Inhaltsanalytische Glaubhaftigkeitsbeurteilung Flashcards

1
Q

Wann werden Psychologen bei Glaubhaftigkeitsbeurteilung herangezogen?

A

Eigentlich Würdigung von Beweisen Aufgabe des Richters
- Sachverständige hinzugezogen, wenn Menschenkenntnis Richters nicht ausreicht
- Bei psychologischer Auffälligkeit von Zeuge
- Geistig zurückgeblieben
- schwere Intelligenzminderung
- drogenabhängigen Zeugen
- Zeugen im Kindes- und Jugendalter:
* wenn Kind seinem Alter nicht entsprechende Auffälligkeiten zeigt
* wenn Aussage Hauptgrundlage einer möglichen Verurteilung ist ohne dass externe
Kriterien sie entschieden untermauern (Aussage-gegen-Aussage)
* längeren Zeitraum zwischen Geschehnis und Aussage
* sehr jungen Zeugen

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2
Q

Was ist die Aussage-gegen- Aussage Konstellation?
(Steller, 2008)

A

Glaubhaftigkeit der Aussage entscheidend
- bei Straftaten gegen sexuelle Selbstbestimmung
- Glaubhaftigkeitsgutachten am meisten bei Kindern zu möglichem sexuellen Missbrauch und Frauen nach Nötigung

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3
Q

Was ist die Aufgabe des Sachverständnigen?

A

Dem Gericht Sachkunde vermitteln, mit der sich feststellen lassen, wer wie Glaubwürdig ist

–> anschließende Beurteilung Glaubhaftigkeit Aufgabe des Gerichts

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4
Q

Was ist Glaubhaftigkeitsbegutachtung?

A

= psychologische Beurteilung der Zeugen berichten Gedächtnispräsentation

Prüfung der Grundfrage, ob eine Aussage anders als durch einen tatsächlichen Erlebnishintergrund zustande gekommen ist
-> wesentliche Alternativhypothese
- Lügenhypothese
- Suggestionshypothese

(Nicht Person (glaubwürdig) sondern spezifische Aussage (glaubhaft))

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5
Q

Was ist die Lügenhypothese?

A

absichtliche Falschaussage

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6
Q

Was ist eine Suggestionshypothese?

A

subjektiv für wahr gehaltene Aussage
-> Person erinnert sich, jedoch Pseudoerinnerungen
- wegen fremd- und oder Autosuggestion

(eingeschlossene Kinder)

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7
Q

Wie läuft eine Glaubhaftigkeitsbegutachtung ab?

A

= Kombination von psychometrischen Tests, semi-strukturierten Interviews, systematischen Analysetechniken und klinischem Urteil

  1. Aktenanalyse
  2. Untersuchungsplanung (Differenzierung in psychologische Konstrukte, Hypothesenbildung, Festlegung diagnostisches Procedere)
  3. Forensisch psychologische Untersuchung (* neue Folie)
  4. Psychodiagnostische Inferenz (Datenverknüpfung auf Ebene psychologischer Merkmale, Befunde)
  5. Forensische Inferenz (Datenverknüpfung auf Ebene forensischer Merkmale, juristische Beweisfrage)
  6. Schriftliche Gutachten
  7. Teilnahme an Hauptverhandlung (Informationssammlung, Hypothesenbildung, - prüfung)
  8. Mündliches Gutachten
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8
Q

Glaubhaftigkeitsbeurteilung
Was passiert bei der Forensisch-psychologischen Untersuchung?

A
  1. Anamnese und Aussagengenese (Geschädigte und Dritte)
  2. Kompetenzanalyse (bsp. Sexualanamnese (keine Kenntnis, trotzdem Schilderung = Glaubhaft), Verhaltenstest, Fantasieübung, Intelligenztest, psychologischer Befund)
  3. Aussagepsychologische Untersuchung
    - Nicht Vorhanden Sein von Realkennzeichen an sich, sondern Qualität der Aussage vor Hintergrund Kompetenzanalyse und Aussageentwicklung
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9
Q

Beispiel Fantasie und Suggestibilität bei Hlaubhaftigkeitsanalyse

A

War die Person in der Lage die Geschichte logisch, konsistent und detailliert weiter zu erzählen?
Konnte sie auf Nachfrage Details ergänzen?
War sie in der Lage zeitlich zu springen?
War sie in der Lage die Geschichte nach etwas 15 min Fehlerfrei zu wiederholen? (Wenn sie das vergisst, aber Verbrechen behält, spricht es auch für Glaubhaftigkeit)
Suggestibilität?

→ Wird Person gestellt, wenn diese logisch weiter erzählt werden kann (passend zu Verbrechen), dann Glaubhaftigkeit; kann aber auch sein, dass die dann genau erfunden ist (bzw. dass die Person in der Lage wäre, Verbrechen zu erfinden)

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10
Q

Was ist eine aussagepsschologische Untersuchung, wie geht man dabei vor?

A
  • Trichterförmiges Vorgehen:
    • Berichtanstöße: Versuche mal zu erzählen, was passiert ist?
    • Leerfragen: und was ist dann passiert?
    • Wahlfragen: Antwortmöglichkeiten vorgeben z.B. „Hast du zu erst deiner Freundin
      davon erzählt oder deiner Mutter oder wem?“
    • Konträrfragen: eine unerwartete Antwortalternative wird vorgegeben: z.B. „Er war mit dir alleine, seinen Hund hatte er nicht dabei oder? (aus der Akte ist bekannt dass, dass er seien Husky dabei hatte)
    • Vorhaltefragen: „Du hast ja vorhin gesagt, dass du…“
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11
Q

Was ist die merkmalsorientierte Inhaltsanalyse?

A

Kernstück von Psychologischem Konstrukt (zusammengesetzt Aussagetüchtigkeit (kognitive Voraussetzung), Aussagequalität (MIA), Aussageverlässlichkeit (frei von Störungsflüssen)

Undeutsch Hypothese: Aussage über selbst erlebte Vorgänge müssen sich von Äußerungen über nicht selbst erlebte Vorgänge unterscheiden durch Unmittelbarkeit, Farbigkeit, Lebendigkeit, sachliche Richtigkeit, Detailreichstem, Konkretheit
- entsprechend Konkretheit des Vorfalls und individuelle Erlebnisweise

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12
Q

Was sind Realkennzeichen?

A

Steller und Köhnken (1989)
- 19 Kriterien, Rating auf Vorhandensein/ Abwesenheit der Kriterien beurteilet i. d. R. auf 3 Punkte Skala (0=Kriterium abwesend, 1=Kriterium vorhanden, 2=Kriterium stark vorhanden)
- Vorhanden sein jedes der 19 Kriterien erhöht Qualität der Aussage
→Unterstützt Hypothese, dass Aussage erlebnisfundiert ist
→Realkennzeichen
- Abwesenheit eines Kriteriums heißt nicht, dass Aussage keinen Erlebnisbezug haben kann

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13
Q

Was sind die 19 Realkennzeichen nach Steller & Köhnken (1989)

A

Allgemeine Merkmale
1. Logische Konsistenz (innere Logik)
2. Ungeordnete sprunghafte Darstellung
3. Quantitativer Detailreichtum

Spezielle Inhalte
4. Raumzeitliche Verknüpfungen (Bezug, (zu Routine bsp.))
5. Interaktionsschilderungen (Mit Täter, aber auch anderen Menschen)
6. Wiedergabe von Gesprächen (wörtliche Wiedergabe)
7. Schilderung von Komplikationen im Handlungsverlauf (nicht gradliniger Verlauf; Handlung, die nicht erfolgreich war)

Inhaltliche Besonderheiten
8. Schilderung ausgefallener Einzelheiten (irgendetwas, was außerhalb des Normalen liegt)
9. Schilderung nebensächlicher Einzelheiten (irrelevant für Tat)
10. Phänomengemäße Schilderung unverstandener Handlungselemente (Schilderung auf Basis, wie sie es erlebt haben (Kondom als Ballon))
11. Indirekte handlungsbezogene Schilderungen (nicht unmittelbar mit Tat, aber Zusammenhang)
12. Schilderung eigener psychischer Vorgänge (Gefühle während Tat)
13. Schilderung psychischer Vorgänge des Angeschuldigten (Täter wirkte..)

Motivationsbezogenen Besonderheiten
14. Spontane Verbesserung der eigene Aussage (nicht einstudiert; jedoch trotzdem logisch stimmig)
15. Eingeständnis von Erinnerungslücken
16. Einwände gegen die Richtigkeit der eigenen Aussage (zu lang zurück, Unsicherheit)
17. Selbstbelastungen (vlt selbst provoziert)
18. Entlastung des Angeschuldigten

Deliktspezifische Inhalte
1ß. Deliktspezifische Aussagenelemente (typische Schritte, die typischerweise bei Delikt ablaufen, die von Laienwissen abweisen)

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14
Q

Was sind Realkennzeichen?
Was sind allgemeine Merkmale

A

= Merkmale, die sich auf eine Aussage in ihrer Gesamtheit beziehen.

  1. Logische Konsistenz
    * Vorhanden, wenn die Aussage im wesentlichen Sinn ergibt; wenn sie kohärent und logisch ist und die verschiedenen Teile nicht inkonsistent und im Widerspruch zu
    einander sind
  2. Ungeordnete sprunghafte Darstellung
    * Person erzählt Geschehnis mit vielen Vor- und Rückgriffen in unzusammenhängend erscheinender Weise; ein in sich stimmiges Gesamtbild ergibt sich erst am Ende
  3. Quantitativer Detailreichtum
    * Viele Details, d.h., Beschreibung von Ort, Zeit, Menschen und Objekten mit vielen
    Details
  4. Raumzeitliche Verknüpfungen
    * Ereignis wird eingeordnet in Zeit und Ort und wird verbunden mit anderen
    täglichen Handlungen oder Gewohnheiten
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15
Q

Was sind Realkennzeichen?
Was sind spezielle Merkmale

A
  1. Interaktionsschilderungen
    * Aussage enthält Schilderungen von Interaktionen zumindest zwischen dem
    vermeintlichen Täter und Opfer
  2. Wiedergabe von Gesprächen
    * Aussage enthält konkrete Gespräche
  3. Schilderung von Komplikationen im Handlungsverlauf
    * Die Schilderung des Ereignisses beinhaltet unerwartete Elemente
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16
Q

Was sind Realkennzeichen?
Was sind inhaltliche Besonderheiten?

A

= Diese Merkmale beinhalten die Schilderung ausgefallener Einzelheiten

  1. Schilderung ausgefallener Einzelheiten
    * Details von Menschen, Objekten oder Ereignissen, die ungewöhnlich oder einzigartig
    sind aber bedeutungsvoll in dem Kontext
  2. Schilderung nebensächlicher Einzelheiten
    * Details im Zusammenhang mit dem Vorwurf, die aber nicht wesentlich für die
    Beschuldigung sind
  3. Phänomengemäße Schilderung unverstandener Handlungselemente
    * Person spricht von Details, die sie nicht versteht
  4. Indirekte handlungsbezogene Schilderungen
    * Ereignisse werden berichtet, die nicht Teil des Vorwurfs sind aber verbunden sind mit
    den Anschuldigungen
  5. Schilderung eigener psychischer Vorgänge
    * Beschreibungen von Gefühlen während des Ereignisses; beinhaltet aber auch
    Beschreibung von Kognitionen
  6. Schilderung psychischer Vorgänge des Angeschuldigten
    * Person beschreibt die Gefühle, Gedanken und Motive des vermeintlichen Täters
17
Q

Was sind Realkennzeichen?
Was sind merkmalsbezogene Besonderheiten?

A

= Merkmale betreffen die Selbstpräsentation der Aussage und erlauben somit
Rückschlusse auf die Motivation

  1. Spontane Verbesserung der eigene Aussage
    * Verbesserungen werden spontan vorgenommen oder Information wird spontan zu
    einer vorher gelieferten Aussage hinzugefügt
  2. Eingeständnis von Erinnerungslücken
    * Person gibt spontan Erinnerungslücken an
  3. Einwände gegen die Richtigkeit der eigenen Aussage
    * Person drückt Bedenken hinsichtlich der Richtigkeit von Teilen der Aussagen aus
  4. Selbstbelastungen
    * Person nennt für sie ungünstige, selbstbelastende Detail
  5. Entlastung des Angeschuldigten
    * Person begünstigt den Angeklagten, indem sie Entschuldigungen für sein/ ihr
    Verhalten vorbringt oder dem angeblichen Täter nicht die Schuld an dem Geschehen
    gibt bzw. den Vorfall herunterspielt
18
Q

Wie genau ist die Merkmalsorientierte Inhaltsanalyse?

A

Mache Kriterien besser belegt als andere

Generell Bestätigung der Undeutsch-Hypothese

  • Aber keine 100% Trefferquoten, sondern Truth-Bias, d.h. die merkmalsorientierte Inhaltsanalyse eignet sich besser um wahre Erzählungen zu erkennen als gelogene
    → Strafverfahren: potentiell ernste Konsequenzen eines falscher falschen Entscheidung auf Basis einer Glaubhaftigkeitsbegutachtung mit Verurteilung einer unschuldigen Person
  • Subjektives Verfahren
    →im Anwendungskontext sollte Begutachtung von mindestens 2 unabhängige Personen durchgeführt werden, ist aber i.d.R. nicht der Fall
  • Keine Studie zur Validität des gesamten Prozess der Glaubhaftigkeitsbegutachtung; nur Studien zur merkmalsorientierten Inhaltsanalyse