Strafprozessrecht Flashcards

1
Q

Polizei erlangt Informationen:
Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr?

A
  • Liegt überhaupt eine strafbare Handlung vor / ggf. schon strafbares Vorbereitungs- bzw. Versuchsstadium?
  • Sind Ermittlungsmaßnahmen nach der StPO zulässig oder geht es primär um geplante Straftaten?
  • Abgrenzungskriterien – immer einzelfallbezogen vorzunehmen:
    -> Schwere des zu verfolgenden Delikts
    -> Gefährdetes Rechtsgut:
    -» noch in Gefahrensituation bzw. Schaden/weitere Schädigung /Gefährdung noch abwendbar?
    -»> dann Prävention, PolG;
    -» falls Tatgeschehen abgeschlossen (Opfer verletzt/tot), Täter geflohen
    -»> dann Repression, StPO
    -> Ausmaß und Stärke der drohenden Gefahr
    -> Besondere Gefährlichkeit des Täters
    -> Art und Höhe des verursachten (StPO) bzw. drohenden (PolG) Schadens
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2
Q

Legalitätsprinzip

A
  • §§ 152 II, 160 I, 163 StPO
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3
Q

Legalitätsprinzip und Umgang mit
Strafanzeigen durch Polizeibeamte

A
  • Sobald Polizeibeamte durch eine Strafanzeige/Strafantrag oder auf sonstige Weise vom möglichen Vorliegen einer Straftat erfahren, haben sie gem. § 163 StPO den Sachverhalt zu erforschen und ggf. auch entsprechende Beweise zu sichern (§ 244 II StPO)
    -> ansonsten: Strafvereitelung im Amt, § 258a StGB, wenn es der Polizeibeamte unterlässt, bei dienstlicher Kenntnisnahme von einer rechtswidrigen Tat diese anzuzeigen und damit wissentlich /absichtlich einen Dritten ganz oder teilweise der Strafverfolgung entzieht (auch möglich durch „Liegenlassen“ einer Anzeige, Nicht-Bearbeitung; Entfernen einer Anzeige/Akte aus dem Geschäftsgang ist tb-mäßig iS.d. § 258a StGB -Angehörigenprivileg in §
    258a III SGB
  • Bei nur sehr vagen Verdachtsmomenten: auch hier Überprüfungspflicht der Polizei, ob „etwas dran“ ist
  • In Zweifelsfällen muss Polizei den Fall gleich der Staatsanwaltschaft vorlegen, die letztlich darüber entscheidet, ob dennoch / gerade deshalb (weiter) zu ermitteln ist oder ob das Verfahren einzustellen ist
  • Anzeigeerstattung durch
    psychisch Gestörte /
    Querulanten:
    -> Wegen Legalitätsprinzip müssen auch diese Anzeigen grds aufgenommen werden (es könnte „etwas dran“ sein)
    -> Anzeigeerstatter über die möglichen strafrechtlichen Folgen falscher Verdächtigung bzw. übler Nachrede/Verleumdung belehren
    -> Vorgang ohne weitere Bearbeitung an die Staatsanwaltschaft senden
    -» keine polizeiinterne „Ablage“
    derartiger Vorgänge
  • Nur dann keine Verfolgungspflicht bei offensichtlich unsinnigen Anzeigen von geistesgestörten Anzeigeerstattern, z.B., dass „jemand den Mond geklaut hat“ Pflicht zur Strafverfolgung auch bei außerdienstlicher Kenntnisnahme?
    -> grds. nein, Recht auf Privatsphäre des Polizeibeamten außerhalb des Dienstes
    -> aber dann Verfolgungspflicht, wenn Belange der Öffentlichkeit und der Volksgesundheit in besonderem Maße betroffen sind/sein können, vgl. auch § 138 StGB: ANZEIGEPFLICHT – „JEDER“
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4
Q

Wann muss JEDER eine geplante
Straftat anzeigen?

A
  • § 138 StGB: geplante Straftat, deren Begehung /Erfolgseintritt
    also noch verhindert werden kann = sog. Echtes Unterlassungsdelikt wie § 323c StGB [Unterlassene Hilfeleistung] = Jedermann-Pflicht
    -> deshalb keine Garantenstellung erforderlich
  • Bereits begangene Straftaten, auch Mord, müssen nicht
    angezeigt werden – dies ist auch nicht als Begünstigung /Strafvereitelung (§§ 257, 258 StGB) strafbar
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5
Q

Legalitätsprinzip und Umgang mit anonymen Strafanzeigen durch Polizeibeamte

A
  • Anonyme Anzeigen dürfen nicht unbeachtet bleiben, auch wenn sie gerne genutzt werden, um missliebige Personen zu Unrecht zu beschuldigen
  • Sie sind sorgfältig zu prüfen und häufig enthalten sie wichtige Informationen zu schweren Straftaten
  • Strafprozessuale Eingriffsmaßnahmen allein aufgrund einer anonymen Anzeige sind unzulässig
  • Polizeiliche Ermittlungen müssen sich auf den Tatverdacht und auf die anonyme Person beziehen
  • Gründe für anonyme Anzeigen?
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6
Q

Tatverdachtsgrade

A
  • Anfangsverdacht „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“
    -> Möglichkeit der Tatbegehung
    -> Genügt für Beschlagnahme
    (eines Rechners, Festplatte etc.), § 94 StPO
  • Hinreichender Tatverdacht
    -> Verurteilungswahrscheinlichkeit
  • Dringender Tatverdacht
    -> Sehr hohe Wahrscheinlichkeit
    der Tatbegehung –
    ABER: Auch hier: Noch immer
    Geltung der Unschuldsvermutung, Art. 6 II EMRK (= rechtliche Fiktion und
    Beweislastverteilung:
    Der (ver-)urteilende Staat
    muss die Schuld beweisen,
    nicht der Beschuldigte
    seine Unschuld)
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7
Q

Ablauf eines Strafverfahrens

A
  1. ,,Tat“ als „historisches“ Ereignis; Strafanzeige/–antrag (§ 158); Polizeiliche Ermittlungen (§ 163); Anfangsverdacht; Nicht Beschuldigter bzw. Nichtverdächtiger wird zum Tatverdächtigen
  2. Ermittlungsmaßnahmen aufgrund des Legalitätsprinzips; Anklageerhebung (§ 170 I) „Metamorphose“ des Beschuldigten- Status (§ 157 StPO); → Hauptverhandlung (§ 243) im Zentrum d. Hauptverfahrens
  3. Urteilsverkündung (§ 260) Neue Beweismittel („Überraschungszeuge“); Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes bzw. Nachtragsanklage (§§ 265, 266)
  4. Rechtsmittel (§§ 296 ff.) Unterbrechung bzw. Aussetzung des Verfahrens (§ 228 f.)
  5. Neue Verhandlung Urteilsverkündung (§ 260) Rechtskraft der Entscheidung (§449); Übergang in das Vollstreckungsverfahren; evt. Strafvollzug
  • Staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren (wg. Legalitätsprinzip)
    -> Abschlussverfügung und Anklageerhebung (§ 170 I StPO)
    -> Einstellung des Verfahrens (§ 170 II 1 StPO)
    -> Einstellung des Verfahrens aus Opportunitätsgründen (§§ 153 ff. StPO) – Geringfügigkeit; hypothetische Schuldprüfung („wäre“); kein öffentl. Interesse
    -> Diversion im Jugendstrafrecht (§§ 45 I, II, III, 47 JGG)
  • Zwischenverfahren
    -> Eröffnungsbeschluss bei hinreichendem Tatverdacht
    -> Nichteröffnungsbeschluss aus tatsächlichen/rechtlichen Gründen
  • Hauptverfahren incl. der Hauptverhandlung („Herzstück“)
    -> Aburteilung: Freispruch
    -> Aburteilung: Verurteilung zu Geld- oder Freiheitsstrafe
    -> Bei Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe (§ 38 StGB): Strafaussetzung zur Bewährung (§§ 56, 47 StGB / § 21 JGG/§ 27 JGG)
    -> Sonderfälle: Absehen von Strafe (§ 60 StGB); Verwarnung mit Strafvorbehalt gem. § 59 StGB (Fall Daschner)
    Ggf. **Rechtsmittelverfahren > Rechtskraft > Vollstreckungsverfahren
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8
Q

Praxisrelevanz für (erweitertes) Führungszeugnis

A

** Grds. Problem: Rechtskraft der Gerichtsentscheidung**
Ablauf eines Strafverfahrens:
* Anzeige/Strafantrag: Beginn des Ermittlungsverfahrens
* Anklage durch StA und Beginn d. (gerichtlichen) Zwischenverfahrens
* Eröffnung des Hauptverfahrens und der Hauptverhandlung, ggf. zahlreiche Termine über viele Monate
* Gerichtliche Entscheidung: Verurteilung, hiergegen VOR RK möglich:
-> Rechtsmittel (Berufung/Revision), dann
-> Zurückverweisung des Falles an anderen Spruchkörper
-> erneute gerichtliche Entscheidung, die in Rechtskraft erwächst – erst ab diesem (ggf. sehr späten) Zeitpunkt ist die Verurteilung für BZR eintragungstauglich = gesetzlicher Schuldnachweis, Art. 6 II EMRK

Strukturell doppeltes Problem:
* Rechtskraft der Entscheidung:
-> Nicht rechtskräftige Verurteilungen und laufende Rechtsmittelverfahren: BZR (-) wegen Unschuldsvermutung (Art. 6 II EMRK)
-> erst ab Rechtskraft: Unwiderlegbare Vermutung der Ungeeignetheit
* Hellfeldbereich:
-> nur amtlich registrierte Kriminalität: (PKS, Strafverfolgungsstatistiken…) Auch erweitertes Führungszeugnis erfasst nur die „Spitze des Eisberges“

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9
Q

Polizeiliches Führungszeugnis, BZRG

A
  • Erst ab Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung eintragungsfähig, zuvor wegen Unschuldsvermutung nicht, unabhängig von der Art der Verurteilung und von der Dauer der Freiheitsstrafe, d.h. auch bei Mord:
  • §§ 30, 32 BZRG:
    -> erst ab bestimmtem Strafmaß
    (über 90 TS bzw. über 3 Monate
    Freiheitsstrafe)
  • temporäre Eintragungsdauer: nur bei nicht getilgten Vorstrafen
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10
Q

Beginn eines strafrechtlichen
Ermittlungsverfahrens

A
  • § 158 StPO
  • Anzeige oder Strafantrag bei der Polizei / Staatsanwaltschaft oder zu Protokoll der Geschäftsstelle am Amtsgericht
  • Legalitätsprinzip, Verfolgungszwang bei „zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkten“
  • Anfangsverdach
  • Anfangsverdacht?
    -> Welches Delikt? > StGB
    -> (Jugend-)Strafrechtliche
    Verantwortlichkeit?: § 19 StGB bzw. § 3 JGG
    -> ggf. Kontakt mit Jugendamt? > ggf. Maßnahmen nach KJHG – nur mit Einverständnis der Eltern (!)
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11
Q

Besondere „Beschuldigte“?
Kinder = strafunmündig

A
  • § 19 StGB: Schuldunfähig ist, wer bei Begehung der Tat noch
    nicht vierzehn Jahre alt ist.
    -> Legaldefinition („ist“)
    -> gesetzgeberische Fiktion („ist“)
    -> unwiderlegbare Vermutung („ist“)
    -> unüberwindbarer Strafausschließungsgrund („ist“)
    -> unüberwindbares Prozesshindernis („ist“)
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12
Q

Ermittlungsverfahren:
Vom Anfangs- zum hinreichenden Tatverdacht?

A
  • Prüfung der Staatsanwaltschaft, ob hinreichender Tatverdacht besteht
  • Beweiserhebung durch Polizei/StA
    -> Falls TV (-): Einstellung
    -> Falls TV (+): Anklage/Antrag auf
    Strafbefehl
    -> ggf.: Einstellung/ Geldauflage (§ 153 a StPO)
  • Ziel des Ermittlungsverfahrens ist nicht die Überführung des Verdächtigen, sondern die Erforschung des Sachverhalts – was ist wirklich passiert??
    -> siehe auch Neutraliätspflicht der StA aus § 161 II StPO
  • Ausgangspunkt: Anfangsverdacht einer Straftat „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“
  • Beweiserhebung durch StA/Polizei „in alle Richtungen“
    -> Vernehmungen
    -> ggf. Durchsuchung, Beschlagnahme
    -> Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), § 100a StPO
    -> online-Durchsuchung, § 100b b StPO (aber: „qualifizierter Anfangs- verdacht“)
    -> molekulargenetische Untersuchung / DNA-Identitätsfeststellung / DNA-Reihenuntersuchung: §§ 81 e, f, g, h StPO
    -> u.a. (Zwangs-)Maßnahmen
    -> StA = „objektivste Behörde der Welt“, § 160 II StPO
  • Abschluss: Prüfung des hinreichenden Tatverdachts (Verurteilungswahrscheinlichkeit [+])
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13
Q

Vor(feld-)ermittlung

A
  • sind der StPO unbekannt
  • Dienen der Klärung, ob überhaupt zureichende tatsächliche Anhaltspunkte iSd Anfangsverdachts gegeben sind, mit welchem das Ermittlungsverfahren begonnen werden kann
  • Da in diesem Stadium noch kein Ermittlungsverfahren läuft, wird der Vorgang in das allgemeine Register (AR) eingetragen, ggf. Umtragung in Js-Sache (gegen einen Tatverdächtigen) oder gegen Unbekannt (UJs-Sache)
  • Betroffener ist hier noch kein Beschuldigter, keine Zwangseingriffe zulässig; StA hat noch kein Recht zur Beantragung einer gerichtlichen Vernehmung
  • Eine polizeiliche Observation setzt einen Anfangsverdacht voraus (= zureichende tatsächliche Anhaltspunkte)
    oder die Observation ist der Gefahrenabwehr – präventiv - zuzuordnen
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14
Q

Informatorische Befragung

A

= formlose Befragung von Personen (regulär durch Polizeibeamte an einem bestimmten Ort/z.B. Tatort), um zu prüfen, ob überhaupt eine Straftat vorliegt oder ob sie zur Gefahrenabwehr handeln muss (StPO oder PolG??)
* Informatorische Befragung dient der Klärung einer unzureichenden Situation
* Spontane Äußerung eines Befragten bzw nur Anwesenden ist verwertbar; grds. keine Belehrung erforderlich
* Wenn jemand in diesem Stadium mehrere Angaben macht, kann dies eine Belehrungspflicht gem. § 163a IV iVm § 136 I 2 StPO auslösen („Rechtsstaat kämpft mit offenem Visier“)
* Falls jemand als Zeuge in Betracht kommen kann, müssen auch ZVR aus §§ 52 StPO
beachtet werden

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15
Q

Akteure im Strafverfahren

A
  • Gericht – Prinzip des gesetzlichen Richters (+ Ergänzungsrichter)
  • Schöffen
  • Staatsanwaltschaft als „objektivste Behörde der Welt“
  • Rechtsanwalt/Verteidigung/Nebenkläger
    -> RA ist nicht zwangsläufig Verteidiger des Beschuldigten; es kommt auf die jeweilige Verfahrensrolle
    des RA an:
    -> Verteidiger für den Beschuldigten (mit umfassenden
    Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten)
    -> Nebenklagevertreter für das Opfer (an der Seite der Staatsanwaltschaft, §§ 395 ff. StPO) mit unterschiedlichen Rechten (Teilnahmerecht, Fragerecht, Beweisantragsrecht) – dient dem persönlichen Genugtuungsinteresse des Opfers (das Opfer ist nicht nur bloßer Zeuge)
  • Sachverständige und deren Kompetenzen
  • Beschuldigter und dessen Rechte + Pflichten
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16
Q

Grundlagen zum Beweisrecht:
Beweismittel

A
  • Sachbeweis
    -> Augenschein
    -> Urkunde
  • Personalbeweis
    -> Sachverständiger
    -> Zeuge
    -> Beschuldigter
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17
Q

Verdächtigter - Beschuldigter

A
  • Als Beschuldigter wird ein Tatverdächtiger bezeichnet, gegen den die Strafverfolgungsorgane ein Strafverfahren betreiben – es wird gegen ihn gezielt als Beschuldigter (nicht als Zeuge etc.) ermittelt
  • Mehrere Verdächtige, die sich gegenseitig als Täter ausschließen, können Beschuldigte sein
  • Nach Verfahrenseinstellung (§ 170 II StPO) sowie nach rechtskräftiger Entscheidung (§ 449 StPO) endet der Beschuldigtenstatus (nach Rechtskraft: = Verurteilter)
  • Verdächtiger hat (noch) nicht den Beschuldigtenstatus; lediglich vager Verdacht, dass er möglicherweise die Straftat begangen haben könnte (z.B. Durchsuchung beim Verdächtigen, § 102 StPO (wichtig für Datenbeschlagnahme!!), Identitätsfeststellung beim Verdächtigen, § 163b I StPO)
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18
Q

Beschuldigter

A
  • Beschuldigter gehört nicht zu den eigentlichen Beweismitteln im Strafverfahren (siehe Schaubild) Dessen Aussagen / Einlassungen gehen jedoch in die Beweiswürdigung mit ein
    -> Beweismittel iwS
  • Die gerichtliche Aufklärungspflicht bezieht sich v.a. auf die Frage bzgl. der Täterschaft des Beschuldigten
  • Klärung der sog. Schuldfrage mit den strafprozessual vorgesehenen Beweismitteln und
    -> den zulässigen Beweiserhebungs- und -verwertungsprinzipien
  • § 136 StPO

Reden oder Schweigen?
* Schweigen des Beschuldigten empfiehlt sich
zunächst immer; anwaltliche Beratung abwarten
* Schweigen darf grundsätzlich nicht nachteilig verwertet werden – sonst würde das Schweigerecht unterlaufen werden (anders bei sog. Teilschweigen / Teileinlassung [sog. „beredtes Schweigen“])
* Die Sorge, es könne durch das vollständige Schweigen der Eindruck entstehen, man habe „etwas zu verbergen“, ist -strafverfahrensrechtlich gesehen -unbegründet

Verbotene Vernehmungsmethoden
* § 136a StPO
* Lügendetektor/Polygraph:
-> Nach früherer Rspr. sei die Verwendung eines Polygraphen im Strafverfahren auch bei ausdrücklichem Wunsch des Beschuldigten unzulässig („Indisponibilität der Menschenwürde“, so BGH)
-> Seit 1998 sieht der BGH dies anders, keine Verletzung der Menschenwürde, wenn der Betroffene den Polygraphentest erbittet, jetzt kein Verstoß mehr gegen § 136a StPO
-> ABER: Verstoß gegen § 244 III 2
StPO: = ungeeignetes Beweismittel
* Alle Aussagen, die unter Verletzung eines dieser Vernehmungsverbote zustande gekommen sind, dürfen zunächst grds. nicht verwertet werden – auch dann, wenn der Beschuldigte ausdrücklich zustimmt
-> Indisponibilität höchstpersönlicher, unverfügbarer Verfahrensrechte // aber: „Heilungsmöglichkeit“ (s.u.)
* Verwertungsverbote gelten für alle Stadien des Strafprozesses, vom Ermittlungs- bis zum Rechtsmittel- bzw. Wiederaufnahmeverfahren
* Verwertungsverbote gelten für belastende und entlastende Aussagen
* Qualifizierte Belehrung: Wenn der Betroffene auf die grds. Unverwertbarkeit seiner Aussage wegen eines Vernehmungsverbotes hingewiesen wird und er dennoch die gleiche Aussage macht, kann diese im Prozess verwendet werden – verzichtet er auf die Aussage/macht er eine andere, darf die ursprüngliche Aussage nicht verwertet werden. Ansonsten alles ustr. (Problem der Fernwirkung, vgl. USA, CH)
* § 343 StGB - Aussageerpressung

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19
Q

Ablauf der Hauptverhandlung

A
  • Aufruf der Strafsache
  • Feststellung der Erschienenen (Angeklagte[r], ggf. Rechtsanwälte, ggf. Zeugen, ggf. Sachverständige)
  • Verlesung der Anklageschrift durch die StA
  • Beginn der Beweisaufnahme (Belehrung und Befragung des Angeklagten/Zeugen/SV Gutachter [Gutachten Verlesung]; Beweismittel)
  • Plädoyer/Schlussvortrag + Strafvorschlag d. StA
  • „Letztes Wort“ des Angeklagten, Beratung des Gerichts und Urteilsverkündung (evt. Rechtsmitteleinlegung) // Eintritt der Rechtskraft
    -> Beschuldigter gilt ab jetzt als schuldig (Art. 6 II EMRK)&raquo_space; Vollstreckbarkeit des Urteils (Geld-/Freiheitsstrafe)
  • Ende der Hauptverhandlung > Urteil > Rechtskraft

Strukturell doppeltes Problem:
* Rechtskraft der Entscheidung:
-> Nicht rechtskräftige Verurteilungen und laufende Rechtsmittelverfahren: BZR (-) wegen Unschuldsvermutung (Art. 6 II EMRK)
-> erst ab Rechtskraft: Unwiderlegbare Vermutung der Ungeeignetheit
* Hellfeldbereich:
-> nur amtlich registrierte Kriminalität: (PKS, Strafverfolgungsstatistiken…) -> —> Auch erweitertes Führungszeugnis
erfasst nur die „Spitze des Eisberges“

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20
Q

Grundlagen zum Beweisrecht-Beweismittel

A
  • §§ 48 ff. StPO
  • In Bezug auf eine bestimmte Straftat, die er beobachtet / wahrgenommen hat, bekundet der Zeuge bestimmte beweiserhebliche Tatsachen
  • Zeugen sind grundsätzlich
    zur Aussage verpflichtet
  • Augenschein, § 86 StPO: - kein n.c.!!
  • Urkunde, § 249
    StPO
    -> Auswertung des Gedankeninhalts von Schriftstücken
  • Sachverständiger, §§ 72 ff. StPO
    -> Jemand, durch dessen spezielle Sachkunde für diesen Fall bestimmte Tatsachen festgestellt und fachgerecht ausgewertet werden können
    -> früher: „Gehilfe“ des Gerichts oder „erweitertes Gehirn“ des Gerichts…
    -> heute: Beweismittel zugunsten der Wahrheit
    -» für alle Beteiligten
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21
Q

Ausnahmen zu §§ 48 ff StPO

A
  • Schweigepflicht (§ 203 StGB)
  • Zeugnisverweigerungsrecht (§ 53 StPO)
  • Zeugnispflicht (bei fehlendem ZVR) und Schweigepflicht?
    -> Grundsätzlich Ja!
    -> Zeugen, die kein Zeugnisverweigerungsrecht haben, sind zur vollständigen Aussage verpflichtet. Das fehlende ZVR eliminiert die Rechtswidrigkeit des Bruchs der Schweigepflicht aus § 203 StGB (hier das Merkmal „unbefugt“: „Zeugnispflicht vor Schweigepflicht“, so dass am Ende keine Strafbarkeit aus § 203 StGB erfolgt.)
    -> Eine bestehende Schweigepflicht nach § 203 StGB berechtigt im Umkehrschluss nicht zur Zeugnisverweigerung nach § 53 StPO.
    -> Das Recht zur Zeugnisverweigerung ergibt sich allein aus § 53 StPO
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22
Q

Straftat des Bruchs der
Schweigepflicht

A
  • § 203 StGB
  • Tatbestand:
    -> objektiv : Weitergabe fremder Geheimnisse an Dritte auf irgendeine Weise
    -> subjektiv (Vorsatz: Wissen/Wollen der Weitergabe
    // Fahrlässigkeit genügt bei § 203 StGB nicht)
  • Rechtswidrigkeit
    -> Fehlen von Rechtfertigungsgründen, z.B. Fehlendes Zeugnisverweigerungsrecht, so dass ausgesagt werden muss(te); § 34 StGB – rechtfertigender Notstand - als Unrechtskompensation für den verwirklichten Tatbestand
  • Schuld:
    -> hierbei grds. unproblematisch
23
Q

Schweigepflicht (§ 203 StGB)+ZVR § 53 StPO
Rechtswidrigkeit = Unbefugt

A
  • Gerechtfertigt und somit straflos ist das Offenbaren von Geheimnissen durch Zeugnisverweigerungsberechtigte nur dann, wenn
  • §§ 6, 8 IfSG (Schutz der Allgemeinheit vor anstekkenden Krankheiten hat Vorrang)
  • Voraussetzungen des § 138 StGB (sog. echtes Unterlassungsdelikt) > Müssen: impliziert Dürfen
  • § 138 StGB: geplante Straftat, deren Begehung/ Erfolgseintritt also noch verhindert werden kann
24
Q

Aussagepflicht von Geistlichen?

A
  • Geistliche fallen nicht unter die Schweigepflicht des § 203 StGB und dürfen aussagen
  • Geistliche haben aber ein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 53 I Nr. 1 StPO, um das kirchliche Beichtgeheimnis abzusichern:
    -> Can. 983 cic – codex iuris canonici
25
Q

Beweisrecht nach der StPO

A
  • Hauptverhandlung = Kernstück des Strafverfahrens
  • Das Gericht muss zweifelsfrei von der Schuld des Angeklagten überzeugt sein – „gewisse Restzweifel“ werden sich nie ganz ausschließen lassen…
  • Freie Beweiswürdigung, § 261 StPO, nicht quantifizierbar
  • Nicht die Wahrheit als solche, sondern die materielle Wahrheit entscheidet – nach dem Ergebnis dieser Beweisaufnahme mit diesen Beweismitteln…
  • Fehler in der Beweisaufnahme stellen den relativen Revisionsgrund gem. § 337 StPO dar, wenn/soweit nicht auszuschließen ist, dass das Verfahren ohne diesen Fehler anders ausgefallen wäre
  • Strengbeweis, §§ 244-256 StPO: bzgl. Schuld- und Straffrage, nur mit dem numerus clausus der ausdrücklich zugelassenen Beweismittel (Zeugen-, Sachverständigen-, Urkunden- und Augenscheinsbeweis) aufzuklären
    -> Aufklärungspflicht, § 244 II StPO; Unmittelbarkeit (§ 250 StPO), Mündlichkeit, Öffentlichkeit der Verhandlung (§ 169 GVG)
  • Freibeweis: Fragen, welche die Prozess- bzw. Verfahrensvoraussetzungen etc. betreffen, also nicht die Schuld- und Straffrage - §§ 244 – 256 StPO gelten hier nicht > dürfen mit ALLEN Beweismitteln geklärt werden
    -> ähnlich daher auch die Untersuchungsmöglichkeiten gem. § 21 SGB X im Sozialverwaltungsverfahren wegen des Wortes „insbesondere“ = beweismittelrechtliche Öffnungsklausel“
26
Q

Obligatorische SV-Konsultation?

A
  • Besteht eine Pflicht zur Zuziehung eines Sachverständigen, wenn die Feststellung einer bestimmten Beweistatsache eine besondere Sachkunde erfordert?
    -> Grds. nicht. Gem. § 244 IV StPO darf auch ein Beweisantrag
    abgelehnt werden, wenn das Gericht die erforderliche Sachkunde
    selbst besitzt. ABER: Das Gericht verstößt gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 244 II StPO), wenn es sich zu Unrecht die für das betreffende Verfahren erforderliche Sachkunde selbst zutraut
    -> Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht nach § 244 II StPO ist revisibel: relativer Revisionsgrund gem. § 337 StPO, d.h. mit obligatorischer Klärung der Beruhensfrage
27
Q

Sachverständige und Richter: Kompetenzen

A
  • Art. 101 I 2 GG
  • Art. 92 GG
  • Art. 97 GG
  • In einem Strafverfahren ist zu klären, ob ein Mord oder ein Totschlag vorliegt. Wer entscheidet das: Der Sachverständige (wer genau?) oder das Gericht (und warum entscheidet wer was)?
  • In einem Strafverfahren wegen Trunkenheit im Straßenverkehr resümiert der Sachverständige Dr. rer. nat. Fürchtegott Kornbrand, der Angeklagte sei aufgrund der errechneten Menge an Blutalkohol zum Tatzeitpunkt „schuldunfähig“ gewesen. Kann/darf ein Sachverständiger eine derartige Feststellung treffen?
  • Medizin: empirisch messbar
    -> SV-GA
  • Recht: normativ, auslegbar /bestimmbar
  • In einem Gerichtsverfahren macht der geladene Sachverständige Ausführungen zu bestimmten Bereichen, die verfahrensrelevant und für die Beurteilung der Schuldfrage somit entscheidungserheblich sind.
  • Das Gericht nimmt die Ausführungen des Sachverständigen zu Kenntnis und folgt dem Gutachten uneingeschränkt, ohne sich damit in irgendeiner erkennbaren Art und Weise auseinander zu setzen („Alles super, machen wir genau so, der wird‘s schon wissen.“). Durfte das Gericht so vorgehen und das SV-GA „ungefiltert“ übernehmen?
  • siehe § 261 StPO!!!
28
Q

Sachverständige

A
  • Neben dem Zeugen ist der Sachverständige das einzige persönliche Beweismittel in der StPO: Hinzuziehung: § 244 II StPO
  • Woher der Sachverständige sein Fachwissen hat (er muss kein Wissenschaftler sein), ist unerheblich, also auch Handwerker, Kaufleute oder kompetente Münzsammler, können bestimmte Sachverhalte sachverständig untersuchen (s.u.)
  • Der Sachverständige hat auf einem bestimmten Gebiet in Bezug auf das Beweisthema – (Teil-)Gegenstand der Strafverfahrens – eine besondere Sachkunde, die dem Gericht – StR am AG bzw. am LG (SchwG – 3 Ri) – fehlt
    -> z.B. Mediziner zum Zustandekommen von Verletzungen, Chemiker zu toxikologischen Fragen im Rahmen einer (fraglichen) Vergiftung; Physiker bei der Berechnung von Schusskanälen (Ballistik) oder von Höchstgeschwindigkeiten beim Durchfahren von Kurven auf regennasser /eisglatter Straße…
  • Der Sachverständige teilt dem Gericht wissenschaftliche Erkenntnisse, zumeist Erfahrungsregeln mit, z.B. naturwissenschaftliche Gegebenheiten
  • z.B. aus den von ihm kraft seiner Sachkunde ermittelten Tatsachen nach wissenschaftlichen Regeln Schlussfolgerungen ziehen, z.B.
    -> Blutalkoholgehalt beim Angeklagten betrug 2,7 Promille
    -> die Anflutungszeit des Alkohols beträgt die Zeit t
    -> 10 mg des Giftes xy genügen, um den Tod eines Menschen herbeizuführen Zentrale Aufgabe des forensischen Sachverständigen ist die Erstattung von Gutachten, in welchen
  • Tatsachen festgestellt werden, zu deren Ermittlung man besonders qualifiziert sein muss = sog. Befundtatsachen, z.B. eine ärztliche Diagnose der Krankheit)
  • Allgemeine Erfahrungssätze mitgeteilt werden, z.B. typische Regeln über die (toxische) Wirkung (und Folgen) bestimmter Stoffe (Halluzinogene; Alkohol) im menschlichen Körper
  • Schlussfolgerungen aus Tatsachen gezogen werden, Bewertungen vorgenommen oder bestimmte Prognosen abgegeben werden, z.B. über das [nach medizinisch-empirischem Erfahrungswissen] zu erwartende (Fehl-)Verhalten eines psychisch Erkrankten – keine rechtliche Wertung!
  • In einem Ermittlungsverfahren soll zur Klärung der Todesursache (Selbst- oder Fremdverschulden an einer Gleisanlage) ein Sachverständiger herangezogen werden:
    a) Kann die Staatsanwaltschaft bereits zu Beginn des Ermittlungsverfahrens einen SV bestellen?
    b) Kann ein SV, der in anderen Fällen von der Staatsanwaltschaft bestellt wurde, vom Gericht als SV bestellt werden?
    -> zu a) Ja, auch wenn die SV gem. § 73 StPO vom Gericht ausgewählt werden > § 161a I 2 StPO
    -> zu b) Ja, die vorherige>Tätigkeit in anderen Verfahren oder im selben Verfahren zuvor (Ermittlungs-, jetzt Hauptverfahren) stellt keinen Ablehnungsgrund dar [Roxin, PdW, Nr. 376]
  • SV wird im Hauptverfahren vom Gericht ausgewählt (§ 73 I 1 StPO)
  • SV kann im Ermittlungsverfahren von Polizei/StA ausgewählt werden
    (§ 161a I 1 StPO) I 1 StPO) > in
    Hauptverhandlung kann Gericht einen anderen SV auswählen, je nach Bedarf (arg. ex§ 244 II StPO) * § 77 II StPO: Zwangsmaßnahmen ggü säumigen SV
  • § 74 Ablehnung des Sachverständigen
  • § 24 StPO: Ablehnung eines Richters wegen Befangenheit
  • Befangenheit eines Richters / eines Sachverständigen ist begründet bei…
  • Dienstlichen/persönlichen Beziehungen zu Verfahrensbeteiligten
  • Deutlich erkennbarem Verhalten ggü dem Angeklagten bis hin zu persönlichen Abwertungen/ Beleidigungen des Richters/SV ggü dem Angeklagten („Gewohnheitsverbrecher“, „schwachsinnig“)
  • Strafanzeige gegen Richter ist kein Ablehnungsgrund
  • § 338 Nr. 3 StPO
  • § 75 Pflicht des Sachverständigen zur Erstattung des Gutachtens
  • § 76 Gutachtenverweigerungsrecht des Sachverständigen
    *
29
Q

Sachverständige: § 78 StPO

A
  • Dürfen Sachverständige, wenn ihnen nicht ganz klar ist, auf
    welche Aspekte / thematische Schwerpunkte / Detailfragen
    sich ihr Gutachten beziehen soll, das Gericht um Rat
    fragen?
    -> Lösung: Ja – gem. § 78 StPO hat der Richter, soweit dies erforderlich ist / erscheint, die Tätigkeit des Sachverständigen zu leiten. Zu dieser Leitung gehört auch die genaue Umschreibung der vom Sachverständigen zu beantwortenden Beweisfragen / [arg. ex § 244 II StPO!!!]
  • = wichtige, in praxi häufig vernachlässigte Pflicht Gerichts (bzw. der StA im Ermittlungsverfahren)
  • Das Gericht muss eine klare und eindeutige Auftragsbeschreibung vornehmen, v.a. eine unmissverständliche Formulierung der vom SV zu beantwortenden Beweisfragen
  • Die Anknüpfungstatsachen, von denen der SV in seinem Gutachten ausgehen soll, sind ihm/ihr möglichst schon bei Auftragserteilung mitzuteilen, Akten müssen dem SV übergeben werden
  • Fachlich-methodische Durchführung unterfällt der Kompetenz des SV > Gericht darf keine Weisungen erteilen, wie der SV sein/Ihr Gutachten anzufertigen hat
  • RA als Verteidiger hat bei Begutachtung durch SV kein Anwesenheitsrecht
30
Q

Sachverständige: Gutachten-Aufbau

A
  • SV-GA beginnt mit knapper Darstellung des Sachverhalts
  • Aufgabenbeschreibung: Welche Frage(n) hat(te) der SV-Gutachter für dieses Verfahren zu beantworten? / (> Kontrollmöglichkeit)
  • Aufzählung/Benennung der Anknüpfungstatsachen (= von denen der SV als feststehend auszugehen hat) > bietet die Kontrollmöglichkeit, auf welchen Prämissen das SV-GA beruht – vom Gericht zu prüfen
  • Darstellung der Erkenntnisse und Schlussfolgerungen incl. Begründungen
    -> insbesondere: Welche Untersuchungsmethode wurde warum gewählt?
    -> Wäre eine andere Methode zu einem anderen Ergebnis gekommen?
    -> Warum wurde eine bestimmte Methode nicht gewählt? Besteht in der Fachwelt Meinungsstreit über verschiedene Methoden?
    -> Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und Schlussfolgerungen
31
Q

Qualitätskriterien für eine forensisch-psychiatrische
Untersuchung (gilt ebenso im Strafverfahren)

A
  • Orientierung an Gutachterfrage(n) des Gerichts
  • Sachkunde des Psychiaters („Kompetenz-Kompetenz“
  • Persönliche Untersuchung des Betroffenen/unmittelbare Untersuchung von Spuren
  • Gutachten muss konsistent, widerspruchsfrei und nachvollziehbar sein
  • Gutachten muss Angaben zu Untersuchungsmitteln und –methoden enthalten
  • Es muss klar hervorgehen, wie der Gutachter zu welchen Ergebnissen gelangt ist (innere Folgerichtigkeit, Schlüssigkeit, Stringenz)
32
Q

Sachverständige: § 80 StPO

A
  • Verfahrensprinzipien der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit:
    -> SV-GA ist mündlich zu erstatten (= vollständig zu verlesen)
    -» SV darf demnach nicht lediglich eine Zusammenfassung seines GA vortragen oder auf sein GA verweisen
  • Wenn die GA-Frage durch den SV nicht hinreichend beantwortet worden ist:
    -> ggf. weiteres SV-GA / aber kein „Obergutachten“ – alle Gutachten sind als Beweismittel grds. gleichrangig (wenngleich mit divergierender Qualität)
    -> wie jene inhaltlich gewürdigt werden, unterliegt § 261 StPO
  • Bei divergierenden Ergebnissen mehrerer SV-Gutachten wird das dem Angeklagten günstigere zugrunde gelegt
  • Das Gericht hat im Urteil darzulegen, dass und warum es welchen Ausführungen/ Begründungen des SV Gutachtens/Gutachters folgt / oder nicht folgt
    -> Das Gericht muss wegen § 261 StPO eine eigenständige (= gerichtliche) Beweiswürdigung vornehmen (= Verwertungszwang bzgl. SV-GA)
33
Q

Sachverständiger Zeuge

A
  • Der sachverständige Zeuge ist ein Zeuge, der Tatsachen aus der Vergangenheit oder Zustände aus der Gegenwart bekundet, zu deren Wahrnehmung eine besondere Sachkunde erforderlich ist – die er als Sachverständiger bzw. Fachmann auf seinem Gebiet hat (§ 85 StPO) – z.B. stellt sich bei der Untersuchung eines Kindes heraus, dass es massive Verletzungen aufweist > aber keine Würdigung der Beobachtung
  • Sachverständiger Zeuge wird als Zeuge behandelt
    -> Zeugenbeweis, § 85 StPO
  • Sachverständiger Zeuge ist nicht auswechselbar und auch nicht ersetzbar, weil er ja in seiner prozessualen Funktion als Zeuge auftritt

Sachverständige und Zeugen
* Sachverständige und Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung der StA zu erscheinen und zur Sache auszusagen bzw. ihr Gutachten zu erstatten (§ 161a I 1 StPO)
* Auswahl der Sachverständigen erfolgt im Ermittlungsverfahren durch die StA (§ 161a I 2 iVm § 73 StPO)
* Eidliche Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen ist dem Ermittlungsrichter vorbehalten ( § 161a I 3 StPO)

34
Q

spezielle Verfahrensarten

A

Berufung/Revision
* noch vor Eintritt der Rechtskraft
* B: komplett neue Hauptverhandlung
* R: nur gegen Rechtsfehler// Fehlerüberprüfung
* keine neue Hauptverhandlung
* ggf. Rückverweisung
zur Neuverhandlung

Wiederaufnahme des Verfahrens
eines bereits rechtskräftigen
Urteils

* komplett neue Hauptverhandlung, als hätte es das vorige Verfahren nie gegeben
* der Verurteilte gilt wieder als unschuldig (Art. 6 II EMRK) Beseitigung unerträglicher Fehlurteile und Herstellung „wahrer Gerechtigkeit“
* Durchbrechung des Rechtsfriedens - oder Wahrung desselben?

35
Q

Wiederaufnahme des Verfahrens

A
  • zugunsten des rk-Verurteilten, § 359 StPO
  • zuungunsten des rk-Freigesprochenen,
    § 362 StPO
36
Q

Ermittlungsmaßnahmen (StPO)

A
  • Vernehmungen
  • Durchsuchung < > Beschlagnahme
  • Überwachung der
  • Telekommunikation (TKÜ)
  • Molekulargenetische Untersuchung / DNA-Identitätsfeststellung; DNA-Reihenuntersuchung
  • Haftbefehl
  • Zwar grds.: „Ermittlungs Generalklausel“ für Polizei/ Staatsanwaltschaft für allgemeine, unspezifische Maßnahmen, §§ 161, 163 StPO
  • Grundsätzliches Problem bei diesen Maßnahmen: Grundrechtseingriffe!
    -> hierzu spezialgesetzliche Rechtsgrundlage erforderlich
37
Q

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

A
  • Geeignetheit
    -> einer Maßnahme zu Erreichung des beabsichtigten Zwecks
  • Erforderlichkeit
    -> des Mittels zur Erreichung dieses Zwecks: Existieren nicht mildere, gleich wirksame Mittel zur Erreichung dieses Zwecks?
  • Angemessenheit
    -> dieses Mittels zur Zielerreichung:
    Abwägung der Mittel-Zweck-Relation;
    Übermaßverbot
38
Q

Leichenfund

A
  • § 159 StPO: Anzeigepflicht bei
    Leichenfund und Verdacht auf
    unnatürlichen Tod
  • Zweck der Vorschrift: Dient der Beweissicherung/Spurensicherung
    -> Wahrung des Legalitätsprinzips bei potenziellen Kapitaldelikten
    „Anzeige“: keine Strafanzeige, sondern Information > an die StA oder
    an das nächste AG des Fundortes – Achtung: Richter ist hierbei nur
    Notstaatsanwalt, § 165 StPO
  • „nicht natürlichen Todes“: Suizid, Unfall, rechtswidrige Tat (§ 11 I Nr. 5
    StGB), d.h. nicht Notwehr (§ 32 StGB), sonstiger, durch äußere Einwirkung
    herbeigeführter Tod, ggf. auch tödlich verlaufender ärztlicher
    Kunst- /OP-Fehler
  • „Unbekannt“: jemand, dessen Identität nicht sofort festgestellt werden
    kann, z.B. keine Ausweispapiere
  • Polizei hat für die Bergung der Leiche, ggf. für deren Bewachung
    /Unterbringung zu sorgen – warum??
  • Leiche darf bis zum Eintreffen des Leichenschau-Arztes nicht verändert werden
    „Anhaltspunkte“ = Anfangsverdacht?
    -> Konkrete Anzeichen, die wenigstens auf die Möglichkeit einer Straftat hinweisen, z.B. durch Spuren bzgl. Gewalttat; Leichenfundort, Auffindesituation;
  • bei jüngeren Verstorbenen: Fehlen von Anhaltspunkten für einen natürlichen Tod
  • Memo: auch schwer Herzkranke können ermordet werden – der Anfangs- Tatverdacht wird nicht durch das Vorliegen einer Grunderkrankung eliminiert
  • Polizei muss Lichtbilder vom Fundort anfertigen, bevor die Leiche abtransportiert wird
  • Leiche kann gem. § 94 StPO beschlagnahmt werdeN
  • StA hat zu prüfen, ob/welche Ermittlungsmaßnahmen (Leichenschau, Obduktion) zu veranlassen sind
  • Der Bestattungsschein (§ 159 II StPO) muss dann dem Standesbeamten auf schnellstem Wege zugeleitet werden, ggf. auch vorab telefonisch (mit anschließender Bestätigung bzw. Rückruf)
    -> Aus dem Bestattungsschein muss sich auch ergeben, dass die Feuerbestattung genehmigt wird – oder dass sie versagt wird: RiStBV 38
    -> klinische Sektion/Transplantation wird hierdurch nicht erlaubt
  • Bei unklaren Leichenfunden und der zwangsläufigen Frage nach Unfall, Selbst- oder Fremdverschulden ist es unerlässlich, dass Rechtsmediziner bereits am Fundort (= Tatort??) mit den Untersuchungen beginnt (Aussagen zur Todeszeit, Todesursache, Hinweise auf (Tat- )Hergang im Vorfeld derLeichenöffnung)
  • Nr. 33 RiStBV: Leichenschau/-öffnung
  • § 87 III StPO
  • § 87 IV StPO
  • Nr. 34 RiStBV: Exhumierung
  • § 88 StPO
  • § 89 StPO
  • Dem Beschuldigten ist gem. § 88 II StPO die Leiche nur vorzuzeigen, wenn deren Identität nicht feststeht
  • Das Vorzeigen der Leiche zu deren Identifizierung ist keine verbotene Vernehmungsmethode gem. § 136a StPO – es sei denn, die Maßnahme erfolgt nicht zu Identifizierungszwecken, sondern nur, um dem Beschuldigten ein Geständnis zu entlocken
  • Einwilligung der Angehörigen zur Entnahme von Körperzellen sowie zur Durchführung molekulargenetischer Untersuchungen am Leichnam ist nicht erforderlich; es dürfen auch Röntgenaufnahmen zum Vergleich mit Röntgenbildern zu Lebzeiten angefertigt werden, sowie erkennungsdienstliche Maßnahmen gem. § 81b, 163b StPO
  • Molekulargenetische Untersuchung von Vergleichsproben vermisster oder möglicherweise verstorbenen Personen sind ebenfalls zulässig
  • Abhängig von der Art der Gewaltanwendung kann Täter-DNS auf Körper und Bekleidung des Opfers übertragen werden, durch:
    -> Würgen
    -> Schlagen mit der Faust/Greifen
    -> Kratzen (Abwehr)
    -> Beißen/Saugen an der Haut
    -» Nach einem Würgegriff sollte das von den Händen des Täters stammende Zellmaterial von der Halshaut des Opfers gesichert werden
39
Q

Leichenschau / -öffnung

A
  • Leichenschau ist durchzuführen, wenn eine Straftat als Todesursache nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (vgl. Nr. 33 I 2, Nr. 36 RiStBV)
  • Leichenschau und –öffnung sind mit „größter Beschleunigung“ durchzuführen
  • Leichenschau sollte am Leichenfundort durchgeführt werden
  • Der Arzt nimmt stets als Sachverständiger teil; Gerichtsarzt/ Amtsarzt muss er nicht sein
  • Offensichtlich entbehrlich ist dessen Zuziehung, wenn die Todesursache schon ermittelt ist
  • Leichenöffnung ist erforderlich, wenn Fremdverschulden in Betracht kommt und Todesursache und –zeit festgestellt werden muss, also nicht in jedem Fall des § 159 StPO
40
Q

Obduktion eines Neugeborenen

A
  • § 90 StPO
  • als Abgrenzung ggü. §§…StGB
  • Bei unbekannten toten Neugeborenen ist eine molekulargenetische Untersuchung gem. § 81e StPO zur Feststellung der Mutter in Betracht zu ziehen
    -> §1591 BGB
41
Q

Vergiftung - Untersuchungen

A
  • § 91 StPO: Untersuchung der Leiche bei Verdacht einer Vergiftung
  • § 91 StPO gilt für ALLE Fälle der Vergiftung, d.h. auch für § 223 StGB (Körperverletzung durch Vergiftung), für Straftaten gem. §§ 219, 324, 326 StGB, nicht nur für Tötungsdelikte gem. §§ 211, 212, 216, [222] StGB (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 91 Rdz. 1)
  • Die chemische Untersuchung gem. § 91 StPO dient der Ergänzung der Leichenöffnung nach § 87 II StPO - > der die Obduktion leitende StA/Richter ordnet sie an und wählt auch den Chemiker, der auf dem Gebiet der Giftkunde besonders erfahren sein muss (oder die Fachbehörde) aus
  • Die Mitwirkung eines Arztes gem. § 91 II ordnet ebenfalls der vorgenannte StA/Richter, der die Obduktion leitet, an
    -> ob er Zeuge oder Sachverständiger ist, hängt von seiner prozessualen Form seiner Mitwirkung ab: bloße Bekundung der Wahrnehmung, oder gutachterliche Äußerung (Meyer Goßner/Schmitt, StPO, § 91 Rdz. 2 und 3) – oder auch als sachverständiger Zeuge
42
Q

Körperliche Zwangseingriffe

A

§ 81a StPO
* Unbestimmtheit der Norm vs Zwangseingriff und Unschuldsvermutung (Art. 6 II EMRK)
* Tatspuren von Verletzungen und (Schnitt-)wunden, Kratzspuren oder bei eingedrungenem Projektil in den Körper
-> § 81a StPO einschlägig bei Eingriff in den Körper (z.B. Blutentnahme mittels Nadel), ansonsten Durchsuchung gem. §§ 102, 103 StPO
-> Untersuchung nach Fremdkörpern in natürlichen Körperöffnungen
* Einsatz von Brechmitteln, um verschluckte Drogenpakete zu exkorporieren: sehr ustr. und u.U. lebensgefährlich: EGMR: Verstoß gegen Art. 3 EMRK (Folterverbot) und gegen Art. 6 EMRK (faires Verfahren)
* Ausnahme vom Richtervorbehalt in § 81a II 2 StPO [2017] dient der Vereinfachung > Anordnung nun bei StA und deren Ermittlungspersonen
* Die Vernichtung bezieht sich auf das gesamte entnommene Material, unabhängig davon, ob es für die Untersuchung benötigt worden ist
* Für wissenschaftliche zwecke darf das entnommene Material nicht weiterverwendet werden
* ABER: Die Vernichtungsverpflichtung bezieht sich nur auf das Material, nicht aber auf die Ergebnisse der Untersuchung, die Bestandteil der Akten werden (> siehe auch § 81g StPO)
-> die Ergebnisse der Untersuchung können auch für die DNA Identitätsfeststellungsdatei beim BKA verwendet werden

§ 81b StPO
* dient der Feststellung der Identität von Beschuldigten
* ggf. doppelfunktionelle Maßnahme:
-> bei Maßnahmen allein „für Zwecke des Erkennungsdienstes“, die lediglich anlässlich eines Strafverfahrens durchgeführt werden, ist nicht die StPO, sondern PolG einschlägig > wenn nach kriminalistischer Erfahrung Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr gegeben sind
* Zulässige Maßnahmen:
-> Aufnahmen/Abdrücke von den Händen, biometrische Merkmale von den Fingern, Händen, Gesicht und Stimme
-> besondere Körpermerkmale, Piercings/Tätowierungen, können durch Fotografie/Beschreibung/Maßangaben festgehalten werden
-> Veränderung der Haar-/Barttracht, zwangsweise Videoaufzeichnung zum Zwecke der Wiedererkennung im Rahmen einer Gegenüberstellung
* Maßnahmen sind auch bereits am Tatort, unmittelbar nach der Tat zulässig: Beschuldigter darf fotografiert werden, während er bei einer Demonstration festgenommen wird [Meyer-Goßner/Schmitt, StPO § 81a, Rdz. 38]
* Soweit älteres Material für die Zwecke des Erkennungsdienstes nicht mehr geeignet ist, können neue Maßnahmen vorgenommen werden (OVG Münster): neue Fingerabdrücke nach 5 Jahren, neue Lichtbilder nach 6 Jahren

  • § 81c StPO zwar an Zeugen adressiert die theoretisch etwas beobachtet haben können (und sei es, dass sie geschlafen haben), aber auch Tat- Opfer, die nicht aussagen können (Kleinstkinder, schwerst Demente) > sie dürfen auch ohne Einwilligung untersucht werden
  • Da Verstorbene keine Zeugen sein können, sind sie kein „anderer“ i.S.d. § 81c StPO und eine Entnahme von Blut scheidet bei ihnen nach dieser Norm aus.
    -> Lösung: Beschlagnahme des Blutes gem. § 94 StPO
43
Q

Molekulargenetische Untersuchung

A
  • § 81e StPO
  • DNA-Analyse dient der Identifizierung bzw. dem Ausschluss von Spurenverursachern
  • Vorhandenes Körpermaterial des Beschuldigten und/oder eines anderen Spurenlegers (= Vergleichsmaterial)wird gentechnisch und verglichen (Blut, Haar, Harn, Speichel)
  • Verfahren: PCR = Polymerase Kettenreaktion zur Vermehrung von genetischem Material
  • Grundsätzlich gilt zwar: DNA Analyse enthalte „nur“ eine statistische Aussage, ABER:
    -> Infolge der inzwischen erreichten Standardisierung der molekulargenetischen Untersuchung kann bei einem Seltenheitswert im Millionenbereich das Ergebnis der DNA-Analyse für die Überzeugung (§ 261 StPO) des Tatrichters ausreichen, dass die am Tatort gesicherte DNA Spur vom Angeklagten stammt
  • Einem Beweisantrag auf Durchführung einer Gen-Analyse zum Beweis, dass der Beschuldigte nicht der Täter sein könne, wird idR stattzugeben sein
    -> Aufklärungspflicht (§ 244 II StPO) gebietet bei Vorhandensein von Spurenmaterial eine Gen-Analyse

DNA-Analyse und Sachverständigengutachten
* Da die Untersuchungsmethodik inzwischen standardisiert ist, sind die Anforderungen im SV-GA niedriger als sonst, d.h. es bedarf hier keiner Darlegung der Untersuchungsmethode (BGH 3 StR 41/12, Hadamitzky, KK-StPO § 81e Rdz. 1)
* Neben der Berechnungsgrundlage ist in den Urteilsgründen darzulegen, mit welcher Wahrscheinlichkeit der Angeklagte als Spurenleger in Betracht kommt (BGH-NStZ 2009, 285, NStZ 2013, 177; NStZ 2012 403)
-> Die Frage, ob bei einem festgestellten Seltenheitswert im Millionenbereich allein das Ergebnis des DNA-Vergleichsgutachtens für die tatrichterliche Überzeugung dafür ausreicht, die Tatortspur stamme vom Angeklagten und überführe ihn deshalb (!!) der Täterschaft, wird von den BGH-Senaten unterschiedlich beantwortet: i.E.: (höchst) bedeutsames Indiz, das jedoch im Zusammenhang mit den anderen Beweisen zu bewerten ist > § 244 II StPO

DNA-Analyse und Tatverdacht
* Anfangsverdacht genügt bereits, keine weitere Eingriffsschwelle, um de facto Unschuldige möglichst früh aus dem Kreis potenzieller Verdächtiger ausschließen zu können
* Lediglich das Ermittlungsverfahren muss (anders als bei § 81g StPO) bereits eingeleitet sein
* DNA-Analyse ist ggü anderen Untersuchungsmethoden nicht subsidiär, sie ist auch dann zulässig,wenn andere Erkenntnismöglichkeiten noch nicht ausgeschöpft sind
* Der Regelung von § 81e Abs. 1 StPO unterfallen auch Körperzellen, die ohne Eingriff nach § 81a StPO auf rechtmäßige Weise in den Verfügungsbereich der Strafverfolgungsorgane gelangt sind, zB Körperzellen an einer weggeworfenen Zigarettenkippe eines observierten Beschuldigten

DNA-Identifizierungsmuster
* Handelt es sich um ein Identifizierungsmuster, das nach § 81e Abs. 1 gewonnen wurde (Muster des Beschuldigten), darf es nach § 81g V Nr. 1 in der seit 1998 beim BKA als zentrale Verbunddatei eingerichtetenDNA-Identifizierungsdatei nur gespeichert, verarbeitet und genutzt werden, wenn die Voraussetzungen von § 81g I StPO gegeben sind.
* Handelt es sich um ein aus Spurenmaterial nach § 81e Abs. 2 StPO gewonnenes Muster, erlaubt § 81g V Nr. 2 StPO die Speicherung,Verwendung etc. vorbehaltlos. Die Verwendung und Verarbeitung der in der DNA Analysedatei des BKA gespeicherten Identifizierungsmusters erfolgt nach den Vorschriften des BKA-Gesetzes. // aus: Hadamitzky, KK-StPO, § 81e Rdz. 9.

  • § 81e StPO regelt nur die Analyse menschlicher Körperzellen, nicht dagegen die von Tieren oder sog. Künstlicher DNA, die derzeit erprobt wird, um bestimmte Gegenstände zu späteren Untersuchungszwecken zu markieren
  • Untersuchungszweck: nur die in der Norm ausdrücklich genannten, d.h. andere Untersuchungszwecke sind unzulässig sowie Anordnung durch nicht befugte Person: > Verwertungsverbot sowie Revisibilität
  • Datenschutz/ Grundrechtsgleiches Recht auf informationelle Selbstbestimmung: Die Verwendung des untersuchten Materials ist nur in dem Anlass-Strafverfahren oder in einem anderen anhängigen Strafverfahren zulässig
    -> es darf nur so lange aufbewahrt werden, wie es dafür benötigt wird
    und es ist anschließend zu vernichten> Löschungsanspruch

Verwertungsverbote und Revisibilität (§ 337 StPO)
* Werden im Rahmen von Untersuchungen nach § 81e
StPO Zweckbindungsregelungen nicht eingehalten oder gegen Untersuchungs- oder Feststellungsverbote verstoßen, resultiert hieraus ein Verwertungsverbot, das als relativer Revisionsgrund gem. § 337 StPO gerügt werden kann (incl. Darlegung und Begründung der sog. Beruhensfrage).
-> explizit zulässig seit 13.12.2019: § 81e II 2 StPO

44
Q

Richtervorbehalt und Verfahren zur
molekulargenetischen Untersuchung

A
  • § 81f StPO
  • Einwilligung“ nach Abs. 1 darf nicht durch unzulässigen Druck faktisch erzwungen werden, bspw. durch Versprechen von Vergünstigungen
  • Anordnung muss schriftlich ergehen, mit Nennung des Tatvorwurfs, sowie des Grundes für die Annahme des Anfangsverdachts und des Zwecks der DNA-Analyse und des Sachverständigen (namentlich (!), nicht nur die Institution) // ggf. Blutgruppen-SV, Nr. 70 Abs. 3 RiStBV
  • Die schriftlich erklärte Einwilligung ist nur wirksam, wenn der Beschuldigte zuvor darüber belehrt wurde, dass sich die Untersuchung nicht nur auf das anhängige Verfahren beschränkt, sondern dass die Befunde auch nach § 81 g StPO zur Aufklärung künftiger Straftaten (d.h. auch zur Speicherung in der DNA-Datei des BKA) genutzt werden dürfen – hiergegen: Rogall, SK § 81f Rdz. 15 (keine weitere Belehrung)
  • Sachverständiger muss öffentlich bestellt worden sein oder ein nach dem Verpflichtungsgesetz verpflichteter SV
  • Welche Methode der Sachverständige wählt, bleibt ihm und seiner Fachkompetenz überlassen
  • Entnahme von Körperzellen ist erzwingbar (Verweis von § 81e > §81a)
  • Möglichkeit der Beschwerde gegen die Anordnung, § 304 StPO, aber die Bestimmung des Sachverständigen ist nicht isoliert anfechtbar
  • Unterlässt es das Gericht, ein molekulargenetisches Gutachten einzuholen, obwohl sich diese Maßnahme nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geradezu aufdrängt, kann das eine Aufklärungsrüge begründen (arg. ex §§ 244 II, 337 StPO, BGH-NStZ-RR 2002, 145)
  • Im Hauptverfahren entscheidet hierüber das erkennende Gericht incl. Schöffen), Vollstreckungsverfahren (nach RK-Eintritt, § 449 StPO) das erstinstanzliche Gericht, § 457 III 3 StPO
  • Datenschutzrechtliche Flankierung der Norm in Abs. 2:
    -> Vorgeschrieben ist eine funktionelle Trennung von Strafverfolgung und DNA-Analyse (Ausnahmen für Forschungsabteilungen des BKA oder eines LKA)
    -> Sachverständiger muss besondere Vorkehrungen treffen, um unzulässige DNA-Analysen auszuschließen und die Ergebnisse vor unbefugter Kenntnisnahme durch Dritte zu schützen
    -> Geheimhaltungsschutz in Abs. 2 S. 3: Untersuchungsmaterial in anonymisierter Form an Sachverständigen übergeben
45
Q

DNA-Identitätsfeststellung

A
  • § 81g StPO
    *
46
Q

DNA-Identitätsfeststellung, § 81g StPO
für künftige Strafverfahren

A
47
Q

DNA-Reihenuntersuchung

A
48
Q

Rasterfahndung

A
49
Q

Datenabgleich, § 98c StPO
bzgl. polizeiinterner Daten

A
50
Q

Durchsuchung

A
51
Q

Strafprozessual-kriminalistische
Überlegungen bei der Durchsuchung

A
52
Q

Telekommunikationsüberwachung - TKÜ

A
53
Q

Quellen-TKÜ

A
54
Q

Online-Durchsuchung

A