit einer Güteverhandlung beauftragt wird. Werden diese Aufgaben im
Rahmen der Rechtshilfe von einem anderen Gericht wahrgenommen, bei dem es sich stets um ein AG handelt (§ 157 I GVG), dann wird der dort tätige Richter als ersuchter Richter bezeichnet
Beschreiben Sie bitte die Aufgaben des Vorsitzenden Richters!
Der Vorsitzende Richter hat für die Aufrechterhaltung der Ordnung in der Sitzung zu sorgen, die mündliche Verhandlung zu eröffnen, zu leiten und zu schließen, Urteile und Beschlüsse zu verkünden, Termine anzuberaumen und die Beratung innerhalb des Spruchkörpers zu leiten.
Ferner hat er vorbereitende Maßnahmen für die mündliche Verhandlung zu treffen oder durch ein von ihm bestimmtes Mitglied des Prozessgerichts treffen zu lassen, wobei er die Art des Vorverfahrens bestimmt.
Die Kaufpreisforderung des K gegen B verjährt am 1.10. K reicht an diesem Tag eine Klageschrift bei dem örtlich und sachlich zuständigen Gericht ein. Die Klageschrift wird B am 6.10. zugestellt. B beruft sich auf Verjährung. Mit Recht?
Die Verjährung wird nach § 204 I Nr. 1 BGB durch Erhebung der Klage gehemmt. Die Klage wird dadurch erhoben, dass die Klageschrift dem Beklagten zugestellt wird (§ 253 I ZPO). Dies ist erst am 6. 10., also nach Verjährung der Kaufpreisforderung des K, geschehen. Zugunsten des K greift hier jedoch die Vorschrift des § 167 ZPO ein, nach der die Hemmung der Verjährung bereits mit Einreichung der Klageschrift beim Gericht eintritt, wenn die Zustellung in angemessener Frist vorgenommen wird. B steht also nicht die Einrede der Verjährung zu.
Von welchen besonderen Voraussetzungen ist die Zulässigkeit einer Feststellungsklage abhängig?
Die in § 256 I ZPO geregelte Feststellungsklage ist auf die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder auf die Echtheit oder Unechtheit einer Urkunde gerichtet. Eine solche Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse an dieser Feststellung hat (Feststellungsinteresse), wenn also die gerichtliche Entscheidung notwendig und geeignet ist, eine Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Dies ist nicht der Fall, wenn der Kläger dieses Ziel auch durch eine Leistungsklage erreichen kann.
Die X-GmbH aus München und die Y-AG aus Nürnberg vereinbaren, dass für Streitigkeiten aus einem zwischen ihnen geschlossenen Kooperationsvertrag das
Landgericht Nürnberg zuständig sein soll. Außerdem kommen sie überein, dass auch für alle Streitigkeiten, die sich aus künftigen Geschäftsbeziehungen zwischen ihnen ergeben, dieses Gericht entscheiden soll. Sind diese Vereinbarungen zulässig?
Die Vereinbarung über die Zuständigkeit des LG Nürnberg für Streitigkeiten aus dem Kooperationsvertrag kann von den beiden Gesellschaften nach § 38 I ZPO wirksam geschlossen
werden, da es sich bei ihnen um Kaufleute handelt (§ 6 HGB iVm § 3 AktG, § 13 III GmbHG) und sich ihre Vereinbarung auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezieht (§ 40 I ZPO). Diese Voraussetzung trifft dagegen nicht für die weitere Absprache zu, ihre Zuständigkeitsvereinbarung auch auf künftige Geschäftsbeziehungen zu erstrecken. Diese Absprache ist unzulässig. Eine Einschränkung hinsichtlich der (wirksam zustande gekommenen) Zuständigkeitsvereinbarung ergibt sich aus § 40 II ZPO, wonach der Rechtsstreit einen vermögensrechtlichen Anspruch betreffen muss und keine ausschließliche Zuständigkeit begründet sein darf.
Der in Augsburg wohnende Häusler bietet sein in München gelegenes Haus Kunz aus Köln zum Kauf an. Zu einem Vertrag kommt es jedoch nicht. Daraufhin erhebt Kunz Klage beim Amtsgericht München und macht einen Ersatzanspruch aufgrund c.i.c. wegen eines Schadens (§ 280 I iVm § 311 II BGB) geltend, den er infolge eines Unfalls bei der Besichtigung des Hauses erlitten hat. Ist das Gericht örtlich
zuständig?
Die Zuständigkeit des AG München kann sich aus § 29 I ZPO ergeben, wenn der Gerichtsstand des Erfüllungsortes auch für Klagen gilt, mit denen Schadensersatzansprüche wegen c.i.c. geltend gemacht werden. Dies wird von der h.M. mit der Begründung bejaht, dass die Inanspruchnahme
wegen c.i.c. auf einer vorvertraglichen Sonderverbindung beruhe (vgl. § 311 II. BGB), die einen vertragsähnlichen Haftungstatbestand schaffe, während eine Gegenauffassung dies ablehnt, weil es sich bei Ansprüchen aus c.i.c. nicht um „Streitigkeiten aus einem Vertragsverhältnis“ handele. Folgt man der h.M., dann kommt es darauf an, an welchem Ort Häusler „die streitige Verpflichtung“ zu erfüllen hatte. Es geht hier um die Verletzung einer Verhaltenspflicht, die naturgemäß an Ort und Stelle, also in München, erfüllt werden muss. Auf diese Weise lässt sich die Zuständigkeit des Münchner Gerichts begründen. Dagegen ist § 32 ZPO auf einen Anspruch aus c.i.c. nicht anwendbar.
Erläutern Sie bitte das Verhältnis, das zwischen dem allgemeinen, dem besonderen und dem ausschließlichen Gerichtsstand besteht!
Der allgemeine Gerichtsstand (vgl. §§ 12–19 ZPO) ist für alle Klagen gegen eine (natürliche oder juristische) Person gegeben, sofern nicht im Einzelfall ein ausschließlicher Gerichtsstand vorgeht. Besondere Gerichtsstände sind die anderen (nicht allgemeinen und ausschließlichen), die für bestimmte Klagen gegeben sind. Bei einer Konkurrenz zwischen ausschließlichen und besonderen Gerichtsständen haben die ausschließlichen den Vorrang. Zwischen verschiedenen nicht ausschließlichen (also allgemeinen und besonderen) Gerichtsständen hat der Kläger die Wahl (§ 35 ZPO).
Klar erhebt Klage beim Landgericht Passau. Das Gericht ist der Auffassung, dass die betreffende Klage in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts falle. Was hat das Gericht zu tun?
Das Gericht wird den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien durch Beschluss an das Verwaltungsgericht Regensburg verweisen (§ 17 a II 1 GVG).
Was bedeutet Anwaltszwang und wo besteht er?
Anwaltszwang bedeutet die Verpflichtung für die Partei, sich bei der Prozessführung durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten zu lassen. Anwaltszwang besteht in Verfahren vor den LGen, vor den Oberlandesgerichten und dem BGH (§ 78 I ZPO). Nach Maßgabe des § 114 FamFG müssen sich auch die Parteien in Familiensachen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen.
Erläutern Sie bitte Funktion und Regelung der Güteverhandlung!
Die Güteverhandlung dient dem Zweck, nach einer einvernehmlichen Lösung des Streits der Parteien zu suchen und eine streitige Verhandlung überflüssig zu machen. Sie ist grundsätzlich der mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits vorgelagert. Ausnahmen gelten nur in dem Fall, dass bereits ein Einigungsversuch vor einer Gütestelle ergebnislos stattgefunden hat, oder wenn die Güteverhandlung erkennbar aussichtslos erscheint (§ 278 II 1 ZPO). Es soll zur Güteverhandlung das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden, wobei eine Vertretung der Partei möglich ist (vgl. § 278 III 2 iVm 141 III ZPO).
Was bedeutet der Dispositionsgrundsatz, was der Verhandlungsgrundsatz?
Der Dispositionsgrundsatz hat zum Inhalt, dass den Parteien die Herrschaft über das Verfahren zusteht, das sie beginnen, vorantreiben und beenden können, ohne von einer Zustimmung des Gerichts abhängig zu sein. Der Verhandlungsgrundsatz bedeutet, dass die Parteien die Tatsachen, die das Gericht seiner Entscheidung zugrunde legt, beizubringen und, soweit erforderlich, zu beweisen haben. Sowohl Dispositionsgrundsatz als auch Verhandlungsgrundsatz lassen sich auf die Prinzipien der Parteifreiheit und der Parteiverantwortung zurückführen, die für den Zivilprozess gelten.
In einem Zivilrechtsstreit vor dem Amtsgericht, den beide Parteien ohne anwaltlichen Beistand führen, erkennt der Richter, dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch verjährt ist. Darf der Richter den Beklagten auf die Einrede der Verjährung hinweisen, wenn offensichtlich dieser nicht erkannt hat, dass ihm diese Einrede zusteht?
Der Richter ist nach § 139 ZPO verpflichtet, durch Fragen und Hinweise die Parteien zu einer
sachgerechten Führung des Prozesses anzuregen und auch dahin zu wirken, dass sachdienliche Anträge gestellt werden. Allerdings muss der Richter dabei streng seine Unparteilichkeit wahren und darauf achten, beide Parteien gleich zu behandeln. Deshalb darf der Richter nicht eine Partei rechtlich beraten und ihr nahe legen, völlig neue Klagegründe und Einwendungen vorzubringen. Streitig ist es, ob das Gericht auf die Verjährung aufmerksam machen darf, wenn es feststellt, dass der Beklagte rechtsunkundig ist und nicht weiß, dass die Verjährung des
klägerischen Anspruchs eingetreten ist und er deshalb die Leistung verweigern kann. Die h.M. lässt es nur zu, dass der Richter durch Fragen klärt, ob ein unsubstantiierter Hinweis des Beklagten auf
verjährungsgeeignete Umstände als Verjährungseinrede anzusehen ist, lehnt es jedoch ab, den Richter für berechtigt zu halten, auf die Möglichkeit der Verjährungseinrede dann hinzuweisen, wenn sie von einer Partei offensichtlich übersehen worden ist. Der h.M. ist auch nach Änderung und Ergänzung des § 139 ZPO durch das ZPO-RG weiterhin zu folgen, weil durch die Neuregelung und durch die dadurch vorgenommene Stärkung der „materiellen Prozessleitung“ des Richters seine Neutralität keinesfalls eingeschränkt wird; diese Neutralität wäre jedoch infrage gestellt, wenn er der rechtsunkundigen Partei durch Hinweise auf nicht erkannte Rechte massiv hilft, den Prozess zu gewinnen.
Was bedeutet der Grundsatz der Mündlichkeit und inwieweit gilt er im Zivilprozess?
Der Grundsatz der Mündlichkeit bedeutet, dass das Gericht nur den Tatsachenstoff seiner Entscheidung zugrunde legen darf, der in der mündlichen Verhandlung vorgetragen worden ist, und dass die Entscheidung des Gerichts aufgrund mündlicher Verhandlung ergeht. Von diesem Grundsatz gelten im Zivilprozess eine Reihe von Ausnahmen. Die ZPO enthält viele Regelungen, in denen in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ob mündlich verhandelt wird (vgl. z.B. § 225 I, § 248 II, § 522 I 3 iVm § 128 IV ZPO und andere mehr). Mit Einverständnis der Parteien kann unter den Voraussetzungen des § 128 II ZPO auf eine mündliche Verhandlung verzichtet werden. Eine mündliche Verhandlung kann in den Fällen des § 495 a ZPO ebenfalls unterbleiben.
Volz aus Passau verkauft einen Pkw an Kunz aus Zürich. Mit der Behauptung, das Fahrzeug sei mangelhaft, verweigert Kunz die Zahlung des Kaufpreises. Volz fragt,
vor welchem Gericht er Klage auf Zahlung des Kaufpreises gegen Kunz erheben müsse. Geben Sie bitte Auskunft!
Die Frage betrifft die internationale Zuständigkeit, nach der sich beurteilt, welches Gericht eines bestimmten Staates einen Rechtsstreit zu entscheiden hat, dessen Gegenstand über die Grenzen des einen Staates auf den anderen übergreift. Soweit nicht völkerrechtliche Verträge oder supranationale Bestimmungen insbesondere der EU eingreifen oder Sonderregeln der ZPO anzuwenden sind, richtet sich die internationale Zuständigkeit nach den Regeln über die örtliche
Zuständigkeit. Für eine Kaufpreisklage ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Wohnsitz hat (§§ 12, 13 ZPO). Dies ist hier Zürich. Auch aus § 29 I ZPO, der den besonderen Gerichtsstand des Erfüllungsortes regelt, ergibt sich nichts anderes, weil die Kaufpreisforderung nach § 433 II BGB ebenfalls am Ort erfüllt werden muss, an dem der Schuldner seinen Wohnsitz hat.
K schuldet der X-Bank 50.000 EUR. Er tritt eine Forderung in gleicher Höhe, die er gegen B hat, der Bank erfüllungshalber ab. Als die X-Bank Zahlung von B fordert, erklärt dieser, die Forderung sei nicht begründet. Daraufhin ermächtigt die X-Bank K, im eigenen Namen die Forderung gegen B gerichtlich geltend zu machen, dabei aber Zahlung an die Bank zu fordern. Ist eine entsprechende Klage des K gegen B zulässig?
Inhaber der Forderung ist aufgrund der Zession die X-Bank. Wenn K im eigenen Namen die Forderung gegen B gerichtlich geltend macht, kommt es für die Zulässigkeit dieser Klage darauf an, ob ihm die Prozessführungsbefugnis zusteht. Dies ist zu bejahen, wenn die Voraussetzungen einer gewillkürten Prozessstandschaft erfüllt sind. Neben einer entsprechenden Ermächtigung durch den Rechtsinhaber muss hierfür ein schutzwürdiges Interesse des Prozessstandschafters an der Rechtsverfolgung bestehen. Bei Entscheidung über diese Voraussetzung muss berücksichtigt werden, dass K die Forderung der Bank nur erfüllungshalber abgetreten hat und dass deshalb die Bank auf ihre Forderung gegen K zurückgreifen kann, wenn der Versuch misslingt, die Forderung gegen B einzuziehen. Die gerichtliche Entscheidung über den Bestand der Forderung beeinflusst somit die eigene Rechtslage des K, und deshalb ist ihm ein schutzwürdiges Interesse an der Rechtsverfolgung zuzubilligen. Die Klage des K gegen B ist folglich als zulässig anzusehen.
Kunz klagt vor dem Amtsgericht gegen Berz auf Zahlung von Schadensersatz iHv 3.500 EUR. Während des Rechtsstreits erhöht der Kläger seine Forderung auf 6.000 EUR.
a) Hat dies Auswirkungen auf die Zuständigkeit des Gerichts?
b) Wie wäre zu entscheiden, wenn Kunz zunächst 6.000 EUR vor dem Landgericht
einklagt und während des Rechtsstreits seine Forderung auf 3.500 EUR ermäßigt?
a) Durch die Erhöhung der Klageforderung (§ 264 Nr. 2 ZPO) auf einen Betrag über 5.000 EUR wird die Zuständigkeit des LGs begründet (§ 71 I iVm § 23 Nr. 1 GVG). Das AG hat sich deshalb nach § 506 I ZPO durch Beschluss für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige LG zu verweisen, wenn dies von einer Partei beantragt wird.
b) In diesem Fall bleibt das LG weiterhin zuständig, weil die Rechtshängigkeit bewirkt, dass die einmal gegebene Zuständigkeit des Prozessgerichts durch eine Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt wird (§ 261 III Nr. 2 ZPO) und eine Ausnahmeregelung, wie sie für das amtsgerichtliche Verfahren durch § 506 ZPO geschaffen worden ist, hier nicht eingreift.
Was verstehen Sie unter Prozesshindernissen?
Prozesshindernisse sind solche Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Klage, deren Erfüllung lediglich im Interesse einer Partei liegt und der es deshalb überlassen bleibt, ihr Fehlen zu rügen.
Die Parteien streiten über die Prozessführungsbefugnis des Klägers. Das Gericht kommt zu dem Ergebnis, dass sie besteht. Wie hat das Gericht weiter zu verfahren?
Da das Gericht eine abgesonderte Verhandlung über die streitige Sachurteilsvoraussetzung und damit über die Zulässigkeit der Klage nicht angeordnet hat, muss das gefundene Ergebnis auch nicht in einem Zwischenurteil nach § 280 II ZPO festgestellt werden. Es steht deshalb im Ermessen des Gerichts, ob es ein solches Zwischenurteil erlässt oder ob im Endurteil die Zulässigkeit der Klage vom Gericht begründet wird.
Erläutern Sie bitte den Begriff des Streitgegenstandes und seine Bedeutung im Zivilprozess!
Nach h.M. die insbesondere auch vom BGH vertreten wird, bestimmen der Antrag des Klägers und der von ihm zur Begründung seiner Klage vorgetragene Tatsachenkomplex, der sog. Lebenssachverhalt, den Streitgegenstand. Durch den Streitgegenstand werden die Grenzen der Rechtshängigkeit (§ 261 I ZPO) und der Umfang der Rechtskraft (§ 322 I ZPO) bestimmt sowie die Frage beantwortet, ob im Einzelfall von einer objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) oder einer Klageänderung (§ 263 ZPO) auszugehen ist.
Handelt es sich bei der Postulationsfähigkeit um eine Prozessvoraussetzung?
Die nicht selten geäußerte Meinung, die Postulationsfähigkeit sei eine Prozessvoraussetzung, ist nicht richtig. Vielmehr stellt sie eine Prozesshandlungsvoraussetzung dar. Den Unterschied zwischen beiden ergibt die Betrachtung der Rechtsfolgen, die bei ihrem Fehlen eintreten. Fehlt eine Prozessvoraussetzung, dann darf keine Entscheidung in der Sache ergehen; eine Klage ist dann durch Prozessurteil als unzulässig abzuweisen. Ist dagegen eine Prozesshandlungsvoraussetzung nicht gegeben, dann wird die betreffende Prozesshandlung nicht wirksam vorgenommen. Reicht die durch einen Anwalt nicht vertretene Partei Klage beim LG ein, dann ist wegen fehlender Postulationsfähigkeit die Klage nicht dem Beklagten zuzustellen und es kommt überhaupt nicht zu einer Verhandlung.
Rechtsanwalt R schließt als Prozessbevollmächtigter des A einen Prozessvergleich. A erklärt die Anfechtung der Prozessvollmacht wegen Irrtums und meint, er sei
deshalb an den Vergleich nicht gebunden. Ist diese Auffassung zutreffend?
Die Erteilung einer Prozessvollmacht ist nach h.M. eine Prozesshandlung. Prozesshandlungen können nur nach den Regeln des Prozessrechts, nicht nach denen des materiellen Rechts beseitigt werden. Folglich kann A die Prozessvollmacht – ohne Rücksicht auf die im materiellen Recht streitige Frage, ob die Vollmacht auch dann noch angefochten werden kann, wenn der Bevollmächtigte bereits ein Rechtsgeschäft geschlossen hat – nicht wegen Irrtums nach § 119 BGB anfechten. Es bleibt ihm zwar unbenommen, die Prozessvollmacht mit Wirkung für die Zukunft zu widerrufen, dies ändert aber nichts daran, dass R für ihn mit bindender Wirkung einen Prozessvergleich geschlossen hat.
K klagt gegen B auf Schadensersatz iHv 5.000 EUR, weil ihn B arglistig über das Vorhandensein bestimmter Eigenschaften einer ihm verkauften Sache getäuscht habe. Für den Fall, dass die Täuschungshandlung des B nicht vom Gericht festgestellt werden könne, beantrage er die Verurteilung des B zur Zahlung von 2.000 EUR, weil er dann in dieser Höhe den Kaufpreis mindere. Ist dieses Vorgehen des K zulässig?
K stellt zwei Anträge, will jedoch eine Entscheidung des Gerichts über den zweiten nur für den Fall, dass der erste keinen Erfolg hat. Der zweite Antrag ist also mit einer Bedingung verbunden. Anträge als Erwirkungshandlungen sind grundsätzlich bedingungsfeindlich, weil die mit einer Bedingung verbundene Ungewissheit den Interessen des Gerichts und der Gegenpartei widerspricht. Dies gilt jedoch nicht für eine innerprozessuale Bedingung, deren Eintritt vom weiteren Verlauf des Rechtsstreits abhängt. Deshalb wird es zugelassen, dass der Kläger von ihm gestellte Anträge in ein Eventualverhältnis bringt und dadurch die Reihenfolge ihrer Prüfung durch das Gericht vorgibt. Diese sog. eventuelle Klagehäufung ist jedoch nur zulässig, wenn Haupt- und Eventualanspruch in einem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang zueinander stehen.
Diese Voraussetzung stellt sicher, dass der Kläger den Beklagten nicht mit völlig zusammenhanglosen Sachverhalten konfrontieren kann und ihm dadurch die Verteidigung erschwert. Da offensichtlich der erforderliche Zusammenhang zwischen beiden Anträgen besteht und auch die übrigen Voraussetzungen einer Klagehäufung erfüllt sind, ist das Vorgehen des K als zulässig anzusehen.
Wann kann das Gericht nach Lage der Akten entscheiden?
Eine Entscheidung nach Lage der Akten kann gem. § 331a ZPO ergehen, wenn eine Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung ausbleibt und ihr Gegner statt eines Versäumnisurteils eine Entscheidung nach Lage der Akten beantragt. Dem Antrag ist zu entsprechen, wenn der Sachverhalt für diese Entscheidung hinreichend geklärt ist, der Rechtsstreit somit zur Entscheidung durch Urteil reif ist (§ 300 I ZPO). Ohne einen Antrag darf das Gericht nach Lage der Akten entscheiden, wenn beide Parteien im Termin nicht erscheinen oder nicht verhandeln (§ 251a I ZPO). In beiden Fällen muss jedoch bereits eine mündliche Verhandlung stattgefunden haben, wenn ein Urteil nach Lage der Akten ergehen soll (§ 251a II iVm § 331a S.2 ZPO).