4. Konsum von psychotropen Substanzen und Gesundheit Flashcards
(47 cards)
Epidemiologischer Suchtsurvey (ESA, Atzendorf et al., 2019)
- Regelmäßig durchgeführte bevölkerungsrepräsentative Studie zur Erfassung des Konsums psychoaktiver Substanzen bei Erwachsenen
- Befragung einer für Deutschland repräsentativen Stichprobe von 9 267 Erwachsenen (18 bis 64 Jahre)
- Aktuellste ESA-Daten wurden 2018 erhoben
Befunde zu Tabak (ESA, Atzendorf et al., 2019)
- 26.4% der Männer und 20.2% der Frauen hatten in den letzten 30 Tagen Tabakwaren konsumiert
- Entspricht hochgerechnet 12.0 Millionen Erwachsenen mit Tabakkonsum im letzten Monat in Deutschland
Klinisch relevanter Tabakkonsum
- 9.8% der Männer und 7.3% der Frauen (Diagnose Abhängigkeit)
- Hochrechnung: 4.4 Millionen Erwachsene in Deutschland abhängig von Tabak
Befunde zu Alkohol (ESA, Atzendorf et al., 2019)
- 76.5% der Männer und 66.5% der Frauen hatten in den letzten 30 Tagen Alkohol getrunken
- Entspricht hochgerechnet 36.9 Millionen Erwachsenen mit Alkoholkonsum im letzten Monat in Deutschland
Klinisch relevanter Alkoholkonsum
- 8.5% der Männer (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- 3.2% der Frauen (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- Hochrechnung: 3.0 Millionen Erwachsene in Deutschland
- Zum Vergleich: 5.0% der 12- bis 17-Jährigen (Wartberg et al., 2019)
Befunde zu Cannabis (ESA, Atzendorf et al., 2019)
- 8.9% der Männer und 5.3% der Frauen hatten in den letzten 12 Monaten Cannabis konsumiert
- Entspricht hochgerechnet 3.7 Millionen Erwachsenen mit Cannabiskonsum im letzten Jahr in Deutschland
Klinisch relevanter Cannabiskonsum
- 1.7% der Männer (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- 0.7% der Frauen (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- Hochrechnung: 718 000 Erwachsene in Deutschland
Befunde zu Amphetaminen (ESA, Atzendorf et al., 2019)
- 1.5% der Männer und 0.9% der Frauen hatten in den letzten 12 Monaten Amphetamine/Methamphetamin konsumiert
- Entspricht hochgerechnet 619 000 Erwachsenen mit Gebrauch von Amphetaminen/Methamphetamin im letzten Jahr in Deutschland
Klinisch relevanter Amphetamin-Konsum
- 0.3% der Männer (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- 0.3% der Frauen (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- Hochrechnung: 160 000 Erwachsene in Deutschland
Befunde zu Kokain (ESA, Atzendorf et al., 2019)
- 1.4% der Männer und 0.8% der Frauen hatten in den letzten 12 Monaten Kokain/Crack konsumiert
- Entspricht hochgerechnet 567 000 Erwachsenen mit Gebrauch von Kokain/Crack im letzten Jahr in Deutschland
Klinisch relevanter Kokainkonsum
- 0.3% der Männer (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- 0.0% der Frauen (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- Hochrechnung: 98 000 Erwachsene in Deutschland
Prävalenz des Konsums psychotroper Substanzen
Prävalenz des Konsums psychotroper Substanzen
Klinisch relevanter Gebrauch von Analgetika
- 10.6% der Männer (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- 10.8% der Frauen (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- Hochrechnung: 5.5 Millionen Erwachsene in Deutschland
Klinisch relevanter Gebrauch von Hypnotika oder Sedativa
- 1.7% der Männer (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- 1.1% der Frauen (Diagnose Missbrauch oder Abhängigkeit)
- Hochrechnung: 722 000 Erwachsene in Deutschland
Diagnosekriterien Abhängigkeitssyndrom (3 müssen erfüllt sein)
- Starker Wunsch oder Zwang zum Konsum der Substanz
- Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich des Konsums der Substanz
- Entzugserscheinungen bei Reduktion bzw. Beendigung des Substanzkonsums oder Konsum zur Minderung dieser Entzugs- erscheinungen
- Toleranzentwicklung
- Zunehmende Vernachlässigung anderer Aktivitäten
- Anhaltender Konsum trotz Nachweises von eindeutig schädlichen Folgen des Substanzgebrauchs
ICD-10-Diagnosekriterien (Abbildung aus Batra et al., 2016)
ICD-10-Diagnosekriterien (Abbildung aus Batra et al., 2016)
Substanzgebrauchsstörung (American Psychiatric Association, 2013)
- Neuer Ansatz im DSM-5 ersetzt „Abhängigkeit“ und „Missbrauch“
- Dimensionaler Ansatz der Diagnostik von Suchterkrankungen
- Insgesamt 11 Diagnosekriterien (substanzübergreifend)
- Wenn 2 bis 3 Kriterien erfüllt: Milde Substanzgebrauchsstörung
- Wenn 4 bis 5 Kriterien erfüllt: Moderate Substanzgebrauchsstörung
- Wenn mindestens 6 der 11 Kriterien in den letzten 12 Monaten erfüllt: Schwere Substanzgebrauchsstörung
DSM-5-Diagnosekriterien (Abbildung aus Batra et al., 2016)
DSM-5-Diagnosekriterien (Abbildung aus Batra et al., 2016)
Verhaltenssüchte in DSM-5 und ICD-11
- Zusätzlich neu im DSM-5: Diagnose „Gambling disorder“ (pathologisches Glücksspiel) und Forschungsdiagnose „Internet Gaming Disorder“
- Vergleichbare Diagnosen zukünftig in der ICD-11: „Gambling Disorder“ (pathologisches Glücksspiel) und „Gaming Disorder“ (problematische Nutzung von Computerspielen)
- Erstmalig Suchterkrankungen diagnostizierbar, die keinen Substanzkonsum voraussetzen → Verhaltenssüchte
Rauchen und Gesundheit, Historische Entwicklung (Brinkmann, 2021)
- Amerikanische Ureinwohner rauchten Tabakblätter
- 1497 erste dokumentierte Berichte zum Rauchen
- Heimkehrende Seeleute brachten Tabakpflanze nach Europa
- Über Spanien und Portugal Verbreitung in ganz Europa in wenigen Jahrzehnten
- Nicotiana (lateinischer Name der Tabakpflanze)
- Abgeleitet von Jean Nicots (französischer Konsul, sandte 1560 Samen der Tabakpflanze von Lissabon nach Frankreich)
- Tabak wurde zuerst vor allem geschnupft
- Später wurde Tabak in Pfeifen geraucht oder gekaut
- Seit 1881 mit der Konstruktion der Zigarettenrollmaschine Massenproduktion möglich (Zigaretten stellen noch heute weit über 90% aller Tabakprodukte)
- In der Folge deutlicher Anstieg des Tabakkonsums
Subjektive Motive des Tabakkonsums (Von Troschke, 1993; zitiert
nach Faltermaier, 2017, S. 163)
-Rauchen ermöglicht Selbstdarstellung („öffentliche Rituale“)
-Vermittelt Anerkennung in sozialen Gruppen
Strukturiert soziale Interaktionen („Medium zur Kommunikation“)
- Strukturiert Zeit- und Handlungsabläufe („Zigarettenpause“)
-Hilft, negative Stimmungen und Gefühle (wie z.B. Nervosität, Frustration, Langeweile) abzubauen
- Vermittelt positive Gefühle (z.B. entspannende und euphorisierende Wirkung des Nikotins)