Theorien der Organisationslehre - Entwicklungslinien Flashcards

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Q

Entwicklungslinien der Organisationspsychologie

A

„Wie können Organisationen gestaltet werden, dass sie möglichst optimal und wirtschaftlich funktionieren?“ Um diese Frage der formalen Organisation von Organisation kreist die Organisationslehre seit ihrem Beginn vor über 120 Jahren. Übersicht über die verschiedenen Ansätze der letzten 120 Jahre folgt in diesem Thema. Nicht eindeutig abgrenzbar, es existieren Überschneidungen

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2
Q

Klassische Theorien (1900-1930)

A

MENSCHENBILD: economic man (1900-1920), homo oeconomicus, Verantwortungsscheu, nur durch extrinsische monetäre Anreize motivierbar, handelt vernunftgeleitet, sucht Maximierung seines Gewinns, antwortet auf veränderte Angebote
GRUNDKONZEPTE: Taylorismus (Wissenschaftliche Betriebsführung), Fordismus, Bürokratielehre (Weber), Psychotechnik, Administrative Theorie (Fayol)
ORGANISATIONSVERSTÄNDNIS: technisches System (Maschinemodell)
GESTALTUNGSANSÄTZE: rationale Arbeitsanalyse, Trennung von Kopf und Handarbeit (Führungskräfte vs. Mitarbeitende)

Grundannahmen zur Gestaltung von Organisation: Standardisierung der Ablaufprozesse und gezielte Zielerreichung (one best way) gilt als zentraler Faktor leistungsfähiger Organisationen, in die Menschen eingepasst werden, Mensch als Zahnrädchen
Grundannahmen zur Führung: Führungskräfte übernehmen Planungs-&Überwachungsaufgaben bei Ausführung von Aufgaben durch Mitarbeitende

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3
Q

Taylorismus / Wissenschaftliche Betriebsführung 1911 (Klassische Theorien)

A
  • Zeit und Beobachtungsstudien zur Analyse und Rationalisierung von Arbeit (Ziel: Auswahl der best geeigneten Arbeitenden, optimale Bewegungsabläufe, geeignetes Lohnsystem)-> Gegensatz zur bisher unwissenschaftlichen Betriebsführung, Pionierzeit, Frederick Taylor

Prinzipien der strategischen Gestaltung von Unternehmen (wichtigste Gestaltungsprinzipien):

  • Trennung von Kopf/Handarbeit, strenge Hierarchie (Management übernimmt Planungs-/Überwachunsaufgaben, Arbeiter übernehmen praktische Ausführung)
  • Pensum und Bonus (Festlegung von optimalen Tagespensen & Boni zur Motivationssteigerung)
  • Auslese & Anpassung der Arbeiter (Tests zur Auslese geeigneter Arbeiter)
  • Versöhnung zwischen Arbeitern & Management (möglichst wenig Konflikte, Neid, Missgunst)
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4
Q

Fordismus (Klassische Theorien)

A
  • Henry Ford 1863-1947
  • Umsetzung von Taylors Vorstellungen für die Organisation von Grossbetrieben
  • übernahm arbeitsteilige Form der Arbeit und perfektionierte sie für die industrielle Massenfertigung
  • Chicagoer Schlachthöfe, 1905, Ford-Automobilwerk mit Fliessfertigung 1913
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5
Q

Bürokratietheorie, Weber, 1922 (Klassische Theorien)

A
  • Max Weber
  • Bürokratie als Prototyp einer Organisation
  • Schreibstubenherrschaft, Herrschaft der Verwaltung, von Frankreich als Staat abgeschaut
  • Prinziporientierte Organisation der staatlichen Verwaltung (Anfänge), später Einzug in privatwirtschaftliche Unternehmen, Kirchen, Non-Profit-Organisationen
  • Verwaltungstätigkeiten werden im Rahmem festgelegter Kompetenzen und innerhalb einer festen Hierarchie wahrgenommen
  • Kennzeichen: Sachlichkeit, Unpersönlichkeit, Berechenbarkeit

Strukturelle Merkmale der Bürokratie:

  • Arbeitsteilung (festgelegte Zuständigkeiten (Amt/Stelle), festgelegte Befehlsgewalt (Weisungsbefugnis), Kompetenzen rational & allgemein festgelegt, Stellen nach erforderlichen Kompetenzen besetzt)
  • Amtshierarchie (festes System der Über-&Unterordnung
  • Amtsführung (darf sich nur an der Sache orientieren, Aufgabenerfüllung durch Regeln&Normen geleitet)
  • Aktenführung&Dokumentation (Aufgabenerfüllung beruht auf Schriftstücken, Akten garantieren Kontrollierbarkeit&Weiterführbarkeit)
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6
Q

Neoklassische Theorien I (1930-1960)

A
  • Von rein ökonomischen Funktionen des Unternehmens hin zu menschlichen Beziehungen am Arbeitsplatz
    MENSCHENBILD: social man (1920-1950), für Arbeitsmotivation sind Kommunikation, Partizipation, zwischenmenschliche Beziehungen wichtiger als Belohnungs-&Entlohnungssysteme, Bedürfnis bei anderen akzeptiert&geachtet zu werden wichtiger Motivationsanreiz, Zugehörigkeit&Loyalität gründen auf sozialen Beziehungen, informelle Regeln&Normen bestimmen Handeln, nicht formale Kontrollsysteme, persönliche Bedürfnisse der Mitarbeitenden erfüllen führt zu reagieren auf Leistungserwartungen
    GRUNDKONZEPTE: Human relations, Organisation als lebendes System
    ORGANISATIONSVERSTÄNDNIS: soziales System (Organismusmodell)
    GESTALTUNGSANSÄTZE: psycho-soziales Wohlbefinden, Betriebsklima, Teamarbeit, Mitarbeitendenbezogene Führung

Zentrale Werke: Hawthorne Studies 1933, Human Relations Kurt Lewin
Grundannahmen zu Organisationen: Organisationen sind soziale Systeme mit sozialen Funktionen (neben ökonomischen), Leistungen&Zufriedenheit auf funktionierende Arbeitsteams&mitarbeitendenbezogene Führung zurückzuführen, offenes soziales System
Grundannahmen zur Führungstätigkeit:
Teamarbeit&gutes Gruppenklima soll von Führungskräften gefördert werden, Führungskräfte sollen personenzentriert handeln (nicht nur Managementfunktionen ausüben), sie sind Mediatoren zw. Unternehmensleitung&ausführenden Arbeitenden
Weitere wichtige Ansätze dieser Zeit:
- Partizipative Theorie Rensis Likert (1960er)
- Modell der Organisation als offenes soziales System Katz&Kahn (1966)

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7
Q

Hawthorne Studies 1939 (Neoklassische Theorien I)

A
  • Mayo, Roethlisberger, Dickson
  • In Electric Hawthorne Works wurde Studie durchgeführt als Feldstudie zu Produktivität 1924-1932
  • Fragestellung: Einfluss von Umweltfaktoren auf Arbeitsverhalten der Belegschaft (Auswirkungen von Helligkeit, Ruhepausen, Länge des Arbeitstags, Führungsstil auf Produktivität)
  • Resultate: Überraschende Leistungssteigerung durch Hawthorne-Effekt=Teilnehmer veränderten ihr Verhalten, weil sie unter Beobachtung standen! Menschen sind abhängig von Zuwendung die sie bekommen, Aufmerksamkeit ist wichtig, Mensch ist soziales Wesen
  • Zentrale Erkenntnis: Verbesserung ZWISCHENMENSCHLICHER BEZIEHUNGEN führt zu Erhöhung der Arbeitszufriedenheit&Arbeitsmotivation
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8
Q

Partizipative Theorie, Rensis Likert (Neoklassische Theorien I)

A

Likerts erfolgreiches Unternehmen baut auf Menschen als ein soziales System, Mitsprache, Mitentscheidung und Kommunikation auf.

  • Rensis Likert 1960er
  • geprägt von Hawthorne Studies
  • Sah 4 Systeme in der Organisationslehre in den 60ern für gängig (Theorie der vier Systeme):
    System 1: ausbeutend autoritäres System
    System 2: wohlwollend autoritäre System
    System 3: beratendes System - Partizipation der MA an Entscheidungen
    ->fand er alle nicht zielführend, also erfand er:

System 4: Gruppensystem

  • zwischen Mitgliedern der Organisation bestehen unterstützende Beziehungen
  • Beteiligung an Entscheidungsprozessen
  • Kommunikation von oben nach unten und umgekehrt
  • konzipierte Konzept der „linking pins“ (überlappende Arbeitsgruppen) als Modell der formalen Gestaltung von Organisation
  • flache Hierarchien, welche Kontrolle durch Vorgesetzte minimieren (weite Kontrollspannen, einzelne Individuen können gar nicht mehr überwacht werden)
  • Arbeitsorganisation und -durchführung wird dem Arbeitsteam übertragen (nicht mehr der Einzelne steht im Zentrum sondern das Team, die Gruppe)
  • keine strikte Trennung zwischen Stabs/Linienentscheidungen
  • Dezentrale Entscheidungen
  • Führungsstil personenzentriert&unterstützend
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9
Q

Organisation als offenes soziales System, Katz und Kahn, 1966 (Neoklassische Theorien I)

A
  • Eine Organisation ist ein soziales, in Interaktion mit der Umwelt stehendes System aus mindestens zwei Personen
  • bisher wurden Verbindungen der Organisation zur Umwelt kaum thematisiert, Organisation als OFFENES System neu
  • Organisationen werden bestimmt durch: was von aussen an sie herangetragen wird, was innerhalb der Organisation geschieht, sowie von ihrer Anpassungsfähigkeit an die Umwelt
  • Input->Throughput->Output
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10
Q

Neoklassische Theorien II (1950-1970)

A

MENSCHENBILD: self-actualizing man (1950-1980), strebt nach Autonomie&Selbstverwirklichung, diese Bedürfnisse wichtiger als soziale Aspekte oder Integration in funktionierende Arbeitsgruppe, primär intrinsisch motiviert, zur Weiterentwicklung fähig, versucht eigene Ziele in Zielrahmen der Organisation zu integrieren
GRUNDKONZEPTE: Human Resources, soziotechnischer Systemansatz
ORGANISATIONSVERSTÄNDNIS: soziotechnisches System
GESTALTUNGSANSÄTZE: Persönlichkeitsförderlichkeit, Job Enrichment, Job Enlargement, Organisationsentwicklung

Zentrale Ansätze: Motivationstheorie Maslow 1954, Zwei-Faktoren-Theorie Herzberg 1959, Theorie X und Y Douglas Mc Gregor 1960, sozio-technische Systemansatz Tavistock-Gruppe 1960-1969, THEORIE DER ORGANISATION Argyris 1966
Grundannahmen zu Organisationen: Übertragung vollständiger Aufgaben (Planung, Durchführung und Abschluss) an Personen oder Gruppen als zentraler Faktor leistungsfähiger Unternehmen (erfüllt Bedürfnis von Autonomie), Arbeitsbedingungen menschengerecht gestalten
Grundannahmen zur Führung: Führungskräfte sind Mediatoren zwischen Zielen der Organisation und der Individuen, sollen Partizipation, Handlungs/Entscheidungsspielräume ermöglichen, nicht kontrollieren sondern anregen unterstützen fördern

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11
Q

Mix-Modell, Argyris, 1964 (Neoklassische Theorien II)

A

Organisationsstruktur muss Menschen Erleben von psychologischem Erfolg ermöglichen, durch:

  • GERINGE ARBEITSTEILUNG und Spezialisierung
  • Erweiterte Entscheidungsspielräume, eigenständige Kontrolle über Ziele, Umsetzung, Verhaltensregeln
  • Flache Hierarchien, Entscheidungen nach hierarchischen Aspekten nur in Krisen und Notfall
  • Beteiligung des Stabes an Linienentscheidungen
  • Partizipation MA an Entscheidungsprozessen&Mitentscheidung über Qualitätsstandards
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12
Q

Kontingenztheorien, ab späten 1970er

A

Kontingenz heisst die Nichtnotwendigkeit

MENSCHENBILD: complex man (1980-heute), durch verschiedenste, individuelle, sich im Verlauf des Lebens wandelnde Bedürfnisse charakterisiert (Integration von Teilen der vorangegangenen Menschenbilder)
GRUNDKONZEPTE: Kontingenztheorien, Individualisierung, Arbeitskraftunternehmer
ORGANISATIONSVERSTÄNDNIS: individualisiertes soziotechnisches System, Kultur-Modell
GESTALTUNGSANSÄTZE: Organisationskultur, Organisationales Lernen, Individualisierung
Zentrale Ansätze: Organisationen als informationsverarbeitende Systeme Galbraith 1977, THEORIE DES ORGANISIERENS Karl WEICK 1979 (ORGANISATIONAL SENSE-MAKING), Konzept der Organisationskultur Schein 1985, New Public Management
Grundannahmen zu Organisationen:
- offene und komplexe Erfahrungssysteme
- Anpassungsfähigkeit des Unternehmens an sich wandelnde Umweltbedingungen bestimmt Leistung und Überleben von Organisation
- Organisationen entwickeln „soziale Architekturen“ mittels derer sie sich an Umweltbedingungen anzupassen versuchen Greenberg&Baron 2000
Grundannahmen zur Führung:
- Es gibt KEINEN „one best way“ der Führung
- Führungskräfte müssen gute Diagnostiker sein, situativ&kontextspezifisch angemessene&auf individuelle Voraussetzungen zugeschnittene Ansätze der Motivation&Führung entwickeln

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13
Q

Theorie des Organisational sense-making, Weick, 1979, 1993 (Kontingenztheorien)

A
  • neues Bild der Organisation als variables Konstrukt das durch die Köpfe der Organisationsmitglieder selbst generiert wird
  • Organisationen sind dynamische soziale Systeme, die ihre Welt und Identität ständig selbst konstruieren (sense-making) und ihr Verhalten (Kooperation, Auftragsbearbeitung etc.) selbst regulieren
  • Organisationen sind unsicheren und komplexen Umweltbedingungen ausgesetzt, Deutung und Interpretation vieldeutiger Umgebungsbedingungen und Situationen bildet eine Hauptaufgabe für Organisationen
  • Organisationen sammeln und analysieren ständig Infos über ihre Umwelt und interpretieren diese in Abhängigkeit von bereits getroffenen Entscheidungen und Situationsbedingungen
  • Vorläufer von Konzepten der Organisationskultur von Schein 1985
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14
Q

Postmoderne, ab 1980

A

MENSCHENBILD: postmodern man (1980-heute), Mensch als Ressource, arbeitender Mensch ist wichtige Quelle und Eigner von Wissen, hochqualifiziert, Theory Y: Kreativität, Freiheit, Selbstbestimmung; Eigenständigkeit&Teamfähigkeit sind zentrale Eigenschaften des Menschen, Arbeit ist Selbstverwirklichung und Möglichkeit zum Wachstum
GRUNDKONZEPTE: Holokratie „Theory Y“
ORGANISATIONSVERSTÄNDNIS: vernetztes, agiles System
GESTALTUNGSANSÄTZE: Wandel, Lernen, Kreativität, Selbstbestimmung
Zentrale Ansätze:
- Total Quality Management
- Weiterentwicklungen kulturtheoretischer Ansätze
- Weiterentwicklungen sozio-technischer Systemtheorien
- Theorie der lernenden Organisation (Argyris)
- multikulturelle Organisation (Cox, Krell)
- Theorien der virtuellen Organisation
- Intrapreneurship (Pinchot)
- unternehmerische Arbeitskraft (Voss, Pongratz)
- DIE AGILE ORGANISATION
Grundannahmen zu Organisationen:
Lernen, kontinuierlich vorausschauende Anpassung an dynamische Umwelten, Flexibilität, Agilität, Organisationsmodelle die Kreativität, Freiheit, Verantwortung, Vielfalt, Kundenorientierung fördern, (ultra)flache Hierarchien, Netzwerke, Holokratie ->sind zentrale Faktoren leistungsfähiger Organisationen
Grundannahmen zur Führung:
Führungskräfte geben für Teams nur Geschwindigkeit und Richtung der Interpretation vor und koordinieren Einzelleistungen (dirigieren ein Orchester), zielen auf Empowerment der MA, machen Ziele, Wege, Rollenanforderungen deutlich (nur wenn nötig koordinierend und richtungsweisend tätig), Servant Leadership: schaffen Freiraum und starke Beziehungen mit Vertrauen, sind Coach, Moderator und Facilitator

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15
Q

Das Agile Unternehmen (Postmoderne)

A
  • Prototyp von einem super flexiblen, super an die Umwelt angepassten Unternehmens
    1. Teams bilden Grundpfeiler (permanent, temporär, projektbezogen
    2. Selbstbestimmung, Selbstverwaltung und Verantwortung durch Teams, Entscheidungen fallen demokratisch, übernehmen Kontroll-, Koordinations- und Entscheidungsfunktion selbst
    3. Ultraflache Hierarchien und Transparenz, mittlere Managementebene entfällt, alle MA erhalten Zugang zu wichtigen Infos
    4. Servant Leadership, Management sorgt für Freiräume, Entfaltungsmöglichkeiten, bieten Unterstützung, Vertrauen
    5. Liquide Prozesse, Prozesse werden in den Teams potentiell laufend geändert, Team-Rückblicke erlauben Lernen und Veränderung
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