Skript 13 Hirnnervenparesen, Nystagmus, Pupillenstörungen, Hornersyndrom, Rückenmarkstumore, Myelitis, Spinale Abzesse, Syringomyelie, SMA, ALS Flashcards

1
Q

Oculomotoriusläsion

A
  • man unterscheidet zwischen einer äußeren (äußere Augenmuskeln) und einer inneren (M.sphincter pupillae) sowie einer kompletten Okulomotoriusparese
  • Komplette Parese: Bulbus steht nach außen und unten, Ptosis und Mydriasis sowie fehlende Pupillenreaktion auf Licht
  • Opthalmoplegia interna: Absolute Pupillenstarre mit Akkomodationsstörungen, Augenmotilität aber intakt, durch leichte Kompression werden zu ersten die parasymphatischen Fasern geschädigt
  • Opthalmoplegia externa: Ptosis und reduzierte Bulbusbeweglichkeit bei intakter Pupillomotorik, durch Ischämie
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2
Q

Trochlearisparese

A
  • durch Parese des M.obliquus superior kommt es zur fehlenden Bulbussenkung und der Bulbus zeigt nach oben und innen mit typischen vertikalen Doppelbildern beim Blick nach unten (größter Doppelbilderabstand bei Blick nach unten lateral -> durch Drehung des Kopfes zur gesunden Seite und Senkung des Kinnes lassen sich die Doppelbilder oft vermeiden
  • durch Neigung des Kopfes auf gelähmte Seite kommt es zum Bielschowsky-Phänomen mit Abweichung des Bulbus nach oben und innen
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3
Q

Abducensparese

A
  • führt zur Parese des M.rectalis lateralis und damit verbundener Abduktionsstörung mit horizontalen Doppelbildern die beim Blick zur betroffenen Seite zunehmen -> um dies zu kompensieren drehen die Patienten den Kopf auf die paretische Seite
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4
Q

Nystagmus

A
  • Nystagmus
    Der vestibulo-oculäre Reflex bildet die Grundlage bzw. anatomische Voraussetzung für den sog. Nystagmus. Als Nystagmus bezeichnet man rhythmische, unwillkürliche Augenbewegungen, bei der meist auf eine relativ langsame Folgebewegung eine rasche Rückstellbewegung in die entgegengesetzte Richtung folgt. Man unterscheidet pathologische und physiologische Nystagmusformen. Um den Nystagmus zu prüfen, existieren sog. Provokationsverfahren, zu denen z.B. die kalorische Testung zählt.

Der Nystagmus kann nach unterschiedlichen Kriterien charakterisiert werden
Nystagmusrichtung: Wird nach der schnellen Rückstellbewegung bezeichnet
Art der Schlagrichtung: Die schnelle Rückstellbewegung kann horizontal, vertikal oder rotierend sein .
Als Faustregel gilt: Der Nystagmus schlägt in das stärker erregte Labyrinth! Schlägt der Nystagmus z.B. nach rechts, so liegt entweder eine Untererregung des linken Vestibularorgans oder eine Übererregung des rechten Vestibularorgans vor!

  1. Physiologische Nystagmusformen

Optokinetischer Nystagmus (= Eisenbahnnystagmus)
Definition: Optischer Orientierungsvorgang zur Bildstabilisierung einer bewegten, visuellen Umwelt auf der Retina
Provokationsverfahren: Wird mit einer Nystagmustrommel oder einem Streifenband getestet
Prinzip
Verschiebung der Bildposition über den Rand des Gesichtsfeldes hinaus
Langsame Folgebewegung in dieselbe Richtung zur Stabilisierung des Bildes auf der Retina
Schnelle Sakkade, um die Augenachse entgegen der Reizrichtung wieder in die Ausgangslage zurückzubringen
Pathologisch: Abschwächung oder Fehlen

Kalorischer Nystagmus
Definition: Physiologischer Nystagmus, der durch kalorische (= thermische) Reizung provoziert wird
Provokationsverfahren: Kalorische Testung
Prinzip
Erwärmung bewirkt eine Flüssigkeitsausdehnung und vermindert dadurch die spezifische Dichte der Endolymphe
Strömung der erwärmten Endolymphe über die Cupula, was zur gewünschten Reizauslösung führt
Testung erfolgt seitengetrennt; Zahl der Nystagmusschläge wird verglichen
Physiologisch
Warmwasserspülung: Nystagmus zum gespülten Ohr
Kaltspülung: Nystagmus zur Gegenseite
Pathologisch: Seitendifferenz

Rotatorischer Nystagmus
Definition: Physiologischer Nystagmus, der durch Rotation des Körpers entsteht
Hintergrund
Durch Drehbewegung wird die Endolymphe beschleunigt und es kommt zum Nystagmus in Drehrichtung
Wird die Drehbewegung plötzlich gestoppt, so wird der Nystagmus in die entgegengesetzte Richtung ausgelöst (sog. postrotatorischer Nystagmus)
Provokationsverfahren: Drehstuhlprüfung unter Verwendung der sog. Frenzelbrille

  1. Pathologische Nystagmusformen

Pathologische Nystagmusformen können spontan oder nach Provokation auftreten. Tritt ein Nystagmus spontan auf (also ohne auslösenden Reiz, wie z.B. eine Drehbewegung), handelt es sich immer um einen pathologischen Nystagmus!

  • Pathologischer vestibulärer Nystagmus
    Beschreibung
    Meist ein horizontaler Nystagmus
    Meist mit Schwindel und Übelkeit assoziiert
    Ursache: Vestibuläre Imbalance durch eine einseitige vestibuläre Schädigung
    Beispiele: Einseitiger Funktionsverlust im Vestibularapparat, dem N. oder Ncl. vestibularis: Neuritis vestibularis, benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel
  • Blickrichtungsnystagmus
    Beschreibung
    Spontannystagmus, der beim Blick zur Seite oder nach oben/unten auftritt
    Schlägt mit der raschen Phase in die jeweilige Blickrichtung
    Pathologisch: Wenn unerschöpflich oder seitendifferent
    Ursache: Störung in der Formatio reticularis
    Beispiele: Multiple Sklerose, Medikamente, Tumor im Bereich der hinteren Schädelgrube
  1. Weitere Spontannystagmen

Down-Beat Nystagmus mit schneller Komponente nach unten, verstärkt durch Seitwärtsblick, Schädigung des Hirnstamms

Up-Beat Nystagmus, verstärkt durch Blick nach oben

See-Saw Nystagmus mit Abwechselnder Abwärtsbewegung und Innenrotation eines Auges und gleichzeitiger Aufwärtsbewegung und Außenrotation des anderes Auges, bei Zwischenhirnschäden

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5
Q

Pupillenstörungen

A
  • Steuerung der Pupille erfolgt über den parasymphatischen Anteil des N.oculomotorius (Verengung/Miosis) und den Symphatikus (Erweiterung/Mydriasis)
  • Verengt sich die Pupille lediglich indirekt bei Beleuchtung des anderen Auges ist die Efferenz (N.oculomotorius) intakt während die Afferenz (N.opticus) geschädigt ist
  • Wenn die Pupille lichtstarr ist und sowohl direkte als auch indirekte Pupillenrraktion ausbleibt und die Pupille weit bleibt ist die Afferenz also der N.oculomotorius geschädigt

Direkte Lichtreaktion: Durch Beleuchtung eines Auges kommt es zur gleichseitigen Verengung der Pupille
Indirekte Lichtreaktion: Durch Beleuchtung eines Auges kommt es zur Verengung der Pupille des anderen Auges
Isokorie: Beide Pupillen sind gleichweit
Anisokorie: Größendifferenz der Pupillen >1 mm (physiologische Anisokorie: Pupillendifferenz <0,5–1 mm)
Afferenter Schenkel: Aufnahme des Lichtreizes im Auge und Weiterleitung ins ZNS
Efferenter Schenkel: Vermittlung der Innervation der Irismuskulatur
Innervation
Parasympathikus → Motorische Innervation des M. sphincter pupillae
Sympathikus → Motorische Innervation des M. dilatator pupillae
Isolierte einseitige Störung des efferenten Schenkels (z.B. bei gestörter Innervation der Pupillenweite) → Pupillen anisokor
Isolierte einseitige Störung des afferenten Schenkels (z.B. bei Blindheit) → Pupillen isokor durch konsensuelle/indirekte Lichtreaktion

  1. Absolute Pupillenstarre
    Definition: Fehlen der Pupillenreaktion
    Ätiologie: Beschädigung parasympathischer Efferenzen im intrakraniellen Verlauf (z.B. Schädigung des N. oculomotorius)
    Klinik
    Krankes Auge: Mydriasis, keine Lichtreaktion (weder direkt noch indirekt)
    Gesundes Auge: Normalbefund, Lichtreaktion erhalten (sowohl direkt als auch indirekt)
    Visus ist beidseits erhalten
    Sonderformen
    Klivuskanten-Syndrom: Druckschaden des N. oculomotorius durch Hirndruck → Mydriasis und ggf. Augenmuskellähmung auf der betroffenen Seite
    Pupillotonie: Träge oder fehlende Lichtreaktion und langsam ablaufende, jedoch ausgeprägte Verengung der Pupille bei Nahakkommodation; meist einseitig (→ Anisokorie); harmlos
    Ätiologie: Adie-Syndrom, Ganglionitis ciliaris, Polyneuropathie
    Adie-Syndrom: Pupillotonie und Areflexie der unteren Extremität
  2. Amaurotische Pupillenstarre
    Ätiologie: Durch Blindheit (Amaurose) afferente Störung der Nervenleitung
    Klinik
    Krankes Auge: Keine direkte Lichtreaktion; indirekte Pupillenreaktion erhalten; Konvergenzreaktion erhalten
    Gesundes Auge: Direkte Lichtreaktion erhalten, keine indirekte Pupillenreaktion
  3. Reflektorische Pupillenstarre
    Definition: Erloschene direkte und indirekte Lichtreaktion bei erhaltener (evtl. überschießender) Konvergenzreaktion und Miosis (meist beidseitig)
    Ätiologie
    Meist: Neurolues (Syphilis) (→ Schädigung der Afferenz des Ncl. Edinger-Westphal) → Argyll-Robertson-Phänomen
    Seltener: Multiple Sklerose, Borreliose
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6
Q

Horner-Syndrom

A

Ätiologie:
- Zentral
1. Neuron Vom Hypothalamus durch Hirnstamm, Halsmark und Rückenmark zum Centrum ciliospinale
Verursacht durch z.b Hirnstamminfarkt (Wallenberg-Syndrom), traumatische Halsmarkläsion
Neurologische Ausfälle entsprechend der Schädigung; Anhidrose im Gesicht und am Arm

  • Präganglionär
    2. Neuron Vom Centrum ciliospinale über die Lungenspitze durchs Ggl. stellatum zum Ggl. cervicale superius
    Verursacht z.b durch Tumoren (Mamma-Ca, Bronchial-Ca, Pancoast-Tumor), iatrogen

Anhidrose im Gesicht und am Arm möglich

  • Postganglionär
    3. Neuron Vom Ggl. cervicale superius entlang der A. carotis interna und dem N. ophthalmicus zum M. dilatator pupillae
    Verursacht durch z.b Dissektion der A. carotis interna, Cluster-Kopfschmerz, Tumor

Anhidrose im Gesicht möglich

Klinik: Horner-Trias
Miosis (Ausfall des M. dilatator pupillae)
Ptosis (Ausfall des M. tarsalis superior)
(Pseudo‑)Enophthalmus (Ausfall des M. orbitalis, Höherstand des Unterlids)

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7
Q

Trigeminusparse

A
  • Reflexe sind Kornealreflex und Masseterreflex
  • Sensibilität des Gesichtes
  • Motorisch die Kaumuskulatur
  • > bei einseitiger peripherer Läsion kommt es zur Abweichen des Kinnes zur gesunden Seite beim Öffnen des Mundes
  • > bei einseitiger zentraler Läsion kommt es nicht zur Parese da die Kaumuskulatur beidseitig innerviert wird von der Gegenseite
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8
Q

Faszialisparese und Hemispasmus facialis

A

Ätiologie
- Idiopathisch (60–75%)
- Sekundäre Ursachen (25–40%)
Neuroborreliose
Gelegentlich Manifestation als beidseitige Fazialisparese
Häufigste Ursache der peripheren Fazialisparese des Kindes
Zoster oticus („Ramsay-Hunt-Syndrom“: Zoster oticus mit peripherer Fazialisparese)
- Selten (Auswahl)
Syphilis, Lepra, Tuberkulose, HIV-Infektion,
- Iatrogen
Resektion der Parotis
Läsion des Ramus marginalis mandibularis nervi facialis bei Resektion der Glandula submandibularis
Traumatisch
Frakturen (insb. Felsenbeinfrakturen)
Geburtstraumatische Fazialisparese
Tumorös
Parotistumor (dann Hinweis auf Malignität!)
Schwannom des Nervus facialis
Vestibularisschwannom (= Akustikusneurinom)
Meningeosis carcinomatosa
Metabolisch
Diabetes mellitus
Demyelinisierende Erkrankungen
Guillain-Barré-Syndrom
Otogen
Komplikation einer Otitis media
Cholesteatom

Klinik:
- Ipsilateraler Ausfall der kompletten mimischen Muskulatur
Hängender Mundwinkel
Fehlender Lidschluss
Stirnrunzeln nicht möglich
Keratitis e lagophthalmo 
  • Je nach Höhe der Läsion (von peripher nach zentral):
    Geschmacksstörung der vorderen zwei Drittel der Zunge (Läsion vor Abgang der Chorda tympani)
    Verminderte Speichelproduktion (Läsion vor Abgang der Chorda tympani )
    Hyperakusis durch Ausfall des M. stapedius (Läsion vor Abgang des N. stapedius)
    Verminderte Tränensekretion (Läsion vor Abgang des N. petrosus major)

Therapie:
- Allgemeine Maßnahmen
Schutz des Auges vor Austrocknung
Dexpanthenol-Augensalbe
Tränenersatzmittel
Uhrglasverband in der Nacht bei fehlendem Lidschluss
Physiotherapie der mimischen Muskulatur
Idiopathische Fazialisparese
Prednisolon oral für 5–10 Tage
Nur in Einzelfällen: Zusätzlich Virustatika
Bei Neuroborreliose
Antibiotische Therapie, siehe Lyme-Borreliose
Bei Zoster oticus
Virustatika wie Aciclovir oder Valaciclovir zusätzlich zu Prednisolontherapie

Sonderform: Hemispasmus facialis

  • > vermutlich Reizung bzw. kompression des Nervs im Hirnstamm durch eine Gefäßanomalie
  • > schmerzlose, unilateral auftretende tonische oder klobische Zuckungen der faszialisinnnervierten Gesichtsmuskeln
  • > im EMG spontane und synchrone Entladungen
  • > Therapie: Botox, Antikonvulsiva oder mikrochirurgische Dekompression
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9
Q

Neuritis vestibularis (Akuter Vestibularisausfall)

A
  • man vermutet Zusammenhang zwischen Virusinfektion und gestörter Mikrozirkulation sowie metabolische oder toxische Faktoren, welche zu einer Funktionsstörung des vorderen Bogengangs führen
  • Klinik: Leitsymptom sind ein akut oder subakuter einsetzender, heftiger und über Tage bis Wochen anhaltender Drehschwindel, Fallneigung zur betroffenen Seite sowie Übelkeit und Erbrechen. Es besteht eine horizontaler SPONTANnystagmus mit rotatorischer Komponente zur gesunden Seite, es kommt NICHT zu Hörstörungen oder Tinnitus
  • Diagnostik: Kalorische Überprüfung -> Fehlende Erregbarkeit der kranken Seite
  • Therapie: Glucocorticoidtherapie für 2 Wochen
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10
Q

Glossopharyngeus und Vagusläsionen

A
  1. Nervus-glossopharyngeus-Läsion (IX)
  • Schlaffes Gaumensegel → Deviation der Rachenhinterwand zur gesunden Seite (sog. Kulissenphänomen – ähnlich der Nervus-vagus-Läsion)
  • Hypästhesie des hinteren Zungendrittels, des weichen Gaumens und des oberen Pharynx
  • Geschmacksstörungen im hinteren Zungendrittel
  • Geringe Dysphagie (bei intaktem N. vagus)
  1. Nervus-vagus-Läsion (X)
  • Innervationsgebiet
    Motorisch: Kehlkopfmuskeln, die obere Speisewegsmuskulatur und Gaumensegel
  • Sensibel: Äußeren Gehörgang, Trachea, Larynx, Speiseröhre, Magen
  • Parasympathisch: Herz, bestimmte Gefäße und Bauch-Organe bis zum Cannon-Böhm-Punkt in der linken Kolonflexur
  • Klinik bei Ausfall
    Schlaffes Gaumensegel → Nasale Sprache → Deviation der Rachenhinterwand zur gesunden Seite (sog. Kulissenphänomen)
    Epiglottisparese → Verschlucken
    Glottisparese: Heiserkeit und Paramedianstellung der kranken Stimmlippe durch Ausfall des Vagusastes Nervus laryngeus recurrens (siehe: Kehlkopflähmung)
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11
Q

Accesorius und Hypoglossusläsionen

A
  1. Accesoriusläsion
    - Klinik: hängende Schulter sowie erschwerte Armabduktion auf der betroffenen Seite
    - Einschränkung der Kopfdrehung und Bewegung bei Sternocleidomastoideusparese
    - Ursache: Operationen im seitlichen Halsdreieck (bzw. am Hinterrand des M. sternocleidomastoideus) insbesondere bei der Entfernung verbackener Lymphknoten
  2. Hypoglossusläsion
    - Klinik: Abweichung der Zunge zur kranken Seite
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12
Q

Traumatisch bedingte Erkrankungen des Rückenmarks

A
  • Commotio spinalis: vorübergehende Funktionsstörung des Rückenmarks, die sich innerhalb von 3 Tagen vollständig zurückbildet und in CT bzw. MRT kein morphologisches Korrelat aufweist
  • Contusio spinalis: bleibende Störung der Rückenmarksfunktionen (Querschnittssyndrom)
  • Spinaler Schock: Akute Unterbrechung aller Rückenmarksbahnen mit motorischen, sensiblen und autonomen Funktionsausfällen kaudal der Läsion

Ätiologie: Trauma, Bandscheibenvorfälle, Entzündungen, Vaskulär, Toxisch

Operative Versorgung ist indiziert bei:
- offener Verletzung, Instabilität der Wirbelsäule, progrediente oder sekundäre neurologische Ausfälle, Konus/Kauda-Syndrom, Raumforderung

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13
Q

Rückenmarkstumore (Spinale Tumore)

A
  1. Intradurale intramedulläre Tumore
    - > Ependydome, Astrozytome, Oligodendrogliome und Metastasen
    - > schlaffe Paresen auf Höhe der Läsion und spastische Tetra/Paraparese kaudal der Läsion, Sensibilitätsstörungen, Blasen und Mastdarmstörungen
  2. Intradurale Extramedulläre
    - Meningeome, Neurinome und Metastasen
    - schlaffe Paresen auf Höhe und spastische Parese anfangs nur ipsilateral kaudal und im Verlauf bilateral, ipsilateral Sensibiliätsstörungen und kontralateral dissozierte Empfindungsstörung, Blasen- und Mastdarmstörungen
  3. Extradurale
    - Metastasen, Sarkome, Lymphome, Plasmozytome
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14
Q

Myelitis

A

Ätiologie:

  • Viral: Herpes, Polio, EBC, CMV, HIV
  • Bakterien: Staphylokokken, Leus, Streptokokken, Borreliose, Tbc
  • Postinfektiös oder Parainfektiös
  • Autoimmunerkrankungen wie MS
  • Paraneoplastisch mit Anti-SS-Ro Antikörper

Klinik:

  • aufsteigende Paresen und Sensibilitätsstörungen, gürtelförmige Schmerzen, Blasen- und Mastdarmstörungen
  • positive Pyramidenbahnzeichen

Sonderform: Poliomyelitis anterior acuta mit asymmetrischen schlaffen Lähmungen ohne Sensibilitätsstörungen

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15
Q

Spinale Abzesse

A
  • meist durch Staphylokokken ausgelöste und im thorakalen bzw. lumbalen Epiduralraum lokalisierte Abzessbildung
  • im Rahmen einer Spondylitis z.v oder Psoasabzess, hämatogene Absiedlung (i.v Drogenabusus Risikofaktor), posttraumatisch oder iatrogen durch Lumbalpunktion
  • Fieber, Rückenschmerzen, lokaler Druck- und Klopfschmerz, Paresen, Sensibilitätsstörungen möglich
  • MRT mit KM (randständiges Enhancement, zentral hypointense)
  • Entzündungsparameter
  • Therapie: Abzessdrainage und antibiose
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16
Q

Syringomyelie und Syringobulbie

A
  • Syringomyelie: Bildung flüssigkeitsgefüllter Hohlräume im Rückenmark
  • Hydromyelie: Zystische Auftreibung des Zentralkanals

Ätiopathogenese:

  • primär bei Entwicklungsstörungen des Neuralrohrs und Anomalien des kraniozervikalen Übergangs
  • sekundär bei Traumata, Tumoren, etc.
Pathopyshio:
Die Syrinx (griech. für „Rohr“, „Flöte“, bezeichnet eine Höhle im Rückenmark) drückt auf die umgebenden Nervenbahnen im Rückenmark (meist zunächst Tractus spinothalamicus lateralis), was zu schwerem, dauerhaftem Schaden führen kann. Dabei ist die Syrinx meistens im Zervikal- und oberen Thorakalmark, teilweise bis in die Medulla oblongata (=Syringobulbie) hinein, lokalisiert.

Klinik:

  • Schmerzen, dissozierte Empfindungsstörung (da Läsion zentral im Rückemark liegt sind die Hinterstränge meist nich mehr betroffen und die Sensibilität bleibt intakt!!), spastische Parese
  • Kyphoskoliose

Therapie:
- Konservativ oder Operativ mittels Syringostomie

17
Q

Friedreich-Ataxie

A
  • Autosomal-rezessiv vererbtes, neurokardiologisches Krankheitsbild mit Degeneration der Rückenmarksbahnen, Myokardveränderungen und Langerhans-Zell Verlust im Pankreas mit Diabetes mellitus
  • Autosomal-rezessive Erbkrankheit mit Trinukleotidrepeatexpansion und dadurch verminderter Expression des Proteins Frataxin (FXN): FXN ist wesentliches Element des mitochondrialen Eisenstoffwechsels
  • > intramitochondriale Eisenakkumulation

Klinik:

  • Manifestation meist vor dem 25.LJ mit progredienter zerebellärer Ataxie, Pallhypästhesie, Areflexie der unteren Extremität, Pyramidenbahnzeichen, Spastik und sensibler Neuropathie
  • Hypertrophe Kardiomyopathie mit progredienter Herzinsuffizienz
  • Friedrich-Fuß -> Hoglfußbildung durch Atrophie der kleinen Fußmuskeln
Therapie:
Keine spezifische Therapie
Symptomorientierte Maßnahmen
Physiotherapie mit Koordinationstraining
Ergotherapie
Logopädie
Hilfsmittelversorgung
Behandlung der internistischen Begleiterkrankungen
Hypertrophe Kardiomyopathie
Therapie der Herzinsuffizienz
Diabetes mellitus: I.d.R. insulinpflichtig
18
Q

Spinale Muskelatrophie

A
  • Bei den spinalen Muskelatrophien (SMA) handelt es sich um eine Gruppe von Erkrankungen, die alle durch eine nicht-entzündliche Degeneration des 2. Motoneurons gekennzeichnet sind, sowie auch bulbärer motorischer Hirnnervenkerne
  • Klinisch imponieren sie daher mit atrophischen Paresen, Hypo- bis Areflexie und Faszikulationen bestimmter Muskelgruppen.
  • Sie treten hereditär, dann meist im Kindesalter, oder sporadisch im Erwachsenenalter auf.
  • In der Diagnostik zeigt das EMG Zeichen der Denervierung, wie Riesenpotentiale (Erhöhung der Amplitude) bei geminderter Neuronenanzahl und pathologische Spontanaktivität, sowie reduzierter Nervenleitgeschwindigkeit. Eine Muskelbiopsie ergibt eine Faseratrophie und eine kompensatorische Hypertrophie der verbliebenen Fasern. Die Liquordiagnostik schließt einen entzündlichen Befund aus.
  • Die Verläufe und Prognosen variieren mit dem Manifestationsalter.
  • Als therapeutische Option steht Nusinersen (Spinraza®) zur Verfügung, das die Krankheitsprogression verlangsamt.

Formen:

  1. Infantile Form (Typ I oder Werdnig-Hoffmann)

Epidemiologie
Manifestation: Innerhalb des 1. Lebensjahres
Vererbungsmodus: Autosomal-rezessiv
Klinik
Symmetrische atrophische Paresen initial am Beckengürtel (muskulär hypotones Erscheinungsbild sog. “floppy infant”)
Später symmetrische Fazialisparesen
Starke Entwicklungsverzögerung
Verlauf: Schnell progredient, Paresen der Intercostalmuskulatur → Atelektasen → Rezidivierende Pneumonien
Prognose: Mittlere Überlebenszeit: 1,5 Jahre

  1. Intermediäre Form (Typ II)

Manifestationsalter, Klinik und Vererbung wie Typ I, nur Verlauf ist nicht so schnell progredient; Lebenserwartung bis zu 30 Jahre

  1. Juvenile Form (Typ III oder Kugelberg-Welander)

Epidemiologie
Manifestation: Zwischen dem 2. und 18. Lebensjahr
Vererbungsmodus: Meist autosomal rezessiv, selten autosomal dominant
Klinik
Indirekt myopathisch
Symmetrische atrophische Paresen, v.a. der Beckenmuskulatur/unteren Extremität (→ “Watschelgang”), so dass Treppensteigen und Aufstehen Probleme bereitet
Später auch Befall der oberen Extremität
Direkt neuropathisch: Muskelfaszikulationen
Verlauf: Lebenserwartung ist kaum eingeschränkt

  1. Adulte Form (Typ IV)

Manifestationsalter: >30. Lebensjahr
Klinik: Wie Typ III, nur Verlauf noch langsamer, so dass Lebenserwartung gar nicht eingeschränkt ist

  1. Spinobulbäre Muskelatrophie (Kennedy-Syndrom)

Epidemiologie
Manifestation: Adoleszenz
Vererbungsmodus: X-chromosomal rezessiver Erbgang; Trinukleotid-Repeat-Erkrankung im Gen, das für den Androgenrezeptor kodiert
Klinik
Infertilität (bei Hodenatrophie), Gynäkomastie
Degeneration des 2. Motoneurons → Muskelatrophie (und Denervierungszeichen) proximaler Extremitätenabschnitte, des Schultergürtels, der Zungen- und Schlundmuskulatur
Charakteristisch sind Atrophien des M. temporalis, der Zunge und der vom N. facialis versorgten Muskulatur, was zu Dysarthrie und Dysphagie führt
Haltetremor
Normale Lebenserwartung

19
Q

Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)

A
  • Bilaterale Degeneration des Tractus corticospinalis der anervenzellen in Kernen motorischer Hirnnerven und der Vorderhornganglienzellen im Rückenmark (Befall von 1. und 2. Motorneuron)

Epi/Ätiologie:
- Meist sporadisch idiopathisch, aber in bis zu 5% hereditär mit Ursache im Cu/Zn-Superoxiddismutase-Gen

Klinik:
- Auftreten meist um das 50.-60.LJ, hereditäre Formen auch früher
- Progrediente spastische Parese und schmerzhafter Muskelkrämpfe mit typischerweise Beginn distal und asymmetrisch
- Fibrillationen der Zunge und Faszikulationen
- Sprach- und Schluckstörungen mit Pseudohypersalivationen
- Zudem auch schlaffe Parsen mit Muskelatrophie und Arreflexie durch Schädigung des 2.Motorneurons
- Sensibilitätsstörungen sind selten, aber kein Ausschlusskriterium
- Weiteres Symptom ist pathologisches Weinen und Lachen
- Im Verlauf kommt es zur progredienten Ateminsuffizienz mit
reduzierter Vitalkapazität
- Wichtige Komplikation ist die Aspirationspneumonie durch neurogene Schluckstörungen

Diagnostik:

  • EMG: akute Denervierungszeichen, Faszikulationen (pathologische Spontanaktivität, in klinisch normalen als auch paretischen Muskeln), normale Nervenleitgeschwindigkeit und Erhöhung der Amplitude (im Verlauf evtl. Erniedrigung durch Atrophie der Muskeln)
  • ENG: meist normal
  • CK-Werte können erhöht sein
  • Liquoranalyse und Spinal-MRT zum Ausschluss anderer Ursachen

Therapie:

  • Physiotherapie, Logopädie, Psychotherapie, Magnesium gegen Krämpfe, künstlicher Ernährung über PEG im Verlauf, Baclofen gegen Spastik, Anticholinergika gegen Pseudohypersalvation, Heimbeatmung, Morphin bei terminaler respiratorischer Insuffzienz gegen die Dyspnoe
  • Riluzol als Glutamatantagonist -> Wirkung: Geringe Verlangsamung der Krankheitsprogression mit Verlängerung der durchschnittlichen Überlebenszeit um ca. 2–3 Monate, Wirkung selbst ist unklar