Verfahrenshindernisse Flashcards
Prozessvoraussetzungen
Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit ein Sachurteil gesprochen werden kann
endgültiges Fehlen → endgültiges Verfahrenshindernis
Befassungsverbot
führt dazu, dass sich das Gericht gar nicht erst sachlich mit dem erhobenen Vorwurf auseinandersetzen darf
Bestrafungsverbot
hindert nicht die Befassung mit der Sache, sondern lediglich Bestrafung
→ Einstellungen erwachsen durch Prozessurteil nach § 260 III StPO in materielle Rechtskraft
Verfahrenshindernis führt dazu, dass
- im Ermittlungsverfahren: Einstellung nach § 170 II StPO
- im Zwischenverfahren: Ablehnung der Eröffnung des Hauptverfahrens nach § 204 StPO
- im Hauptverfahren: Einstellung nach § 206a StPO bzw. § 260 III StPO / Freispruch
Anklageschrift
§ 170 I StPO: Einreichung der Anklageschrift
§ 201 StPO: Mitteilung an Angeklagten
§ 200 StPO: wichtigste Bestandteile
Umgrenzungsfunktion der Anklageschrift
genaue Bezeichnung des Lebenssachverhalts in personeller und sachlicher Hinsicht → Akkusationsprinzip, Prozessgegenstand wird fixiert, § 264 StPO; bei Mängeln: Verfahrenshindernis
Informationsfunktion der Anklageschrift
Information des Angeklagten über die gegen ihn erhobenen Vorwürfe; bei Mängeln: kein Verfahrenshindernis
Anforderungen an Anklageschrift: Muss in Anklageschrift jede Einzeltat detailliert mit allen Angaben (Tatort, -zeit, Begehungsweise etc.) aufgeführt werden?
e. A.: (-)
wenn Vielzahl gleichförmiger Taten, einschränkende Auslegung des § 200 StPO im Interesse der Verfahrensökonomie dahingehend, dass der Anklagesatz auf die Schilderung der Begehungsweise, der Gesamtzahl der Taten, Zeitraum, Gesamtschaden beschränkt werden kann
→ Details der Einzeltaten in den wesentlichen Ergebnissen der Ermittlungen
Anforderungen an Anklageschrift: Muss in Anklageschrift jede Einzeltat detailliert mit allen Angaben (Tatort, -zeit, Begehungsweise etc.) aufgeführt werden?
Großer Senat: (+)
Tatbegriff in § 200 StPO entspricht dem der prozessualen Tat in § 264 I StPO
→ umfasst alle individualisierteren Merkmale der vorgeworfenen Tat, die erforderlich sind, um diese abgrenzen zu können
→ Umgrenzungsfunktion gebietet es zwingend, dass alle Einzeltaten im schriftlichen Anklagesatz aufzuführen sind
→ Anklageschrift wird zur Nachbesserung an StA zurückgegeben
aber bei Verlesung Beschränkung zulässig
nachträgliche Heilung eines fehlenden oder grob fehlerhaften Eröffnungsbeschlusses durch Nachholen in der Hauptverhandlung möglich?
e. A.: (-)
vom Gesetz vorgesehene rechtsstaatliche Sicherung, wie sie das Erfordernis eines Eröffnungsbeschlusses darstellt, darf nicht ohne weiteres aufgegeben werden, ohne dass dafür Bedürfnis besteht
→ Verfahren zunächst nach § 260 III StPO einzustellen, dann erneut Klageerhebung
kein Strafklageverbrauch, da behebbares Prozesshindernis
nachträgliche Heilung eines fehlenden oder grob fehlerhaften Eröffnungsbeschlusses durch Nachholen in der Hauptverhandlung möglich?
h. M.: (+)
- Nachholen in erster Instanz bis zum Beginn der Vernehmung des Angeklagten möglich, solange dabei keine Änderungen an der Anklage gem. § 207 II StGB vorgenommen werden
- fehlender Eröffnungsbeschluss macht nicht Verfahren als solches unzulässig, sondern verbietet lediglich die Durchführung der Hauptverhandlung
- behebbares Verfahrenshindernis
(+) keine Beeinträchtigung der Rechte des Angeklagten
(+) Prozessökonomie
Lockspitzeleinsatz
- RGL: § 163 I 2 StPO (Generalklausel)
- mglw. Verstoß gegen Recht auf faires Verfahren, Art. 6 I EMRK, Art. 20 III GG
- Einsatz von Lockspitzeln nur gegen ohnehin tatgeneigte Personen zulässig, gegen die schon ein Verdacht i. S. v. §§ 152, 160 I StPO besteht
- EGMR: weitgehend passive Strafermittlung, keine Einwirkung auf den Täter, die über Signalisieren von Kaufbereitschaft hinaus geht
Rechtsfolgen unzulässiger Tatprovokation beim Lockspitzeleinsatz
BGH
BGH früher: strafmildernde Berücksichtigung in der Strafzumessung
(+) von Bürger kann erwartet werden, sich nicht zu Straftaten provozieren zu lassen
2. Senat jetzt: i. d. R. Verfahrenshindernis
(-) nicht Funktion eines Verfahrenshindernisses, prozessuales Fehlverhalten der Ermittlungsbehörden zu sanktionieren
(+) staatlicher Strafanspruch bzgl. der provozierten Tat steht in Frage: Aufgabe der Strafverfolgungsbehörden, Straftaten zu verhüten, nicht zu provozieren
Provokation führt zu unfairem Verfahren, Präventionspflicht des Staates wird ins Gegenteil verkehrt, wenn er selbst Unrecht produziert
Rechtsfolgen unzulässiger Tatprovokation beim Lockspitzeleinsatz
EGMR
Verstoß gegen Fair-Trial-Grundsatz → Verwertungsverbot für alle im Wege der Provokation erlangten Beweismittel
Rechtsfolgen unzulässiger Tatprovokation beim Lockspitzeleinsatz
BVerfG
- rechtswidrige Tatprovokation kann zu Verfahrenshindernis führen, wenn Zielperson gänzlich unverdächtig war und lediglich als Objekt der staatlichen Ermittlungsbehörden einen vorgefertigten Tatplan ohne eigenen Antrieb ausführt
- bei weniger schwer wiegenden Verstößen Beweisverwertungsverbot