Gemeingefährliche Straftaten Flashcards
(47 cards)
Empfohlener Prüfungsaufbau von Jäger Brandstiftung:
zuerst § 306 prüfen, weil dieser Grundtatbestand ist für 306a ff.; von diesen jedoch verdrängt wird!
§ 306 verdrängt iÜ den § 303 sowie den § 305
Aufsatz Jus 2019, 1060 sagt, dass 306 und 306a in Idealkonkurrenz stehen können wegen verschiedener Rechtsgüter
–> einfach für eine Ansicht entscheiden :), beides vertretbar
Inbrandsetzen, § 306
Erfolgsdelikt Eigentumsdelikt ("fremd") plus Gemeingefährlichkeit
= setzt voraus, dass ein Objekt in einer Weise vom Feuer erfasst ist, die ein Fortbrennen aus eigener Kraft ermöglicht
davor allenfalls Versuchsstrafbarkeit
liegt erst dann vor, wenn für den bestimmungsgemäßen Gebrauch wesentliche Gebäudeteile vom Feuer erfasst sind (zB Tür, Treppen, Wände, Fußboden, fest mit dem Boden verbundener Teppich; nicht bei Sockelleiste, Tapete an der Wand, Inventar), weil es nur dann aus eigener Kraft weiterbrennen kann.
auch ein Inbrandsetzen eines anderweitig schon brennenden Gebäudes ist möglich; auch durch Unterlassen bei Garantenstellung möglich
Durch Brandlegung ganz oder teilweise zerstören
= wenn beide Tathandlungen gegeben sind, dann auch beides bejahen, wie bei 223 StGB
trägt dem Umstand Rechnung, dass durch feuerfeste Materialien meistens nicht mehr wesentliche Bestandteile brennen, sondern die vom Feuer ausgehenden Ruß, Gas, Rauch und Hitzeeinwirkungen vergleichbare Folgen haben können
= wenn etwas gebrannt hat und dieser Brand zumindest teilweise zur Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit führt;
muss von einigem Gewicht sein: wesentliche Teile müssen für beträchtliche Zeit nicht mehr benutzbar sein (Kellerräume zerstören reicht nicht; auch nicht kurze Unterbrechung der Stromversorgung; nach BGH reicht es auch nicht aus, wenn nur ein einzelnes Zimmer nicht bewohnbar ist)
kann durch Brand, durch versuchte Brandstiftung, durch Explosionen sein
–> hier dann oft erfolgsqualifizierter Versuch! (weil irgendjemand stirbt…)
Einfache Brandstiftung, § 306
- reicht, wenn ein Objekt brennt (trotz Plural)
- Gebäude gem. Nr. 1: durch Wände und Dach begrenztes und mit dem Erdboden fest verbundenes Bauwerk, das Eintritt und Aufenthalt von Menschen gestattet und Unbefugte abhalten soll (nicht erforderlich ist Wohnung)
- auch solche Gebäude, die noch nicht oder nicht mehr bewohnbar sind (Rohbau oder Ruine)
- “fremde” Dinge (wie bei § 303 nach zivilrechtlicher Eigentumslage) nur, daher qualifizierte Form der Sachbeschädigung
–> Einverständnis des Eigentümers wirkt aufgrund der zweifachen Schutzrichtung (Eigentum und Gemeingefahr) nicht tatbestandsausschließend, allenfalls rechtfertigende Einwilligung.
; glaubt der Täter an eine Einwilligung, greifen die Grundsätze über den ETBI ! –> daran denken!
(dann meist § 265 gegeben)
Schwere Brandstiftung, § 306a I
- Grundtatbestand; abstraktes Gefährdungsdelikt, das dem Schutz bestimmter Wohn- und Aufenthaltsstätten dient
–> dh, dass keine konkrete Gefahr für einen Menschen begründet werden muss!
–> Strafbarkeit soll ausgeschlossen sein, wenn nach der objektiven Sachlage eine Gefährdung von Menschenleben offensichtlich ausgeschlossen war und der Täter sich vorher in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise Gewissheit verschafft hat (nach Rspr nur bei kleinen, überschaubaren Objekten der Fall); teleologische Reduktion folgt aus hoher Mindeststrafe und Schuldprinzip; grundsätzlich ist Überprüfung für das abstrakte Gefährdungsdelikt aber unerheblich.
der Wohnung von Menschen dienen, § 306a I Nr. 1
= nach allen Seiten abgeschlossener Raum; Raum muss seiner konkreten Verwendung nach tatsächlich (!) zumindest vorübergehend oder gelegentlich zur Unterkunft von Menschen vorgesehen sein, dh zum Mittelpunkt des Aufenthalts gemacht werden; entscheidend ist die reale Widmung zum Wohnen (anhand von Indizien feststellen); auch bei Wohnmobilen und Ferienwohnungen
muss von mindestens einer Person tatsächlich bewohnt werden (punktuelle oder auch längere Abwesenheit schadet jedoch nicht)
kann durch Inbrandsetzen konkludent aufgehoben werden; faktische Entwidmung setzt aber das Aufgeben ALLER Bewohner voraus; ist auch unschädlich, wenn Bewohner das Haus im Falle des Fehlschlags weiter benutzen will, weil dann trotzdem während Brandlegung keine abstrakte Gefahr besteht; Eltern können für Kind aufheben, nicht aber Familienmitglied einfach so für andere.
kann auch NOCH nicht zum Wohnen gewidmet sein
Und hier dann auch teleologische Reduktion ggf. prüfen (s.o. bei kleinen Räumlichkeiten)
Fordert § 306a II durch Verweis auf § 306 auch Fremdheit des Gebäudes?
§ 306a II iVm §306 prüfen
Nein, weil § 306a II dem Schutz der Gesundheit dient und konkretes Gefährdungsdelikt (Grundtatbestand) ist, und kein Sonderfall der Sachbeschädigung
- konkrete Gefahr einer Gesundheitsschädigung = einfache Gesundheitsschädigung iSv § 223 I (Verletzungserfolg darf nur noch vom Zufall abhängen)
- Gefahrverwirklichungszusammenhang muss gegeben sein (“dadurch”) = gerade das der Brandstiftungshandlung innewohnende Risiko muss sich verwirklichen (obwohl keine Erfolgsquali sondern Grunddelikt!)
- Rettungswillige: Rspr hier uneinheitlich; am besten prüfen, ob rettendes Eingreifen typische Folge der Brandstiftung ist und vom Schutzzweck der Norm umfasst ist; bei professionellen Rettungspersonen eher ja, bei privaten Rettern eher bei starkem Näheverhältnis
- auch Gefährdungsvorsatz notwendig!
§ 306a II: Werden Tatbeteiligte davon geschützt?
Dagegen spricht, dass Norm unbeteiligte Dritte vor dem Tun gerade solcher Personen schützen will;
(F befand sich bei Begehung der Tat in völliger Sicherheit und ging aufgrund eines freiverantwortlichen Entschlusses in Haus zurück, also -; scheitert jedenfalls an objektiver Zurechnung)
§ 306b II Nr.2:
Nicht erforderlich, dass die zu ermöglichende andere Straftat gerade unter Ausnutzung der spezifischen Brandsituation begangen wird. (Diebstahl, wenn alle anderen mit Löschen beschäftigt sind); Betrug danach genügt auch, enger zeitlich-sachlicher Zusammenhang.
–> nur relevant, dass Unrecht mit Unrecht verknüpft wird
265 nicht, weil Tathandlungen zusammenfallen.
Sonderproblem: Gemischt genutzte Gebäude bei § 306a I Nr. 1 und 3
- zunächst prüfen, ob es sich tatsächlich um EIN Gebäude handelt oder nicht doch um zwei unterschiedliche (Verbindungen da=)
- wenn ja: können auch erfüllt sein, wenn bei gemischt genutzten Gebäuden ein Gebäudeteil in Brand gesetzt wird, der nicht zu Wohnung von Menschen dient; wenn der in Brand gesetzte Gebäudeteil nach seiner baulichen Beschaffenheit mit dem Gebäudeteil iSv § 306a I Nr. 1, 3 ein einheitliches Ganzes bildet (zB gemeinsames Treppenhaus)
wenn also dann nur gewerblicher Teil angesteckt wird, ist trotzdem Merkmal der Inbrandsetzung vollendet, Brandstiftung vollendet!, nicht nur Versuch; nicht aber Zerstören infolge Brandlegung, wenn nur konkrete Gefahr des Brandes im Wohnbereich bestand
–> dafür müsste dann Wohnung tatsächlich dauerhaft unbewohnbar sein
§ 306a I Nr. 3
Täter muss zumindest billigen, die Räumlichkeit werde gerade in der von der Vorschrift angesprochenen Zeit brennen (subj)
unter Nr. 3 fallen alle Räumlichkeiten, die nicht durch Nr. 1 und 2 genannt sind (Wohnmobile fallen unter Nr. 1; unter Nr. 3 zB Bürogebäude und Fabrikhalle); nicht erfasst Pkw und Telefonzelle;
wenn zu anderer Zeit angesteckt, dann bleibt nur 306!
Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b I (Erfolgsqualifikation, § 18 StGB)
- schwere Gesundheitsschädigung = geht weiter als der Katalog des § 226, orientiert sich aber an dessen Schweregrad
- große Anzahl von Menschen, ab 14 Personen nach Rspr
- Tatbestandsspezifischer Gefahrzusammenhang: knüpft an Tathandlung an; auch die Schädigung von Rettern kann unter § 306b I fallen (da Opfer nicht schon zur Zeit der Tat im Gebäude gewesen sein muss)
- -> differenzierende Ansicht sieht bei Berufsrettern gefahrspezifischen Zusammenhang als gegeben an, bei sonstigen Rettern nicht (Handeln auf eigene Gefahr) (Retterfälle) –> Stichwort eigenverantwortliche Selbstgefährdung (hier auf nachvollziehbare Verhaltensweise abstellen)
auch erfolgsqualifizierter Versuch möglich (§§ 306b I, 22, 23), weil schwere Folge auch aus Brandstiftungshandlung folgen kann.
Besonders schwere Brandstiftung nach § 306b II (Quali von § 306a)
- Nr. 1: konkrete Todesgefahr
- Nr. 2:
nach Rspr reicht Absicht aus, durch Brand späteren Betrug zu ermöglichen, unabhängig von zeitlichen und räumlichem Zusammenhang (Betrug muss weder versucht noch vollendet sein)
265 und 303 können keine taugliche Taten sein, da diese durch Brandstiftung selbst begangen werden und damit keine andere Straftat sind.
Str hier vor allem, in welchem Verhältnis Brandstiftung und weitere Tat zueinander stehen müssen
- -> BGH: jede Verknüpfung genügt (§ 265 nicht, § 263 III Nr. 5 schon); weil nur Verknüpfung Unrecht mit weiterem Unrecht bestrafe, weil Täter die gefährliche Brandsituation zu seinem Vorteil ausnutzt!;
Nr. 3: jede beliebige Handlung vor, während oder nach Brandstiftung, die Löschen tatsächlich verhindert oder erschwert.; gewisse Erheblichkeitsschwelle erforderlich, um hohes Strafmaß zu rechtfertigen.
Brandstiftung mit Todesfolge, § 306c (Erfolgsquali)
- greift nicht, wenn ein Tatbeteiligter zu Tode kommt (“eines anderen Menschen” ?); weil nicht zu Gunsten derer dient, vor denen er Schutz bieten soll
- bei Rettern gleich wie bei § 306b I
- auch hier wohl erfolgsqualifizierter Versuch möglich (da Brandlegung als Tathandlung aufgenommen)
- leichtfertig handelt, wer die sich ihm aufdrängende Möglichkeit eines tödlichen Verlaufs aus besonderem Leichtsinn oder aus besonderer Gleichgültigkeit außer Acht lässt
Prüfung § 306c: Erfolgsqualifikation:
- Grundtatbestand: kann auch versucht sein (Wortlaut “durch eine Brandstiftung”)
- schwere Folge eingetreten (Person muss sich nicht schon in Räumlichkeit befunden haben)
- spezifischer Gefahrzusammenhang
- -> durch Brandstiftungshandlung möglich, erfolgsqualifizierter Versuch? möglich, weil Brandlegung in Tatbestände eingefügt wurde und damit gerade Explosionen erfasst werden sollten
- Zurechnungszusammenhang bei Rettern durch freiverantwortliche Selbstgefährdung unterbrochen?
- wenigstens leichtfertig (grobe Fahrlässigkeit = wer in besonderem Maße die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt)
Fahrlässige Brandstiftung nach § 306d
Tätige Reue § 306e !
Gesetzeslektüre reicht eigentlich; plus s. Notizen
Exkurs: Versicherungsmissbrauch, § 265 StGB
- schützt die Leistungsfähigkeit der Versicherer
- § 265 tritt als mitbestrafte Vortat (weil überschießende Innentendenz und daher früh verwirklicht) hinter dem später begangenen Betrug zurück (Wortlaut etwas missglückt, § 265 a.E.)
- Sache muss versichert sein, egal, ob Vertrag anfechtbar oder nichtig ist
- nur Sachversicherungen, keine Haftpflichtversicherung fällt darunter (§ 263 I nur)
- weite Vorverlagerung der Strafbarkeit, da schon mit Handlung vollendet (analoge Anwendung des § 306e systematisch sehr zweifelhaft); daher fällt es nicht unter § 306b II Nr. 2, weil Tathandlungen zusammenfallen.
- Repräsentantentheorie nur noch bei § 263 nötig (weil hier immer noch RECHTSWIDRIGER Vermögensvorteil notwendig); bei § 265 nicht mehr, weil nur Leistungen beansprucht werden müssen, egal ob rm oder rw
- -> wenn sich Versicherungsnehmer das Handeln des Täters als Repräsentant zurechnen lassen muss, dann greift § 81 VVG und Vermögensvorteil ist rw, und daher Täter nach § 263 III StGB strafbar; hier keine TBVss mehr
- bei § 265 muss Sache versichert gewesen sein; bei § 263 reicht Vortäuschen! :)
Allgemeines zu Straßenverkehrsdelikten:
Sehr klausurträchtig (Examensklausur Nr. 7) (direkt nach AT und Vermögensdelikten), aber immer die gleichen Problemkonstellationen, also eigentlich dankbar
Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer, § 316a
- eigenständiges, gegen die Sicherheit des Straßenverkehrs gerichtetes Delikt
- Tathandlung: Angriff verüben
- Täter: kann von außen kommen, aber auch Mitfahrer oder sogar Fahrer selbst sein
- Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs!!! (zentral)
- subjektiver TB: Vorsatz bzgl des Angriffs und Absicht, einen Raub,…. zu verüben
- RW, Schuld
Konkurrenzen im Umfeld von § 316a:
- § 316a und §§ 249, 252, 255 stehen zueinander in Tateinheit, § 52
- versuchte §§ 249 ff. treten indes hinter § 316a zurück (konsumiert)
- bei qualifiziert versuchtem Raub §§ 250, 251 hingegen wieder Tateinheit mit § 316a, weil sonst Unrechtsgehalt nicht im Urteilstenor erscheint
–> daher gilt für Klausuraufbau grundsätzlich, mit §§ 249 ff. zu beginnen
Samstags-Klausur Fall zu § 316a: Unter Vorspiegelung einer Polizeikontrolle wird Lkw-Fahrer herausgewunken.
–> BGH nahm § 316a an: zwar reicht List nicht aus (eigentlich), aber vorliegend war es (irrtümlich als gerechtfertigt angesehene) Nötigungssituation –> wenn man Polizeikontrolle vortäuscht, wirkt man auf die Entschlussfreiheit des anderen ein, weil dieser sich gezwungen sieht, anzuhalten; daher +
(auch § 132 und § 248b waren gegeben)
An welche Delikte ist zu denken, wenn Kfz involviert ist?
315, 315b, c, d, 316, 316a, 142, 248b
Wann ist § 316a vollendet?
- entweder erst mit Raub, wenn man es als Vermögensdelikt ansieht (zw)
- wenn Schutzgut Sicherheit des Straßenverkehrs, dann mit Beeinträchtigung von Leib und Leben oder Entschlussfreiheit vollendet (wohl nicht schon mit Angriff, weil sonst zu früh)
316a: Unter Ausnutzung der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs
wenn die Tat in naher Beziehung zum Kfz als Verkehrsmittel steht, Kfz muss im Tatplan als Transportmittel eine ausschlaggebende Rolle spielen; Kfz muss geführt/gefahren werden;
es müssen verkehrsspezifische Umstände vorliegen, die den Angegriffenen an der Abwehrmöglichkeit hindern, weil er auf den Verkehr achten muss!
nicht gegeben, wenn Auto hält (außerhalb von Ampeln) oder sich Fahrzeugführer außerhalb aufhält
–> der Täter muss ausnutzen, dass sich der Fahrzeugführer auf den Verkehr konzentrieren muss.