Arbeitsrecht: Begründetheit (Bestandsschutz) Flashcards

1
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Kündigungserklärung: Rechtsnatur und Form

A
  • einseitige, gestaltende WE
    -> bedingungsfeindlich
  • Schriftform, § 126 BGB (eigenhändige Unterschrift)
    -> Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug erforderlich, der individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren
    -> Telefax: (-)
    -> Schriftsatzkündigung (weitere Kündigung, die Anwalt iV im Schriftsatz erklärt): Erklärungsempfänger erhält nur beglaubigte Abschrift, aber Beglaubigungsvermerk bezeugt Übereinstimmung mit (unterschriebener) Urschrift, bei selbst vom Anwalt unterschriebenem Beglaubigungsvermerk übernimmt er die Verantwortung für den Inhalt der Urkunde
  • Kündigung durch einfachen Brief trotz abweichender Formvereinbarung (eingeschriebener Brief)
    -> AGB: § 309 Nr. 13
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2
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Bestimmtheit

A
  • Bestimmt und unmissverständlich, insb. bzgl. Zeitpunkt

-> ordentliche Kündigung: Hinweis auf maßgebliche gesetzliche Regelung ausreichend, wenn Empfänger Termin selbst unschwer ermitteln kann

-> “zum nächstmöglichen Termin”: wenn Empfänger Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn ohne umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen bestimmbar ist

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3
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Zugang

A
  • § 130 BGB (Grundregel)
  • selbst dann Zugang möglich, wenn Arbeitgeber von urlaubsbedingter Ortsabwesenheit des AN weiß
  • Empfangsbotenschaft möglich
  • (-) wenn WE nur zufällig in den Machtbereich des gesetzlichen Vertreters gelangt ist (muss auch an ihn gerichtet oder zumindest auch für ihn bestimmt sein)
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4
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Präklusionswirkung, § 7 KSchG

A
  • prozessuale Frist mit materieller Präklusionswirkung
    -> für alle ordentlichen Kündigungen des AG (unabhängig davon, ob KSchG Anwendung findet!), und für außerordentliche Kündigungen (§ 13 KSchG)
  • zwei Kündigungsschreiben, die denselben Kündigungsvorgang betreffen, aber unterschiedliche Daten/Zustellungsformen aufweisen, sind eine einzige, doppelt verlautbarte Kündigungserklärung (eine Kündigungsschutzklage ausreichend)
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5
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Fristwahrung des § 4 KSchG

A
  • erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Arbeitnehmer durch rechtzeitige Anrufung des Arbeitsgerichts seinen Willen, sich gegen die Wirksamkeit einer Kündigung wehren zu wollen, genügend klar zum Ausdruck bringt
    -> bspw. Zahlungsklage, die zwingend Unwirksamkeit der Kündigung voraussetzt
    -> bspw. allgemeine FK auf Fortbestand des Arbeitsverhältnisses
  • Fristbeginn: Zugang der Kündigung, § 187 I BGB
    -> vorherige Zustimmung einer Behörde, § 4 S. 4 KSchG: nur anwendbar, wenn AG bei Ausspruch der Kündigung Kenntnis vom bestehenden Sonderkündigungsschutz hat
  • Problem der “demnächstigen Zustellung”, § 46 II ArbGG iVm § 167 ZPO
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6
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Reichweite der Präklusionswirkung, § 7 KSchG

A
  • betrifft nur die Frage des Ob, nicht des Wann der Auflösung des Arbeitsverhältnisses
  • Nichteinhaltung der Kündigungsfrist kann auch außerhalb der 3-Wochen-Frist geltend gemacht werden
    -> Auslegung erforderlich, dass Arbeitsverhältnis mit zutreffender Frist beendet werden soll -> Zusatz “fristgemäß” oder “hilfsweise zum nächstmöglichen Termin”
    -> bei Fehlen eines solchen Zusatzes: Rätseln über Willen des Arbeitgebers ist nicht Aufgabe des AN (BAG)
    -> § 140 BGB kommt nur bei rechtzeitig erhobener Klage in Betracht (sonst Wirksamkeitsfunktion, und wirksame WE können nicht umgedeutet werden)
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7
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Klageschrift: Angabe des falschen Arbeitsgebers

A
  • oft Fehler bei Firma
  • Auslegung: selbst bei äußerlich eindeutiger, aber offenkundig unrichtiger Bezeichnung ist grundsätzlich diejenige Person als Partei anzusehen, die erkennbar mit der Parteibezeichnung gemeint ist
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8
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentlich Kündigung: Zulassung verspäteter Klagen, § 5 KSchG

A
  • Prüfung anhand der Umstände des Einzelfalls, va Verschulden des AN
    -> Musste der AN mit Kündigung rechnen?
    -> Fristversäumung wegen Urlaubs bis zu 6 Wochen idR unverschuldet (BAG)
    -> Zurechnung nach § 46 II ArbGG iVm § 85 II ZPO (Pflicht zur Ausgangskontrolle des RA: Anweisung der Angestellten zur Überprüfung des Sendeprotokolls oder ggf. telefonische Rückfrage beim Empfänger)
  • Antrag erforderlich
    -> kann auch als “Wiedereinsetzungsantrag” formuliert sein
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9
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentliche Kündigung: Zurückweisung der Kündigung nach § 174 BGB

A
  • Zusatz “i.A.”: durch Auslegung zu ermitteln, ob Dritter tatsächlich nur im Auftrag (dann Bote) oder in Vertretung handeln wollte
    -> bei Botenschaft idR unwirksam, da Erklärung des Boten Schriftform genügt, nicht aber Erklärung des AG
  • § 174 S. 2: Ausschluss des Zurückweisungsrechts bei Kenntnis
    -> mit bestimmten Funktionen (Prokurist, Personalleiter, Generalbevollmächtiger) geht idR Kündigungsrecht einher
    -> BAG: AN muss nicht nur wissen, dass diese Funktion kündigungsbefugt ist, sondern auch, wer diese Funktion ausfüllt, damit er Kenntnis iSd § 174 S. 2 BGB hat
    –> keine Nachforschungspflicht des AN
    –> ggf. Fiktion nach § 15 II HGB
    –> in Anwaltsklausur: selbst Originalvollmacht beilegen, damit Zurückweisung nicht zurückgewiesen werden kann
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10
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentliche Kündigung: Beteiligung des Betriebsrats, § 102 BetrVG

A
  • Unwirksamkeit ohne vorheriger Anhörung, § 102 I S. 3 BetrVG
    -> Beweislast: Existenz des BetrR (AN), Ordnungsgemäße Durchführung (AG)
  • Rechtsnatur: Rechtsgeschäftsähnliche Handlung
    -> Zurückweisung der Stellungnahme ggü AG durch BetrR § 174 BGB analog unzulässig, da Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit
  • Inhalt: kein Mitentscheidungsrecht, aber Mitteilung der maßgeblichen Gründe für Kündigung (subjektive Determinierung): Sozialdaten des AN, Art der Kündigung, Dauer der Kündigungsfrist, ggf. entlastende Umstände
    -> Telos: BetrR soll sich ohne zusätzliche eigene Nachforschungen ein Bild über die Stichhaltigkeit und damit zweckmäßiges weiteres Vorgehen machen können
    -> reduziert bei Kündigung während Wartefrist (§ 1 I KSchG)
  • Diff. nach ordentlicher und außerordentlicher Kündigung
  • nicht ordnungsgemäße Durchführung steht unterbliebener gleich, wenn AG Mangel zu vertreten hat (bspw. Kündigung vor Stellungnahmefristablauf)
  • Mängel der Beschlussfassung grds. irrelevant, es sei denn, dies führt dazu, dass es erkennbar keine Stellungnahme des Gremiums Betriebsrat mehr ist
  • Materielle Präklusion von Kündigungsgründen, die dem Betriebsrat nicht mitgeteilt wurden
    -> Nachschieben von Kündigungsgründen (die vor Zugang (-> Wirksamwerden!) der Kündigung bereits bestanden haben): Anhörung, nicht aber neue Kündigung erforderlich
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11
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentliche Kündigung: Beteiligung des Betriebsrats, § 102 BetrVG: persönlicher Anwendungsbereich bei leitenden Angestellten

A
  • entfällt nach § 5 III BetrVG
    -> Teil der “erweiterten Unternehmensführung” soll nicht von BetrR beeinflusst sein

-> Nr. 1 = Personalkompetenz von erheblicher unternehmerischer Bedeutung

-> Nr. 2 = Übernahme von unternehmerischen Führungsaufgaben durch Generalvollmacht/Prokura

-> Nr. 3 = nimmt regelmäßig Aufgaben wahr, die für den Bestand und für die Entwicklung des Unternehmens von Bedeutung sind und deren Erfüllung besondere Erfahrungen und Kenntnisse voraussetzt und im wesentlichen frei von Weisungen oder die Entscheidungen zumindest maßgeblich beeinflusst

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12
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentliche Kündigung: Sonderkündigungsschutz

A
  • § 17 MuSchG
    -> Einverständnis der Behörde in Ausnahmefällen, § 17 II MuSchG, § 4 S. 4 KSchG
  • Schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte, §§ 168 ff. SGB IX
    -> Schwerbehindert, § 2 II SGB IX
    -> Gleichgestellt, § 2 III SGB IX iVm § 151 SGB IX
    -> auch für außerordentliche Kündigung, § 174 SGB IX
    -> Verwirkung möglich: wenn Arbeitnehmer innerhalb angemessener Frist (3 Wochen) nach Kündigungszugang es unterlässt, sich auf Behinderung berufen (illoyale Verspätung, § 242 BGB)
    -> Anfechtung der Zustimmung der Behörde hat gem. § 171 IV SGB IX keine aufschiebende Wirkung
  • § 18 BEEG (Elternzeit)
  • § 5 PflegeZG
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13
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentliche Kündigung: Verstoß gegen Maßregelverbot, § 612a BGB

A
  • nur dann unzulässige Maßregelung, wenn gerade die zulässige Ausübung von Rechten sanktioniert werden soll

vs. zulässig, wenn nur weitere, ähnliche gelagerte Fälle vorgebeugt werden soll

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14
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche und Außerordentliche Kündigung: Betriebsübergang, § 613a BGB

A
  • unzulässig nach § 613a IV BGB, wenn bevorstehender Wechsel der tragende Grund für Kündigung ist
    -> auch bei pauschaler Forderung der Verkleinerung der Belegschaft
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15
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Außerordentliche Kündigung: Prüfung

A
  1. “an sich” wichtiger Grund
  2. Erklärungsfrist, § 626 II
  3. Interessenabwägung
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16
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Außerordentliche Kündigung: An sich wichtiger Grund

A
  • idR vorwerfbare Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten durch AN
    -> auch Verletzung von Pflichten nach § 241 II BGB (hierzu kann auch außerdienstliches Verhalten gehören)
    -> Kasuistik bei Palandt § 626 BGB
    -> bei beharrlicher Arbeitsverweigerung: Prüfung eines Zurückbehaltungsrechts nach § 273 BGB wegen ausstehender Zahlungsansprüche (wegen § 242 BGB aber keine geringfügigen Zahlungsansprüche oder nur kurzfristige Zahlungsverzögerung)
  • personenbedingte und betriebsbedingte Gründe nur in seltenen Fällen als wichtiger Grund
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17
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Außerordentliche Kündigung: Kündigungserklärungsfrist

A
  • Telos: pflichtgemäß notwendig erscheinende Ermittlungen für Tatsachengrundlage soll AG gewährleistet sein
    -> Hemmung der Ausschlussfrist des § 626 II, aber Ermittlungen dürfen auch nicht verschleppt werden
  • keine Bindung an Ausgang von strafrechtlichen Ermittlungen oder Strafverfahren
  • Veränderung des Verdachtsgrads (qualitativ) rechtfertigt jeweils neue Verdachtskündigungen
  • Nachschieben von Gründen: Frist muss nicht eingehalten werden, da sie sich nur auf die Ausübung des Kündigungsrechts bezieht
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18
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Außerordentliche Kündigung: Interessenabwägung

A
  • Kündigung hat keinen Sanktioncharakter, sondern zukünftige Störungen sollen vermieden werden
  • ultima ratio
    -> mildere Sanktionsmöglichkeiten sind AG unzumutbar, insb.
    –> Abmahnung, § 314 II S. 1 BGB: jedoch nicht erforderlich, wenn auch Abmahnung keine Verhaltensänderung bewirken wird oder Pflichtverletzung entsprechend gravierend ist; idR beinhaltet Abmahnung Verzicht zum Recht aus Kündigung aus diesem SV (es sei denn, aus Abmahnung oder Umständen selbst wird anderer Wille des AG erkennbar)
    –> ordentliche Kündigung
  • Interessenabwägung: Dauer des AV, einschlägige Abmahnungen, Lebensalter, Gewicht und Art der Vertragsverletzung, Wiederholungsgefahr, Grad des Verschuldens
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19
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Außerordentliche Kündigung: Umdeutung in ordentliche Kündigung

A
  • § 140 BGB
  • insb. wenn § 626 II-Frist abgelaufen und außerordentliche Kündigung unwirksam
  • Voraussetzung: ordentliche Kündigung muss dem mutmaßlichen Willen des Kündigenden entsprechend und dies muss bei Zugang dem Empfänger erkennbar sein (Regelfall)
20
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Verdachtskündigung

A

= wenn schon durch den Tatverdacht die Eignung des Arbeitnehmers für die vertraglich geschuldete Tätigkeit entfällt

Voraussetzungen der Rspr:
(1) Gerade Verdacht (und nicht ein erwiesenes Fehlverhalten) als Begründung
(2) Stütze in den erwiesenen objektiven Umständen des konkreten Sachverhalts
(3) Überwiegende Wahrscheinlichkeit der vorgeworfenen Tat
(4) Tat von solchem Gewicht, dass, wäre sie erwiesen, eine außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt wäre
(5) Eignung bereits des Verdachts zur Zerstörung des erforderlichen Vertrauens für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
(6) Durchlaufen aller zumutbaren Schritte zur Aufklärung des Sachverhalts
(7) Anhörung (ultima ratio-Gedanke)

  • auf Einschätzung der Strafverfolgungsbehörden kommt es nicht an
21
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Druckkündigung

A

= wenn Arbeitnehmer oder Dritte dem Arbeitgeber (wirtschaftliche) Nachteile androhen, um ihn zu veranlassen, einem Arbeitnehmer zu kündigen

> wenn keine anderen Kündigungsgründe vorliegen (echte Druckkündigung): betriebsbedingte Kündigung
Strenge Maßstäbe: Arbeitgeber muss sich „schützend vor den Arbeitnehmer stellen“, alles ihm Zumutbare unternehmen, um den bestehenden Druck abzubauen, und dabei dem ausgeübten Druck aktiv entgegentreten
-> Kündigung als einziges Mittel, um Betrieb vor schweren wirtschaftlichen Nachteilen zu bewahren (zu berücksichtigen, inwieweit AG selbst Drucksituation in vorwerfbarer Weise verursacht hat)

  • Sonderform der betriebsbedingten Kündigung (!), § 1 II S. 1 KSchG
22
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: Prüfung nach KSchG

A

I. Anwendbarkeit des KSchG

  1. Sachlicher Anwendungsbereich: Ordentliche Arbeitgeberkündigung
  2. Betrieblicher Anwendungsbereich (§ 23 I KSchG)
  3. Persönlicher Anwendungsbereich (§§ 1 I, 14 KSchG)
    a) Mindestens sechsmonatiger ununterbrochener Bestand des Arbeitsverhältnisses (§ 1 I KSchG)
    b) Unanwendbar bei gesetzlichen Vertretern juristischer Personen und Organen von Personengesellschaften (§ 14 I KSchG)
    c) Bei leitenden Angestellten i. S. des § 14 II KSchG: Kein Bestands-, sondern Abfindungsschutz
    II. Fristgemäße Erhebung der Kündigungsschutzklage
    -> Binnen drei Wochen nach Zugang der Kündigung (§ 4 Satz 1 KSchG), sonst Fiktion der sozialen Rechtfertigung (§ 7 KSchG)

III. Soziale Rechtfertigung der Kündigung

  1. An sich geeignete Kündigungsgründe (§ 1 II 1 KSchG):
    a) Gründe in der Person des Arbeitnehmers (= die Arbeitgeberinteressen beeinträchtigen und auf persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des Arbeitnehmers beruhen)
    b) Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers (= nicht unerhebliche Verletzung einer vertraglichen Haupt- oder Nebenleistungspflicht)
    c) Dringende betriebliche Erfordernisse
  2. Prognose: Gegenwärtige oder vergangene Umstände lassen für die Zukunft eine Störung des Arbeitsverhältnisses erwarten (bei falscher Prognose: Kündigung wirksam, aber Wiedereinstellungsanspruch)
  3. Ultima ratio: Störung lässt sich nicht anders als durch Kündigung beseitigen (vgl. § 1 II 2, 3 KSchG)
    - > Abmahnung und anderweitige Beschäftigung bei verhaltensbedingter Kündigung
  4. Interessenabwägung: Prüfung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist; bei betriebsbedingter Kündigung stattdessen Sozialauswahl (§ 1 III, IV KSchG)
23
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: Mindestens sechsmonatiger ununterbrochener Bestand

A
  • § 193 BGB nicht anwendbar
  • rechtliche Unterbrechungen unschädlich, wenn zwischen altem und neuen AV enger sachlicher und zeitlich Zusammenhang besteht
  • Zeiten des Leiharbeitnehmers, während derer er in Betrieb des späteren AG eingegliedert war, zählen nicht
24
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: Betrieblicher Anwendungsbereich (§ 23 I KSchG)

A
  • Miteinzubeziehen in die Berechnung von mindestens 10,25 Arbeitnehmer:
    -> Leiharbeitnehmer, wenn ihr Einsatz auf einem regelmäßigen Bedarf beruht
    -> AN eines anderen Unternehmens, wenn ein gemeinsamer Betrieb vorliegt (= wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel für den oder die verfolgten arbeitstechnischen Zwecke zusammengefasst geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat gesteuert wird
  • Nicht miteinzubeziehen:
    -> GF
    -> Auszubildende
25
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: Kleinbetrieb

A
  1. § 23 KSchG (-) (auch keine analog Anwendung möglich)
  2. Vorherige Abmahnung idR entbehrlich
  3. Prüfung anhand zivilrechtlicher Generalklauseln
    a. § 242 BGB = Missbrauchskontrolle zur Verhinderung willkürlicher oder auf sachfremden Motiven beruhender Kündigungen (“Mindestmaß sozialer Rücksichtnahme”)
    b. § 138 BGB = wenn Kündigung Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht
    -> bspw. Verstoß gegen Recht auf informationelle Selbstbestimmung (wenn AG unzulässige Fragen im Einstellungsgespräch stellt und wegen der diesbezüglichen Lüge später dem AN kündigt)
    c. § 134 BGB - vor allem relevant iVm § 7 I AGG, §§ 1, 3 AGG (§ 2 IV AGG steht nicht entgegen - nicht im Anwendungsbereich des KSchG)
26
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: personenbedingte Kündigung, § 2 II S. 1 Var. 1 KSchG: krankheitsbedingt

A
  • nicht Krankheit als solche, sondern daraus resultierende Störung des AV

I. Negative Prognose hinsichtlich des Gesundheitszustandes
-> Berücksichtigung des Umfangs bisheriger Krankheitszeiten
-> Wiederholungsgefahr/chronische Erkrankungen
-> Alkoholabhängigkeit: Bereitschaft zu einer Entziehungsbehandlung

II. Fehlzeiten führen zu erheblicher Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
-> bei häufigen Kurzerkrankungen: mehr als 6 Wochen Entgeltfortzahlung pro Jahr? mehr soll AG nicht zugemutet werden (Orientierung an Anspruch aus § 3 EFZG)
-> bei längeren Erkrankungen: wenn AG auf unabsehbare Zeit oder dauerhaft gehindert ist, sein Direktionsrecht auszuüben (mehr als 24 Monate)
-> bei dauerhafter Arbeitsunfähigkeit: idR ohne Weiteres (+)
-> bei Alkoholabhängigkeit: Beeinträchtigung betrieblicher Interessen kann auch aus fremd- oder selbstgefährdendem Verhalten resultieren

III. Interessensabwägung
= führen Beeinträchtigungen zu einer billigerweise nicht mehr hinzunehmenden Belastung des AG?
-> Ausmaß der Beeinträchtigungen; Bestehen betrieblicher Ursachen für Krankheit; Dauer des AV; Alter; Unterhaltspflichten
-> Ultima Ratio / Verhältnismäßigkeit

26
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: personenbedingte Kündigung, § 2 II S. 1 Var. 1 KSchG

A

= solche Gründe, die auf persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des AN beruhen (nicht vorwerfbar)

-> Bspw: Haftstrafe (Abwesenheit), Lizenzverlust, mangelhafte Kenntnis deutscher Sprache

  • AGG-Kriterium
    -> § 2 IV AGG (Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz)
    -> aber: Diskriminierungsverbote stellen Konkretisierungen des Begriffs Sozialwidrigkeit dar
  • außerdienstliches Verhalten: möglich, wenn entsprechender Zusammenhang
27
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: personenbedingte Kündigung, § 2 II S. 1 Var. 1 KSchG: krankheitsbedingt: Verhältnismäßigkeit

A
  • Überbrückungsmaßnahmen
  • anderer, leidensgerechterer Arbeitsplatz
    -> Freikündigung dieses Alternativarbeitsplatzes aber nicht zumutbar
    -> kein Anspruch auf Beförderung
  • bEM (betriebliches Eingliederungsmanagement), § 167 II SGB IX
    -> hRspr: Konkretisierung der Verhältnismäßigkeit, keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung
    -> Fehlen ist erst dann unschädlich, wenn die Durchführung des bEM keine positiven Ergebnisse hätte zeitigen können (Beweislast: AG)
28
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: verhaltensbedingte Kündigung, § 2 II S. 1 Var. 2

A

= vorwerfbare (schuldhafte) Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten

  • Alkoholabhängigkeit: differenziere zwischen personen- oder verhaltensbedingt anhand der konkreten Vorwerfbarkeit (Suchtdruck)
  • Vorwerfbarkeit der Arbeitsverweigerung (bspw. aus religiösen Gründen: verfassungskonforme Auslegung des § 106 GewO) - aber personenbedingte Kündigung möglich
  • Low performer: “AN muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann”
  • Parallele zur außerordentlichen Kündigung im Übrigen (Gründe für außerordentliche Kündigung sind erst recht für ordentliche Kündigung geeignet)
    -> auch weniger gravierende Pflichtverletzungen sind jedoch erfasst
  • Weisungsverstoß: dann kein Grund, wenn Weisung nach § 106 GewO unbillig (Weisungsrecht ruht insb., wenn AN krankgeschrieben)
  • Interessensabwägung: insb. mildere Mittel wie Abmahnung, Umsetzung, Änderungskündigung
29
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: “fristlos, hilfsweise fristgemäß zum nächstmöglichen Termin”

A
  1. Außerordentliche Kündigung
  2. Wenn diese unwirksame: Ordentliche Kündigung
30
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: betriebsbedingte Kündigung, § 2 II S. 1 Var. 3 KSchG

A

I. Betriebliche Erfordernisse
1. Unternehmerentscheidung

  1. Entfall des Beschäftigungsbedürfnisses (= Prüfung, ob die inner- oder außerbetrieblichen Umstände tatsächlich vorliegen und ob die unternehmerische Entscheidung tatsächlich zum Wegfall führt)
    a. Innerbetrieblich (Rationalisierung, Auslagern betrieblicher Tätigkeiten, Betriebsstilllegung)
    b. Außerbetrieblich (Absatzprobleme, Auftragsmangel, Rohstoffknappheit)
    c. Bloße Missbrauchskontrolle (keine Überprüfung auf sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit der Unternehmerentscheidung, sondern ob offenbar unvernünftig oder willkürlich)
    d. Personalabbauentscheidungen (detaillierte Darlegung des AG erforderlich, wenn Unternehmerentscheidung und Kündigungsentschluss quasi deckungsgleich)
    e. Keine bloße Austauschkündigung (= kein Wegfall von Arbeitsplätzen, sondern Austausch von teurem gegen günstiges Personal)
  2. Prognoseprinzip
    - > im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung muss die Voraussage gerechtfertigt sein, dass am Ende der Kündigungsfrist eine Beschäftigungsmöglichkeit nicht mehr besteht
  3. Ultima-ratio
    -> Umsetzung / Einarbeitungszeit mit Fortbildung oder Umschulung
    -> Kurzarbeit
    -> Änderungskündigung
  4. Sozialauswahl
31
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: betriebsbedingte Kündigung, § 2 II S. 1 Var. 3 KSchG: Prognose/Vorratskündigung

A
  • Umsetzung der Unternehmerentscheidung muss bereits greifbare Formen angenommen haben
    -> “Abschließende Willensbildung” (BAG) bei Kündigungsausspruch
  • bloße Erwägung und ergebnisoffenes Agieren im Übrigen: unwirksame Vorratskündigung
32
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Ordentliche Kündigung: betriebsbedingte Kündigung, § 2 II S. 1 Var. 3 KSchG: Sozialauswahl, § 1 III KSchG

A
  • neben ultima ratio/ Verhältnismäßigkeitsprüfung keine weitere Interessenabwägung
  • zu kündigen ist grds. der sozial stärkste AN (derjenige, der aufgrund seiner Sozialdaten am wenigsten auf seinen Arbeitsplatz angewiesen ist)
    -> Aufzählung der Kriterien in § 1 III KSchG abschließend (BAG)
    -> Berücksichtigung des Lebensalters kein Verstoß gegen § 7 AGG, da legitimes Ziel der altersgemischten Belegschaft, § 10 AGG
  • Gewichtung der Sozialkriterien: Wertungsspielraum des AG
    -> nur vertretbare Entscheidung, sodass nur deutlich schutzwürdigere AN Sozialauswahl erfolgreich rügen können
  • Referenzgruppe = vergleichbare AN im gesamten Betrieb
    a. Tatsächliche Einsetzbarkeit: vergleichbarer Aufgabenbereich (ggf. kurze Einarbeitungszeit unschädlich)
    b. rechtliche Einsetzbarkeit: Um- oder Versetzbarkeit muss aufgrund Weisungsrechts möglich sein
    c. Vertikale Vergleichbarkeit: nur auf derselben Ebene der Betriebshierarchie
    d. Sozialauswahl entfällt, wenn allen AN gekündigt wird
33
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Änderungskündigung

A
  • § 2 I KSchG: zwei WE erforderlich (Kündigung und Änderungsangebot) - Gestaltungsmöglichkeit
    > Unbedingte Kündigung mit Änderungsangebot (Fall des § 2 I KSchG)
    > Bedingte Kündigung (§ 158 I: aufschiebende Bedingung, dass Änderungsangebot nicht angenommen wird) - unstr. zulässig, da Potestativbedingung (Unsicherheit hinsichtlich der Wirksamkeit der Ausübung des Gestaltungsrechts liegt allein beim Vertragspartner)
34
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Änderungskündigung: Wirksamkeit der Änderungskündigung

A
  1. Kündigungsgrund an sich
    a. Verhaltensbedingt
    b. Personenbedingt
    c. Betriebsbedingt
    > Entgeltverringerung: nur bei ansonsten konkret drohender Insolvenz des Arbeitgebers
  2. Interessensabwägung, insb. milderes Mittel (BAG: arbeitnehmerfreundlich)
    = wenn die geänderten Arbeitsbedingungen im Hinblick auf den Kündigungsgrund geeignet sowie erforderlich sind und sich nicht weiter vom bisherigen Inhalt des AV entfernen, als dies zur Erreichung des mit der Änderungskündigung angestrebten Ziels erforderlich ist
    - Vorrang der Änderungskündigung
    (auch wenn AN entsprechendes Änderungsangebot bereits abgelehnt hat, nochmal zu unterbreiten, es sei denn, er hat unmissverständlich unter allen Umständen abgelehnt)
35
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Änderungskündigung: Reaktionsmöglichkeiten des AN

A
  1. Untätigbleiben -> §§ 4, 7 KSchG
  2. Vorbehaltslose Annahme -> AV nach geänderten Bedingungen
  3. Ablehnung des Änderungsangebots und Kündigungsschutzklage
  4. Annahme des Änderungsangebots unter Vorbehalt (dass Änderung nicht sozial ungerechtfertigt ist) und Erhebung einer “Änderungsschutzklage” (§§ 4, 2 KSchG) mit Antrag, “festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung des Beklagten vom … sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist”
    => Auflösend bedingter Änderungsvertrag unter der Bedingung, dass die Sozialwidrigkeit der Änderungsbedingungen rechtskräftig festgestellt wird (vgl. § 8 KSchG)
    -> Infrage steht also nicht mehr der Bestand des AV, sondern nur noch, zu welchen Bedingungen dies ist
36
Q

Wirksamkeit von Kündigungen: Änderungskündigung: Anwaltsklausur

A
  • idR Vorbehaltsannahme und Änderungsschutzklage zweckmäßig
    -> pro: kann sich gegen Änderung wehren, ohne Verlust des Arbeitsplatzes befürchten zu müssen; bei erfolgreicher Klage muss AG ggf. Vergütungen nachzahlen
    -> con: §§ 9, 12 KSchG sind nicht anwendbar, da es nicht um Beendigung des AV geht
37
Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Anfechtung/ Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis

A

I. Grundsatz: Unwirksamkeit von Anfang an („ex tunc“)

Nichtigkeit z. B. nach §§ 105 I, 125 Satz 1, 134, 138 BGB
Anfechtung wirkt ebenfalls zurück (§ 142 I BGB)
Rechtsfolge: Rückabwicklung nach §§ 812 ff. BGB

II. Ausnahme: Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis

pro: Arbeitnehmerschutz
pro: Rückabwicklungsschwierigkeiten
1. Voraussetzungen
a) Nichtiger oder wirksam angefochtener Arbeitsvertrag
b) Invollzugsetzung des Arbeitsverhältnisses
c) Keine entgegenstehenden grundlegenden Interessen
2. Rechtsfolgen
a) Vergangenheit: Arbeitsvertrag wird als wirksam behandelt
b) Zukunft
aa) Nichtigkeit: Beendigung durch „Lossagung“ (einseitige, empfangsbedürftige WE !)
bb) Anfechtbarkeit: Beendigung durch Anfechtung

III. Gegenausnahme bei Täuschungsanfechtung

  • Voraussetzung: ab Zeitpunkt X nicht mehr gearbeitet (bspw. durch Krankheit oder Kündigung)
  • Rechtsfolge: Rückwirkung der Anfechtung auf Zeitpunkt X
    pro: Problematik der Rückabwicklung stellt sich nicht, wenn Arbeitnehmer nicht mehr gearbeitet hat
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Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Anfechtung/ Lehre vom fehlerhaften Arbeitsverhältnis: § 123 BGB

A
  • Anfechtung nach § 123 BGB nur möglich, wenn zulässige Frage wahrheitswidrig beantwortet wird
    -> Recht auf Lüge = wenn ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse des AG an der Beantwortung besteht
  • Kasuistik:
    -> Schwangerschaft: Verstoß gegen § 7 AGG
    -> Schwerbehinderung: str.
    -> Gewerkschaft: unzulässig
    -> Religion/ sexuelle Ortientierung: idR wegen berechtigtem Interesse unzulässig
    -> Gesundheit/Vorerkrankungen: abhängig vom berechtigten Interesse
    -> Vorstrafen: abhängig vom Erfordernis nach der Art des Arbeitsplatzes; allerdings unzulässig bei pauschaler Frage nach Vorstrafen
  • Tendenz: einschränkende Auslegung des Fragerechts des AG, gerade bei Grundrechtsrelevanz oder AGG
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Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Befristung des Arbeitsvertrages: Zulässigkeit der Befristung nach § 14 TzBfG

A

I. Besondere gesetzliche Regelungen (§ 23 TzBfG)
(z. B. § 21 BBiG, § 21 BEEG, § 6 PflegeZG, §§ 2, 3 WissZeitG)

II. Sachgrundlose Befristungen (§ 14 II–III TzBfG)

  1. bei Neueinstellungen (§ 14 II TzBfG: bis zu zwei Jahren)
  2. nach Neugründungen (§ 14 IIa TzBfG: bis zu vier Jahren)
  3. mit älteren Arbeitnehmern (§ 14 III TzBfG: bis zu fünf Jahren)

III. Sachgrundbefristungen (§ 14 I TzBfG), insbesondere

  1. bei vorübergehendem Bedarf (Nr. 1)
  2. im Anschluss an Ausbildung oder Studium (Nr. 2)
  3. aus Vertretungsgründen (Nr. 3)
  4. wegen der Eigenart der Arbeitsleistung (Nr. 4)
  5. zur Erprobung (Nr. 5)
  6. aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers (Nr. 6)
  7. aus Haushaltsgründen im öffentlichen Dienst (Nr. 7)
  8. aufgrund gerichtlichen Vergleichs (Nr. 8)
40
Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Befristung des Arbeitsvertrages: Zulässigkeit der Befristung nach § 14 TzBfG: einzelne Tatbestände der Sachgrundbefristung

A
  • vorübergehender Arbeitskräftebedarf = wenn aufgrund einer fundierten Prognose mit hinreichender Sicherheit zu erwarten ist, dass nach dem vorgesehenen Vertragsende für die Beschäftigung des befristet eingestellten AN in dem Betrieb kein (dauerhafter) Bedarf mehr besteht
    -> bloße Unsicherheit über künftige Entwicklung ist kein Sachgrund
  • aus Vertretungsgründen (wegen vielfachen Vertretungskonstellationen resultieren daraus oft Kettenbefristungen): unproblematisch möglich, wenn AV nicht die Gesamtdauer von 6 Jahren überschreitet und nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden
  • Eigenart der Arbeitsleistung: v.a. bei Profifußballern und Schauspielern (-> mittelbare Drittwirkung der Kunstfreiheit der für Produktionen Verantwortlichen)
  • personenbedingt: Altersgrenzenregelung (Ende des AV nach 65. Lebensjahr) - trotz Altersdiskriminierung wegen § 10 S. 3 Nr. 5 AGG zulässig
  • gerichtlicher Vergleich: nur dann (+), wenn Vergleich auf gerichtlichem Vorschlag beruht (§ 278 VI Alt. 2 ZPO), nicht wenn durch Parteien ausgehandelt (Gerechtigkeitsvermutung nur bei ersterem)
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Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Befristung des Arbeitsvertrages: Zulässigkeit der Befristung nach § 14 TzBfG: sachgrundlose Befristung

A
  • Zuvor-Beschäftigung: (-) bei Berufsausbildung, Beamtenverhältnis, Heimartbeitsverhältnis
  • nach BVerfG zu 3-Jahres-Regelung: Sachgrundlose Befristungen nur bei erstmaliger Einstellung zulässig
    -> aber: § 14 II S. 2 TzBfG verfassungskonform auszulegen, sodass Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, wenn Gefahr der Kettenbefristung nicht besteht - bspw. wenn Vorbeschäftigung sehr lange zurückreicht (BAG: 22 Jahre (+), 15 Jahre (-))
  • bei rechtsmissbräuchlicher Umgehung des Anschlussverbots (nur 3 Mal innerhalb der 2 Jahre, § 14 II TzBfG) durch formalen Abschluss des AV mit neuem AG entsteht unbefristeter AV mit diesem
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Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Befristung des Arbeitsvertrages: Zulässigkeit der Befristung nach § 14 TzBfG: formelle Wirksamkeit der Befristung

A
  • Schriftform der Befristung (nicht des Arbeitsvertrages selbst!), § 14 IV TzBfG iVm § 126 BGB
    = bei Nichteinhaltung entsteht ein unbefristetes AV (§ 125 BGB)
  • Konstellation: mündlich geschlossene Befristungsabrede, die im später schriftlich geschlossenen Arbeitsvertrag wiederholt wird: Befristung ist nichtig, auch nicht nach § 141 II BGB heilbar, wenn anzunehmen ist, dass nur das vorher mündlich vereinbarte dokumentiert werden soll, ohne dass dieser schriftlichen Erklärung eine eigenständige rechtsgestaltende Wirkung zukommt
    -> wenn abweichende Befristungsabrede aufgenommen wird, liegt idR eigenständige rechtsgestaltende Wirkung vor und es handelt sich um eine (an sich zulässige) nachträgliche Befristung; aber: durch die zuvor unwirksame mündliche Befristungsabrede ist ein unbefristetes AV entstanden, sodass bei sachgrundloser Befristung Vorbeschäftigungsverbot im Wege steht
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Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Befristung des Arbeitsvertrages: Zulässigkeit der Befristung nach § 14 TzBfG: formelle Wirksamkeit der Befristung: Aushändigung eines nicht unterschriebenen, befristeten Arbeitsvertrages an AN

A
  • nur invitatio ad offerendum
  • wenn AN unterschreibt und zurückgibt, Angebot
  • Annahme durch Unterschrift möglich, aber auch denkbar:
    -> konkludente Annahme durch Zurverfügungstellen eines Arbeitsplatzes und Annahme der Arbeitsleistung
    –> Entstehen eines wirksamen AV, das aber nicht der Schriftform genügt
  • Andere Bewertung jedoch, wenn der AG den Abschluss des befristeten AV erkennbar von der Schriftform abhängig gemacht hat
    -> dann soll der AN nicht durch Arbeitsaufnahme vor Unterzeichnung des Vertrages durch “geschicktes Agieren sich ein unbefristetes AV erschleichen können”
    –> hier für diese Zeit nur “faktisches AV”
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Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Befristung des Arbeitsvertrages: Befristungskontrollklage, § 17 TzBfG

A
  • 3-Wochen-Frist des § 17 TzBfG muss - anders als bei der Kündigungsschutzklage - auch dann gewahrt werden, wenn er sich gegen die Wirksamkeit der Befristung mit der Begründung wehrt, die Schriftform sei nicht eingehalten worden
    (anders deswegen, da § 4 S. 1 KSchG den Zugang der schriftlichen Kündigungserklärung voraussetzt!)
  • regelmäßig ist nur die Zulässigkeit der Befristung des letzten AV maßgeblich und zu prüfen
  • nur durch AN
  • allgemeine FK des AG ist nur zulässig, wenn str. ist, ob überhaupt eine Befristung vereinbart wurde (nicht ihre Wirksamkeit)
  • Anwaltsklausur: Frist des § 17 TzBfG ist auszuschöpfen, wenn das KSchG keine Anwendung findet, weil Mandant mit einer Kündigung (gegen die er sich nicht erfolgreich wehren kann) rechnen muss, sobald der AG die Befristungskontrollklage erhält
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Q

Wirksamkeit sonstiger Beendigungstatbestände: Aufhebungsvertrag

A
  • im Rahmen der Vertragsfreiheit, §§ 311 I, 241 I
  • keine Angemessenheitskontrolle im Rahmen der AGB-Kontrolle, da Hauptleistungspflicht betreffend
  • Schriftform, § 623
  • kein Widerrrufsrecht
    > zwar Unternehmer-Verbraucher, aber VerbraucherrechteRL nicht auf Arbeitsverträge anzuwenden
    > BAG: Gebot des fairen Verhandelns, dessen Verletzung zur Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags führen soll (der Fall, wenn der AN in der Verhandlungssituation nicht mehr Herr über seine Entscheidung ist)
  • Anfechtung nach § 123 BGB mit der Begründung, der AG habe ansonsten mit Kündigung widerrechtlich gedroht
    = dann widerrechtlich, wenn ein verständiger AG eine Kündigung nicht in Betracht gezogen hätte (-> inzidente Prüfung der Wirksamkeit der angedrohten Kündigung)