Völkerrecht 2 Flashcards
(95 cards)
Welche allgemeinen Theorien zum Verhältnis von Völkerrecht und Landesrecht gibt es?
Binäre Unterscheidung
◦ Monismus: Einheitliche Rechtsordnung (Österreich, NL, Frankreich)
◦ Dualismus: Getrennte Rechtsordnungen (Dänemark, UK, Russland)
Was macht den österreichischen Monismus aus?
−Völkerrecht steckt äußeren Rahmen für staatliches Recht ab
−Völkerrechtswidriges Landesrecht gilt innerstaatlich; bei Widerspruch zwischen Völkerrecht und Landesrecht ist Folge nicht Nichtigkeit sondern Staatenverantwortlichkeit
Wie wird ein Konflikt zwischen Völkerrecht und Landesrecht gelöst im Dualismus?
Gar nicht. Solch einer ist im Reinen Dualismus nicht möglich, da ja laut ihm, ganz voneinander unabhängige Rechtsordnungen bestehen
Was ist ein Beispiel für eine Adoption im B-VG?
Art 9 B-VG: allg Rechtsgrundsätze des Völkerrechts sind Bestandteil des Bundesrechts ohne transformiert werden zu müssen (jedoch heißt dass nicht dass es unmittelbar anwednbar ist, weil es nicht konkret genug ist oft)
Welche Meinungen gibt es über Rang des Völkerrechts im innerstaatlichen Rechtsordnung? und welche schlägt das Buch vor?
- 1) Gleichrangigkeit mit Bundesgesetzen (VfGH)
- 2) Gleichrangigkeit mit Bundesverfassungsrecht
- 3) Vorordnung vor jedes innerstaatliche Recht
- 4) Rang zwischen Verfassungsrecht und einfachem Gesetzesrecht („Mezzanintheorie“)
- Vorzuziehen: VR-Regelungen haben jenen Rang, den
bundesrechtliche Norm mit gleichem Inhalt nach dem B-VG innehaben müssten
„Völkerrecht bricht Landesrecht“ – Stimmt das?
Nein!
* Gemäßigter Monismus mit Primat des VR
* Folge ist nicht Nichtigkeit, sondern Staatenverantwortlichkeit
- VfGH und VwGH verneinen in stRsp allerdings die Begründung subjektiver Rechte und Pflichten für Private durch die „allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechtes“
Was ist an dem Satz nicht ganz richtig?
in dieser Allgemeinheit nicht richtig.
Im Bereich der menschenrechte kann laut EGMR menschenrechtliche Garantien sehr wohl von Völkergewohnheitsrecht mitbestimmt sein.
Was ist die Rolle des Erfüllungs- und des Gesetzesvorbehaltes?
Erfüllungsvorbehalt
* Artikel 50 Absatz 2 Ziffer 4 B-VG:
„Anlässlich der Genehmigung eines Staatsvertrages kann der Nationalrat beschließen, in welchem Umfang dieser Staatsvertrag durch Erlassung von
Gesetzen zu erfüllen ist.“
* Verhindert unmittelbare Anwendbarkeit
* Innerstaatlich entfaltet StV keine Rechtswirkungen
Gesetzesvorbehalt:
- Bei Grundrechten ermöglicht der Gesetzesvorbehalt aufgrund ausdrücklicher Ermächtigung die Einschränkung oder Ausgestaltung des entsprechenden Grundrechts durch Gesetz.
- z.B.: Artikel 8 EMRK (D162)
Was sind Regierungs-, Ressort- und Verwaltungsübereinkommen?
- Innerstaatlich bloß auf Verordnungsebene (Art. 18(2) B-VG)
- Ermächtigung des BPräs
- Regierungsübereinkommen: Abschluss durch Bundesregierung
- Ressortübereinkommen: Verträge, die nur für den Bereich eines Ressorts wirksam werden; Ressortminister in Einklang mit BMEIA
- Verwaltungsübereinkommen: Richten sich nur an die
Verwaltungsbehörden selbst (wie Verwaltungs-VOs; Verträge, die unmittelbar zwischen innerstaatlichen und ausländischen Verwaltungsbehörden geschlossen werden); zust.Bundesminister
Wie sind einseitige Rechtsgeschäfte des Völkerrechts im Österreichischen Recht zu beurteilen?
- Keine ausdrückliche Bestimmung;
Grds wird zwischen selbstständigen und unselbstständigen einseitigen Rechtsakten unterschieden:
BPräsist zuständiges Organ;
Vertretung der Republik nach außen (Art. 65(1) B-VG)
* Auf Vorschlag der BReg (Art. 67(1) B-VG)
* Einzelfallermächtigung (bspw. Anerkennung von Staaten)
* Rechtswirkung umstritten
- hM: selbstständige einseitige R-akte über Art. 9(1) B-VG R-wirkung,
unselbständige im Zsmhang mit Verträgen, werden selbst wie StV behandelt
Wie werden Beschlüsse internationaler Organisationen, insbesondere des SR der VN, in
Österreich umgesetzt?
- Keine Inkorporationsbestimmung im B-VG, sie haben Rechtsform sui generis
- In PraxiszT Adoption (Kundmachung im BGBl III),zT spezielle Transformation (Erlassung neuer/Änderung bestehender Rechtsvorschriften)
- VfGH: Wird bereits mit Kundmachung im BGBl Bestandteil der innerstaatlichen Rechtsordnung → Kundmachung demnach konstitutive Bedeutung; zB. Verlautbarung von Resolutionen des UN SR
Welche organe können einen Staat einseitig verpflcihten im völkerrechtlichen verkehr??
- Zentrale Organe:
1.) Staatsoberhaupt, Regierungschefin, Außenministerin
◦ Oberste Staatsorgane „Trias“ → völkerrechtliche Vermutung der umfassenden Vertretungsbefugnis: „full powers“-Vermutung nach Art 7(2)(a) WVK; innerstaatliche Beschränkungen der Vertretungsmacht
müssen für andere Seite erkennbar sein, um wirksam zu sein (Art 47 WVK)
2.) Andere zentrale Organe, insbes Ressortminister*innen benötigen grundsätzlich
ausdrückliche oder stillschweigende Vollmacht
◦JEDOCH hat IGH, die Zustimmungsvermutung Erweitert für einseitige Rechtsgeschäfte
(Bewaffnete Aktivitäten im Kongo [Ruanda]-Fall D
39a)
Deshalb ist anerkannt dass auch bei Ressortminister in ihrem Bereich vermutet wird, Vollmacht zu haben.
- Dezentralisierte Organe
3.) Chefs diplomatischer Missionen (Botschafter, Ständiger Vertreter)
4.) Leiterinnen konsularischer Vertretungen
5.) Befehlshaberinnen von im Ausland stationierten Streitkräften
6.) Delegationsleiter *innen bei internationalen Konferenzen
Gilt die Immunität von obersten Staatsorganen für Folter?
Pinochet-Fall, UK, 1999 (D198)
* Sachverhalt: Verfahren vor englischen Gerichten,
hinsichtlich der Frage der Immunität ua wegen
Verletzung des Folterverbots.
- Ergebnis: Nachdem Chile bereits zur Amtszeit Pinochets Vertragspartei der UN-Folterkonvention war, die explizit die Folter durch Staatsorgane
verbietet, wurde unter anderem festgestellt, dass Folter niemals eine von dieser Funktion umfasste Amtshandlung hätte sein können. Eine nach Ende
der Amtszeit fortwirkende funktionelle Immunität Pinochets für solche Handlungen wurde dementsprechend abgelehnt. Pinochet wurde allerdings aufgrund seines Gesundheitszustandes die Rückkehr nach Chile gestattet.
Ist aber umstrittn ob bereits in Völkergewohnheitsrecht.
Gibt es ein Recht auf diplomatisches Asyl?
Nein. Auf jedenfall nicht universell. In lateinamerika bilateral zumindest.
WDK regelt das nicht und Botschaften müssen nach der WDK lokale Regeln achten.
Jedoch müssen Empfangsstaaten auch die unverletzlichkeit der Botschaft achten, somit ist dipomatisches Asyl ein Faktum, dass in der Botschaft selbst gewährt werden kann.
Was ist die Funktion des „Agrément“?
Artikel 4 WDK
(1) Der Entsendestaat hat sich zu vergewissern, daß die Person, die er als Missionschef bei dem Empfangsstaat zu beglaubigen beabsichtigt, dessen Agrément erhalten hat.
(2) Der Empfangsstaat ist nicht verpflichtet, dem Entsendestaat die Gründe für eine Verweigerung des Agréments mitzuteilen.
* Förmliche Zustimmung des Empfangsstaats
* Zuvor informelle Erkundungen zur Vermeidung einer möglichen
Ablehnung
* Überreichung der Beglaubigung zugleich Amtsantritt (Art 13 WDK)
* Widerruf jederzeit (persona non grata) Art 9 WDK
Wer genießt Diplomatenstatus?
Artikel 1 WDK […]
e) der Ausdruck “Diplomat” bezeichnet den Missionschef und die Mitglieder
des diplomatischen Personals der Mission;
[…]
- Nicht diplomatisches Personal
◦ Verwaltungspersonal, zB Sekretariat
◦ Technisches Personal, zB Sicherheitspersonal
◦ Dienstliches oder privates Hauspersonal, zB Koch, Gärtnerin, Chaffeurin
Die USA möchte die Schließung des Ständigen Beobachtermission der PLO bei den
Vereinten Nationen in New York veranlassen, da sie diese für eine „terroristische Vereinigung“ hält. Ist dies möglich?
- Im Fall von Vertretern bei einer Internationalen Organisation entsteht hinsichtlich der Privilegien und Immunitäten ein Dreiecksverhältnis zwischen Sendestaat, Sitzstaat und der Internationalen Organisation → Vertrag zu Gunsten Dritter (der
Sendestaat kann die Rechte auch direkt vis-à-vis dem Sitzstaat durchsetzen). - Sachverhalt: Mögliche Schließung der Beobachtermission der PLO in New York
unter Präsident Ronald Reagan unter Berufung auf ein nationales Anti- Terror Gesetz. - In einem Rechtsgutachten entschied der IGH, dass die USA gem Amtssitzabkommens verpflichtet war einem
Schiedsgerichtsverfahren über diesen Disput zuzustimmen. - Letztendlich entschied der District Court for the Southern District of New York im Fall United States v Palestine Liberation Organization, dass der
Anti-Terrorism Act of 1987 nicht anwendbar war und im Widerspruch zum entsprechenden Amtssitzabkommen steht. Die Arbeit der PLO im Rahmen ihrer Beobachtermission darf demnach nicht eingeschränkt werden. - Das Amtssitzabkommen von 1947 ging nämlich zeitlich dem Gesetz vor und der Kongress hatte nicht die Absicht bekundet, dass der Vertrag
dadurch außer Kraft gesetzt werden sollte.
Was sind die Aufgaben des Konsuls?
- Schutzfunktion, Förderungsfunktion, Behördenfunktion
- Artikel 5 WKK (nicht taxativ)
◦ Interessen Entsendestaat und seiner Angehörigen zu schützen
◦ Entwicklung bilateraler Beziehungen zu fördern
◦ Informationsaufgaben
◦ Angehörigen des Entsendestaates Pässe und Reiseausweise auszustellen
◦ Angehörigen des Entsendestaates Hilfe und Beistand zu leisten
◦ Notarielle, standesamtliche Befugnisse und Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen
◦ Alle anderen vom Entsendestaat zugewiesenen Aufgaben wahrzunehmen
Wie legte der IGH Art. 36 Abs. 1 WKK im LaGrand-Fall aus?
Der IGH stellte fest, dass Artikel 36 WKK nicht bloß dem
Staat, sondern auch dem Individuum direkt Rechte
zukommen lässt.
Mit welchen Theorien wurde und wird die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an Staatenvertreter im völkerrechtlichen Verkehr begründet?
- Extraterritorialitätstheorie: Botschaftsgebäude & Sitze IOs fiktiv außerhalb des Staatsgebiets des Sitzstaates gelegen; Organe unterliegen demnach nicht Gesetzen des Empfangsstaats.
- Repräsentationstheorie: Organe als direkte Vertreter des Souveräns, deren Einschränkung Eingriff in Souveränität des Entsendestaates wäre.
- Nezessitäts- / Funktionstheorie: Notwendig zur Aufgabenerfüllung der Vertretungsorgane. Daher auch Verzicht durch Entsendestaat möglich.
Was sind Privilegien, Erleichterungen, Immunitäten?
- Privilegien
◦ Flaggenrecht (Artikel 20 WDK)
◦ Abgabenbefreiung (Artikel 23 WDK)
◦ Steuerprivileg nachdem die Diplomaten von Personal- und Realsteuern befreit sind (Artikel 34 WDK) - Erleichterungen
◦ Generalklausel (Artikel 25 WDK), zudem
◦ Immobilienvermittlung (Artikel 21 WDK)
◦ Bewegungs- und Reisefreiheit (Artikel 26 WDK)
◦ Kommunikationsfreiheit (Artikel 27(1) WDK) - Immunitäten im weiteren Sinn
◦ Unverletzlichkeit (Art 22(1) WDK Mission / Art 24 WDK Archiv und Schriftstücken / Art 29 WDK Diplomaten / Art 30 Privatwohnung, Papiere und Korrespondenz, Eigentum) → de facto Schutz
◦ Erhöhter Schutz (Art 22(2) WDK Mission / Art 29 WDK Diplomaten)
◦ Immunitäten im eigentlichen Sinn (Art 31 WDK Diplomaten / Art 37 WDK Familienmitglieder und anderes Personal) → de iure Schutz
Wer genießt Immunitäten von Diplomaten?
Es gibt eine art Abstufung der Immunitätenschwelle:
Artikel 37 WDK […]
(1) Die zum Haushalt eines Diplomaten gehörenden Familienmitglieder genießen, wenn sie nicht Angehörige des Empfangsstaats sind, die in den Artikeln 29 bis 36 bezeichneten Vorrechte und Immunitäten.
(2) Mitglieder des Verwaltungs- und technischen Personals […] Artikeln 29 bis 35 […]; jedoch sind ihre nicht in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit
vorgenommenen Handlungen [nicht ausgenommen] [funktionelle Immunität in Zivil- und Verwaltungsverfahren]
(3) Mitglieder des dienstlichen Hauspersonals […] dienstlichen Tätigkeit vorgenommenen Handlungen, Befreiung von Steuern und sonstigen Abgaben auf
ihre Dienstbezüge […].
Ein Diplomat fährt betrunken mit dem Auto und gerät in eine Routinekontrolle der Polizei. Darf er an der Weiterfahrt gehindert werden?
Einzelfall:
* Art 29 und 31 WDK
◦ Unverletzlichkeit; unterliegt keiner Festnahme oder Haft
◦ Immunität von der Strafgerichtsbarkeit
* Notrecht, Abhalten von einer strafbaren Handlung (nur Geschwindigkeitsübertretung reicht nicht aus); Anhaltung und Hinderung an der Tatbegehung
* Wahl des gelindesten Mittels
Wann beginnen und enden Immunitäten und Privilegien?
Artikel 39 WDK
(1) Die Vorrechte und Immunitäten stehen den Berechtigten von dem Zeitpunkt an zu, in dem sie in das Hoheitsgebiet des Empfangsstaats einreisen, um dort ihren Posten anzutreten, oder, wenn sie sich bereits in diesem Hoheitsgebiet befinden, von dem Zeitpunkt an, in dem ihre Ernennung dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten oder dem anderen in gegenseitigem Einvernehmen bestimmten
Ministerium notifiziert wird.
(2) Die Vorrechte und Immunitäten einer Person, deren dienstliche Tätigkeit beendet ist, werden normalerweise im Zeitpunkt der Ausreise oder aber des Ablaufs einer hierfür gewährten angemessenen Frist hinfällig; bis zu diesem Zeitpunkt bleiben sie bestehen, und zwar auch im Falle eines bewaffneten
Konflikts. In Bezug auf die von der betreffenden Person in Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit als Mitglied der Mission vorgenommenen Handlungen bleibt jedoch die Immunität auch weiterhin bestehen.