2/6 (Art. 5 I, II; Art. 5 III; Art. 3) Flashcards

1
Q

Art. 5 I: Besonderheit des persönlichen Schutzbereichs

A
  • auf Art 5 I 2 können sich auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten berufen
  • > natürlich auch Private, die Rundfunk veranstalten
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2
Q

Art. 5 I: Sachlicher Schutzbereich: Meinungsfreiheit

A
  • Meinung = jede wertende Stellungnahme (vs. Tatsachenbehauptungen = dem Beweis zugängliche Behauptungen, die wahr oder falsch sein können)
  • > durch Elemente der Stellungnahme, des Dafürhaltens geprägt
  • > auch polemische Form geschützt
  • Abgrenzungsschwierigkeiten: auch eine Tatsachenbehauptung kann (und wird idR) stillschweigend mit einem Werturteil verbunden sein, dann SB (+) (Schutzbereich nicht zu eng auslegen)
  • Tatsachenbehauptung (+), wenn sie Voraussetzungen der Bildung von Meinungen sind (nur solche Tatsachenbehauptungen, die weder mit Werturteilen verbunden sind, noch für die Bildung von Meinungen relevant sind, fallen aus dem SB heraus)
  • erwiesen oder bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen nicht im SB
  • kommerzielle Werbung: auch Meinungsäußerung, wenn sie wirtschaftlichen Zwecken dient (jedoch Eingriff idR leichter zu rechtfertigen)
  • Geschütztes Verhalten: jede Form der Meinungsäußerung - in Wort, Schrift, Bild, Wahl des Ortes und Zeit, inkl. Empfang der Meinung vom Adressaten; auch Internet
  • > ausgenommen: wenn sich Mittel der Meinungsäußerung wirtschaftlichen Druckes oder Gewalt bedienen (“Blinkfüer”)
  • negative Meinungsfreiheit = Recht, bestimmte Meinungen nicht zu äußern oder verbreiten zu müssen
  • > nicht umfasst, wenn es sich um erkennbar fremde Meinungen handelt (Zigarettenwarnung der EU-Gesundheitsminister) oder um bloß statistische Angaben
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3
Q

Art. 5 I: Sachlicher Schutzbereich: Informationsfreiheit

A
  • Informationsquelle: jeder denkbare Träger von Informationen, aber auch der Gegenstand der Information selbst
  • Allgemein zugänglich
  • > eA: faktische Betrachtungsweise
    con: historisch kein Leistungsrecht (gegen Feindsenderregeln des 2. WK gerichtet)
  • > aA: Zweckbestimmung durch den Urheber (= wenn sie „geeignet und bestimmt ist, der Allgemeinheit, also einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen“)
  • Geschützte Handlungsformen:
  • > Unterrichtung dh der passive Empfang
  • > aktives Beschaffen mit seinen notwendigen Voraussetzungen (zB Errichtung einer Antenne)
  • Negative Informationsfreiheit: Schutz vor unentrinnbar aufgedrängter Information
  • EGMR: aus Art. 10 Abs. 1 S. 2 EMRK in bestimmten Fällen unmittelbarer Anspruch auf Eröffnung des Zugangs zu bestimmten Informationen, wenn das im öffentlichen Interesse geboten
  • > BVerfG zurückhaltend
  • Str.: Gerichtsverhandlungen
  • Abgrenzung zur Meinungsfreiheit
  • > Informationsfreiheit schützt allein den Empfänger; Meinungsfreiheit schützt allein den Sender
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4
Q

Art. 5 I: Sachlicher Schutzbereich: Pressefreiheit

A
  • weite Auslegung (BVerfG): Presse als “jegliche zur Verbreitung geeigneten und bestimmten Druckerzeugnisse”
  • > auch: einmalige Druckerzeugnisse, gruppeninterne Publikationen, Ton- und Bildträger
  • > Umfang aufgrund neuer Medien? auch CDs, DVDs und andere Datenträger (BVerfG)
  • Publikationen im Internet: Rundfunkfreiheit
  • Geschützte Verhaltensweisen: sämtliche Verhaltensweisen im Zusammenhang mit der Erzeugung und Verbreitung von Presseprodukten (von der Beschaffung der Information bis zur Verbreitung von Nachrichten und Meinungen)
  • > BVerfG: Inhalt von Art. 5 I S. 1 geschützt - S. 2 nur als zusätzliche Schutzgewähr
  • negativ: Schutz vor der Veröffentlichungspflicht von staatlichen Aufrufen, Warnungen und Bulletins in privaten Presseerzeugnissen
  • Der Auskunftsanspruch erfasst auch die zumutbare Aufbereitung vorhandener Informationen
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5
Q

Art. 5 I: Sachlicher Schutzbereich: Rundfunkfreiheit

A
  • = „jede Verbreitung von Inhalten aller Art für einen unbestimmten Personenkreis in drahtgebundener oder drahtloser Form“
  • > alle elektromagnetisch oder elektrisch übertragenen, nicht verkörperten Inhalte ->Abgrenzung zur Pressefreiheit nach Verkörperung der Information
  • Hörfunk und Fernsehen und neue Medien
  • Unterscheidung verschwimmt zunehmend („Medienkonvergenz“): um Rundfunk handelt es jedoch insoweit nur, wenn auch eine redaktionelle Tätigkeit vorliegt
  • geschützte Verhaltensweisen: wie Pressefreiheit
  • Die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk (Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG) schützt die Beschaffung der Informationen und die Erstellung der Programminhalte bis hin zu ihrer Verbreitung unter Nutzung rundfunkspezifischer Mittel der Informationsaufnahme, insbesondere von Ton- und Bewegtbildaufnahmen.
  • auch die Voraussetzungen und Hilfstätigkeiten, ohne welche der Rundfunk seine Funktion nicht in angemessener Weise erfüllen kann (Geheimhaltung der Informationsquellen und das Vertrauensverhältnis zu den Informanten sowie die Vertraulichkeit der Redaktionsarbeit).
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6
Q

Art. 5 I: Sachlicher Schutzbereich: Filmfreiheit

A
  • Film = eine Übermittlung von Gedankeninhalten durch Bilderreihen, die zur Projektion bestimmt sind
  • > im Unterschied zum Rundfunk richtet sich der Film am Ort des Abspielens an die Öffentlichkeit
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7
Q

Art. 5 I: Eingriff, besonders in die Presse- und Informationsfreiheit

A
  • Pressefreiheit
  • > auch mittelbare Einwirkungen auf die Presse wie etwa die Aufnahme eines Presseorgans in den Bericht des Verfassungsschutzes
  • Informationsfreiheit
  • > endgültige Verwehrung oder zeitliche Verzögerung des Zugangs zu Informationen
  • > staatliche Registrierung und Erfassung der Informationsquelle, derer sich Bürger bedienen
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8
Q

Art. 5 II: P: Rechtfertigung: “allgemeine Gesetze”

A
  • eA: Deckungsgleich mit dem Verbot des Einzelfallgesetzes gem. Art 19 I 1
    pro: Wortlaut (allgemein -> “abstrakt-generelle Regelung”)
    con: dann wäre diese Bestimmung überflüssig -> bestimmte inhaltliche Qualität erforderlich
  • aA: Sonderrechtslehre:
  • > Variante 1: allgemein, wenn sich Gesetz nicht gegen eine Meinung als solche richtet und sie verbietet (also eine bestimmte geistige Zielrichtung und geistige Wirkung)
  • > Variante 2: allgemein, wenn sich Gesetz nicht speziell gegen Meinungsäußerung als solche richtet, sondern Rechtsgut gegen alle möglichen Verletzungen schützen will
    con: zu formalistisch
    con: Forderung eines materialen Begriffs
  • wA: Abwägungslehre: allgemein diejenigen Gesetze, die deshalb den Vorrang haben, weil das von ihnen geschützte gesellschaftliche Gut wichtiger ist als die Meinungsfreiheit
    con: iE Verhältnismäßigkeitsprüfung, die ohnehin durchgeführt wird (in WRV jedoch noch nicht)
    con: Schwankung der Abwägungsergebnisse, von denen Allgemeinheit abhängig gemacht wird
  • BVerfG: Allgemein sind Gesetze dann, wenn sie sich weder gegen die Meinungsfreiheit an sich noch gegen bestimmte Meinungen richten, sondern dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen
    Gesetz muss also
    -> 1. ein Rechtsgut allgemein und damit unabhängig davon schützen, ob es durch Meinungsäußerungen oder auf andere Weise verletzt wird
    ->2. so ausgestaltet, dass es sich tatsächlich gegenüber verschiedenen Meinungen neutral verhält und nicht im Hinblick auf den angestrebten Rechtsgüterschutz eine bestimmte Meinung diskriminiert.
    ->auch inhaltsanknüpfende Normen sind als allgemeine Gesetze zu beurteilen, wenn sie erkennbar auf den Schutz bestimmter Rechtsgüter und nicht gegen eine bestimmte Meinung gerichtet sind.

pro: Betonung der Meinungsneutralität der allgemeinen Gesetze durch das BVerfG
pro: Eingriff darf sich nicht gegen die rein geistige Wirkung vorgehen, da diese das Prinzip des geistigen Kampfes ist, sondern ist insofern auf den Schutz von RG-Gefährdungen in der „Sphäre der Äußerlichkeit“ beschränkt

-> • Ausnahme für nicht allgemeinen Gesetze: Vorschriften, die auf die Verhinderung einer propagandistischen Verherrlichung der nationalsozialistischen Gewalt und Willkürherrschaft zwischen den Jahren 1933 und 1945 zielen. Das Verbot von Sonderrecht gemäß Art. 5 Abs. 2 GG weist insoweit eine verfassungsimmanente Schranke auf
(+) das GG ist der Gegenentwurf zur nationalsozialistischen Schreckensherrschaft
! aber nicht allg. antinationalsozialistisches Grundprinzip, sodass auch Äußerungen mit nationalsozialistischem Inhalt geschützt sind

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5
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9
Q

Art. 5 II: Rechtfertigung: Wechselwirkungslehre (Schranken-Schranke)

A

= die allgemeinen Gesetze setzen zwar dem Wortlaut nach dem Grundrecht Schranken, müssen ihrerseits aber in ihrer begrenzenden Wirkung selbst wieder im Lichte des Grundrechts eingeschränkt werden

Bedeutung iRd Sinn- und Deutungs-, der Normauslegungs- und der Normanwendungsebene. Die Prüfung dieser Ebenen ist Bestandteil der Angemessenheitsprüfung (= Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne) entweder hinsichtlich des Gesetzes (Normauslegungsebene) oder hinsichtlich des Einzelaktes (Deutungs- und Normanwendungsebene).

  1. Sinn- und Deutungsebene: Zunächst ist Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG beim Verständnis der Äußerung zu beachten, die zu dem Eingriff Anlass gegeben hat. Die Äußerung ist selbst zurückhaltend auszulegen. Maßgeblich für die Deutung ist der Sinn, den eine Äußerung nach dem Verständnis eines unvoreingenommenen und verständigen Durchschnittspublikums hat.
    Mehrdeutige Äußerungen sind stets daraufhin zu untersuchen, ob ein Verständnis möglich ist, das für Beschränkungen von vornherein keinen Anlass gibt und kein Rechtsgutkonflikt besteht (wohlwollende Auslegung).
  2. Normauslegungsebene: die in die Kommunikationsfreiheiten eingreifende Norm ist selbst grundrechtsbezogen auszulegen→ Vermutung zu Gunsten der Meinungsfreiheit und keine Begründung überhöhter Anforderungen
  3. Normanwendungsebene: Prüfung im Einzelfall, ob die konkrete Normanwendung die Kollision zwischen dem Kommunikationsgrundrecht und dem kollidierenden Interesse zutreffend aufgelöst hat
    - >vor dem Hintergrund der Bedeutung der Meinungsfreiheit im geistigen Kampf der freiheitlichen Demokratie
    - > bei öffentlicher Meinungsäußerung: Vermutung zugunsten der freien Rede
    - > bei Schmähkritik und Formalbeleidigungen: grds. keine Abwägung (aber auch hohe Anforderungen an die Feststellung derselben)
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10
Q

Art. 5 II: Rechtfertigung: Sonderrecht bei bestimmten Meinungsäußerungen

A
  • BVerfG: Ausnahme vom Allgemeinheitserfordernis bei „Meinungsäußerungen, die eine positive Bewertung des nationalsozialistischen Regimes in seiner geschichtlichen Realität zum Gegenstand haben“ (verfassungsimmanente Schranke)
    con: Sonderrecht
    con: dogmatisch inkonsistent (Schutzbereichseinschränkung wäre konsequenter)
    pro: dezidiert antinazistische Kräfte bei der Entstehung und Inkraftsetzung des GG - GG als “Gegenentwurf zum Totalitarismus der NS-Zeit”
    pro: Verhältnismäßigkeit muss dennoch gewahrt sein
    pro: nicht Sonderrecht gegen jede Meinungsäußerung in Bezug auf NS-Zeit, sondern nur bei positiver oder verherrlichender Bezugnahme
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11
Q

Art. 5 II: Rechtfertigung: Schutz der Jugend

A

“Rechtnormen, die die ungestörte Entwicklung der Jugend vor Gefahren schützen sollen”

-> keine eigenständige Bedeutung, geht in allgemeinen Gesetzen auf

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12
Q

Art. 5 II: Rechtfertigung: Recht der persönlichen Ehre

A
  • Vermutung für die Zulässigkeit der freien Rede
  • > Grenze, wenn
  • die Meinungsäußerung kein Thema von allgemeiner öffentlicher Bedeutung zum Gegenstand hat
  • die Menschenwürde angreift
  • eine Formalbeleidigung oder Schmähkritik
  • Erst- statt Gegenschlag ist
  • Auf rechtswidrig erlangter Information beruht
  • Tatsachengehalt unrichtig ist oder nicht sorgfältig geprüft wurde
  • Gesetzesvorbehalt gilt auch hier
  • Allgemeinheitserfordernis muss auch hier gewahrt werden
  • > geringe eigenständige Bedeutung
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13
Q

Art. 5 I S. 3: Schranken-Schranke des Zensurverbots

A
  • gilt für alle Grundrechte in Art. 5 I
  • Zensur = präventives Verfahren, vor dessen Abschluss ein Werk nicht veröffentlicht werden darf (dazu zählen auch Eingriffe, deren Folgen einem präventiven Verfahren faktisch gleichkommen, bspw. zB Erfordernis einer behördlichen Vorprüfung oder Genehmigung des Inhalts - präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt)
  • BVerfG will Zensurverbot jedoch nicht auf Informationsfreiheit ausdehnen: Zensurverbot schütze der Natur der Sache nach nur den Hersteller eines Werks, nicht aber dessen Bezieher und Leser
  • Nachzensur ist solange zulässig, als sie sich im Rahmen der Schranken des Art 5 II bewegt
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14
Q

Art. 5 III: P: Sachlicher Schutzbereich: Was ist Kunst?

A
  • Materialer Kunstbegriff: Wesentliches an Kunst ist „die freie schöpferische Gestaltung, in der Eindrücke, Erfahrungen, Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formensprache zu unmittelbarer Anschauung gebracht werden“
  • > auch Photographie ist umfasst, da bewusster Ausschnitt aus Realität und Gestaltung mit photographischen Mitteln
  • Formaler Kunstbegriff: Zuordnung zu einem bestimmten Werktyp (Malen, Bildhauen, Dichten, Theater, …)
  • Offener Kunstbegriff: „wegen der Mannigfaltigkeit ihres Aussagegehalts ist es möglich, der Darstellung im Wege einer fortgesetzten Interpretation immer weiter reichende Bedeutung zu entnehmen, sodass sich eine praktisch unerschöpfliche, vielstufige Informationsvermittlung ergibt“
  • Kriterium de Drittanerkennung: ein in Kunstfragen sachverständiger Dritter hält es für vertretbar, den Gegenstand als Kunstwerk anzusehen)
  • Kunstfreiheit als Definitionsverbot: dem Staat ist es verwehrt, dem Kommunikationsprozess Kunst seine Vorstellungen von richtiger, wahrer und guter Kunst aufzuzwingen
  • BVerfG: parallele Verwendung der Begriffe, kein Streitentscheid im engeren Sinn
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15
Q

Art. 5 III: Schutzbereich: Kunstfreiheit (Umfang der Gewährleistung)

A
  • Einzelner muss nicht professioneller Künstler sein
  • Geschützt ist sowohl Werkbereich als auch Wirkbereich
  • > Werkbereich: künstlerische Betätigung selbst (auch Vorbereitungsakte)
  • > Wirkbereich: alle Handlungen der Darbietung und Verbreitung, die der Öffentlichkeit Zugang zu dem Kunstwerk verschaffen
  • -> Erforderliche Kommunikationsmittel und Kommunikationsmittler zwischen Künstler und Öffentlichkeit/Publikum für kunstspezifische Befassung mit dem Werk sind auch umfasst
  • aber: vorbehaltslose Gewährleistung: besonders sorgfältige Bestimmung des SB nötig
  • > bei kunstgemäßer Beurteilung literarischer Texte gilt eine Vermutung für deren Fiktionalität
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16
Q

Art. 5 III: Persönlicher Schutzbereich: Wissenschaftsfreiheit

A

= jede Person im wissenschaftlichen Bereich; juristische Personen, soweit sie wissenschaftliche Arbeit veranlassen (einschließlich sog. Industrieforschung, hM); Hochschulen und Fakultäten als öffRliche Anstalten und sonstige staatliche Forschungseinrichtungen (MPIs - sind aber formaliter ein e.V.)
-> auch Studenten und Assistenten, sofern selbstständige wissenschaftliche Betätigung

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17
Q

Art. 5 III: Sachlicher Schutzbereich: Wissenschaftsfreiheit

A

1) Wissenschaft
= „jede Tätigkeit, die nach Inhalt und Form als ernsthafter und planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist“
-> Ernsthaft: Wissenschaft setzt einen gewissen Kenntnisstand voraus und pflegt diesen
-> Planmäßig: methodisch geordnetes Denken
-> Erkenntnisse werden in den öffentlichen Diskurs gegeben und dort kritisch infrage gestellt

  • Offener Wissenschaftsbegriff
  • > keine staatliche Beurteilung von guter vs. schlechter bzw. wahrer vs. falscher Wissenschaft (vgl. Kunstfreiheit)
  • > jedoch: keine Wissenschaft, wenn der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit systematisch verfehlt wird (insb. wenn vorgefassten Meinungen bloß wissenschaftlicher Anschein gegeben werden soll)

2) Forschung
= “geistige Tätigkeit mit dem Ziele, in methodischer, systematischer und nachprüfbarer Weise neue Erkenntnisse zu gewinnen”
dazu gehören die Wahl der „Fragestellung und die Grundsätze der Methodik sowie die Bewertung des Forschungsergebnisses und seine Verbreitung“

3) Lehre
= “wissenschaftlich fundierte Übermittlung der durch die Forschung gewonnenen Erkenntnisse”
meint „insbesondere deren Inhalt, den methodischen Ansatz und das Recht auf Äußerung von wissenschaftlichen Lehrmeinungen“

4) Leistungsrechtliche Komponente
- sowohl der Hochschullehrer als auch der Hochschulen auf finanzielle Grundausstattung, die von wissenschaftsfremden Motiven unabhängige Eigengesetzlichkeit der Wissenschaft zur Geltung zu bringen

5) Objektivrechtliche Komponente
- Vorgaben zur Hochschulorganisation (Gremien und Zusammensetzung)

18
Q

Art. 5 III: Eingriffe: Wissenschaftsfreiheit

A
  • jegliche Form der Beeinträchtigung: Verbot von bestimmter Forschung oder Forschung unter Erlaubnisvorbehalt (Genehmigungserfordernis, bspw. Forschung an Stammzellen, Menschen, Tieren)
  • > Verbote von Veröffentlichungen
  • > Auflagen, Vorgaben (bspw. für zu subventionierende Forschungsprojekte)
  • > Staatliche Warnung vor bestimmten Forschern
19
Q

Art. 5 III: Rechtfertigung

A
  • kein Gesetzesvorbehalt
  • eA: Übertragung der Schranken von Art 5 II und Art 2 I möglich
    con: Wortlaut, Teleologie, Systematik
  • aA: nur durch kollidierendes VerfassungsR (insbesondere bzgl. Kunstfreiheit Art. 2 I iVm 1 I, Art 14, Art. 6 II S. 1 (Jugendschutz); bzgl. Wissenschaftsfreiheit Art 1 I, 2 II, 14 und Treueklausel aus Art. 5 III S. 2)
  • > beachte: dennoch Gesetzesvorbehalt
20
Q

Art. 5 III: Rechtfertigung bei Eingriffen in das APR (kollidierendes Verfassungsrecht: kunstspezifische Prüfung)

A
  • BVerfG: inwieweit ist das künstlerische Werk als Darstellung der Realität aufzufassen und dementsprechend geeignet, persönlichkeitsverletzend (con Art. 2 I iVm Art. 1 I) zu sein?
    -> Je-Desto-Formeln:
    • Je unumstrittener der Bereich der Kunstfreiheit zuzuordnen ist und je mehr er dem Bereich des Schaffens (vs. des Wirkens) zuzuordnen ist, desto weniger sind staatliche Eingriffe zuzulassen
    • Je stärker Abbild und Urbild übereinstimmen und je privater das Urbild abgebildet wird, desto eher ist das Persönlichkeitsrecht gegenüber der Kunstfreiheit zu schützen
    • In der Kollision zwischen Kunstfreiheit und Eigentumsfreiheit gerechtfertigt, Kunstfreiheit jenseits der Grenze der Strafbarkeit hinter der Eigentumsfreiheit zurücktreten zu lassen
  • aA (Lit): Gesamtbetrachtung
    pro: Fiktionalisierungserfordernisse wird gerade spezifischen Kunstformen (Esra) nicht gerecht
    pro: Missbrauch der Kunst zur Persönlichkeitsverletzung kann durch Gesamtbetrachtung besser festgestellt werden als durch Einzelpassagenbetrachtung
    pro: weder Publikum noch Gericht können Dichtung und Wahrheit in Unkenntnis der wahren Sachlage auseinanderhalten
21
Q

Art. 3 I: Rechtlich relevante Ungleichbehandlung

A

= Ungleichbehandlung von „wesentlich Gleichem“ oder Gleichbehandlung von “wesentlich Ungleichem”

  • Vergleichbarkeit bedarf eines Bezugspunktes (tertium comparationis)
  • > gemeinsamer Oberbegriff (genus proximum), unter den die rechtlich verschieden behandelten verschiedenen Personen(gruppen) oder Situationen fallen (wesentlich = keine strikte Identität, sondern wertungsmäßige Vergleichbarkeit)
  • > Differenzierungen nach Art 3 II, III auf Rechtfertigungsebene zu erörtern (-> darf nicht zur Verneinung des gemeinsamen Oberbegriffs führen)
  • > somit Ungleichbehandlung dann gegeben, wenn
    1. Eine Person, Personengruppe oder Situation in einer bestimmten Weise, durch Eingriff oder Leistung, in Teilhabe oder Verfahren, rechtlich behandelt wird
    2. Eine andere Person, Personengruppe oder Situation in einer bestimmten anderen Weise rechtlich behandelt wird
    3. Beide unter einen gemeinsamen, andere Personen, Personengruppen oder Situationen ausschließenden Oberbegriffe gefasst werden können
22
Q

Art. 3 I: Rechtlich relevante Ungleichbehandlung: Typisierungen und Pauschalierungen

A
  • Möglichkeit der Ungleichbehandlung neben Vergleichsgruppenkonstellationen (BVerfG):
    -> Typisierung: tatbestandliche Zusammenfassungen verschiedenartiger Sachverhalte
    -> Pauschalierung: einheitliche Bemessung von Leistungen auf Rechtsfolgenebene
    con (Epping): bewusste Hinwegsetzung des Gesetzgebers aus rechtsanwendungspraktischen Gründen
    con (Epping): Jedem das Gleiche wird im Ergebnis zu Jedem
23
Q

Art. 3 I: Rechtlich relevante Ungleichbehandlung: Verwaltung

A
  • grds. gem. § 40 VwVfG Ermessen
  • Selbstbindung der Verwaltung: Verwaltung hat sich über längere Zeit hinweg für eine bestimmte Rechtsfolge entschieden, sodass sie zukünftig bei gleichen (= vergleichbaren) Fällen die gleiche (= identische) Rechtsfolge anwenden muss
  • > Ausnahme: sachlich rechtfertigend Gründe
  • > Ausnahme: keine Gleichbehandlung im Unrecht
24
Q

Art. 3 I: Rechtlich relevante Ungleichbehandlung: Rechtsprechung

A
  • BVerfG: Gerichte können nicht im Wege der Auslegung und Fortbildung gesetzlicher Vorschriften zu einer Differenzierung zu gelangen, die schon dem Gesetzgeber verboten wäre
  • > nur soweit also das Auslegungsergebnis – als allgemeiner Rechtssatz formuliert – mit Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Einklang steht, gelangt das BVerfG zum Ergebnis der Verfassungswidrigkeit
  • Ansonsten: Spannungsverhältnis mir der Unabhängigkeit des Richters, Art. 97 GG
  • > Art. 3 I GG fordert keine Einheitlichkeit der Rspr.
  • > BVerfG keine Superrevisionsinstanz, sodass nur bei objektiv willkürlicher Ungleichbehandlung (= wenn offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder den Inhalt einer Norm in krasser Weise missdeutet)
25
Q

Art. 3 I: Rechtlich relevante Ungleichbehandlung: unterschiedliche Hoheitsträger

A
  • hM: Differenzierung nur rechtlich relevant, wenn Ungleichbehandlung durch denselben Hoheitsträger in seinem eigenen Kompetenzbereich erfolgt
  • > (-) wenn verschiedene Bundesländer jeweils für ihr Gebiet unterschiedliche Regelungen treffen (Konsequenz föderaler Ordnung)
  • > (-) wenn Bundesrecht und Landesrecht unterschiedliche Regelungsmaterien treffen (aufgrund Kompetenzzuordnung idR unterschiedliche Regelungsbereiche, die selbstständig vom Gesetzgeber geregelt werden)
  • > str. bei Bundesrecht und EU-Recht
  • Freiheitsrechte können dennoch verletzt sein
26
Q

Art. 3 I: Verfassungsrechtliche Rechtfertigung - Verhältnismäßigkeitsprüfung

A
  • früher: Willkürformel: ungerechtfertigt, wenn sich kein sachlich einleuchtender oder vernünftiger Grund für die Differenzierung finden lässt
  • heute: neue Formel: für die Differenzierung muss ein „Grund von solcher Art und von solchem Gewicht“ vorhanden sein, „dass er die Ungleichbehandlung rechtfertigen kann“
  • > dafür gilt ein „stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen“:

a) Legitime Zwecke: grds. alle, die nicht ausdrücklich verboten sind
aa) Interne Zwecke: Bestehende Unterschiede zwischen den Vergleichsgruppen
bb) Externe Zwecke: Ungleichbehandlung zur Verfolgung eines Allgemeinwohlzwecks
b) Geeignetheit
c) Erforderlichkeit
aa) Leistungsverwaltung: grds. weiter Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers
d) Angemessenheit abhängig von der Intensität der Ungleichbehandlung
aa) Strenge Angemessenheitsprüfung
aaa) Gewichtung des Zwecks (extern vs. intern)
bbb) Intensität der Ungleichbehandlung
ccc) Abwägung
bb) Bloße Willkürkontrolle

27
Q

Art. 3 I: Verfassungsrechtliche Rechtfertigung - Verhältnismäßigkeitsprüfung: Kriterien für strenge Angemessenheitsprüfung vs. bloße Willkürkontrolle

A

1) strenge Angemessenheitsprüfung
- > Je mehr das Kriterium der Ungleichbehandlung einem der nach Art 3 III verbotenen Kriterien ähnelt
- > Je weniger der Betroffene das Kriterium der Ungleichbehandlung beeinflussen kann (insb. personenbezogene Ungleichbehandlung)
- > Je mehr die Ungleichbehandlung den Gebrauch GRlich geschützter Freiheiten erschwert

2) bloße Willkürkontrolle
- > Je mehr es sich um bloß sach- bzw. verhaltensbezogene Ungleichbehandlungen handelt (Betroffene können sich darauf einstellen)
- > Gewährung von freiwilligen staatlichen Leistungen (insb. Subventionen - “nur” positive Diskriminierung): Gemeinwohlbezogenheit entscheidend, ansonsten weiter Einschätzungsspielraum
- > Je mehr es sich um Massenentscheidungen handelt
- > Je komplexer der zugrundeliegende Lebenssachverhalt ist

28
Q

Art. 3 I: Verfassungsrechtliche Rechtfertigung - Verhältnismäßigkeitsprüfung: Gleichbehandlung von wesentlich Ungleichem

A
  • Untermaßverbot (BVerfG)
  • > wenn es der Gesetzgeber unterlässt, tatsächliche Ungleichheiten des zu ordnenden Lebenssachverhalts zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen
29
Q

Art. 3 III: Definition der besonderen Anforderungen aus Art. 3 III

A
  • Abstammung: biologische Beziehung zu Vorfahren
  • Heimat: emotional besetzte örtliche Herkunft eines Menschen nach Geburt oder Ansässigkeit (ursprgl. Gegen Diskriminierung von Flüchtlingen und Vertriebenen nach 2. WK) - nicht: Wohnsitz, eher: Region/Land
  • Herkunft: sozialer, schichtenspezifischer Aspekt der Abstammung (“Arbeiterkind”)
  • Rasse: Gruppen mit bestimmten (vermeintlich) vererblichen Eigenschaften
  • Religiöse Anschauungen: mit „Glauben“ identisch
  • Behinderung: nicht nur vorübergehende Beeinträchtigung der körperlichen, geistigen oder seelischen Funktionen
  • Politische Anschauung
  • > unstr. Haben
  • > str. Äußern und Umsetzen
    pro: an rein innere Einstellung kann idR gar nicht angeknüpft werden; Merkmal schützt nur sinnvoll, wenn auch Betätigung im geistigen Meinungskampf geschützt ist

-> ähnliche Verschärfung des Prüfungsmaßstabes, wenn das Merkmal denen aus Art 3 II, III nahe kommt (insb. relevant bei Staatsangehörigkeit und sexueller Identität/Orientierung)

30
Q

Art. 3 III: Ungleichbehandlung “wegen”

A
  • BVerfG früher: nur, wenn gerade Ungleichbehandlung aufgrund des Merkmals bezweckt war (Diskriminierung als Selbstzweck)
    con: Art. 3 III damit praktisch wirkungslos
  • BVerfG heute: “wegen” als “anhand”
    pro: Art. 3 III bringt zum Ausdruck, dass Merkmal in keiner Weise als Differenzierungskriterium gebraucht werden soll
  • > jedoch: Kausalität zwischen der Ungleichbehandlung und der Verwendung eines verbotenen Differenzierungskriteriums erforderlich
  • > auch faktische und mittelbare (indirekte) Ungleichbehandlungen, die an den Merkmalen des Art. 3 III GG festzumachen sind, sind verboten
31
Q

Art. 3 III: Rechtfertigung der Ungleichbehandlung

A
  • Nur durch kollidierendes Verfassungsrecht
  • > nur Normen, die Ungleichbehandlungen auf Grund bestimmter Kriterien unmittelbar zulassen oder wenigstens nahe legen
  • -> Art. 12a (Wehrdienst für Männer)
  • -> Art. Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 ff. WRV (Bevorzugung gewisser Religionsgemeinschaften)
  • > Verhältnismäßigkeitsprüfung mit idR hohen Anforderungen, insb. wenn rechtliche Regelung direkt an Merkmal anknüpft
32
Q

Art. 3 II: Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen von Männern und Frauen

A
  • BVerfG: allenfalls gerechtfertigt, wenn Differenzierung wegen biologischer Unterschiede zwischen Männern und Frauen erforderlich ist
  • > dennoch: strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung
  • Kollidierendes Verfassungsrecht
  • > insb. bei positiver Diskriminierung von Frauen: Art. 3 II S. 2 GG
33
Q

Art. 3 II: Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen von Männern und Frauen: Gleichberechtigungsgebot, Art. 3 II S. 2 GG

A
  • Förderpflicht des Staates / Gleichberechtigungsgebot
  • > tw. als Staatszielbestimmung
  • begründet subjektives Recht, soweit der Staat seiner Förderpflicht gar nicht nachkommt (wobei weiter Einschätzungsspielraum besteht)
  • Chancengleichheit oder Ergebnisgleichheit (“Frauenquote”)
    -> pro: “Gruppengrundrecht”
    –> con: GG kennt keine Gruppengrundrechte
    -> con: Art. 33 II GG im öffentlichen Dienst
    –> EuGH-Kriterien (Vereinbarkeit mit Art. 157 AEUV) zur bevorzugten Einstellung von Frauen:
    • gleiche Qualifikation von Bewerberin und Bewerber
    • in der Funktions- oder Vergütungsgruppe sind nicht mindestens 50 % Frauen
    • in der Person des Bewerbers sind keine Gründe, die seine Einstellung erfordern (sog. Öffnungsklausel)
34
Q

Art. 3: Rechtfertigung: Besondere Anforderungen aus Art. 6

A
  • Art 6 I gebietet nicht die Besserstellung, verbietet aber die Schlechterstellung von Verheirateten gegenüber Ledigen, Eltern ggü Kinderlosen, Ehe und Familie ggü andern Lebens- und Erziehungsgemeinschaften
  • Art 6 IV: Verbot der Schlechterstellung von Müttern ggü Nicht-Müttern
35
Q

Art. 3: Rechtfertigung: Besondere Anforderungen bei politischen Rechten

A
  • Art. 38 I 1 (ua Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl)
  • > Allgemeinheit: gleiche Fähigkeit aller Deutschen, zu wählen und gewählt zu werden
  • > Gleichheit: gleicher Erfolgswert; gleicher Zählwert; Chancengleichheit; Anspruch auf Wahlprüfverfahren
  • > „spezialgesetzlich normierte Ausprägung der vom GG in Art 3 I allgemein gewährleisteten Gleichheit der Bürger“
  • Politische Meinungsbildung
  • > Grundsatz der formalen Gleichheit, der die Ausübung politischer Rechte in der freien Demokratie beherrscht
  • > Chancen, Sendezeiten, Plakatflächen, Steuervorteile rechnerisch zuzuteilen
  • > Jedoch: kein rein nivellierendes Eingreifen als formale Gleichbehandlung, wodurch Freiheitsrechte um ihre Bedeutung gebracht würden – Freiheit lässt es zu, dass bestimmte Gruppen und Bürger sich unterschiedlich stark Gehör verschaffen können
  • > Chancengleichheit der Parteien: verlangt für Ungleichbehandlung besondere zwingende Gründe (keine schematische Gleichheit, sondern proportionale Gleichheit ausreichend – bspw. Zuteilung nach „Bedeutung der Parteien“)
36
Q

Art. 3: Rechtfertigung: Besondere Anforderungen bei den staatsbürgerlichen Rechten und Pflichten

A
  • Art 33 I: speziell zu Art 3: verbürgt nicht Gleichheit allgemein, sondern nur gleiche staatsbürgerliche Rechte und Pflichten („das gesamte Rechtsverhältnis des Staatsbürgers zum Staat“), und nicht allen, sondern nur Deutschen
  • > Art 33 I ergänzt Art 3 II, III (verdrängt ihn nicht): ergänzend besteht ein weiteres Begründungs- und Rechtfertigungsverbot
  • Art 33 II: zusätzliche Begründungs- und Rechtfertigungsverbote
  • Art 33 III: eher aus historischen und systematischen Gründen enthalten (wiederholt Art. 3 III GG, der aber auch umfangreicher ist)
37
Q

Art. 3: Folgen eines Gleichheitsverstoßes

A
  • Ungleichbehandlung zwischen zwei Gruppen kann verschieden behoben werden
    a) Belastung der einen
    b) Begünstigung der anderen
  • > BVerfG kommt kein Gestaltungsspielraum zu; erklärt Norm nicht für nichtig, sondern nur für mit dem GG nicht vereinbar (Übergangsfrist für Gesetzgeber)
  • BVerfG sehr zurückhaltend: Gestaltung in Fällen:
  • > Verfassungsauftrag verlangt eine begünstigende Behandlung und Gesetzgeber enthält diese Bürgern gleichheitswidrig vor (einziger Weg zur Beseitigung des Verfassungsverstoßes)
  • > Ungleich auferlegte Belastung: nur nichtig, wenn klar ist, dass der Gesetzgeber das Gesetz auch ohne die belastende Vorschrift aufrechterhalten hätte
  • beachte: liegt neben Verstoß gegen Art. 3 GG noch eine Verletzung eines Freiheitsrechts vor, kann die Norm deswegen für nichtig erklärt werden
38
Q

Prüfung: Art. 3 I

A

I. Rechtlich relevante Ungleichbehandlung

II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Vorbemerkung: Die Geltung des Parlamentsvorbehaltes im Bereich des allg. Gleichheitssatzes ist umstritten. Gut vertretbar, dies im Freiheitsgrundrecht mitzuprüfen

  1. Verfassungsmäßigkeit des ungleich behandelnden Gesetzes
  2. Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes

III. Rechtsfolgen des Verstoßes
idR Unvereinbarkeitserklärung (Gesetzgeber wird Wahl gelassen, wie er Ungleichbehandlung beseitigt)

39
Q

Prüfung: Art. 3 II, III

A
  1. Vor Art. 3 I zu prüfen, ggf. spezielle Gleichheitsrechte davor prüfen

I. Verstoß gegen einen besonderen Gleihheitssatz

  1. Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem
  2. (Direkte/Indirekte) Anknüpfung an verbotenes Kriterium
  3. Kausalität zwischen Kriterium und Ungleichbehandlung
  4. Rechtliche Relevanz der Ungleichbehandlung

II. Rechtfertigung

  1. Bei Art. 3 II, III S. 1 (Geschlecht): zwingend biologisch erforderlich?
  2. Ansonsten nur: kollidierendes Verfassungsrecht
    a. Ausdrücklich erlaubte Ungleichbehandlung (Art. 12a GG)
    b. Sonstiges Verfassungsrecht (Art. 3 II S. 2)
    - > strenge Verhältnismäßigkeitsprüfung
40
Q

Arten von Grundrechtskonkurrenzen

A
  • Grundsatz: Schutzbereiche sorgfältig auslegen
  1. Idealkonkurrenz
    = vollständig disparate Schutzbereiche, die jedoch im Einzelfall nebeneinander zur Anwendung kommen
  2. Verstärkungsverbund
    = wenn normativ nur ein Schutzbereich einschlägig ist, faktisch jedoch auch andere Grundrechte berührt sind (Einfluss auf Verhältnismäßigkeitsprüfung)
  3. Spezialitätsverhältnis
    a. Normative Spezialität = wenn die Überschneidung nur partieller Natur ist, eine der beiden Normen aber eine abschließende Regelung für einen bestimmten Sachverhalt trifft
    - > bspw. wenn in/durch ein/em Kunstwerk eine Meinung geäußert wird -> nur Art. 5 III
    b. Logische Spezialität = wenn zwei Normen bei nicht identischen Rechtsfolgen einen identischen Sachverhalt erfassen und eine der beiden Normen hinsichtlich des geregelten Sachverhalts (mindestens) eine zusätzliche Anforderung enthält
    - > bspw. wenn in einer Predigt eine Meinung geäußert wird -> Art. 4 I (-), da zusätzliches Merkmal der Form des religiösen Bekenntnisses vorliegen muss
    - > auch bei Art. 2 I und Freiheitsrechten (am Ende der Prüfung eines Freiheitsrecht immer auf Art. 2 I hinweisen)