OR AT Flashcards
Theorie der Willenserklärung
Abgrenzung Wille und WE
Die Willensäusserung ist die Mitteilung des Willens zur Begründung/Änderung oder Beednigung eines Rechts oder Rechtsverhältnisses. Es handelt sich um eine private Willenskundgabe, die darauf gerichtet ist, eine Rechtsfolge zu erzielen
Wille = Ergebnis eines inneren Prozesses
Erklärung = Kundgabe des Willen gegen Aussen
Wille - Abstufungen
Handlungswille
Erklärungswille
Rechtsbindungswille: „Wille eine bestimmte RF herbeizuführen und die RF zu tragen“
Zugangstheorie (h.M.)
Die WE ist also….
Die Willenserklärung wird wirksam, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, dass mit Kenntnisnahme zu rechnen ist.
Willenserklärung => empfangsbedürftig
Konsens
OR1I
„Zum Abschlusse eines Vertrages ist die übereinstimmende gg.s. WE der Parteien erforderlich“
- Faktischer Konsens
„wenn abegebene WE dem wirklichen inneren Willen der Partei entspricht“ und von Gegenpartei richtig verstanden werden“ - subsidiär: Rechtlicher Konsens
=> Vertrauensprinzip
Sonderfall: falsa demonstratio non nocet
DEF Vertrauensprinzip
Die Willenserklärungen sind so auszulegen, wie sie der jeweilige Empfänger nach guten Treuen verstehen durfte.
massgebend: Standpunkt des Empfängers
- obj. Bedeutung
- Kontext der Erklärung
- Sonderwissen
- darf nicht zu etwas führen, dass beide nicht wollen
weitere: Willenstheorie, Erklärungstheorie
-> egal
Dissens
-> fehlender Konsens
Dissens über Hauptpunkte (obj. und subj. wesentliche Vertragspunkte) -> kein Vertragsschluss
Dissens über Nebenpunkte -> OR2I: Vermutung des wirksamen Vertragsschlusses
Antrag und Annahme
zeitlich erste WE - zeitlich zweite WE
Antrag/Angebot/OFFERTE - Annahme/AKZEPT
VSS Antrag
- empfangsbedürftige WE mit Angebot zum Abschluss eines Vertrags
- Willensbekundung zum Abschluss eines Vertrages
- alle wesentliche Vertragspunkte (müssen zumindest bestimmbar sein)
- hinreichend bestimmt (, sodass einfaches „Ja“ ausreicht)
VSS Annahme
- vorbehaltlose Zustimmung zu den im Antrag formulierten Vertragsbedingungen
Grds. Schweigen hat keinen Erklärungswert, Nichts-Tun reicht nicht, konkludentes Verhalten schon
Zweck der gesetzlichen Form (Auslegungshilfe)
Warnfunktion
Kundgabefunktion
Beweisfunktion
Registerfunktion
Informationsfunktion
Formungültigkeit
OR11II
Folgen Formnichtigkeit
- Vertrag ist unheilbar unwirksam
> jedermann kann darauf berufen
von Amtes wegen zu beachten
bereits empfangene Leistungen sind zurückzuerstatten
Achtung: Rechtsmissbrauchsverbot (ZGB2II)
1. beidseitige vollständige Erfüllung in Kenntnis der Formungültigkeit des Vertrages
2. Weitere Umstände
> Arglistige Herbeiführung des Formmangels durch die Partei, die sich auf diesen beruft
> Zweckwidrigkeit der Berufung auf den Formmangel, weil sie nur dazu dient, sich z.B. Gewährleistungsansprüchen zu entziehen oder eine Wertsteigerung nach Vertragsschluss für sich zu nutzen
h.L.:
- Formungültigkeit nicht von Amtes wegen zu berücksichtigen
- Heilbarkeit v.a. bei vollständiger Erfüllung des Vertrages (Bestandesschutz)
- also: relative Nichtigkeit lediglich zwischen Parteien mit Heilungsmöglichkeit (falls frewillig und irrtumsfrei formnichtigen Vertrag erfüllt)
BGer:
- absolute Nichtigkeit unter Vorbehalt von ZGB2II
Scheingeschäft/Simulation
OR18
regelt 2 TBs
- falsa demonstratio non nocet: Bei übereinstimmender irrtümlicher/unbewusster Abweichung vom obj. WOrtsinn gilt das Gewollte (Haakjöringsköd-Fall)
- Simulation/Scheingeschäft: bewusste Vortäuschung eines Vertragsschlusses oder eines anderen Vertragsinhalts als des wirklich beabsichtigten
OR18II bezieht sich auf 2)
in beiden Fällen gilt das Gewollte
VSS
1. gemeinsame Ausrucksweise
2. übereinstimmender Wille hinstichtlich Verwendung der Ausdrucksweise
3. Diskrepanz zwischen Wille und Ausdrucksweise
(Vollsimulation, Teilsimulation, Parteisimulation)
-> Scheingeschäft unwirksam
-> dissimuliertes Geschäft grds. wirksam
Kontrahierungszwang
gesetzlicher KZ
- Kartellrecht
- Anschlusspflicht für Stromhersteller
privatrechtlicher KZ
- Persönlichkeitsrecht (ZGB28II)
- zB Diskriminierungsverbot bei Vermietung
- folgt aus Beseitigungsanspruch (ZGB28aIII) => Naturalexekution
KZ aufgrund Verstosses gegen gute Sitten
- gilt OR20 auch bei sittenwidriger Verweigerung des Vertrages?
- kann aus OR41II abgeleitet werden
1) Öffentliches und allgemeines Angebot von Waren/Dienstleistungen
2) Güter/Dienstleistung betreffen den Normalbedarf, der jedem zur Verfügung stehen muss
3) Interessenten haben kaum Ausweichmöglichkeiten aufgrund Marktbeherrschung
4) Anbieter hat keine sachlicher Gründe, welche Vertragsabschlussverweigerung rechtfertigen könnten
Motivirrtum
- Irrtum in der Willensbildung
- grds. unbeachtlich
- Ausnahme: Grundlagenirrtum
Erklärungsirrtum
- Irrtum in der Willensäusserung
- wesentlich/unwesentlich
- EI i.e.S.: Irrtum über Erklärungszeichen
- EI i.w.S.: Irrtum über Sinn der Erklärung
RF > einseitige Unverbindlichkeit nach OR23
Beachte: OR25I/II/26
Ungültigkeitstheorie
Anfechtungstheorie
OR23: Einseitige Unverbindlichkeit
BGer: UNGÜLTIGKEITSTHEORIE
- V ex tunc ungültig
- Vertrag fällt durch Anfechtung dahin
- bei Annahme ex tunc gültig
Lehre: Anfechtungstheorie
- V grds. gültig, im Schwebezustand
- ausser Anfechtung: fällt ex tun c dahin
- bei Annahme mit Ablauf Jahresfrist gültig
M.M.: ex nunc ungültig nach Anfechtung
(d.h. OR62 erst ab Moment der Anfechtung
-> Rückabwicklung nach Vindikation (ZGB641II), nach ungerechtfertigter Bereicherung (OR62)
VSS Übervorteilung (bereits im Gesetz)
OR21
1) offenes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, die jedem Betrachter ins Auge fällt
2) Schwäche der benachteiligten Partei
- Notlage (aufgrund Bedrängnis erscheint nachteiliger Vertrag als kleineres Übel, verlangt nur subj. Notlage)
- Unerfahrenheit
- Leichtsinn
3) Ausnutzung durch Gegenpartei
NB: keine pathologische Dimenstion notwenig
Beispiele: Schwäche durch Alkohol, Drogen, Erschöpfung, Überraschung
RF Übervorteilung
- einseitige Unwirksamkeit des Vertrages nach OR23, vgl. OR21II
- (str.) Teilunwirksamkeit nach OR20II
- h.L. sofern Individualvertrag (nicht AGB) -> Herabsetzung
Irrtumskategorien
Motivirrtum = Irrtum in der Willensbildung
> grds. unbeachtlich, Ausnahme Grundlagenirrtum
Erklärungsirrtum = Irrtum in der Willensäusserung
> wesentlich/unwesentlich
- EI i.e.S.: Irrtum über Erklärungszeichen
- EI i.w.S.: Irrtum über Erklärungssinn
RF Irrtum
OR23
- einseitige Unverbindlichkeit des Vertrages
beachte:
- OR25I
- OR25II
- OR26
Irrtum: 3 Ungültigskeitstheorien
UNGÜLTIGKEITSTHEORIE
Nach der vom Bundesgericht vertretenen Ungültigkeitstheorie hat der Vertrag nie Gültigkeit erlangt. Erfolgt jedoch innerhalb der Frist von Art. 31 Abs. 1 OR keine Anfechtung oder wird der Vertrag genehmigt, tritt die Gültigkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses ein. Bis zur Genehmigung bzw. dem Verstreichen der Frist befindet sich der Vertrag in einem Schwebezustand. Der Vertrag ist suspensiv bedingt.
ANFECHTUNGSTHEORIE
Gemäss der in der Lehre vertretenen Anfechtungstheorie (wohl h.L.) ist der Vertrag trotz Willensmangel bis zur erfolgreichen Anfechtung gültig. Erst im Falle einer erfolgreichen Anfechtung fällt er mit Wirkung ex tunc (h.L., a.M. vertretbar) dahin. Der Vertrag ist somit resolutiv bedingt.
THEORIE DER GETEILTEN UNGÜLTIGKEIT
Nach der Theorie der geteilten Ungültigkeit ist der Vertrag für die einem Willensmangel unterliegende Partei von Anfang an ungültig, für die andere jedoch gültig (in der Lehre vertretene Mindermeinung). Die Unverbindlichkeit muss innert Frist mittels Anfechtung des Vertrages geltend gemacht werden, ansonsten der Vertrag als genehmigt gilt.
VSS Furchterregung
OR29f.
1) Furchterregung
- Androhung eines Übels, die vom Bedrohten ernstgenommen
2) durch Vertragspartner/Dritten
3) gegründete Furcht
- qualifizierte Furcht (vgl. OR30)
4) Widerrechtlichkeit der Drohung
- der angedrohte Nachteil als solcher widerrechtlich (Verletzung absoluten RG)
- oder Art und Weise der Verbindung von Nachteil und Vertragsschluss widerrechtlich
RF Furchterregung
OR29f.
- Unverbindlichkeit des Vertrages für Bedrohten (Frist OR31I/II)
- Schadensersatzpflicht des Drohenden zugunsten des Bedrohten nach c.i.c. oder nach OR41 mit Schutzgesetz (beachte unbefristet OR31III)
- Schadenersatzpflicht des Bedrohten zugunsten des Vertragspartners (bei Drohung durch Dritte), sofern Vertragspartner Drohung nicht kannte/erkennen konnte (Rechtsgedanke aus OR29II)
Nichtigkeit - Arten
OR20I
unmöglicher Inhalt = eine der versprochenen Leistungen (1) objektiv, (2) ursprünglich und (3) dauernd nicht erbringbar
(tatsächliche/rechlichte Unmöglchkeit)
widerrechtlicher Inhalt = Vertrag verstösst gegen obj Norm des schweizerischen Rechts
sittenwidriger Inhalt = Vertrag verstösst gegen Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden