8/9 (Schadensrecht I: Grundgedanken, Begriff und Arten des Schadens, Verursachung und Zurechnung, Ersatzberechtigung, Umfang und Art des SE) Flashcards

1
Q

Schadensersatz: Funktionen und Prinzipien

A
  • Hauptfunktion: Ausgleich
  • > daneben tw. Präventivfunktion und Genugtuungsfunktion (Schmerzensgeld)
  • Hauptprinzip: Totalreparation durch Naturalrestitution
  • > jedoch: Schadensrechtliches Bereicherungsverbot (Geschädigte soll durch Schadensersatz nicht besser stehen als er ohne das schädigende Ereignis stünde)
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2
Q

Kollektiver Schadensausgleich

A
  • Schadensausgleich durch Versicherung
  • > soweit der Schaden durch eine Versicherung ausgeglichen wird, geht der Anspruch des Geschädigten gegen den Schädiger auf die Versicherung über, §§ 86 VVG, 116 SGB X
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3
Q

Begriff des Schadens

A

= jede unfreiwillige Einbuße an materiellen oder immateriellen Gütern und Interessen
-> auch Aufwendungen, die der Geschädigte zur Verhinderung oder Geringhaltung eines Schadens tätigt

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4
Q

Affektionsinteresse

A
  • Interesse am besonders hohen immateriellen Wert des Betroffenen
  • > nach § 253 I ohne gesonderte Bestimmung grds. nicht ersatzfähig
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5
Q

Abgrenzung: Materielle vs. immaterielle Schäden

A
  1. Erlittene Einbuße in Geld messbar?
  2. Marktpreis, sofern Markt vorhanden?
  3. bei Fehlen eines Marktes: miss die Verkehrsauffassung der Sache einen Geldwert bei?
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6
Q

Schadensersatz bei SE statt der Leistung

A
  • § 249 I (-)
  • > nach § 275 oder § 281 IV ist Anspruch auf primäre Leistung untergegangen, was nicht durch § 249 I unterlaufen werden sollte
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7
Q

Verursachung und Zurechnung des Schadens

A
  1. Verursachung
    a. Äquivalenztheorie
    b. Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung (ergänzend zu 1.a.)
  2. Zurechnung
    a. Adäquanz
    b. Schutzzweck der Norm
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8
Q

Lehre von der gesetzmäßigen Bedingung

A

= wenn die konkrete Handlung im konkreten Erfolg aufgrund einer gesetzmäßigen Verbindung tatsächlich wirksam geworden ist bzw. ob die unterlassene Handlung den Eintritt des konkreten Erfolges tatsächlich abgewendet hätte

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9
Q

Adäquanztheorie

A

= nicht zurechenbar, wenn die Handlungen nur unter höchst ungewöhnlichen, für einen optimalen Betrachter unvorhersehbaren Umständen geeignet sind, den Schaden herbeizuführen
(-> aufgrund des Verschuldensmaßstabes bei der haftungsbegründenden Kausalität hat die Theorie nur bei der haftungsausfüllenden Kausalität einen eigenständigen Anwendungsbereich)

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10
Q

Schutzzweck der Norm

A

= soll die verletzte Pflicht vor Rechtsgutsverletzungen bzw Schäden der vorliegenden Art schützen

  • > anhand der vertraglichen Vereinbarungen gem. §§ 133, 157, 242 bzw. anhand der Verkehrspflicht (§ 823 I) oder des Schutzgesetzes (§ 823 II) konkret zu bestimmen
  • > bei konstitutionell bedingter Anfälligkeit des Geschädigten: Abwägung (Grundsatz des Schutzes auch der Kranken und Schwachen vs. Austauschbarer Auslöser zur Verwirklichung des allgemeinen Lebensrisikos des Geschädigten)
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11
Q

Hypothetische Kausalität (Reserveursache zu einem späteren Zeitpunkt): Fallgruppen

A
  • keine pauschale Lösung, sondern Fallgruppen:
  1. Schadensanlage: beachtlich, wenn die Reserveursache der Sache bzw. dem Menschen bei Schädigung schon innegewohnt haben und innerhalb kurzer Zeit denselben Schaden herbeigeführt hätten
    pro: strenge Betrachtung durch das Differnezmodell
  2. Ersatzpflicht eines Dritten: unbeachtlich, wenn Reserveursache zur Ersatzpflicht eines Dritten geführt hätte
  3. Differenzierung zwischen Objektschäden und Folgeschäden
    - > bzgl. Objektschaden ist Schadensverlauf bereits abgeschlossen (bspw. Auto durch Unfall zerstört, sodass ein Garagenbrand eine Woche später unbeachtlich ist)
    - > bzgl. Folgeschaden (bspw. Nutzungsausfall) ist der Schadensverlauf noch nicht abgeschlossen (hypothetische Ereignisse müssen berücksichtigt werden, sodass bspw. nur der Nutzungsausfallschaden aus einer Woche anfällt)
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12
Q

Einwand des rechtmäßigen Alternativverhaltens

A
  • hM: grds. beachtlich
    pro: Schäden bei rechtmäßigem Verhalten fallen allgemein nicht unter den Schutzzweck der Norm
  • bei Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht:
    –> eA: grds. unbeachtlich
    pro dient dem Zweck, eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen - bei unsachgemäßer Aufklärung entfällt die wirksame Einwilligung und somit die Rechtfertigung
    –> aA (BGH): beachtlich; jedoch sind an den Arzt hohe Anforderungen zu stellen, sodass er beweisen muss, dass der Patient auch sonst eingewillt hätte
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13
Q

Zurechnung bei mittelbarer Kausalität: Schockschäden

A
  1. Rechtsgutsverletzung: Gesundheitsbeeinträchtigung muss über das Maß hinausgehen, das erfahrungsgemäß mit einem Trauerfall verbunden ist
  2. Kausalität (+)
  3. Zurechenbarkeit
    a. Adäquanz
    b. Schutzzweck der Norm: restriktiv (Rspr.)
    aa. Personenkreis:
    - > Naher Angehöriger
    - > Unmittelbare Unfallsbeteiligung
    - > bloßes Miterleben der Unfallfolgen (-), da allgemeines Lebensrisiko
    bb. Nachvollziehbare Reaktion der Person
  4. Ggf. Mitverschulden, wenn Angehöriger des Schockgeschädigten den Unfall mitverursacht hat (§§ 254, 242 analog oder § 846 analog)
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14
Q

Zurechnung bei mittelbarer Kausalität: Selbstschädigendes Verhalten (Herausforderungsfälle)

A

= Entstehung des Schadens wird durch einen eigenen Willensentschluss des Geschädigten vermittelt, der durch das Verhalten des Schädigers hervorgerufen wurde (v.a. Verfolgerfälle, aber auch Retterfälle/Dreipersonenkonstellation)

  • Voraussetzung: grds. (-), da Freiverantwortlichkeit, aber (+), wenn sich der Geschädigte zu selbstgefährdendem Verhalten herausgefordert fühlen durfte, i.e. wenn durch das rechtswidrige Verhalten des Schädigers eine Situation entstanden ist, in welcher die Selbstgefährdung geboten oder erwünscht war
  • > normative Frage des Herausgefordertfühlen-Dürfens: vernünftige Entscheidung, i.e. Abwägung von Risiko und Zweck
  • > Berufsrisiko: str., wohl aber keine Erfassung von übermäßigen Gefahren
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15
Q

Zurechnung bei mittelbarer Kausalität: Drittvermittelte Kausalität (Herausforderungen Dritter)

A
  • vor allem Grünstreifenfälle: wegen Unfall ist Straße gesperrt, andere Verkehrsteilnehmer weichen aus und machen Rasen, Wege etc. kaputt
  • > BGH: keine Zurechenbarkeit, andere Verkehrsteilnehmer handeln freiverantwortlich
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16
Q

Schadensberechnung: Vorteilsausgleichung

A
  • hM: normative Korrektur des schadensrechtlichen Bereicherungsverbots, da es wertungsmäßig nicht angemessen ist, immer alle Vorteile aus der Schädigung vom Schaden abzuziehen
  • > Zurechnung/Anrechnung nur solcher Vorteile, die:
    1. kausal auf das schädigende Ereignis zurückzuführen sind (BGH: Adäquanztheorie)
    2. dem Zweck der Schadensersatzpflicht entsprechen (Vorteil muss außer Betracht bleiben, wenn er nach den Wertungen der Rechtsordnung den Schädiger nicht begünstigen soll)
  • > Indiz gegen Vorteilsanrechnung: gesetzlicher Übergang des Schadensersatzanspruches (Vorteil verbleibt wertungsmäßig nicht beim Geschädigten, bspw. § 116 SGB X, § 86 VVG, § 6 EntgeltfortzahlungsG)
17
Q

DSL: Prinzip und allgemeine Voraussetzungen

A
  • Grds. kann der Verletzte nur seinen eigenen Schaden geltend machen, jedoch soll der Schädiger auch nicht durch eine aus seiner Sicht zufällige Schadensverlagerung privilegiert werden
  • Voraussetzungen:
    1. Anspruch ohne Schaden
    2. Schaden ohne (vertraglichen) Anspruch
    3. Zufällige Schadensverlagerung (aus Sicht des Schädigers)
  • > immer auch konkret prüfen (vor allem, worin der Schaden des Geschädigten besteht)
  • DSL vs. VSZD: DSL will ungerechtfertigte Entlastung des Schädigers verhindern, VSZD erhöht durch eigene Vertragsposition des Dritten das Haftungsrisiko des Schädigers
18
Q

DSL: Fallgruppen

A
  1. Obligatorische Gefahrentlastung
    - > durch vertragliche oder gesetzliche Bestimmung wird Gefahr auf einen Dritten verlagert (bspw. § 447 BGB; Vermächtnis; Schenkung)
  2. Mittelbare Stellvertretung
    - > jemand schließt im eigenen Namen (-> Verletzer), aber auf fremde Rechnung (-> Geschädigter) einen Vertrag (bspw. Kommission, §§ 383 ff. HGB)
    - > BGH: gewohnheitsrechtlich anerkannt
  3. Treuhandverhältnisse
    - > Treugeber überträgt an Treuhänder ein Recht, das dieser im Interesse des Treugebers auszuüben hat (Schaden tritt bei Treugeber ein)
    - > Voraussetzung: kein eigener SEA gegen Schädiger (bspw. § 823 I, wenn Treugeber noch eigenes sonstiges Recht am Treugut hat, das verletzt wird)
  4. Obhut für fremde Sachen (P)
  5. Vertragliche Vereinbarung
    - > Vereinbarung, dass Vertragspartner berechtigt sein soll, den von dem anderen Vertragspartner verursachten Schaden eines Dritten geltend zu machen
    - > ohne explizite Regelung idR aber eher von einer Einbeziehung in den Schutzbereich auszugehen (VSZD)
19
Q

P: DSL: Obhut für fremde Sachen

A
  • eA: (-)
    pro: Eigentümer in den Schutzbereich des Vertrages zwischen Besitzer der Sache und Schädiger miteinbezogen
    pro: eigener gesetzlicher Anspruch des Eigentümers
  • aA (hM): (+)
    pro: gesetzlicher Anspruch oft Einschränkungen ausgesetzt
    pro: VSZD nicht ohne Weiteres zu bejahen; tw. bloße Willensfiktion
    pro: § 701 BGB (Gastwirthaftung) als gesetzlich geregelter und damit anerkannter Fall der DSL-Kategorie
20
Q

P: DSL: auch bei entgangenem Gewinn (§ 252 BGB)?

A
  • eA: (-)
    pro: für Schädiger sind individuelle Schadensposten des Hintermannes nicht erkennbar
  • aA (hM, MüKo): (+)
    pro: auf die Erkennbarkeit kommt es beim VSZG an; dieses Kriterium ist bei der DSL jedoch nicht relevant (andere Interessenlage der mStv)
21
Q

§§ 249 ff. BGB: drei Arten des SE

A
  1. Naturalrestitution, § 249 I
    - > Herstellung durch Schädiger
  2. Kosten der Herstellung, § 249 II / § 250
  3. Entschädigung in Geld, § 251 / § 253
22
Q

Abzug “neu für alt”

A

= wenn der Wert der beschädigten Sache durch die Naturalrestitution erhöht wird
pro: schadensrechtliches Bereicherungsverbot

23
Q

P: Einordnung der vollständigen Zerstörung einer vertretbaren Sache (bspw. Kfz)

A
  • hM: Naturalrestitution in Form der Ersatzbeschaffung gem. § 249 I (+)
    pro: sofern kein Unikat, wird der Geschädigte bei einer Zerstörung seines gebrauchten Kfz auch durch eine Ersatzbeschaffung so gestellt, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde
24
Q

P: Muss der Geschädigte den erhaltenen Geldbetrag zur Herstellung verwenden (“fiktive Reparaturkosten”)

A
  • hM: Differenzierung zwischen Körper- und Sachschäden:
  • > Sachschäden: Dispositionsfreiheit (+)
    pro: Dispositionsfreiheit ist bereits durch den aufgezwungenen Schaden vermindert; diese soll dann wenigstens für die Verwendung des SE wieder gelten
    pro: anerkannt in § 249 II S. 2 (“soweit … tatsächlich angefallen”)
    con: schadensrechtliches Bereicherungsverbot, da Schadenspositionen gar nicht angefallen sind
  • -> dagegen con: Kompromissregelung des § 249 II S. 2 BGB, wonach Umsatzsteuer nur bei tatsächlich angefallenen Kostenpunkten berücksichtigt werden
  • > Körperschäden: Nichtvermögensschäden nur unter den Voraussetzungen des § 253 in Geld ersetzbar
    pro: ansonsten würde Wertung des § 253 BGB unterlaufen
25
Q

Dimensionen des § 251 BGB (Entschädigung in Geld)

A
  • Ersatz des Wertinteresses, nicht der Kosten der Naturalrestitution wie bei § 249 II
  • Ersatzanspruch bemisst sich nach Wiederbeschaffungswert (bei vergleichbaren Sachen) bzw. auf den Neupreis abzüglich einer Abschreibung (bei gebrauchten Sachen ohne bestehende Nachfrage)
  1. § 251 I Alt 1: Unmöglichkeit der Herstellung
    - > nur Vermögensschäden in Form des Wertinteresses
    - > keine Nichtvermögensschäden; kein Affektionsinteresse
  2. § 251 I Alt 2: Ungenügende Herstellung
    - > Geldersatzanspruch kann Herstellungsanspruch ersetzen oder ergänzen (insb. wenn nach Reparatur merkantiler Minderwert (“Unfallwagen”) verbleibt)
  3. § 251 II: Herstellung nur mit unverhältnismäßigem Aufwand
    - > § 251 II schränkt Herstellungsinteresse zugunsten des Wertinteresses in Ansehung der Interessen des Schädigers ein
    - > insb. wirtschaftlicher Totalschaden: wenn Reparaturkosten den Wert des Kfz vor dem Unfall um mehr als 30 % (Integritätszuschlag) übersteigen (v.a. bei alten Gebrauchtwagen) -> Rspr: Wiederbeschaffung als Form der Naturalrestitution: § 251 II wird nicht direkt angewendet, sondern über das Kriterium der Erforderlichkeit bei § 249 II
    - > bei Personenschäden nicht anwendbar, da keine wirtschaftliche Unverhältnismäßigkeit zur Wiederherstellung körperlicher Integrität bestehen kann
26
Q

Abstrakte vs. konkrete Schadensberechnung

A
  1. Grds. konkret, = danach, welche Einbuße der Geschädigte im einzelnen Fall tatsächlich erlitten hat
    - > Nachteil: zwingt Kaufleute dazu, im Rechtsstreit ihre Bücher und Kalkulation offen zu legen
  2. Ausnahmsweise abstrakt, = ohne Berücksichtigung der besonderen Umstände des Schadensverlaufs im Einzelfall; es ist von vorgegebenen Werten auszugehen (bspw. § 376 II HGB; bei Verlust von Gebrauchsvorteilen; bei Nutzungsausfall von Kfz wird die Schadensberechnung pauschaliert)
27
Q

P: § 255 (Abtretung von Ersatzansprüche) analog?

A
  1. Planwidrige Regelungslücke
    - > wenn ein Schaden vorliegt, für den mehrere verantwortlich sind, haften diese als Gesamtschuldner (grds.) - nach § 840 ist auch keine Gleichstufigkeit erforderlich
    - > Ausgleichspflichten bestehen somit bereits nach § 426, sodass keine Regelungslücke vorliegt
28
Q

DSL: Ansprüche des Geschädigten/Dritten gegen den Anspruchsinhaber

A

I. Primäranspruch/SEA (-)
II. § 285 I (analog)
1. Bestehen eines auf die Leistung eines Gegenstandes gerichteten SV (zwischen Geschädigtem und Anspruchsinhaber)
2. Unmöglichkeit gem. § 275
3. Unmöglichkeitsbedingte Erlangung eines Ersatzes/Ersatzanspruches
4. Identität zwischen eigentlichem Leistungsgegenstand und Ersatz
5. Rechtsfolge: Anspruch auf Abtretung des Anspruches bzw. des durch Geltendmachung des Anspruches Erlangten