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Flashcards in Vorlesung 8 Deck (16)
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1
Q

Benotungsmodelle

A

Benotungsmodell = Regel oder Regelsystem, das Schülerleistungen Bewertungen zuweist

  • Basisbenotung: Zielerreichung versus Zielverfehlung
  • differenzierte Benotung:
    • Schulnoten: sehr gut (1) bis ungenügend (6)
    • Punktwerte: 0 bis 15 Punkte
    • amerikanische „grades“: A bis D und F (failed) - etc.
2
Q

Anforderungen an Benotungsmodelle

A
  1. Eindeutigkeit: gleiche Noten für gleiche Leistungen
  2. Bezugsnormorientierung: Verträglichkeit mit der jeweiligen Bezugsnorm (i.d.R. kriterial)
  3. Entscheidungsökonomie: Anzahl der Entscheidungen zur Notenfindung sollte nicht zu groß sein, regelgeleitete Differenzierung
  4. Fehlerkontrollierte Zuweisung von Noten zu Leistungen: Vergabe von Noten sollte im Bewusstsein der damit verbundenen Messfehler geschehen
  5. Flexibilität bei kriterialer Bezugsnorm: Anforderungen müssen in gewissem Maße an das Leistungsniveau der Schülerschaft angepasst werden
3
Q

Arten von Benotungsskalen

A
  • Skalentypen: bestimmen sich aus den inhaltlichen Bezügen sowie den Breiten der Skalenabschnitte inhaltlicher Bezug
  • Punktskala: richtig gelöste Aufgaben
  • Fehlerskala: nicht (richtig) gelöste Aufgaben (Diktate, einfache Rechenaufgaben) Abschnittbreiten
  • lineare Skala: jede Notenstufe hat gleiche Abschnittbreite
  • nicht-lineare Skala: nicht alle Notenstufen sind gleich breit
4
Q

Notenskala und Bezugsnorm

A

Leistungsbeurteilungen umfassen zwei zentrale Prozesse:

  1. Feststellung eines Sachverhalts (Leistungsbeobachtung)
  2. Vergleichsurteil, das den Sachverhalt relativ zu einem Maßstab einstuft (Leistungsbeurteilung im engeren Sinne) Vergleichsmaßstäbe (Bezugsnormen) mit ihren Basisurteilen:
5
Q

Notenvergabe unter der sozialen Bezugsnorm

A

Probleme:

  • Normalverteilung ist eine theoretische Verteilung, die oft für große Populationen, nicht aber zwangsläufig auch innerhalb von kleineren Gruppen (z. B. in Schulklassen) gilt.
  • Ziel von pädagogischer Förderung ist nicht, Normalverteilungen zu generieren, sondern eher schiefe Verteilungen mit möglichst vielen guten und möglichst wenigen schwachen Leistungen.
  • Normalverteilung ist eher vor einer systematischen Förderung zu erwarten.
  • Orientierung an der Normalverteilung sorgt zudem dafür, dass schwache Schüler/innen ihren Rückstand nie aufholen können.
6
Q

Notenvergabe unter der kriterialen Bezugsnorm

A
  • Normalverteilungsannahme ist nicht erforderlich
  • Klassifikationsentscheidung (Zielerreicher / Zielverfehler) muss explizit gemacht werden
  • Definition des kriterialen Beurteilungsmaßstabs „Mindestkompetenz“
  • Kriterium der Lernbedeutsamkeit: „Die Mindestkompetenz bezeichnet den Kompetenzgrad, über den Schüler mindestens verfügen müssen, um auf dem Gebiet erfolgreich weiterzulernen.“

Vorteile:

  • setzt vorausschauendes Unterrichten und Prüfen voraus, berücksichtigt Kumulativität von Lernprozessen
  • zu klärende Fragen:
    • Was ist „erfolgreiches Weiterlernen“?
    • Was ist als Grundlage für erfolgreiches Weiterlernen erforderlich?

Vorgehen:

  • Nach Festlegung der Mindestkompetenz (z.B. 50% der Aufgaben richtig gelöst) werden die Punktwerte ober- und unterhalb der Mindestkompetenz auf die restlichen Notenstufen verteilt (lineare oder nonlineare Abschnitte).
7
Q

Wie definiert man eine Mindestkompetenz?

A
  • Mindestkompetenz als das Können, das man von jedem Schüler erwartet, und dem gerade noch die Note 4 zugewiesen wird.
  • Empirisch fundierte Definitionen sind bisher nur bedingt verfügbar (siehe Kompetenzstufenmodelle des IQB, die aber stark an der sozialen Bezugsnorm orientiert sind).
  • Orientierung an Lehrplänen, Schulbüchern für nachfolgende Jahrgänge und andere Schularten.
  • Vergleichsarbeiten, Abschlussprüfungen
  • Austausch mit Kolleginnen und Kollegen, die Schüler übernehmen werden.
  • Eines Tages vielleicht: kriterial definierte Mindeststandards (z. B. erste Versuche der Definition von „Basiskompetenzen“ in Mathematik Sek I).
8
Q

Notenvergabe unter der individuellen Bezugsnorm

A
  • Ausgangsgröße: individueller Lernzuwachs eines Schülers/ einer Schülerin
  • Messung über einen längeren Zeitraum
  • gute Note: Leistungssteigerung;
  • schlechte Note: Leistungsabfall
  • stellt sehr hohe Anforderungen an Diagnostik und Informationsverarbeitung durch die Lehrkräfte
9
Q

Probleme der Notenvergabe unter der individuellen Bezugsnorm

A
  1. Es muss bekannt sein, in welchem Ausmaß Leistungen bei Schülern/Schülerinnen dieser Altersstufe, dieser Schulart usw. zufallsbedingt schwanken.
  2. Ungleichgewicht der Veränderungsmöglichkeiten bei leistungsstarken und leistungsschwachen Schülerinnen/Schülern muss berücksichtigt werden.
  3. Leistungskonstanz bedeutet auf hohem Niveau etwas völlig anderes als auf niedrigem.
  4. Die Leistungsbeurteilung ist abhängig vom jeweiligen Unterrichtsstoff.
10
Q

Schlussfolgerungen zur Bezugsnormen

A
  • Noten können nur mit begrenzter Genauigkeit vergeben werden.
  • Entscheidungen bei Durchschnittsnoten sollten daher nicht anhand von Nachkommastellen, sondern nach pädagogischen Gesichtspunkten getroffen werden (→ individuelle Bezugsnorm).
  • Zur Vermeidung von Messfehlern sollten folgende Aspekte beachtet werden:
    • Messfehler verringern sich mit steigender Aufgabenzahl bzw. steigenden Bewertungseinheiten.
    • Allerdings sollte die Ermüdungsgrenze nicht überschritten werden.
    • Messfehler sind bei den mittleren Noten am größten.
    • Je breiter der Leistungsbereich für eine bestimmte Note auf einer Benotungsskala ist, desto sicherer ist die Zuordnung. Benotung muss letztlich auf der kriterialen Bezugsnorm basieren!
11
Q

Kritik an Ziffernoten

A

Ziffernnoten

… mit sechs Abstufungen sind als Raster zu grob.

… sind starr, unflexibel.

… sind weniger aussagekräftig als verbale Beurteilungen.

… informieren nur über Gesamtleistungen, nicht über Leistungsprofile.

… informieren nur über Endleistungen, nicht über Lernprozesse.

… erlauben keinen Rückschluss auf die zugrundeliegende Bezugsnorm.

… enthalten keine Hinweise für zukünftige Lernprozesse.

12
Q

Angenommene Vorteile von Verbalzeugnissen

A

Verbalzeugnisse

… können die individuellen Lernverläufe von Kindern abbilden und somit auch die individuelle Bezugsnorm berücksichtigen.

… können auch Aspekte des Sozial- und Arbeitsverhaltens einbeziehen.

… reduzieren im Vergleich zu Ziffernoten den Leistungsdruck auf die Kinder.

… veranlassen Lehrkräfte zu einer gründlicheren Beobachtung einzelner Schüler.

… reduzieren im Vergleich zu Ziffernoten Konkurrenzverhalten in der Klasse.

… haben im Vergleich zu Ziffernoten bei schwachen Kindern weniger negative Wirkungen auf das Selbstvertrauen.

… können zu einer Verbesserung der Chancengleichheit beitragen.

… können die Kommunikation zwischen Lehrkräften und Eltern verbessern.

13
Q

Kritik an Verbalzeugnissen

A

Verbalzeugnisse

  • … verstecken die Bewertung im Grunde nur hinter mehr oder weniger deutlichen Formulierungen.
  • … sind oft vieldeutig.
  • … können kaum so abgefasst werden, dass sie die klassischen Testgütekriterien erfüllen.
  • … stellen hohe Anforderungen an die Lehrkräfte in Bezug auf diagnostische Kompetenzen und die Verarbeitung sowie Kommunikation von Informationen.
  • … sind in ihrer Erstellung sehr aufwendig.
  • … sind für Eltern oft schwer zu verstehen.
  • … schränken die Vergleichsmöglichkeiten ein.
14
Q

Arten von Verbalzeugnissen

A
15
Q

Formulierungshinweise für Verbalzeugnisse

A
  • Verhaltensweisen statt Persönlichkeitsmerkmale
  • keine interpersonalen Vergleiche
  • möglichst präzise Verben verwenden (z.B. statt „lernen“ oder „können“: rechnen, lesen, schreiben, darstellen, vergleichen, begründen, verbessern)
  • das Adjektiv „gut“ besonders sparsam und bedacht verwenden; konkrete verhaltensnahe Formulierungen vorziehen
  • qualifizierende und quantifizierende Aussagen mit Angabe der Bezugsnorm (z.B. „du arbeitest im Deutschunterricht aktiver mit als im letzten Jahr“)
  • unterschiedliche Grade der subjektiven Sicherheit kenntlich machen (z.B. „Ich hatte den Eindruck, dass …“)
  • präzise Lernempfehlungen angeben, keine Ermahnungen oder Negativprognosen
  • Lern-/Arbeitsverhalten sowie Lernerfolg getrennt beschreiben
  • sprachlichen Stil dem Adressaten anpassen (keine Fremdwörter, keine Nominalform, keine doppelten Negationen etc.)
16
Q

Befunde zu Verbalzeugnissen

(Messgüte/ Umfang, Inhalt, Formulierung/ Verständlichkeit, Akzeptanz, Wirkungen)

A

Messgüte

  • ähnliche Probleme wie bei Ziffernnoten
  • Verbalzeugnisse verfolgen zwar v.a. pädagogische Ziele, sie sollten aber dennoch objektiv, reliabel, valide sein Umfang, Inhalt, Formulierung

Umfang

  • ca. 100 bis 150 Wörter
  • individuelle Bezugsnorm wird stärker einbezogen als bei Noten
  • Fokus eher auf Lernergebnissen als auf Lernprozessen
  • primär Lernverhalten, seltener Sozialverhalten
  • Lernempfehlungen sind selten

Verständlichkeit

  • Eltern: subjektiv ja, objektiv ist dies aber eher fraglich
  • Schüler: fraglich (abhängig von Formulierung)
  • kann durch Erläuterungen bzw. Vorwissen verbessert werden

Akzeptanz

  • Lehrer: gewünscht, aber zeitlicher Aufwand schreckt ab
  • Eltern: nur in den frühen Schuljahren gewünscht
  • Schüler: wünschen Verbindung zwischen Ziffern- und Verbalzeugnissen, Akzeptanz ist bei älteren Schülern und bei leistungsschwächeren Schülern höher

Wirkungen

  • Schüler: unklar, widersprüchliche Ergebnisse
  • Lehrer: evtl. bessere Beobachtung der Schüler