Anwaltsrecht und Haftung Flashcards
(48 cards)
Rechtsnatur Anwaltsvertrag
idR Dienstvertrag, der eine Geschäftsbesorgung zum Gegenstand hat
➝ §§ 611, 675 I BGB
➝ zB Beratung, Vertretung außergerichtlich / vor Gericht, auch Auftrag zur Vertragsgestaltung, da Beratung im Vordergrund steht
= Tätigwerden
Ausnahme: Werkvertrag, der auf eine Geschäftsbesorgung gerichtet ist
➝ §§ 631, 675 I BGB
➝ zB bestimmte Rechtsauskunft, schriftliches Gutachten
= Werk
“Auftrag” / “Auftraggeber” untechnische Formulierung!
Was ist Gegenstand des Anwaltsvertrags?
Beratung & Besorgung:
- Besorgung einer Rechtsangelegenheit
- Wahrung und Durchsetzung von Rechten und rechtlichen Interessen des Auftraggebers
Wonach richtet sich der Umfang des Mandats?
➝ nach dem erkennbaren Willen des Auftraggebers
Umfang des Mandats: unbeschränktes Mandat
Regelfall
➝ umfassende Beratung und Vertretung innerhalb der in Rede stehenden Rechtsangelegenheit geschuldet
Umfang des Mandats: beschränktes Mandat
durch Parteivereinbarung kann Mandatsumfang beschränkt werden
zB Prozessvertretung nur in einer Instanz oder Durchsetzung nur bestimmter Ansprüche
➝ Haftung grundsätzlich nicht für Umstände außerhalb des eingegrenzten Auftrags, aber u. U. Warn- und Hinweispflichten
Vollmacht
Ermächtigung, im Außenverhältnis namens des Mandanten aufzutreten
einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung
grundsätzlich formlos wirksam, aber als Prozessvollmacht Schriftlichkeit erforderlich, vgl. § 80 ZPO
Vertragsschluss Mandatsvertrag - formbedürftig?
(-), grundsätzlich an keine Form gebunden und kann auch konkludent erfolgen A: einzelne Vereinbarungen ➝ § 49b IV 2 BRAO ➝ § 52 I Nr. 1, II 3 BRAO ➝ § 3a I 1 RVG
Abschlussfreiheit und ihre Ausnahmen
- folgt aus Art. 12 I GG ➝ aus Organstellung folgt kein Kontrahierungszwang!
➝ §§ 241, 311 BGB
aber ausnahmsweise - Übernahmegebote = Pflicht zur Mandatsannahme
- Übernahmeverbote = Verbot der Mandatsannahme
Übernahmegebote
in Fällen gerichtlicher Beiordnung oder Bestellung
➝ öff.-rechtl. Verhältnis, welches RA zwingt, mit Mandant privatrechtliches Mandatsverhältnis abzuschließen
vgl. §§ 48 ff. BRAO
➝ Recht zur Ablehnung nur bei wichtigem Grund, §§ 48 ff. BRAO, § 16 BORA
Übernahmeverbote
➝ straf- oder berufsrechtliche Tätigkeitsverbote
vgl. §§ 43a IV; 45; 46 V, 46c BRAO
➝ Verstoß hat Nichtigkeit des Mandatsvertrags zur Folge, § 134 BGB ➝ Mandant kann bereits geleistete Zahlungen (Vorschuss!) nach cic oder gem. § 812 I 1 BGB zurückfordern
Folgen der Beendigung des anwaltlichen Mandats
- (die meisten) beiderseitigen Rechte und Pflichten enden
- Fälligkeit der Vergütung, § 8 RVG
Möglichkeiten der Beendigung des anwaltlichen Mandats, vgl. § 8 RVG
- Erledigung: von RA keine weiteren Handlungen mehr zu erwarten
zB Übersendung gerichtlicher Entscheidung / Vergleich - Kündigung
§ 621 / §§ 626 ff. BGB bei § 611 BGB; §§ 642 ff. BGB bei § 631 BGB
Mandant kündigt ➝ § 628 I BGB, § 15 IV RVG: Anspruch auf bisherige Vergütung, es sei denn es liegt vertragswidriges Verhalten vor
RA kündigt ➝ § 627 II 1 BGB: keine Kündigung zur Unzeit - Aufhebung bei gerichtlicher Beiordnung (§§ 48 II, 49 II BRAO)
- einvernehmliche Vertragsbeendigung
- Insolvenz, §§ 115, 116 InsO
- Tod
des Mandanten ➝ §§ 675 I, 672, 1922 BGB
des RA ➝ § 55 BRAO
§ 627 II 1 BGB: Kündigung zur Unzeit / wichtiger Grund
zB während Termin oder kurz vor Ablauf einer maßgeblichen Frist
wichtiger Grund = Vertrauensverhältnis unheilbar erschüttert
§ 628 I 2 BGB: vertragswidriges Verhalten des RA
(+), wenn RA schuldhaft das Vertrauensverhältnis zum Mandanten ernstlich erschüttert hat und dem Mandanten daher das Festhalten am Vertrag nicht mehr zuzumuten ist
➝ löst SE-Pflicht nach II aus
Haftung bei Verletzung vorvertraglicher Pflichten
- §§ 280 I, 311 II i. V. m. 241 II BGB (cic): Aufklärungs- und Informationspflichten können schon vor Mandatsabschluss bestehen
➝ Aufklärungspflichten zur anwaltlichen Vergütung: § 12a I 2 ArbGG, § 49b V BRAO
➝ allg. verbraucherrechtliche Informationspflichten: §§ 312a II, 312b, 312c BGB, 36 f VSBG, DL-InfoVO - § 44 BRAO: SE-Pflicht bei schuldhafter Verzögerung
Sozietät
Wer ist Auftragnehmer?
organisierter Zusammenschluss von RAen zur gemeinsamen Berufsausübung durch gemeinsame Annahme von Aufträgen und Entgelt bei gesamtschuldnerischer Haftung
idR GbR oder PartG
➝ Wer ist Auftragnehmer?
grundsätzlich Gesellschaftsmandat, aus dem die Sozien analog § 128 HGB berechtigt und verpflichtet sind (beachte aber § 137 I 2 StPO)
ausnahmsweise Einzelmandat, zB bei Beauftragung mit nichtanwaltlicher Tätigkeit
Bürogemeinschaft
GbR, die auf den Zweck der gemeinsamen Nutzung der Infrastruktur einer Anwaltskanzlei gerichtet ist
➝ Mitglieder behalten ihre rechtliche Selbständigkeit, Auftragnehmer daher das beauftragte Mitglied (A: Anscheins-/Duldungsvollmacht)
§ 59q BRAO n. F.
Wer ist Auftraggeber,
- wenn Rechtsschutzversicherung eingeschaltet wurde
- bei Personenmehrheit
- Rechtsschutzversicherung handelt als Stellvertreterin gem. §§ 164 ff. BGB
- zB Eheleute, Gesellschafter: Interessenkonflikte? § 43a IV BRAO; iZ § 421 BGB
Wer ist Auftragnehmer bei RA-GmbH / RA-AG?
Gesellschaftsmandat = Gesellschaft ist Partei des Vertrags
§§ 59c ff. BRAO
Pflichten des Mandanten aus dem Anwaltsvertrag
- Informationspflicht / Offenbarungspflicht: vollständige und wahrheitsgemäße Unterrichtung über das gesamte relevante Geschehen, Bereitstellen von Unterlagen
- Weisungsrecht- und pflicht
- Vergütungspflicht
Pflichten des RA aus dem Mandatsvertrag
hängt von Mandat, vor allem dessen Inhalt, ab Rspr.: grundsätzliche Anwaltspflichten, die Interessenwahrnehmung und Rechtsbetreuung des Mandanten gewährleisten sollen ➝ Aufklärungspflicht ➝ Rechtsprüfungspflicht ➝ Beratungspflicht ➝ Belehrungspflicht ➝ Handlungspflicht ➝ nachvertragliche Pflichten
Aufklärungspflicht des RA
zielführende Befragung
Überprüfung von Unterlagen
keine allgemeine Nachforschungspflicht, RA darf grundsätzlich auf tatsächliche (!) Angaben des Mandanten vertrauen
Rechtsprüfungspflicht des RA
Bildung einer Rechtsansicht, zuverlässige Beratung und Vertretung
➝ gewissenhafte Prüfung der Rechtslage unter Beachtung der allgemeinen rechtswissenschaftlichen Methoden
➝ RA hat grundsätzlich jeden Rechtsirrtum zu vertreten!
➝ Gesetzeskenntnis, Rspr.-Kenntnis, Lit-Kenntnis nachrangig, ggf. weiteres Kenntnisse
Beratungspflicht des RA
st. Rspr. BGH: Der RA hat seinem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind und Nachteile für den Auftraggeber, soweit vermeidbar, ausschließen.
➝ er muss (gerade Rechtsunkundige) über die Folgen von Erklärungen belehren und vor Irrtümern bewahren
➝ Mandant soll in die Lage versetzt werden, eigenverantwortlich über das “Ob” und “Wie” der Geltendmachung seiner Rechte zu entscheiden
➝ persönliche Beratung geschuldet
➝ Beratung und Belehrung richtet sich nach Persönlichkeit des Mandanten in Art & Umfang, aber iZ Belehrungsbedürftigkeit trotzdem gegeben
➝ auf außergerichtliche (wirtschaftliche) Umstände erstreckt sich die Beratungspflicht grundsätzlich nicht (A: offensichtliche wirtschaftliche Zusammenhänge)