Völkerrecht II Flashcards

(86 cards)

1
Q

Vorbemerkungen

Unterscheidung von Konflikten

A
  • herkömmlicher Dualismus: Staaten- und Bürgerkrieg
  • zweite Hälfte 20. Jhr.: Tendenz zu asymmetrischen Kriegen
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2
Q

asymmetrischer Krieg

A

mE: Am Krieg sind Akteure unterschiedlicher Kategorien beteiligt

Wiki: Ein asymmetrischer Krieg ist eine militärische Auseinandersetzung zwischen Parteien, die waffentechnisch, organisatorisch und strategisch stark unterschiedlich ausgerichtet sind.

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3
Q

Staatenkrieg

A
  • souveräne Staaten als Akteure
  • Krieg zw. im Prinzip Gleichen
  • typ. Ziel: Selbstverteidigung
  • (im Prinzip) klare Unterscheidung zwischen Kombattanten und Zivilbevölkerung
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4
Q

Bürgerkrieg

A
  • innerstaatlicher Krieg zwischen mind. zwei Gruppen
  • oft internationale Beteiligung (internationalisierter Bürgerkrieg)
  • Ziel: Erringen der innerstaatlichen Macht (pol. Macht), Beendigung des Kriegs

Bsp. Spanischer Bürgerkrieg 1936-1939, äthiopischer Bürgerkrieg 2020 – heute, Sudanesischer Bürgerkrieg 2023 – heute

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5
Q

Partisanenkrieg

A
  • Wesen: Defensiver Krieg, der typischerweise gegen eine Besatzungsmacht geführt wird
  • Partisanen agieren aus einer Position der Unterlegenheit heraus
  • Ziel: Schwächung des Gegners durch Anschläge/Zermürbung
    • Sieg ist nicht nötig, nur keine Niederlage
  • asymmetrischer Krieg
  • oft ao. grausam, denn gerade Grenzen zwischen Zivilbevökerung und Kombattanten verschwimmen
    • Zivile als mitlitärische Ressource
    • schwere Strafen für Zivile (bspw. bei Kooperation mit Partisanen) von Besatzungsmacht

Bsp. Partisanenkriege in Osteuropa gegen deutsche Besatzer ab 1942; die Résistance in Frankreich und Belgien; kurdische Peschmerga im Irak, “Atesh” auf der Krim

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6
Q

Terrorkrieg

A
  • Akteure: nichthierarchische Netzwerkorganisationen
  • ebenfalls aus unterlegener Position
  • offensiver asymmetrischer Krieg
  • zielt auf die psychischen - nicht physischen (Partisanenkrieg) - Ressourcen des Gegners
  • kann im eigenen/fremden Land geführt werden
  • Ziel: Weltbild durchsetzen, Angst verbreiten

Bsp. Anschläge auf frz. und amerikanische Truppen in Beirut 1983 (ca. 300 Todesopfer)

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7
Q

Guerillakrieg

A
  • Hinterhalte und Überfälle
  • zielt auf Verzettelung/physische Schädigung der überlegenen Macht
    • soll die wirtschaftlichen Grundlagen der Kriegsführung erodieren
  • war traditionell Element eines “grossen Krieges”
  • Verselbständigung in Zusammenhang mit Unabhängigkeitskriegen

Bsp. Algerienkrieg 1954-1962; Vietnamkrieg (Vietcong v. US-Truppen) 1964-1973; FARC in Kolumbien

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8
Q

Cyberkrieg

A
  • nie isoliert für sich, kombiniert mir traditioneller Kriegsführung
  • Akteure: private und staatliche
  • asymmetrische Kriegsführung
  • Schädigung des Gegners durch elektronisches Einwirken auf Computersysteme; meist nicht-physische Schäden
    • mE: Ursachen für spätere Schäden schaffen
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9
Q

Neue Kriege

A
  • kurz: Krieg / bewaffneter Konflikt als “Geschäftsmodell” bei Wegfall staatlichen Gewaltmonopols
  • gescheiterte Staatsbildung oft als Ursprung (wegen Fehlen korruptionsresistenter Eliten)
  • ökonomische Grundlage: Arbeitslosigkeit, Flüchtlingslager, humanitäre Hilfe
  • Kinder/Jugendliche: Ausschluss von Erwerbsmöglichkeit, eigene Sorglosigkeit
  • Sammelbezeichnung für im letzten Vierteljhr. auftretende Kriege
  • Staatszerfallskriege (durch Warlords geführt)
  • Krieg als kommerzielles Interesse
    • Kriegsführung auf eigene Rechnung
    • Warlords
    • Souveränität nicht als Ziel
    • fliessender Übergang zwischen Krieg und Kriminalität
    • Anschluss an die Wirtschaftskreisläufe
  • ca. 80% der Opfer sind Zivilisten
  • bewusst Gewalt gegen Zivilisten
  • dauern oft extrem lang
  • Friedensprozess statt Friedensschluss
    • Kriegsende gar nicht Ziel (mE), daher muss erst jmd. aus dem Kreislauf entfernt werden
  • Sexualisierung kriegerischer Gewalt
    - sexuelle Gewalt als Strategie
    - vs. relative Diszipliniertheit von Kombattanten in Staatenkriegen
    - Jugendliche besonders anfällig
  • Verbreitung: Ränder ehemaliger Imperien (relativer Friede in Industrieländern)

Bsp. Kriege im früheren Jugoslawien, Kriege in Afghanistan seit den 1980er-Jahren

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10
Q

Ende des Zeitalters der Staatenkriege?

A
  • Ausgangspunkt: extrem hohe Kosten
    • Technikentwicklung und Kriegskosten
    • immer grössere Verluste
    • WW als Wendepunkt
    • Interesse an Vermeidung als Folge von WWI
  • Massenvernichtungswaffen
    • riesiges Schädigungspotential
    • kaum Begrenzbarkeit
    • tendenziell Stärkung der Position des militärisch Schwächeren
    • (dadurch) partielle Entkoppelung von Drohpotential und militärischer Stärke
      - psychologische Dimension tritt hinzu
  • kulturelle Verschiebungen
    • Kapitalismus -> abnehmende Kriegsbereitschaft
    • postheroisches Zeitalter
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11
Q

Folgen der Verschiebung: Staatenkriege > neue Kriege

A
  • Zunahme kriegsfähiger Akteure
    • nicht nur Staaten
    • abnehmende Gewalteindämmung wegen abnehmender Kriegszugangshürden
  • Entdifferenzierung Kombattanten/Zivilisten
    • typischerwiese Zivilisten gerade als Ziele
  • Krieg als diffuser Dauerzustand
    • kein klarer Beginn / eindeutiges Ende
    • Entdifferenzierung Krieg/Kriminalität
  • Zunahme von Akteuren ohne eigenes Haftungssubstrat
    • nicht-staatliche Akteure (Warlords, Hackergruppierungen) welche “nichts zu verlieren” haben
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12
Q

System der kollektiven Sicherheit

Merkmale

A
  1. Angriff gegen ein Mitglied gilt als Angriff gegen alle Mitglieder
  2. Reaktion als Gemeinschaftsaufgabe
  3. im Prinzip globale Kriegsverhinderungs- bzw. Eindämmungsabsicht
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13
Q

Weitere Friedenssicherungskonzepte

im Gegensatz zu UNO-System

A
  • blosse Militärallianz / kollektive Verteidigung (zB NATO)
  • Imperien (zB Pax Romana/Britannica)
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14
Q

Wegbereiter der modernen Systeme kollektiver Sicherheit

A

Herzog von Sully: Grand Dessin (1632); Schaffung eines christlich ausgerichteten Völkervereins auf der Grundlage des Gleichgewichts der Kräfte

William Penn: An Essay towards the Present and the Future Peace: By the Establishment of an European Diet, Parliament, or Estates (1693); Einrichtung eines Parlaments oder einer Staatversammlung auf europäischer Ebene

Abbé de St. Pierre: Projet pour rendre la paix perpetuelle en Europe (1713); Vorschlag der Schaffung einer internationalen Organisation mit Zuständigkeit für den Frieden sowie eines internationalen Gerichts

Immanuel Kant: Zum Ewigen Frieden (1795); Friede ist mehr als Waffenstillstand; Republiken führen weniger Krieg, da die Betroffenen selbst entscheiden und auch die Folgen ihrer Entscheidung tragen; Notwendigkeit eines weltweiten Völkerbundes

beachte insb. jeweilige historischen Umstände

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15
Q

Versuche der Errichtung von Systemen kollektiver Sicherheit

vor 1945

A

Europäische Quadrupelallianz/Pentarchie nach 1815

  • Schaffung einer Art Direktorium, das als Wächter des Gleichgewichts der Mächte fungiert
  • Zunächst regelmässige Treffen der Grossmächte (bis 1825)

Völkerbund

  • Art. 11 Abs. 1 VBS
  • Organe: Versammlung, Rat, Sekretariat

Gründe für Scheitern:

  • partielle Gewaltächtung (Diggelmann str.)
  • Fehlen eines zentralen Sanktionierungssystems
  • fehlende Universalität
  • Konzessionen an Aggressoren
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16
Q

grds. Stärken und Schwächen

System der kollektiven Sicherheit

A

Hautpschwächen Völkerbund:

  • umfassende Gewaltächtung
  • Zentralisierung der Sanktionsgewalt
  • Universalität

Stärken:

  • Vermeidung WWIII
  • insgesamt Aggressionsverbot mehr be- als missachtet

Schwächen:

  • Charta auf Situationen der unmittelbaren Gewaltanwendung fixiert
  • UNCh 43
  • Missbrauch Vetorecht
  • nicht (mehr) universelle Akzeptanz des Gewaltmonopols
  • Uneignung bez. Bürgerkriegen / neuen Kriegen
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17
Q

SR und Kap. VII der UNCh

A

“Triggersituation”: (Friedensbedrohung als Schlüsselbegriff)

  • UNCh 39
  • zunächst: (I) konkrete int. Destabilisierung
  • danach: (II) schwere innere Destabilisierung mit signifikanten grenzüberschreitenden Auswirkungen bzw. später sogar (III) per se

insb. bereits humanitäre Situation als solche kann trigger sein (Somalia ‘92)

Massnahmen:

  • vorläufige Massnahmen (UNCh 40)
  • nichtmilitärische Massnahmen (UNCh 41)
    • Waffenstillstand, Embargo, Waffenexportverbote, ad hoc-Strafgerichte (Konfliktbewältigung)
    • Tendenz zu “targeted/smart sanctions”
    • Überweisung an den IStGH (Römer Statut 13 b.)
  • militärische Massnahmen (UNCh 42)
    • “all necessary means” aber trz. vhm
    • Sicherheitsrat autorisiert nationale Sicherheitskräfte, GS ist Chef
  • R2P

NB:

  • keine ex-post Genehmigung gem. UNCh
  • Problem: Dauer und Konkretisierung von Genehmigungen (keine Regelung in UNCh)
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18
Q

Systemschwächen (UNO) und Praxis

A

Fixierung auf unm. Gewaltanwendung:

  • Kompensation durch Peacekeeping
    - in Frühphasen v. Konflikten
    - Zustimmung der Parteien
    - Stärkung durch Kap. VII => robustes peacekeeping

unerfüllter UNCh 43:

  • sodass Autorisation nicht zu weit;
  • gesteuerte Autorisierungen (präzis, zeitl. limitiert, strenge Berichtspflichten)

Missbrauch des Veto:

  • extrakonstitutionelle Ausnahmen des Gewaltverbots
  • Situationen schwerster MR-Verletzungen (inkl. R2P)
  • Notstands-Interventionsrecht regionaler Org.?
  • Ambivalenz solcher Aufweichungen: Gefahr einer einseitigen mr-Perspektive
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19
Q

Recht auf Selbstverteidung

Entwicklung, allg. VSS

A

Selbstverteidigungsrecht bei der Schaffung der UNCh

  • Gewohnheitsrecht; in UNCh bloss deklaratorisch (?!)
  • in der Charta, um Beschneidungen zu verhindern

VSS:

  1. bewaffneter Angriff
  2. Verhältnismässigkeit
  3. noch keine Massnahme des Sicherheitsrats = Subsidiarität
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20
Q

Selbstverteidigungsrecht en detail

A

= verhältnismässige Verteidigung gegen einen bewaffneten Angriff eines anderen Staats auf das eigene Territorium; sofern der SR selbst noch keine Massnahmen ergriffen hat

1. bewaffneter Angriff: entscheidend ist die subj. Wahrnehmung
- keine Def. → Mindestintensität!
- Grenzzwischenfälle erreichen nicht Intensität
- Kumulation (+/-)
- Rebellenunterstützung (-), vgl. Nicaragua
- Cyber? (+/-)
- Ziel:
- eigenes Territorium
- Truppen im Ausland, +/- bez. viele! Staatsbürger
- (Handelsschiffe, Ölplattformen)
- Angreifer: Staat (auch irreguläre Truppen, Banden?);
- Private u. Terroristen grds. möglich, (keine Zurechnung vgl. Nicaragua-Fall II, 37)
- wenn vom eigenen Territorium ausgehend? (-), s. Mauergutachten
- Beweislast: bei Verteidiger

2. Verhältnismässigkeit:
- Zweck-Mittel-Relation (mE “Schadensvergleich”)
- Notwendigkeit als Teil-VSS = Erforderlichkeit
- ex ante-Beurteilung

3. Subsidiarität:
- Tätigwerden zum Zweck der Friedenssicherung
- blosse Aufforderung genügt nicht

zeitliche Schranken:

  • Verteidigung während Angriff
  • nach h.M. in engen Grenzen auch präventives Selbstverteidigungsrecht (Coraline-Kriterien); “nicht anders abwehrbarer (vs. keine Wahl der Mittel bzw. Zeit für Abwägungen), überwältigender Angriff imminent” (z.B. Sechstagekrieg, 40)
  • pre-emptive strikes? (-)
  • spätester Zeitpunkt für Ausübung? wiederum (mE) solange andauernd; gerade krit. bei Anschlagsserien
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21
Q

humanitäre Intervention

A

= ”idR Militärische Intervention in einem fremden Staat zum Schutz der Opfer besonders schwerer Verletzungen von Menschenrechten”

  • Grundgedanke: Eingriffsmöglichkeit bei schweren MR-Verletzungen
  • idR militärische Intervention
  • Herkunft: 19. Jhr., Schutz eigener Glaubensgenossen
  • Opfer besitzen nicht die Staatsangehörigkeit des eingreifenden Staates
  • vör-Zulässigkeit: Triggersituation (+), daher Kap. VII eröffnet
  • Ausnahme vom Gewaltverbot?
    • h.L.: unzulässig ohne Ermächtigung des SR
    • a.A.: zulässig als ultima ratio (vgl. Nato im Kosovo-Krieg)
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22
Q

R2P

A
  • Ausgangspunkt: Passivität der int. Gemeinschaft. bei Völkermorden und ähnlichen Situationen; dadurch Unterminierung der moralischen Grundlagen des VöR
  • Bedeutung: Versuch, Grundlage für ein Eingreifen in Fällen extremer MR-Verletzungen zu verbessern
  • Grundgedanken: (I) Souveränität als Verantwortung eines Staates zum Schutz der Menschenrechte der eigenen Bevölkerung; (II) Nichtwahrnehmung führt zu Verschiebung jener auf die int. Gemeinschaft
  • genauer Konturen unklar (insb. pol. oder rechtl. Konzept?)
  • um 2000 zu einem Schlüsselbegriff geworden
  • gem. “E-Learning” Ermächtigung durch SR erforderlich
  • starke Anlehnung an den Begriff der humanitären Intervention; sollte aber noch weiter gehen (Prävention, Reaktion, Wiederaufbau)

Haupteinwände:

  • Aushöhlung der Souveränität
  • Beschränkung der P5 Recht (gerade Veto)

Schlüsselfragen:

  • was ist Trigger
  • VHM
  • welches ist die “right authority”
  • Klarheit der Operationsprinzipien

Bedeutung der R2P für den SR

  • Druck auf Vetoverzicht
  • weitere Dimensionen (prevent, rebuild) oder Fokus auf das Wesentliche
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23
Q

humanitäres VöR

Grundidee, Kritik

A
  • Regelungsggs.: Sonderrecht für bewaffnete Konflikte; das “Wie” (nicht “Ob”)
    - Regeln für Kriegsführung ieS (Mittel/Methoden) und Schonungspflicht Uninvolvierter
    - Regeln für den Umgang mit Kampfunfähigen/Nichtkämpfenden
  • Kerngedanke: Kompromissrecht (humanitäre vs. militärische Interessen)
    - Anerkennung der Realität des Krieges und Abmilderung der Folgen der Gewaltanwendung
    - Restvertrauen erhalten
  • Reziprozität; geringere Wirkung in unübersichtlichen, asymmetrischen Verhältnissen
  • Durchsetzung durch Staaten selbst (Ausbildung, Sensibilisierung, Disziplinierung, Strafrecht, Sozialisation)
  • Kritik:
    - implizite RF des Krieges
    - blosse Begleiterscheinung der Entgrenzung v.Konflikten
    - Nutzlosigkeit infolge fehlender Durchsetzbarkeit (inter arma enim silent leges)
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24
Q

Konfliktarten, zeitl. AB des HVöR

A
  • internationale bewaffnete Konflikte
  • nicht-internationale bewaffnete Konflikte (= Bürgerkriege)
  • innere Unruhen/Spannungen
  • Unabhängigkeitskriege
  • gemischte Konflikte
  • Beginn und Ende der Anwendbarkeit: Entstehen resp. Lösen eines humanitären Problems
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25
einzelne Konfliktarten des HVöR
**internationale bewaffnete Konflikte** - keine Def. in den GK - Praxis: *jeder Einsatz von Streitkräften gg. das Territorium eines anderen Staates* (obj. Massstab!) - anwendbares Recht: GK I-IV, ZP I **nicht-internationale bewaffnete Konflikte** (= Bürgerkriege) - innere (?) Angelegenheit; insb. durch R2P relativiert - Staaten neigen zu "Herunterspielen", daher SR zentral(er) ?? - Schwelle für Anwendbarkeit des HVöR schwierig zu bestimmen - (mögl.) Kriterien: Org.grad der Aufständischen, aussergewöhnliche (Reaktions-)Massnahmen (nicht nur Polizei) verlangt, Internsität der Gewaltanwendung, Schutzbedürfnis Betroffener - anwendbares Recht: - gem. Art. 3 der GK I-IV - ZP II (höheres Gewaltniveau verlangt) - zT vertraglich vereinbartes VöR - Gew.recht betrifft zusehends auch Bürgerkiege - Hauptunterschiede (zu int. bew. K.): kein Kombattanten- und Kriegsgefangenenstatus, keine Regeln für besetzte Gebiete **innere Unruhen/Spannungen** - Schwelle für Bürgerkrieg nicht erreicht - anwendbares Recht: MR, Turku Declaration (privater Kod.versuch) **Unabhängigkeitskriege** -urspr. oft Bürgerkriege (also intern) - jetzt: vör Anerkennung als bes. Konfliktsart; weil Sezessionsrecht best. Kolonien - anwendbares Recht: gleich wie int. bew. K. **gemischte Konflikte** - viele Aufständische werden von Staaten unterstützt (mannigfaltige Formen) - Regelfall bei Bürgerkriegen - Begriff: **internationalisierte interne Konflikte** - anwendbares Recht: zeitgleich zwei Regime
26
Personenkategorie im HVöR | Kombattanten und Zivilpersonen
- Zweck: Begrenzungsgedanke, jeweils konkrete Rechte/Pflichten - Grundidee: Unterscheidbarkeit zw. militärischen und nicht-militärischem Geschehen, Beschränkung der Gewaltbetroffenheit - Begriff Kombattant: Soldaten der Streitkräfte, nicht: Sanitäts-/Seelsorgepersonal, kämpfende Zivilpersonen - gilt grds. auch nicht für private Militärunternehmen (für Bewachung, Waffenunterhalt, Ausbildung, Spez.operationen), sofern nicht in Militär integriert - Grenzfälle: Spezialisten und Hilfspersonal, (+) sofern "militärisch wichtig"; Kriegspropaganda - Spezialfall: levée en masse, uU Kombattantenstatus = Überbrückungslösung - kein weiterer Status! (insb. jeweils gerichtl. Anklärung) - Konsequenzen der Zuordnung: - (grds.) zulässige Gewaltanwendung ohne strafrechtliche Verantwortlichkeit - strafrechtliche Verantwortlichkeit für die Teilnahme am bewaffneten Konflikt ? - Kriegsgefangenenstatus
27
Personenkategorie im HVöR | geschützte und nicht geschützte Personen
- geschützt: geniesst gestützt auf GK / ZP einen besonderen Schutz; nehmen nicht (mehr) an Kriegshandlungen teil - keine festen Kategorien geschützter Personen, s. Bsp. im Skript
28
HVör und MR?
**Gemeinsamkeiten** - Schutz des Individuums als zentrales Anliegen - (zu) pauschal: HVör als Spezialgebiet des MR-Schutzes - teilw. Überschneidungen der Garantien **Unterschiede** - andere Wertungsschwerpunkte: HVöR anerkennt militärische Notwendigkeit, dessen Kompromisscharakter - engerer sachlicher AB des HVöR: Sonderrecht für bewaffneten Konflikt =/= ausserhalb - weiterer sachlicher AB des HVöR: Kriegsmethoden geregelt, nicht bloss individualrechtliche Perspektive - ergänzender Charakter: ggü. der MR (zB Regeln betr. Flüchtlingen in besetzten Gebieten) - Wesen (HVöR): aktives Handeln (vs. bloss Verhalten unterlassen) **gleichzeitige Anwendbarkeit?** - Kumulation mögl. - teilw. HVöR als *lex specialis* **menschenrechtlicher Charaker des HVöR** - Repressalienverbote - höchstens bez. Waffenverbote noch denkbar **Suspension HVöR-Verträge?** - Nein (WVK 60 V), bloss Kündigung
29
Schritte des Kodifizierungsschubs ab der zweiten Hälfte des 19. Jh.
**Lieber Code (1863)** - Zusammenstellung wichtiger Kriegsführungsregeln (Hintergrund: amerikanischer Bürgerkrieg) - Vorbild für milit. Handbücher **Genfer Konvention (1864)** - Neutralisierung der Lazarette (Hauptanliegen) - rasche, breite Ratifizierung - Revision 1906 **Deklaration von St. Petersburg (1868)** - Schwächung des Feindes als einziges legitimes Kriegsziel (Beschränkung der Mittel/Methoden, zB Explosivgeschosse) - Ausschluss eines totalen Krieges **Agreement on the Laws and Customs of the War (1874)** - sog. Brüsseler Konferenz/Deklaration - Kriegsführungsregeln (Hintergrund: spanischer Bürgerkrieg) - unverbindlich! **"Oxford Manual": The Laws of War on Land (1880)** - privater Entwurf (durch entstehende VöR-Wissenschaft) - Regeln für die Landkriegsführung **Haager Konventionen (1899, 1907)** - Regelung va für die Landkriegsführung -> zentral: *Begrenzung durch Formalisierung* (mE) - grössenteils ungeregelt: Seekriegsführung - starke Abstützung auf Oxford Manual und Brüsseler Deklaration - Adressaten: Staaten
30
Gründe für den Kodifizierungsschub des HVöR
- veränderte Kriegsführung infolge der Technikentwicklung - hohe Opferzahlen (moderne Massenheere: Bürgerheere) - Fortschritts-/Zivilisationsglaube des 19. Jh. - allg. Kodifizierungstendenzen des 19. Jh. (vgl.??)
31
Stagnation der Entwicklung des HVöR zw. 1914 und den '60-Jahren?
**WWI:** Bedeutung des HVöR - partielle Wirksamkeit ("eher GK als Haager-K") - grosse Probleme: Tötung von Kriegsgefangenen, C-Waffen - Diggi: "serielles Töten" durch automatische Gewehre **Zwischenkriegszeit** - Spannungsverhältnis zw. Kriegsächtung und Bemühung um weitere Regeln zur Kriegsführung - Forschritte bez. Ächtung von B-/C-Waffen-Einsatz - Schaffung der GK II bez. Frage der Kriegsgefangenen **WWII** - Verbrechen an der Zivilbevölkerung in besetzten Gebieten - Ost- vs. Westfront: Sowjetunion hatte die GK nicht anerkannt - Städtebombardierungen **danach** - zähe Entwicklung: ambivalentes Ansehen des HVöR - GK von 1949 - Weiterentwicklung der Regeln betreffend Kriegsgefangenen - Verbesserung des Schutzes von Zivilpersonen - elementare Regeln für Bürgerkriege (Hintergrund: spanischer Bürgerkrieg) - verfühte Initiative des IKRK für Weiterentwicklung des HVöR in den '50-Jahren **weiteres Kriegsführungsrecht** - Schutz von Kulturgütern
32
HVöR ab den '60-Jahren
**Wiedererwachen des Interesses am HVöR** - Konflikte mit hohen (zT mit 70% zivilen) Opferzahlen - Bewusstsein für Besonderheit der Entkolonialisierungskriege (Guerillakrieg nicht Teil eines "grossen Krieges", zahlenmässige Dominanz von Entwicklungsländern in der UNO-GV) - MR-Entwicklungen - allmähliche Entfaltung der Idee in internationalen Verträgen - Teheraner Resolution: Human Rights in Armed Conflicts (1968): Link zw. MR und HVöR - Tendenz zur Reformulierung des HVöR in menschenrechtlichen Kategorien (vgl. ZP I 75) - umfassendes Diskriminierungsverbot, Folterverbot - aktive Rolle des Roten Kreuzes (Konferenz 1965, s. XXIII vom 12.05.68) **Zusatzprotokolle von 1977** - Konferenz in Genf von 1974-'77 - Schlüsselthemen: (a) besserer Schutz der Zivilbevölkerung, (b) Anpassung zentraler Begriffe (Kombattant, bewaffneter Konflikt) - Essenz (ZPI): Ergänzung bisheriger Regeln des internationalen bewaffneten Konflikts, Zusammenführung des sog. Genfer und Haager Rechts - Essenz (ZPII): elementare Regeln für nicht-internationale Konflikte - urspr. ging ZP II wesentlich weiter - Kritik der USA: Schmälerung milit. Spielräume **Weiteres Kriegsführungsrecht** - "Biowaffenkonvention" (1972) - Verbot der militärischen oder sonstigen feindlichen Nutzung umweltverändernder Techniken (1976) - Verbot oder die Beschränkung des Einsatzes bestimmter konventioneller Waffen, die übermässige Leiden verursachen oder unterschiedslos wirken können (1980) - Konkretisierung des Verbots besonders grausamer Waffen
33
HVöR nach 1989
**Bedeutungszuwachs des HVöR** - Praxis des SR - "humanitäre Situation" als Fallgruppe der Friedensbedrohung - Schaffung ICTY, ICTR - Annäherung des Rechts internationaler und nicht-internationaler Konflikte -> Ausweitung des Gewohnheitsrechts (Assimilationsthese) - Weiterentwicklung der MR (Durchdringung weiterer Gebiete des HVöR, "Popularisierung") **Weiteres Kriegsführungsrecht** - "Chemiewaffenkonvention" (1993) - Abkommen von Ottawa (Antipersonenminen, 1997) - Waffenhandelsvertrag (Arms Trade Treaty, 2013)
34
Grds. der Kriegsführung
- Begrenzung Mittel/Methoden - Unterscheidungsgebot - keine Bekämpfung unzulässiger Ziele
35
Begrenzung Mittel/Methoden
- milit. Notwendigkeit als Zulässigkeitsschranke - E. St. Petersburg (1868): rechtl. unverb. Erwähnung - LKO 22 (1907): nur Mittelbegrenzung - Nürnberger Tribunal: "LKO und damit Mittelbegrenzung = Gew.recht" - keine Mod. durch GK (1949) - mit ZP I 35 I beides erwähnt - Konkretisierung durch spez. Best. und Grds. der VHM **Mittel:** zwei Konkretisierungen in ZP I 35 - Ziff. 2: betr. Menschen, konkretisiert durch bes. Konventionen und 51 Ziff. 4 (unterschiedslos) - Ziff. 3: betr. Objekte, zeitl. Element sehr str. **Methoden:** im Vordergrund va 2 Verbote - Heimtücke (ZP I 37) =/= Kriegslist (diese ist zulässig); konkretisiert durch 38 I - Pardon (ZP I 40) **Was gilt im nicht-int. bew. Konflikt?** - grds. kein allg. Regelwerk - weder GK 3 noch ZP II enthalten expl. einen Grds. (s. aber ZP II 14 ff.) - aber Arg. wohl (mE?): via Assimilationsthese zu Gew.recht
36
Unterscheidungsgebot
**Grundidee und Funktion:** - Unterscheidung v. Kombattanten und Zivilisten - wichtigte Pflicht des Kombattanten (Begriff: ZP I 43) - überhaupt VSS für Verwirklichung des Verbots der Bekämpfung unzulässiger Ziele **Guerillakriege:** - Spezifika v. Unabhängigkeitskriegen - daher Regelung in ZP I 44 Ziff. 3 - Terrorismusbegünstigung? -> "Nein, Terroristen unterscheiden sich fundamental" **interne Konflikte:** - kein Unterscheidungsgebot - ZP II 13 Ziff. 3 als Surrogat (Diggi: dadurch Annäherung)
37
Keine Bekämpfung unzulässiger Ziele
- Grundregel: ZP I 48 = Kriegshandlungen nur gg. milit. Ziele (Personen und Objekte) - Begriff des milit. zulässigen Ziels: dadurch eindeutiger milit. Vorteil **Grenzfälle:** - Kollateralschadensproblematik: zivile Opfer bei milit. Zielerreichung miteingeschlossen - dual use-Objekte: zivil und milit. nutzbar - in beiden Fällen: kein abs. Schutz, VHM entscheidend; in jüngerer Zeit immer weitere "Ausnahmen" zugelassen - Fallschirmspringer: Zivilisten +/- ? (Diggi: eher Nebenthema) **Was gilt in nicht-int. bew. Konflikten** - Bürgerkriege: grds. keine Unterscheidung; aber ZP II 13 Ziff. 2 und 14 => durch weite Auslegung können Regeln angewandt werden (mE)
38
Wichtigste spez. Kriegsführungsregeln
**Mittel:** ZP I 51 Ziff. 4 zur Konkretisierung des 35 Ziff. 2 (spez. Bsp. im Skript) **Methoden:** - ZP I 51 Ziff. 2 (Terrorismusverbot); 6; 7; 54 Ziff. 1 - angemessene Information und Warnung: ZP I 57 f. **zulässige Ziele:** - ZP I 52 Ziff. 3; 54 Ziff. 2 - Verbot der Politik der verbrannten Erde (Unterschied?) - ZP I 56 - ZP I 59 f.: Sicherheits-/Sanitätszonen, neutrale Zonen, unverteidigte Orte, entmilit. Zonen - ZP I 53 **Was gilt bez. internen Konflikten?** - nicht alle Regeln auch für interne Konflikte zugeschnitten - teils (+) qua expl. Regelung im ZP II / Abkommen / Gew.recht
39
Minimalstandard bez. alle *geschützen Personen* ?
- Erinnerung Begriff: bes. Rechtsstatus infolge bes. Verletzlichkeit - ZP I 75: menschl. Behandlung *(menschenrechtl. imprtägniert)* "unter allen Umständen" ("geraffte MRE") - ZP I 10: Unparteilichkeit, Vorbehalt: nur med. Gründe - ZP I 11: keine Menschenversuche (JP im WWII, Kosovo-Krieg)
40
Schutz von Verwundeten, Kranken, sich Ergebenden und San.einheiten
**anwendbares Recht:** - GK - Entspezifizierung des Schutzes durch ZP I (keine Unterscheidung zw. verschiedenen Verwundeten/Kranken; medizinischen Einrichtungen) - ZP I 41: Verschonung "hors de combat" - ZP I 20: Repressalienverbot - ZP I 10: Schutz/Pflege - ZP I 32: Suchaktionen - NIAC? - selbe Pflichten, nur andere Fundtstellen - ZP II 7: menschl. Behandlung, Schutz/Pflege - ZPII 8: Suchaktionen **San.einheiten:** - Grundgedanke: Schutz derselben ist VSS für Schutz anderer Personen - ZP I 12 I: unzulässiges Ziel, Verbot der Verteidigung - ZP I 12 IV: keine milit. Nutzung, Abschirmungsverbot, Ende des Schutzes im Falle von milit. "Operationszwecken" - ZP I 16 I: keine Berstrafung der med. Tätigkeit - ZP I 21 ff. betr. San.transporte - NIAC? - Annäherung, aber kein abs. Schutz; insb. kein bes. Status von San.-/Seelsorgepersonal - ZP II 9 kann aufgrund weiter Formulierung allerdings viel enthalten - ZP II 10 - Schutzzeichen: Kennzeichnung von unter Schutz stehenden Personen/Objekten
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Schutz von Kriegsgefangenen in NIAC?
- Grundgedanke: zentral für Friedensperspektive - bes. Status als Ausdruck, dass keine persönliche Verantwortlichkeit für Teilnahme besteht - keine Strafe (vs. Ostfront-WWII) - Begriff: Kombattanten in Gewalt der anderen Partei (=/= San.personal, jedoch änhlicher Status s. III. GK 33) **anwendbares Recht:** III. GK und ZP I - ganz zentral: III. GK 5 II (vs. US "war on terrorism") - Schlüsselpflicht: III. GK 13 I (menschl. Behandlung) - Verbot des Aussetzens in Gefahrenzonen, sondern gerade Pflicht zum Herausbringen - s. ZP I 43 - Verbot der Internierung auf Schiffen/Strafanstalten - III. GK 69 f.: Informationen - III. GK 118 ff.: Freilassung (Friedensperspektive) - nach Ende der Feindseligkeiten - ungerechtfertigte Verzögerung = Kriegsverbrechen - gegen den Willen - Sonderregeln für San.personal - III. GK 126 IV: IKRK-Zugang - Pflichten der Kriegsgefangenen - Personalien - Beibehaltung der Hierarchie - Arbeitspflicht (Gefahr, EW) - Beachtung der RO
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Schutz von Gefangenen in NIAC?
- kein Kombattanten-/Kriegsgefangenenstatus => immenser Unterschied zu IAC - Praxis: pragmatische Lösungen - wichtigste Rechte: - III. GK 3 - ZP II 4 II, insb. lit. a und d - ZP II 5 I, insb. lit. a (ähnliche Versorgung wie Truppen)
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Schutz von Zivilpersonen | in IAC
- Gefahren: (1) von Kriegshandlungen ausgehend, (2) in der Gewalt des Gegners - (2.1) aufgrund von Besatzungsmacht, (2.2) als Feindstaaten Ausländer - anwendbares Recht: kaum LKO, IV. GK, ZP I - Begriff: alle Personen, die nicht Kombattanten sind (auch Polizei, Zivilschutz, Journalisten - auch embedded [ZP I 79 I]) - Verbot der Teilnahme an Feindseligkeiten, andernfalls Ruhen des Status (ZP I 51III); Ausnahme: levé en masse **im Einzelnen:** - Umfassendes Diskriminierungsverbot (IV. GK 13) - Repressalienverbot (IV. GK 33 III) - Schutzschildverbot (IV. GK 28 ZP I 51 VII) - Einschüchterungsverbot (ZP I 51 II) - Verbot der Geiselnahme (IV. GK 34) - Verbot von Kollektivstrafen (IV. GK 33 I) - Suche nach Vermissten, Kontakt mit Familienangehörigen (IV. GK 26) - auf **gegnerischem Territorium:** Ausreise, soweit keine milit. Interessen (IV. GK 35), Kontrollmassnahmen (IV.GK 27 IV) - **Freiheitsentzug** - reguläres StrafR - Freiheitsentzug, spez. mit Kriegssituation zusammenhängend - Internierungen aus Sicherheitsgründen (IV.GK 5, 41-43 und 78) - Administrative Internierung aus zwingenden Sicherheitsgründen (IV. GK 78) - Incommunicado-Haft bei Spionen (IV. GK 5 II) - **Regeln für besetzte Gebiete:** - Begriff: (1) tats. in Hand des Gegners und (2) Herrschaft über Zivilbevölkerung auch durchsetzbar - keine Statusänderung (ZP I 4) - Deportationsverbot (IV. GK 49 I) - keine "Eigenansiedelung) (IV. GK 49 VI) - unnötige Zerstörungen (IV. GK 53) - Geltung der RO des besetzten Staates - Konfiskation privater Güter (LKO 46 II) - Versorgung (IV. GK 55 I, ZP I 69) - **Zulassung von Hilfeleistungen** - umstr.! - Essenz (klar): **unbedingter** Durchlass von Medikamenten und San.material (IV. GK 23 I), unentbehrliche Lebensmittel für Kinder/Schwangere/Wöchnerinnen - **mit Ausnahme** von Abs. 2 - übrige Lebensmittel: **bedingter** Durchlass
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Schutz von Zivilpersonen | in NIAC
- anwendbares Recht: IV. GK 3 = allg. Pflicht zur menschlichen Behandlung; ZP II **zentrale Regeln:** - ZP II 13 I (Angriffsverbot) und II (Terrorismusverbot) - ZP II 17: Umsiedelungsverbot - Versorgung - unklar, via ZP II 18 und weiter Auslegung eine *Konvergenz der Standards* erreichen (mE) - Schutz ziviler Objekte - ZP II 14 verbietet Aushungern - ZP II 15 (gefährliche Kräfte) - ZP II 16 (Kulturgüter)
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StrafR als Gegenstand des VöR | 3 Ebenen
- Bestrafungspflichten der Staaten (bspw. aufgrund UNO-Rassendriskriminierungs-/Seerechtskonvention - Kooperation im Bereich der Strafverfolgung (Auslieferungsabkommen, Informationsaustausch) - VöR-Verbechen - immer Universalitätsprinzip: erlaubt Staaten die strafrechtliche Verfolgung von Völkerstraftaten, unabhängig vom Tatort und der Staatsangehörigkeit des Täters - Wiki - Makroverbrechen (gew. Organisationsstruktur; systematisches Element) - Betroffenheit der Staatengemeinschaft
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StrafR nicht als Staatsangelegenheit?
- grds. Kernbereich der staatl. Zust. - insb. Sensibilität ggü. nicht selbst definierten Strafansprüchen (starke kulturelle Prägung) - aber, Staaten als Täter bei Makroverbrechen
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Vorläufer des vör-StafR
**G. Moynier:** - da Kriegsführungsrecht wenig Beachtung fand - (chancenloser) Vorschlag eines int. Strafgerichts (1872) **nach WWI:** - Vorschlag der Einsetzung eines Tribunals -> nicht durchgesetzt - aber: Art. 227-229 Versailler Vertrag - Leipziger Prozesse (merke: mögl. "farce") **Entwurf eines Statuts durch ILA** (1926)
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Schaffung der Militärtribunale Nürnberg/Tokio
**Aussmass der Verbrechen** - versch. Möglichkeiten 1945 diskutiert (zB Erschiessungen) - Rolle der USA (mE: Anstoss, Chefankläger) **Entwicklung v. VöR und dessen Verständnis** - Überwindung der Vorstellung, VöR sei formal, moralisch "neutral" - gew. Re-Moralisierung - v.a. bez. MR-Diskussion ("nukleus") - Gewaltächtung **VöR-Subjekte** - Ausdehnung des Kreises (auch int. Org. und Individuen)
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Merkmale der Nürnberger-/Tokioter-Tribunale
- Rechtsnatur: keine int. Gericht im strikten Sinn, sondern Gericht v. Besatzungsmächten - g.G.: Londonder-Viermächte-Abkommen (1945; innert 2 Monaten geschaffen) - im Annex: Statut des Gerichts = TB's TB ie: - s. London Charter 6 II lit. a-c, III, 10 - "gg. Menschlichkeit/Frieden": Hintermänner erfassen - Verschwörung: best. Beteiligungsformen erfassen - Mitgliedschaft: wie Verschwörung ein Auffang-TB
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Hauptschwierigkeiten der Nürnberger-/Tokioter-Tribunale
**Kausalitäts-/Zurechnungsfragen** - Grundproblematik v. Org.verbrechen - Zusammenwirken vieler Personen bei Makroverbrechen - Zurechnungsprobleme **Beweisprobleme** - Ausgangslage: Beteiligte haben kein Interesse an Aufklärung, Opfer sind tot oder stehen unter Druck/Angst - besonders in DE: viele schriftl. Beweise - Kooperationsbereitschaft zw. Tatort- und Täterländer
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Leistungen der Nürnberger-/Tokioter-Tribunale
- Herrschaft des Rechts (vs. Versuchung der Vergeltung) - rel. Fairness des Verfahrens (angelsächsisches Proz.recht, 3x Freisprüche)
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Kritik der Nürnberger-/Tokioter-Tribunale
**Siegerustiz** - Ausklammerung der Verbrechen der Sieger (Arg. hielt sich in DE bis in die 60er-Jahre) - zB Sowjets gg. Polen **nulla poena sine lege** - s. anhin bestehende Pakte und Grundsätze - damals keine Strafnormen im VöR, am ehesten via Kriegsführungsrecht (= heute HVöR) lösen - bzw. gewisse TB's erfunden **individuelle Strafbarkeit** - Verantwortlichkeit nur für eigenes Handeln - Strafbarkeit der Mitgliedschaft in Org. - via neue TB's rel. pauschale Zurechnung mögl. **"Handeln auf höheren Befehl"** - lebensferne Regelung - denn Unmöglichkeit einer Strafbefreiung (s. London Charter 8) **Fehlen einer Berufungsinstanz** - in Tokio dann Begnadigung als Möglichkeit **Instruierte sowjetische Richter**
53
Erwartungen ggü. internationalen Strafgerichten
- Diggi: diese sind so hoch, dass man nur scheitern kann **Bestrafung der Schuldigen** - schwere Fassbarkeit, praktisch und rechtlich (s. Zurechnung, Beweisprobleme) - Kapazitätsfragen - bloss moralische (vs. strafrechtl.) Schuld vieler Mitläufer **Opfergerechtigkeit** - Sühne (für die Verbrechen) - Festhalten der historischen Wahrheit; - Reue (also Schuldbewusstsein) der Täter **Politische Bewältigung der Verbrechen** - Probleme bereits durch der Sprache; *Bewätigung* überhaupt mögl.? - Abwehrmechanismen - kollektive Selbstbilder **Achtung kontroproduktiver Prozess:** Verfahren als Vorwand (zB via Siegerjustiz), um von den Verbrechen abzulenken
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VöRStrafR nach WWII bis Ex-Jugoslawien/Rwanda-Tribunale
**unmittelbar nach WWII:** - Kodifikationsbestrebungen (VöRStrafR?) - Nürnberger Prinzipien (Charta von UNO-GV bestätigt) - ILC Arbeit an "AT des VöStrafR" (draft code ... Peace and Security of Mankind), 1954 ausgesetzt **Kalter Krieg:** - Ost-West-Gegensatz verunmöglichte Weiterentwicklung - oft halbherzige VöRStrafverfolgung (Bsp Vietnam) **SR nach Kaltem Krieg:** - veränderte Rolle - HF des SR - vermehrte Zwangsmassnahmen ("Friedensbedrohung" weiter ausgelegt), insb. Schaffung der ad-hoc-Tribunale = wesentl. Rolle bei Wiederbelebung des VöRStrafR
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Ex-Jugoslawien-/Rwanda-Tribunale, IRMCT
**Ex-Jugoslawien-Tribunal** - ICTY, 1993, bis 2017 tätig - Verbrechen auf dem Gebiet des früheren Jugoslawiens - Tätergruppen: pol. Führung, mil. Befehlshaber, Untergebene - Grossteil der Praxis von dort (191 Angeklagte, 93 Schuldsprüche) **Rwanda-Tribunal** - ICTR, 1994, bis 2015 - Ex-Jugoslawien-Tribunal als Vorbild - TB's an Rwanda-Konflikt-Besonderheiten angepasst - 93 Angeklagte, 62 Schuldsprüche **IRMCT** - verbleibende Fälle - SR-Nebenorgan (wiki)
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Neuerungen Jugoslawien/Rwanda ggü. Nürnberg/Tokio
- keine Besatzungsgerichte (trz. Vorwurf "Siegerjustiz") - Ableitung der Autorität v. der UNO, insb. Rolle des SR - teilw. andere TB's (Genozid neu, Angriffskrieg nicht mehr - bis 2010) - detaillierte Regelung: - TB's: nullum crimen sine lege, Var. der TB's - Prozessrecht: nicht mehr nur rudimentär, in Praxis denn auch viel zentraler als mat. R.; weiterhin problematisch war Verf.dauer - Appellationsinstanz, in modernen Tribunalen immer zweite Beurteilung mögl.
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Entwicklung des JCE | Ausgangspunkt und Elemente
**Ausgangspunkt:** Gemeinschaftliche Begehung von Makroverbrechen - Teilfragen: Täterkreis, Vorgesetztenveranteortlichkeit, Handeln auf Befehl - Zurechnungsproblematik, (schwierige?) Erfassbarkeit des Führungspersonals = fundamentales Problem des VöRStrafR - Lösung in Nürnberg via TB's, jetzt JCE - also kein TB sondern flexibleres Modell der Teilnahme(?) - JCE als "Erbe der conspiracy" **Elemente:** - Mehrzahl v. Personen - gemeinsame(r) Plan/Absicht - Teilnahme; "essential contribution" (gew. Schwelle verlangt)
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Varianten des JCE
**basic:** - alle Täter mit gleicher verbrecherischer Absicht - zB gemeinsames Töten eines Kreigsgefangenen **systemic:** - Täter weiss von Natur des Systems/Organisation (welches auf Verbrechensbegehung abzielt) - dadurch "Aufrechterhaltung des Systems" - dadruch eben nicht eine "blosse" Gehilfenschaft - zB Logistiker im KZ **extended:** - konkretes Verbrechen nicht vom Tatplan erfasst, (aber?) Rädchen im Uhrwerk (was bekannt ist?) - Täter weiss nicht von konkreten Verbrechen; (aber von gewissem Realisiationsrisiko?) - zB Befreiung eines Gebiets, wobei Kriegsverbrechen begangen werden **overarching:** - übergeordnetes gemeinsames Ziel - zB Befreiung Bosniens durch die bosnischen Muslimen
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JCE | Kritik
- Rechtsgrundlage: gem. ICC 25 III lit. a steht nur "gemeinsame Begehung", nicht JCE - Grenzen des JCE: sind unklar, dadurch Gefahr einer Pauschaljustiz (s. Anklageschrift Karadzic) - Konturen "gemeinsamer Plan" unscharf: zT "im Voraus", aber auch "spontan" oder sogar "implizit aus Handlungen ergebend"
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JCE, Tadic | Urteil
- Rechtmässigkeit des ICTY (via SR-Massnahmen) - Diggi sagt mit Verweis auf Zweck: Tribunalsschaffung klar zulässig - Assimilierungsthese: hum. VöR in NIAC (via Gew.recht) - Schaffung des JCE
61
JCE, Karadzic | Urteil
- Verantwortlichkeit der höchsten pol. Führung - genozidales JCE - schon epochal, da innere Einstellung (Genozid) hier bewiesen wurde, denn Verurteilung
62
JCE, Milosevic | Urteil
- zeitl. Dimension eines JCE - i.c. über 6 Jahre; sehr schwer fassbar - hat sich selbst verteidigt, vor Verurteilung gestorben
63
JCE, Mladic | Urteil
- neben Karadzic die 2e grosse Figur - Teil der pol. Führung und zugleich als Militär Teil von zahlreichen Aktionen - wichtig für Konturen des JCE, wiederum genozidaler JCE - Vorgesetztenverantwortlichkeit
64
JCE, Gotovina et al. | Urteil
- schwieriger Nachweis der Teilnahme an JCE bei hohen Militärs - als General an Op. "Sturm" beteiligt, dabei Beschuss von Zivilisten - urspr. verurteilt, dann Berufung - kein Kriegsverbrechen, da Artilleriebeschuss i.c. keinen Beweis des Vorsatzes zuliess - Mangel an Beweisen, daher Freispruch - grosser (pol.?) Nachteil, da damit Vorwurf der Einseitigkeit wieder befeuert (Gericht nicht blind etc.) - dabei insb. pol. Dimensionen sichtbar (Verteilung der Anklagebank)
65
JCE, Krstic | Urteil
- urspr. verurteilt via JCE; "K. war extrem wichtig" - nach Berufung: K als blosser Stv., daher blosse Beobachterrolle und nur Beihilfe - also Zufälligkeit der Abgrenzung der Täterschaft in Form eines JCS / Beihilfe (- aufgrund Weite/Diffusität des Konzepts?)
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JCE, Haradinaj | Urteil
- schwieriger Nachweis der Teilnahme an JCE bei hohen Militärs - tote und eingeschüchterte Zeugen - historische Fakten waren klar (insb. gelbes Haus) aber keine genügenden Beweise - daher Freispruch (2x)
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Verantwortlichkeit von Vorgesetzten | Teilfrage bez. gemeinschaftliche Begehung von Makroverbrechen ## Footnote Wesen, Abgrenzung zur Täterschaft
**Wesen:** - Nichtwahrnehmung von Aufsichtspflichten - Nichtergreifen der notwendigen Gegenmassnahmen - nachgeordnete Haftung aufgrund Garantenstellung/-pflicht (Erfolgsabwendungspflicht) **Abgrenzung zur Täterschaft:** - es ist täterschaftsähnlich - mb. Täterschaft = physischer Täter ist Tatwerkzeug - Beihilfe ? - subs. Haftungsgrundlage
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Vorgesetztenverantwortlichkeit | Teilfrage bez. gemeinschaftliche Begehung von Makroverbrechen ## Footnote Arten, ICC-Regelung
**command responsibility** = mil. (klass.) Var. - Befehlskette - ordsungsgemässe Auswahl, Anweisung, Kontrolle der Untergebenen - tats. Kontrolle erforderlich; Schwierigkeit der geteilten Verantwortlichkeiten **superior responsibility** = zivile Vorgesetzte - tats. Kontrolle - höhere Zurechnungsschwelle (enger gefasst), denn "Gewalt" in dieser Sphäre weniger stark ausgeprägt - Weisungen und nicht "Befehle" - dh (mE) man ist nicht so scnhell verantortlich für etw. das die Untergebenen tun, da sie "freier" sind in ihrem Tun?? - denke dabei an Grenze: bewusste vs. unbewusste Fahrlässigkeit **ICC-Regelung** - unterscheidet mil. und sonstige Vorgesetzte (28) - via "willfully blind"-Kriterium (= subj. TB) bei zivilen Vorgesetzten
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Vorgesetztenverantwortlichkeit | Teilfrage bez. gemeinschaftliche Begehung von Makroverbrechen ## Footnote wichtige Fälle
**Celebici / Delalic et al.** - Gefangenenlager, insb. Unterlassungen, D. als Lagekommandant, Passivität und Verantwortlichkeit - Verantwortlichkeit setzt tats., eff. Kontrolle voraus - KZH gem. "but-for-test" (Unterlassung macht Taten erst mögl.) - Freispruch, da keine Kontrolle nachweisbar - JCE? - nicht erwähnt **Blaskic** - zweite Befehlskette (Oberst) - nur Gehilfenschaft, denn keine tats., eff. Kontrolle **Bemba Gombo** nicht angesprochen
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Handeln auf Befehl | Teilfrage bez. gmeinschaftliche Begehung von Makroverbrechen
heute: Art. 33 Römer Statut **Grundproblem** - Vielzahl von Militärangehörigen als Teil einer Hierarchie - insb. Konseqzenzen von Befehlsverweigerung - wie geht man dabei also mit Untergebenen um? (denke zB an A. Eichmann) **Regelungsoptionen** a) Untergebener als Werkzeug - Modell früher - dadurch mögl. Täter ungestraft? b) vollständige Verantwortlichkeit für eigene Handlungen - Modell nach WWII - blendet Problem der Hierarchie aus c) beschränkte Verantwortlichkeit von Befehlsempfängern - Modell ab 1950ern - so eine Vielzahl von Umständen mitberücksichtigen **wichtiger Fall:** Erdemovic - insgesamt wenig Praxis - i.c. 70 andere töten um eigenes Leben zu retten - ICC: kein Nötigungsnotstand (denke b)) aber Strafmilderung mögl.
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Schaffung des ICC | und Rolle der ad-hoc-Tribunale
- Auftrag der GA an die ILC - Arbeit am Draft Statute for an International Criminal Court ('94) - ad-hoc-Ausschuss zur Gründung des ICC (Vorbereitungskommitee) - Staatenkonferenz Rom ('98) - Annahme des Statuts durch 120 Staaten (aktuell 125), Inkrafttreten 01.07.02 Rolle der ad-hoc-Tribunale in Rwanda/Jugoslawien - Beschleunigung der Entwicklung (MR und Strafjustiz als komplementäre Elemente) - rel. gutes Funktionieren bei gleichzeitg guter Sichtbarkeit der Schwächen
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ICC: wichtigste Neuerungen ggü. Tribunalen
Allgemein - ständig - dauerhafte Vertretung aller grossen Rechtssysteme der Welt - eigene Rechtspersönlichkeit - kein UNO-Organ Subsidiarität - kein Primat des ICC - vorab: Selbtaufarbeitung - Komplementarität: Vermeidung unnötiger Einmischungen, falls Staat willens und fähig ist intensivere rechtl. Regelung - mat. Recht und Prozessrecht - auf keinen Fall Vorwurf eines nicht-rechtstaatlichen Verfahrens riskieren! - Vermeidung von "judge legislators"
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Zuständigkeit in persönlicher Hinsicht | ICC
- nat. Personen über 18. Jahren - Ausübung der Gerichtsbarkeit nur sofern eine der folgenden Konstellationen 1. Überweisung einer Situation durch einen Staat: (1) Tatortstaat = Statutsmitglied / anerkennt Gerichtsbarkeit (2) Täter besitzt Staatsangehörigkeit eines MS / Staats der Gerichtsbarkeit anerkennt 2. Chefankläger proprio motu: gleiche VSS wie bei 1. 3. Überweisung durch SR-Beschluss nach Kap. VII, zB Sudan und Libyen 4. ad-hoc-Anerkennung (Ukraine 2014/15) 5. Sonderregeln bez. Aggression; insb. hohe Schwelle durch "trigger"
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Zuständigkeit in sachlicher Hinsicht | ICC
- Art. 5 ff. Römer-Statut - Völkermord: "eine Kollektivität gg. eine andere", Hauptschwierigkeit ist Vernichtungsabsicht, zudem nur gewisse Merkmale erfasst - Verbrechen gg. die Menschlichkeit: ausgedehnte + systematische schwere MR-Verletzungen (HVöR) - Kriegsverbrechen - Aggression: schwieriger Tb, zentral: Eliteverbrechen
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Zuständigkeit in zeitlicher Hinsicht | ICC
- Art. 11 - nach Inkrafttreten des Statuts begangene Verbrechen - nachträglicher Beitritt - Austritt: Zuständigkeit endet nur hinsichtlich "Zukunftsperspektive"
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Anklagebehörde | Organe ICC
- Leitung durch Chefankläger - Prüfung der Stichaltigkeit von Informationen ("sollen wir uns das überhaupt anschauen") - förmliche Benachrichtigung aller Vertragsstaaten - Möglichkeit der Zurücksetzung des Verfahrens - grösster Teil der Angestellten
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Pre-Trial-Chamber | Organe ICC
- mind. 6 Richter - bei hinreichender Grundlage für Aufnahme von Ermittlungen: Chefankläger beantrag der chamber Genehmigung - erlässt auch Haftbefehle, Vorladungen - damit "Gegengewicht" zu Macht des Chefanklägers
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Trial-Chamber | Organe ICC
- mind. 6 Richter - Hauptverfahren
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Appeals Chamber | Organe ICC
- mind. 5 Richter - Berufungsgründe: Verfahrensfehler, fehlerhafte Tatsachenfeststellung, fehlerhafte Rechtsanwendung + (nur bei Verurteilung) jegliche Gründe bez. Fairness/Verlässlichkeit des Vefahrens - kassatorisch, reformatorisch
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ICC: Bilanz und Kritik
- 15 Urteile in 23 Jahren - wenig - überlange Verfahren, zB 10 Jahre ("trade-of" Rechtsstatlichkeit) - geringe Wirksamkeit gg. Eliten (mMn ebenfalls trade-of Rechtsstaatlichkeit) - Afrikalastigkeit
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Welche Fragen wurden dem ICC vorgelegt? | DR Kongo, Uganda, Zentralafrikanische Rep. I
**DR Kongo** (2004) - Hintergrund: mehrere langjährige Bürgerkriege (Horrorzahlen) - Thomas Lubanga: Kriegsverbrechen, insb. Rekruterung v. Kindersoldaten; Beweisfrage: vertrauliche UN-Doks. **Uganda** (2004) - Hintergrund: Konflikt LRA / Regierung - Joseph Kony / Vincent Otti: Kony weiterhin in Freiheit (blieb im pre-trial stecken) - Dominic Ongwen: Täter und Opfer **Zentralafrikanische Rep. I** (2004) - Hintergrund: Verbrechen im Zhg. mit Bürgerkrieg ab '02 - Jean-Pierre Bemba Gombo: Verurteilung dann Freispruch wegen ungenügend beweisener Kausalität (Vorgesetztenverantwortlichkeit) - Debakel (hier wieder: rechtsstaatl. Dilemma!) - Jean-Pierre Bemba Gombo, AimÈ Kilolo Musamba, Jean-Jacques Mangenda Kabongo, Fidèle Babala Wandu and Narcisse Arido: Schuldspruch wegen Beeinflussung von Zeugen
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Welche Fälle wurden dem ICC vorgelegt? | Mali, Ukraine
**Mali** (2012) - Hintergrund: Zerstörung kulturell bedeutender Mausoleen/Moscheen - Ahmad Al Faqi Al Mahdi: Kriegsverbrechen - religiöse/historische Bauten via VöRStrafR geschützt - Al Hassan Ag Abdoul Aziz Ag Mohamed Ag Mahmoud: Kriegsverbrechen (u.a. Folter) sowie Verbrechen gegen die Menschlichkeit (u.a. Verfolgung) **Ukraine** (2014) - 2014 von der Ukraine und 2023 von 43 MS vorgelegt - Haftbefehl gg. Putin symbolisch, Erscheinen vor Gericht höchstens "via Milosevic"
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In welchen Fällen wurde Prosecutor proprio motu tätig? | Kenia, Elfenbeinküste, Georgien
**Kenia** (2010) - Hintergrund: Gewalt/Unruhen nach Präsi.wahlen ('07/08) - William Samoei Ruto, Joshua Arap Sang: no case to answer - Uhuru Muigai Kenyatta: Anklage aus Mangel an Beweisen fallen gelassen **Elfenbeinküste** (2011) - Hintergrund: gewalttätige Auseinandersetzungen nach Präsi.wahlen '10 - Simone Gbagbo: "unwilling/unable" ungenügend, Verfahren fallen gelassen - Laurent Gbagbo, Charles Blé Goudé: Freispruch - wieder Debaekl für ICC **Georgien** (2016) - Hintergrund: Verbrechen im Zhg. mit Kaukasuskrieg '08 - "kleine Sache"; zentral damit kein "afrikanisches Gericht"
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In welchen Fällen wurde Prosecutor proprio motu tätig? | Burundi, Bangladesch/Myanmar, Afghanistan
**Burundi** (2017) - Putschversuch (Godefroid) und anschliessend brutales Vorgehen der Regierung (Nkurunziza, CNDD-FDD) gg. als oppositionell wahrgenommen Bevölkerungsteile **Bangladesch/Myanmar** (2019) - Hintergrund: Vertreibung der Rohingya aus Myanmar/Bangladesch - speziell: Zuständigkeit via "Grenzüberschreitung (der Verbrechen) in Zielstaat" **Afghanistan** (2020) - Hintergrund: Verbrechen im Zhg. mit Konflikt zw. Regierungstruppen und Taliban
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In welchen Fällen wurde Prosecutor proprio motu tätig? | Palästina, Philippinen, Venezuela I
**Palästina** (2021) - Hintergurnd: mutmassliche Verbrechen seit 2014 in den besetzten Gebieten, einschliesslich Ostjerusalem - bisher keine Anklagen **Philippinen** (2021) - HIntergrund: Hinrichtugnen durch philipp. Sicherheitskräfte im Rahmen des "Drogenkriegs" (seit 2016) **Venezuela I** (2021) - Hintergrund: mutmassliche Verbrechen der venezoelanischen Sicherheitskräfte gg. Demonstranten/Regimekritiker - (Maduro)
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Welche Situationen wurden dem ICC durch den SR überwiesen?
**Darfur/Sudan** (2005) - Hintergrund: Konflikt zw. versch. Rebellengruppen/Regierung seit '03; urspr. forderten Rebellen mehr Autonomie - meist Landnutzung zentrales Konfliktthema - hier sogar 'Desertifikation' als Faktor (Klimawandel als Element) - Omar al-Bashir: Verfahren gg. einen amtierenden Staatspräsidenten **Libyen** (2011) - HIntergrund: Verbrechen gg. die Menschlichkeit im Zhg. mit der Niederschlagung der Aufstände gg. Gaddafi-Regime '11 - Saif Al-Islam Gaddafi: Verfahren in Libyen genügt "unwilling/unable" nicht