Fragen 261-300 Flashcards
(40 cards)
- Kommt im Fall von Überlassungen nach AÜG für Aufwandsentschädigungen der Kollektivvertrag des Überlassers oder der Kollektivvertrag des Beschäftigers zur Anwendung? (S. 789 – 790)
Für Aufwandsentschädigungen sieht das AÜG keine Sonderbestimmungen vor.
Insbesondere die Sonderregelung des § 10 (1) AÜG, wonach der KV des Beschäftigers für die Höhe des Entgelts maßgeblich ist, kommt die Aufwandsentschädigung nicht zu tragen,.
Insbesondere gilt die Regel, wonach sich das Entgelt nach dem KV im Beschäftigerbetrieb richtet, nur für das Entgelt, nicht für Aufwandsentschädigungen.
Für Aufwandsentschädigung gilt also das „grundsätzliche arbeitsvertragliche Band“, nämlich die Rechtsquellen des Überlassers (KV, BV, Arbeitsvertrag).
- Erläutern Sie die Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf jene Arbeitsbedingungen, deren Grundlage der Kollektivvertrag bildet! (S. 802 – 803)
Zu unterscheiden:
Ist der Erwerber des Betriebs Mitglieds derselben Kollektivvertragspartei (und auch derselben Unterorganisation), ändert sich hinsichtlich des geltenden Kollektivvertrags nichts.
Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass sich beim Veräußerer und beim Erwerber nicht nur der persönliche und fachliche Geltungsbereich decken, sondern dass beim Betriebsnachfolger zumindest eine organisatorisch oder fachlich abgrenzbare Betriebsabteilung bestehen bleibt.
Falls der Erwerber eines Betriebs oder eines Betriebsteils von keinem Kollektivvertrag erfasst wird, kommt regelmäßig § 8 Z 2 ArbVG zur Anwendung. Ein Arbeitgeber, auf den der Betrieb oder ein Betriebsteil eines Arbeitgebers, der Mitglied einer Kollektivvertragspartei war oder noch ist, übergeht wird hinsichtlich der Arbeitsverhältnisse im übernommenen Betrieb selbst kollektivvertragsangehörig. Für die Arbeitnehmer des übergangenen Betriebs bleibt es daher gleichfalls bei der Anwendbarkeit des Veräußerer-Kollektivvertrags.
Kann § 8 Z. 2 ArbVG nicht herangezogen werden (insb. Weil der Veräußerer selbst nur kraft Betriebsübernahme KV angehörig war, ist §4 AVRAG anzuwenden, demnach der Erwerber die Bedingungen des Veräußerer KVs bis zur Kündigung oder zum Ablauf dieses KVs oder bis zum Inkrafttreten eines neues KVs im gleichen Maße aufrechtzuerhalten hat (Weiterwirkung des Veräußerer KVs).
Erlischt die Wirkung des gemäß § 8 anzuwendenden Veräußerer KVs oder sind dessen Arbeitsbedingungen nur gemäß § 4 AVRAG aufrecht zu erhalten.
Diese Arbeitsbedingungen dürfen nämlich durch Einzelvereinbarung binnen eines Jahres weder aufgehoben noch beschränkt werden (§ 4 AVRAG)
spezifische Nachwirkung des KV (beschränkt nur Einzelvereinbarungen, nicht BV)
Wenn der Veräußerer-KV gemäß § 8 für den Erwerber weiter gilt, besteht keine zeitliche Beschränkung, der KV bleibt für seine gesamte Geltungsdauer aufrecht.
Kommt hingegen im Erwerber Unternehmen ein anderer KV zur Anwendung, dann gilt dieser auch für die übernommenen Arbeitsverhältnisse.
Sonderbestimmungen: Entgelt, Bestandsschutz, Pensionsregelungen (§§ 4,5 AVRAG)
- Erläutern Sie die Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf jene Arbeitsbedingungen, die auf einer Betriebsvereinbarung beruhen! (S. 801 – 802)
Für Arbeitsbedingungen, die auf einer Betriebsvereinbarung beruhen, ist beim Betriebsübergang zu unterscheiden:
Aufrechterhaltung der Identität:
Soweit die Betriebsidentität durch den Betriebsübergang nicht berührt wird, ändert sich auch am Bestand der BV nichts.
Es kommt also auch zu keiner Änderung der durch BV geregelten Arbeitsbedingungen.
Identitätsgewinn:
Die Geltung von Betriebsvereinbarungen für Betriebsteile, die rechtlich verselbstständigt werden, bleibt ebenfalls unberührt (§ 31 Abs. 5 ArbVG).
Identität durch Verschmelzung:
Werden Betriebe oder Betriebsteile mit anderen derart zusammengeschlossen, dass ein neuer Betrieb entsteht, dann kommen die BV für die vorher erfassten Arbeitnehmer weiterhin zu Anwendung.
Es können somit für ein und dieselbe Angelegenheit 2 versch. BV existieren!
Verlust der Identität:
Verliert der Betrieb seine Identität durch Aufnahme in einen anderen, dominierenden Betrieb, gilt die BV nur insofern weiter, als sie Angelegenheiten regelt, die von einer BV des aufnehmenden Betriebs nicht bereits geregelt werden.
Eine etwaige Weitergeltung von Betriebsvereinbarungen ändert nichts an deren Beendigungsmöglichkeiten.
Falls eine Betriebsvereinbarung nach dem Übergang, der rechtlichen Verselbstständigung, dem Zusammenschluss oder der Aufnahme eines Betriebs oder Teilbetriebs gekündigt wird, können Einzelvereinbarungen zum Nachteil des AN innerhalb eines Jahres nicht getroffen
werden. (spezifische Nachwirkung der Betriebsvereinbarung beim Betriebsübergang).
- Erläutern Sie die Begriffe „Funktionsnachfolge“ und „Vertragsnachfolge“ im Zusammenhang mit der Judikatur des EuGH zum Betriebsübergang! (S. 797 – 800)
Gemäß § 3 AVRAG kommt es im Fall des Inhaberwechsels zu einem Ex-lege-Übergang sämtlicher Arbeitsverhältnisse: Geht ein Unternehmen, ein Betrieb oder auch ein betriebsteil auf einen anderen Inhaber über (Betriebsübergang), so tritt dieser als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisse ein
Ausschlaggebend ist nicht die vertragliche Bindung zwischen Überlasser und Übernehmer, sondern die faktische Betriebsübernahme
(Leitungsmacht bezüglich des betrieblichen Geschehens, Ausübung der AG Rolle).
Verweigert der neue Arbeitgeber die Übernahme des Arbeitsverhältnisses, muss der AN seinen Fortsetzungsanspruch ohne unnötigen Aufschub geltend machen.
Problematische Frage:
Wann kann überhaupt von einem Betriebsteils-/Betriebs-/Unternehmensübergang gesprochen werden?
Durch den ex lege Übergang der Arbeitsverhältnisse kommt es zu einer Loslösung der Arbeitsverhältnisse von der rechtlichen Einheit des Unternehmens.
Entscheidend ist die Abgrenzung insbesondere beim Betriebsteil, da er die kleinste Einheit darstellen, in deren Fall es zum ex lege Übergang von Arbeitsverhältnissen kommen kann.
Der EuGH hat sich an den Kriterien einer noch abgrenzbaren wirtschaftlichen Einheit orientiert und ausgesprochen, dass auch Hilfs- und Teiltätigkeiten (wie Kantinenservice) einen übergangsfähigen Betriebsteil bilden können.
Der EuGH judizierte, dass auch die sogenannte „Funktionsnachfolge“ (Abtretung von Reinigungsaufgaben – auch einer einzelnen Arbeitnehmerin - an eine Fremdfirma) Betriebsteilübergang ist.
Ob die ausgelagerten Aufgaben zum Unternehmenskern gehören oder von untergeordneter Bedeutung sind, ist ohne Belang.
Umgekehrt kann auch die Rücknahme von zuvor ausgelagerten Arbeiten (Insourcing) gleichfalls einen Betriebsteilübergang darstellen, wenn es sich um den Übergang einer wirtschaftlichen Einheit handelt.
Bei der sogenannten „Vertragsnachfolge“ (Unternehmen kündigt einem Fremdunternehmen das Auftragsverhältnis und überträgt es dann einem anderen Fremdunternehmen) liegt laut EuGH keine Betriebsteilübernahme vor.
Bei der Prüfung der Identität der wirtschaftlichen Einheit darf nicht ausschließlich auf die ausgeübte Tätigkeit Bezug genommen werden.
(Sondern auch: Personal, Umfeld, Arbeitsmethoden, Betriebsmittel)
OGH: Hauszustellung von Zeitungen = Teilfunktion des Vertriebs eines Zeitungsverlags -> Übertragung dieser Aufgabe an anderes Unternehmen mittels Werkvertrags
= Betriebsteilübergang
OGH: Ein Verein verliert Subvention und wird eingestellt, anderer Verein erhält Subvention und übernimmt Tätigkeit des ersten Vereins
= Betriebsteilübergang
Betriebsteil: partielle Verwirklichung der arbeitstechnischen und wirtschaftlichen Funktion des betrieblichen Tätigkeitsbereiches
- Nennen Sie zwei Fälle eines sog individuellen Kündigungsschutzes von ArbeitnehmerInnen! (S. 648 – 651)
In bestimten Fällen sehen das AVRAG und das GlBG eine von der Betriebsverfassung losgelöste Individualanfechtung von Kündigungen vor, gelichgültig ob die Kündigung im befristeten oder im unbefristeten Arbeitsverhältnis erfolgt.
- AN verließ Gefahrenbereich wegen ernster und unmittelbarer Gefahr und wurde gekündigt (Individualanfechtung binnen einer Woche)
- Sicherheitsvertrauenspersonen, Sicherheitsfachkräfte und Arbeitsmediziner werden im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer Tätigkeit gekündigt.
(Individualanfechtung binnen einer Woche)
- Kündigung wegen beabsichtigter oder tatsächlich in Anspruch genommener Karenz oder Teilzeitarbeit iSd. AVRAG
- Eine Kündigung wegen des Geschlechts, wegen der Geltendmachung von Ansprüchen nach dem GlBG,
sowie wegen der ethnische Zugehörigkeit, Religion, Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung
kann nach dem Gleichbehandlungsgesetz angefochten werden.
Die Anfechtung einer Kündigung in diesen Fällen ist als Individualrecht des Arbeitnehmers ausgestaltet, es ist also nur der Arbeitnehmer und nicht auch der Betriebsrat anfechtungsberechtigt.
Fraglich ist, ob es den Gleichheitssatz entspricht, dass manche Motive zu einer Mitwirkungsbefugnis des BR führen, andere ausschließlich zur Individualanfechtung berechtigen.
Unabhängig vom individuellen Kündigungsschutz hat der AG jedenfalls das Vorverfahren des § 105 Abs. 1 ArbVG einzuhalten.
Bei ordnungsgemäß eingehaltenem Vorverfahren nach § 105 ArbVG ist hingegen eine Anfechtung der Kündigung nach § 105 ArbVG parallel zu jener nach dem AVRAG oder dem GlBG zulässig, wenn die Anfechtungsgründe vorliegen.
- Der Eigentümer eines kleinen Gewerbeunternehmens stirbt. Das Unternehmen geht auf den Sohn des Gewerbeinhabers über. Gehen auch die Arbeitsverhältnisse auf den Erben über? Kann ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen? (S. 795 – 796)
Universalsukzession ist die kraft besonderer gesetzlicher Vorschriften angeordnete Rechtsnachfolge in die gesamte Rechtsstellung des Vorgängers.
Der Gesamtrechtsnachfolger übernimmt durch ein und denselben Übertragungsvorgang sämtliche Rechte und Pflichten, wie sie in der Person des Vorgängers bestanden haben, und setzt so eine Rechtstellung in vermögensrechtlicher Hinsicht fot.
Es handelt sich um erbrechtliche Universalsukzession, das heißt der Erbe tritt mit der Einantwortung in die gesamte Rechtsstellung des Erblassers ein.
Zwischenzeitlich ist der ruhende Nachlass (hereditas iacens) in der Arbeitgeberposition.
Rechte und Verbindlichkeiten gehen mit der Einantwortung unmittelbar auf den Erben über, auch die Arbeitgebereigenschaft.
Das Arbeitsverhältnis ist als durchlaufend anzusehen.
Selbstverständlich ist, dass frühere Dienstzeiten der AN weiterhin einzurechnen sind und die Arbeitsbedingungen gleich bleiben.
- Wodurch unterscheidet sich der allgemeine Entlassungsschutz vom allgemeinen Kündigungsschutz? (S. 712 – 713)
Der erste wichtige Unterschied zwischen allgemeinem Kündigungsschutz und allgemeinem Entlassungsschutz besteht darin, dass beim allg. KS nach § 105 ArbVG der Betriebsrat vor der Kündigung zu verständigen ist, und die Kündigung auch erst nach Ablauf der einwöchigen Frist rechtswirksam erfolgen kann.
Auf Grund der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung bei der Entlassung hingegen ist diese nicht durch ein langwieriges Vorverfahren belastet.
Die Entlassung kann sofort ausgesprochen werden, der BR ist nur unverzüglich zu verständigen.
Zweiter wichtiger Unterschied ist, dass eine Entlassung nur angefochten werden kann, wenn sie unbegründet ausgesprochen wurde.
Eine begründete Entlassung kann also nicht beispielsweise auf Grund der sozialen Härte der Entlassung angefochten werden.
- Wozu dient der Insolvenz-Entgelt-Fonds? Aus welchen Mitteln wird dieser Fonds gespeist? (S. 816- 819)
Arbeitnehmer bedürfen bei Zahlungsunfähigkeit ihres Arbeitgebers eines besonderen Schutzes.
Dies ist in Österreich im Insolvenz-Entgelt-Sicherungsgesetz und europarechtlich in der Insolvenzrichtlinie der EU verankert.
Das Lohnrisiko des Arbeitnehmers im Falle einer Insolvenz des Arbeitgebers wird auf den Insolvenz-Entgelt-Fonds übertragen.
Der Insolvenz-Entgelt-Fonds ist mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet und wird vor allem durch einen Zuschlag zu dem von den Arbeitgebern zu leistenden Anteil des Arbeitslosenversicherungsbeitrags gespeist (2015: 0,45 Prozent).
Wenn über das Vermögen des Arbeitgebers der Konkurs eröffnet wird, so gebührt Arbeitnehmern und freien Dienstnehmern ein Insolvenz-Entgelt hinsichtlich der sogenannten gesicherten Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber.
Gesicherte Ansprüche nach IESG sind insbesondere:
- Entgeltansprüche
(Laufendes Entgelt und Entgelt anlässlich der Beendigung des AV)
- Schadenersatzansprüche (vor allem Kündigungsentschädigung und SE für Sachen, die der AN eingebracht hat)
- Sonstige Ansprüche (insb. Aufwandsentschädigungen)
- Abfertigungen (generell als Entgelt anlässlich der Beendigung gesichert)
- Erläutern Sie die Auswirkungen eines Betriebsübergangs auf die Arbeitsbedingungen, deren Rechtsgrundlage der Arbeitsvertrag ist! (S. 801)
Gemäß § 3 Abs. 3 AVRAG sollen die Arbeitsbedingungen beim Betriebsübergang gleich bleiben.
Soweit die Ansprüche des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsvertrag betroffen sind, wird der Erwerber ohnehin auf Grund der Generalklausel des § 3 Abs. 1 AVRAG verpflichtet.
Im Fall, dass keine Universalsukzession vorliegt, kann der Erwerber durch rechtzeitigen Vorbehalt die Übernahme einer auf Einzelvereinbarung beruhenden betrieblichen Pensionszusage ablehnen. Hält der Arbeitnehmer das AV in einem solchen Fall trotzt des Vorbehalts aufrecht, dann steht ihm gegenüber dem Veräußerer ein Anspruch auf Abfindung sämtlicher bisher erworbener Pensionsanwartschaften als Unverfallbarkeitsbetrag (iSd. BPG) zu.
- Beschreiben Sie das Wesen des wichtigen Grundes im vorzeitigen Lösungsrecht! Welcher legistische Unterschied besteht zwischen Angestellten- und Arbeiterrecht bei der Aufzählung der Entlassungs- und Austrittsgründe? (S. 683 – 684)
Damit eine vorzeitige Beendigung gerechtfertigt ist, muss in erster Linie ein wichtiger Grund vorliegen. Im Österreichischen Arbeitsrecht gibt es keine einheitliche Definition des wichtigen Grundes zur Auflösung eines Arbeitsverhältnisses.
Stattdessen gibt es drei unterschiedliche legistische Varianten, denen sich der österreichische Gesetzgeber bedient:
- Demonstrative Aufzählung im Angestelltengesetz
- Taxative Aufzählung in der GewO 1859
- Bloß allgemeine Generealklausel im ABGB
Generell muss ein wichtiger Grund, der zur vorzeitigen Auflösung berechtigt, von derart schwerwiegender Natur sein, dass die weitere Aufrechterhaltung des Dienstverhältnisses nicht einmal für die Dauer der Kündigungsfrist zumutbar ist.
Die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ist somit immanentes Merkmal jedes Entlassungsgrundes.
Bei der Prüfung der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung kann eine umfassende Betrachtung des Einzelfalles vorgenommen werden.
Eine solche Prüfung ist wichtig, wenn der Gesetzgeber nicht konkrete Verhaltensweisen als wichtigen Grund aufzählt, sondern nur mit einer Generalklausel arbeitet.
- Erläutern Sie das sog Kündigungsfrühwarnsystem! Sind hiebei auch Entlassungen und einvernehmliche Auflösungen zu berücksichtigen? (S. 674 – 676)
Das Kündigungsfrühwarnsystem basiert auf § 45a Arbeitsmarktförderungsgesetz. Das europarechtliche Pendant ist die RL 98/59/EG (Schutz vor Massenentlassungen).
Aus dieser Bestimmung ergibt sich bei der Auflösung einer bestimmten Zahl von Arbeitsverhältnisses eine Informationspflicht des Dienstgebers gegenüber dem Arbeitsmarktservice, die einerseits an das Alter des zu kündigen Arbeitnehmers gebunden ist, andererseits bei einer bestimmten Anfall der zu lösenden Beschäftigungsverhältnisse zum Tragen kommen.
Ein Arbeitgeber muss die regional zuständige Stelle des AMS durch schriftliche Anzeige verständigen, wenn innerhalb von 30 Tagen der Beschäftigtenstand
a) in Betrieben mit in der Regel mehr als 20 und weniger als 100 Beschäftigen um mindestens fünf
b) in Betrieben mit in der Regel 100 bis 600 Beschäftigten um mindestens 5 %
c) in Betrieben mit in der Regel mehr als 600 Beschäftigten um mindestens 30 AN
d) unabhängig von der Betriebsgröße um mindestens 5 AN die das 50. Lebensjahr vollendet haben
verringert werden soll. (Saisonarbeit ausgenommen)
Die Anzeige ist mindestens 30 Tage vor der ersten Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu erklären.
Eine Durchschrift ist vom AG gleichzeitig dem BR zu übermitteln.
Wird die 30 Tage Frist nicht eingehalten oder das AMS gar nicht verständigt, sind die Kündigungen rechtsunwirksam.
§ 45a AMFG spricht grundsätzlich nur von Kündigungen! Zusätzlich muss auch jede eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses, die vom AG ausgeht und zu einer Umgehung der Zielsetzung des § 45a AMFG führen würde, der Rechtsunwirksamkeit anheimfallen. Somit gilt dies auch für ungerechtfertigte Entlassungen und einvernehmliche Auflösungen, die vom AG ausgingen.
- In welchem Verhältnis stehen das Prinzip der Wahrheit und das Prinzip der wohlwollenden Formulierung zum Verbot nachteiliger Formulierungen von Dienstzeugnissen?
Der AN hat Anspruch auf ein Arbeitszeugnis nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses (auf seine Kosten auch auf ein Zwischenzeugnis).
§ 39 AngG, § 1163 ABGB
Das Arbeitszeugnis muss einen Einblick in den tatsächliche Aufgabenkreis des AN gewährleisten.
Das Prinzip der Wahrheit besagt, dass der Arbeitgeber nur objektiv richtige Aussagen in das Arbeitszeugnis aufnehmen darf.
Das Prinzip der wohlwollenden Formulierung, dass der AG mit einem positiv gehaltenen Arbeitszeugnis die Möglichkeit hat, dem AN sein weiteres berufliches Fortkommen zu erleichtern.
Diese beiden Prinzipien sind für positive, wohlwollende Aussagen gegeneinander abzuwiegen.
Für nicht positive Formulierungen statuiert der Gesetzgeber ein Verbot nachteiliger Formulierungen.
Nachteilige Formulierungen, die dem AN die Erlangung einer neuen Stelle erschweren, sind also nicht gestattet.
Beispiele für verbotene, nachteilige Formulierungen:
- „Das AV wurde wegen Kränklichkeit aufgelöst“
- „Der AN nimmt seine gewerkschaftliche Zugehörigkeit äußerst ernst“
- Welche Gründe in der Arbeitsrechtsordnung führen zu einem Erlöschen des Arbeitsverhältnisses? (S. 745 – 749)
- Zeitablauf
(automatisches Ende bei gültiger Befristung; Bei Fortsetzung wohl unbefr. AV..)
Eine für die Lebenszeit einer Person oder für länger als fünf Jahre vereinbartes Dienstverhältnis kann vom Arbeitnehmer nach Ablauf von fünf Jahren unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 6 Monaten gelöst werden. - Tod des Arbeitnehmers
(Tod des AG hingegen nicht, Erben treten in AV ein; Ausnahme: HausBetrG)
Durch den Tod des Arbeitnehmers wird das Arbeitsverhältnis automatisch beendet. Dies ergibt sich aus der Verpflichtung des Arbeitsnehmers zu persönlicher Dienstleistung. - Auflösung eigener Art
- eines Dienstverhältnisses auf Probe (Dienstverhältnisse auf Probe, die im Allgemeinen maximal für die Dauer eines Monats abgeschlossen werden dürfen, können während dieser Zeit von jedem Vertragsteil jederzeit gelöst werden. Die Lösung kann ohne Einhaltung von Fristen und Terminen und ohne vorliegen von Gründen erfolgen.)
- eines Dienstverhältnisses für vorübergehenden Bedarf (Auch diese kann während des ersten Monats entweder jederzeit oder mit nur einwöchiger Kündigungsfrist von jedem der beiden Vertragsteile gelöst werden.)
- Gesetzliche Erlöschensgründe
- Endgültige Betriebsstilllegung (GewO 1859) (Hat aber der Dienstgeber das Gewerbe freiwillig, infolge seines Verschuldens oder infolge eines ihn treffenden Zufalls aufgegeben, so kann der Dienstnehmer Kündigungsentschädigung sowie darüber hinausgehende Schadenersatzansprüche geltend machen.)
- Tod der zu betreuenden Person (HausbetreuungsG) (Dies gilt nicht nur dann, wenn die zu betreuende Person selbst Arbeitgeber ist, sondern auch, wenn in Angehöriger der zu betreuenden Person als Dienstgeber in Erscheinung tritt. Hingegen kommt es beim Erlöschen des Arbeitsverhältnisses, wenn die Betreuungskraft von einer Sozialeinrichtung iS des HBeG angestellt wurde). - Gründe nach BAG für Lehrlinge (z.B. mit der LAP) (Vorzeitig beendet wird das Lehrverhältnis, wenn zB die Eintragung des Lehrvertrags bei der Lehrlingsstelle rechtskräftig verweigert oder die Löschung der Eintragung des Lehrvertrags rechtskräftig verfügt wurde, wenn der Lehrberechtigte nicht mehr zu Berufsausübung befugt ist oder wenn der Lehrling die Lehrabschlussprüfung erfolgreich ablegt.)
- Gründe nach TAG (Theaterbrand) (Wird das Theater durch Brand oder anderen Elementenarereignissen zerstört oder wird es von der Behörde ohne Verschulden des Unternehmers auf unbestimmte Zeit geschlossen, so sind sämtliche Bühnendienstverträge mit Ablauf von einem Monat nach der Betriebseinstellung gelöst.)
- Gründe nach VBG (best. Strafgerichtl. Verurteilung)
- Nichtigkeit (z.B. Wegfall der Ausl.-Besch.-Bew.) (Zum Untergang des Arbeitsverhältnisses kommt es schließlich auch dann, wenn ein gültig zustande gekommenes Dienstverhältnis wegen eines qualifizierten Verstoßes gegen gesetzliche Bestimmungen der totalen Nichtigkeit verfällt.
- Führt der Betriebsübergang zu einem Kündigungsschutz für die übergehenden Arbeitsverhältnisse? (S. 805 – 806)
Die „Richtlinie zur Wahrung von AN Ansprüchen bei Unternehmens- und Betriebsübergängen“ (2001/23/EG) regelt in Artikel 4, dass der Übergang eines Betriebs oder Unternehmens bzw. eines Teils davon kein Grund für eine Kündigung ist.
Eine solche ausdrückliche Regelung enthält das AVRAG leider nicht.
Aus dem ex-lege-Übergang der Arbeitsverhältnisse (§ 3 AVRAG) ergibt sich jedoch, dass eine Kündigung wegen des Betriebsübergangs unzulässig ist.
Dies erstreckt sich auf Kündigungen vor und nach dem Betriebsübergang.
Bildet der Betriebsübergang den ausschlaggebenden Grund für die Kündigung, so ist sie dem OGH zufolge nichtig.
Diese Nichtigkeit ist dem Erwerber gegenüber ohne Aufschub geltend zu machen.
Je näher die Kündigung oder deren Beendigungswirkung am Zeitpunkt des Betriebsübergangs liegt, desto eher kann von einer Gesetzesumgehung ausgegangen werden und umso höhere Anforderungen sind an die sachliche Entkräftigung der Umgehungsvermutung durch den Dienstgeber zu stellen.
Die Beweislast, dass der Betriebsübergang nicht der Grund für die Kündigung ist, trägt der kündigende Arbeitgeber.
- Welche Personengruppen genießen einen besonderen Kündigungsschutz? Worin liegt das Wesen des besonderen Kündigungsschutzes? (S. 651 – 674)
Für bestimmte Arbeitnehmergruppen gibt es gesonderte Kündigungsschutzregeln.
Gemeinsam haben alle diese Normen des „besonderen Kündigungsschutzes“, dass die Sanktion im Falle der Nichteinhaltung der Vorschriften die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung darstellt.
Eine Anfechtung ist also weder nötig noch möglich, viel mehr kann das Aufrechtsein des AV mittel Feststellungsklage festgestellt werden oder das Entgelt weiter eingeklagt werden.
Diese besonders geschützten Gruppen sind:
- Belegschaftsvertreter
- Kündigung erfordert vorherige Zustimmung des Gerichts.
- Gerichtliche Zustimmung nur aus taxativ aufgezählten Gründen möglich
(Weiterbeschäftigung wegen Stilllegung eines Betriebsteils unmöglich, Dienstunfähigkeit, beharrliche Pflichtverletzung)
- Mutter- und Vaterschutz
- Kündigung erfordert vorherige Zustimmung des Gerichts
- Zeitraum: Schwangerschaftsbeginn bis 4 Monate nach Entbindung (Mutter),
Karenz/Elternteilzeitzeit (Vater und Mutter)
- Präsenz- und Zivildiener
- Vom Zeitpunkt der Mitteilung über die Entlassung des Einberufungsbefehls, der allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung oder der Zustellung des Zuweisungsbescheides an darf der Arbeitnehmer nicht gekündigt werden. Eine dennoch gesprochene Kündigung ist unwirksam!
- Behinderte
- Begünstigte Behinderte stehen unter dem besonderen Kündigungsschutz des §8 BEinstG, wenn das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung länger als 6 Monate bestanden hat.
- Für begünstigte Behinderte, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31.12.2010 begründet worden sind, gelten höhere Anforderungen: So muss das Dienstverhältnis zum Zeitpunkt des Kündigungsanspruches mehr als 4 Jahre gedauert haben.
- Vertragsbedienstete
- Dienstverhältnisse von Vertragsbediensteten, die bereits ein Jahr ununterbrochen gedauert haben, können nur schriftlich und mit Angabe des Grundes gekündigt werden.
- Erfolgt die Kündigung nicht Schriftlich, wurde kein Grund angegeben oder liegt trotz der Angabe des Grundes ein solcher tatsächlich nicht vor, ist die Kündigung rechtsunwirksam.
- Hausbesorger
- Ein besonderer Kündigungsschutz besteht nur für jene Hausbesorger, deren Dienstverhältnisse vor dem 30.6.2000 abgeschlossen wurden und die eine Dienstwohnung in Anspruch genommen haben. Diese folgenden Ausführungen gelten also insbesondere nicht für Hausbesorger, die bei Begründung des Dienstverhältnisses schriftlich auf die Dienstwohnung verzichteten.
- Lehrlinge
- Das Lehrverhältnis endet normalerweise mit Ablauf der im Lehrvertrag vereinbarten Dauer der Lehrzeit.
- Neben der einvernehmlichen Auflösung, die zu ihrer Gültigkeit eine Rechtsbelehrung des Lehrlings erfordert, kann das Lehrverhältnis vor Ablauf der Lehrzeit aus den in § 14 (2) BAG bzw den § 15 BAG aufgezählten Gründen beendet werden.
- Dazu kommt die Möglichkeit einer Beendigung während der erweiterten Probezeit, sowie die außerordentliche Auflösung gem. §15a BAG. Für eine Kündigung bleibt im BAG daher kein Raum.
- Spricht der Lehrberechtigte dennoch eine Kündigung aus, so ist sie rechtsunwirksam.
- Familienhospiz (Sterbebegleitung naher Angehöriger & schwerst erkrankter Kinder)
- Arbeitnehmer, die nahe Angehörige beim Sterben bzw schwerst erkrankte, im gemeinsamen Haushalt lebende Kinder begleiten, können ab Bekanntgabe der zu diesem Zweck erfolgten Änderung der Arbeitszeit oder Karenz bis zum Ablauf von vier Wochen nach deren Ende rechtswirksam nicht gekündigt werden.
- Abweichen davon ist eine Kündigung jedoch dann zulässig, wenn vorher die Zustimmung des zuständigen Arbeits- und Sozialgerichts eingeholt wurde.
- Das Gericht hat über eine Kündigung unter Berücksichtigung der betrieblichen Erfordernisse und der Interessen des Arbeitnehmers zu entscheiden.
- Können Kündigungen und Entlassungen auch angefochten werden, wenn kein Betriebsrat eingerichtet wurde? (S. 714)
Kein BR in BR-pflichtigem Betrieb:
In Betrieben, in denen Betriebsräte zu errichten sind (Betriebe mit mindestens fünf Arbeitnehmern), solche aber nicht bestehen, kann der betroffene Arbeitnehmer eine Kündigung oder Entlassung binnen zweier Wochen nach deren Zugang selbst anfechten.
(§ 107 ArbVG)
Betrieb nicht BR-pflichtig:
Der allgemeine Kündigungs- und Entlassungsschutz ist als Mitwirkungsrecht der Belegschaft konstruiert, daher kommt er nur in betriebsratspflichtigen Betrieben (mindestens 5 Arbeiter, §40 ArbVG) zum Tragen.
In nicht-betriebsratspflichtigen Betrieben bietet sich die Möglichkeit der Entlassungs- oder Kündigungsanfechtung nur in Form des individuellen Kündigungsschutzes.
- Wie wirkt sich die Insolvenz des Arbeitgebers auf seine Stellung im Arbeitsverhältnis aus? (S. 749)
Das Arbeitsverhältnis bleibt grundsätzlich bestehen!
Weder die Insolvenz des Dienstgebers noch die Insolvenz des Dienstnehmers führen zu einer automatischen Beendigung des Dienstverhältnisses (keine Ex-lege-Beendigung).
Der Gesetzgeber erblickt darin aber eine derart empfindliche Störung in der Dienstnehmer- Dienstgeber-Beziehung, dass er Sonderbestimmungen vorsieht.
Beispiel: § 25 Insolvenzordnung:
Der AN kann im Falle einer Insolvenz des AG vorzeitig aus wichtigem Grund austreten, wobei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens als wichtiger Grund gilt.
Frist: 1 Monat
- nach Eröffnung des Schadensregulierungsverfahrens oder
- nach Bekanntmachung des Unternehmens-Schließungs-Beschlusses
- Wie ist ein Betriebsübergang im Rahmen eines Insolvenzverfahrens arbeitsrechtlich zu beurteilen? Kommt es zu einem Ex-lege-Übergang der Arbeitsverhältnisse? (S. 807 – 810)
Ein Betriebsübergang im Rahmen eines Insolvenzverfahrens führt zumeist zu keinem Ex-lege-Übergang der Arbeitsverhältnisse: Gem § 3 (2) AVRAG kommt es weder im Konkursverfahren (des Veräußerers/Arbeitgebers) noch im Fall eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung zu einer gesetzlichen „automatischen“ Übernahme der Arbeitsverhältnisse durch den Erwerber.
Nur im Sanierungsverfahren mit Eigenverwaltung des Arbeitgebers sid die Bestimmungen des § 3 AVRAG anwendbar.
Der Erwerb aus der Konkursmasse soll ausgenommen sein, weil es im Konkurs in der Regel zur Zerschlagung oder Auflösung des Unternehmens kommt (EB zur RV).
Es gilt also die Rechtslage vor dem Inkrafttreten des AVRAG. Dies bedeutet, dass die Arbeitsverhältnisse mit dem Betriebsübergang nicht mitübertragen werden. Es bedarf hiezu vielmehr einer Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer, bisherigem Arbeitgeber und neuem Inhaber des Betriebs, die auch in schlüssiger Weise – etwa durch stillschweigende Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses – zustande kommen kann.
Grundsätzlich besteht aber weder für den Übernehmer irgendeine Pflicht, den AN weiter zu beschäftigen, noch für den Arbeitnehmer irgendeine Leistungspflicht gegenüber dem Übernehmer.
Durchlöcherung des Kündigungsschutzes!
Lehnt der Erwerber die Übernahme ab und kündigt gleichzeitig der Insolvenzverwalter das Arbeitsverhältnis auf, so hat der Dienstnehmer kaum eine Chance, im Kündigungsanfechtungsverfahren zu obsiegen, zumal regelmäßig kein Betrieb mehr vorhanden sein wird.
Sonderproblem: Besonders geschützte Arbeitnehmergruppen!
Ausnahme für Betriebsräte:
Der Übernehmer muss in die Arbeitsverhältnisse der Betriebsratsmitglieder auch bei Konkurs oder Sanierung ohne Eigenverwaltung eintreten, wenn der Betrieb als organisatorische Einheit trotzt des Betriebsübergangs bestehen bleibt.
Das Betriebsratsmandat erlischt laut OGH nicht, wenn der Betrieb weiter besteht und deshalb das AV mit dem bisherigen AG endet und mit dem Übernehmer ein neues AV begründet wird.
Diese Ausnahme will die Lehre auf den gesamten besonders-geschützten AN-Kreis ausdehnen.
Dem ist die Rechtsprechung aber bisher nicht gefolgt. Einer nach dem MSchG geschützten Frau wurde weiterhin keine Möglichkeit, den Eintritt des Erwerbers zu erzwingen (Kontrahierungszwang), zugebilligt.
- Kann ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses im Fall eines Betriebsübergangs widersprechen? (S. 804 – 805)
Besteht in einem Unternehmen oder Betrieb keine Arbeitnehmervertretung, so hat der Veräußerer oder der Erwerber die betroffenen Arbeitnehmer im Vorhinein zu informieren.
Zugänglich machen der Informationen im Betrieb oder Intranet genügt.
Grundsätzlich bedarf die Übernahme der Arbeitsverhältnisse nicht der Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer. Wenn aber der Erwerber nicht gewillt ist, das Arbeitsverhältnis unter den gleichen Bedingungen fortzusetzen bestehen für den Arbeitnehmer besondere Widerspruchs- bzw Kündigungsrechte.
Widersprechen kann der Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses dann, wenn der Erwerber den kollektivvertraglichen Bestandschutz oder die auf Einzelvereinbarung beruhenden betrieblichen Pensionszusagen nicht übernimmt.
In diesen Fällen bleibt das Arbeitsverhältnis zum Veräußerer aufrecht.
Ein darüber hinausgehendes generelles Widerspruchsrecht kennt § 3 Abs. 4 AVRAG nicht.
Ausnahmsweise wird ein Widerspruchsrecht auch anzunehmen sein, wenn dem AN die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Übernehmer nicht zuzumuten ist.
OGH: Auf jeden Fall zum Widerspruch berechtigt ist ein Betriebsrat, wenn auf Grund des Übergangs an seinem neuen Arbeitsplatz so wenige AN beschäftigt wären, dass seine Wiederwahl zweifelhaft ist.
Kündigung auf Grund eines Betriebsübergangs? Nichtigkeit?
Je näher die Kündigung am Zeitpunkt des Betriebsübergangs liegt, desto eher ist eine Gesetzesumgehung zu vermuten.
Besonderes Kündigungsrecht
- Wodurch unterscheiden sich die Entlassungsgründe der Untreue und der Vertrauensunwürdigkeit nach Angestelltenrecht? (S. 689 – 690)
§ 27 Angestelltengesetz, der die Entlassungsgründe demonstrativ aufzählt, normiert als solche:
„ Wenn der Angestellte im Dienste untreu ist (…) oder wenn er sich einer Handlung schuldig macht, die ihn des Vertrauens des Dienstgebers unwürdig erscheinen lässt.“
Während die Untreue ein bewusstes (vorsätzliches) Handeln voraussetzt, genügt für den Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit bereits fahrlässiges Handeln
(welches allerdings an den Kriterien der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung zu messen ist).
Die Untreue muss zwar nicht während der Dienstausübung gesetzt werden, es bedarf aber eines unmittelbaren Zusammenhangs mit dem Arbeitsverhältnis.
Beispiele für Untreue:
Preisgabe von Betriebsgeheimnissen, das Vortäuschen von Krankheiten, die Verfälschung einer Lohnbestätigung,
Bei der Vertrauensunwürdigkeit hingegen kommt es darauf an, ob durch das Verhalten des Arbeitnehmers nach vernünftigem, objektiven Ermessen für den Arbeitgeber die gerechtfertigte Befürchtung besteht, dass seine Interessen durch den Arbeitnehmer gefährdet sind.
Im Gegensatz zur Untreue kann die Vertrauensverwirkung auch auf Umstände zurückzuführen sein, die mit dem Arbeitsverhältnis in keinem direkten Zusammenhang stehen.
Beispiele für Vertrauensunwürdigkeit:
Besondere Verantwortungslosigkeit, Verbrechen aus Gewinnsucht, Ehebruch, wenn Ehegatte gleichzeitig Arbeitgeber ist, Erhebliche Missachtung der Anordnung des Arztes durch kranken AN, wenn dies geeignet ist den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen.
- Handelt es sich bei der Verwirkung des Entlassungsrechts um ein eigenes Rechtsinstitut? (S. 684)
Verwirkung des Entlassungsrechts bedeutet, dass durch die Nichtgeltendmachung des vorliegenden wichtigen Grundes über einen längeren Zeitraum hindurch der von der Entlassung bedrohte Dienstnehmer nach Treu und Glauben nicht mehr mit einer Entlassung rechnen muss und die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung wegfällt.
Der typische Fall liegt immer dann vor, wenn zwar ein Entlassungsgrund gesetzt wurde und der Dienstgeber auch eine Entlassung aussprechen möchte (also kein Verzicht!), aber so lange zögert, dass der Zeitablauf die vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach den Umständen des Einzelfalls nicht mehr rechtfertigt.
Im Gegensatz zum deutschen Recht wird die Verwirkung als eigenes Rechtsinstitut in unserer Rechtsordnung nicht anerkannt.
Nur ausnahmsweise findet eine ähnliche Rechtsfolge Anerkennung, nämlich wenn der Zeitablauf an sich nach Treu und Glauben eine Auflösungserklärung nicht zu rechtfertigen vermag.
Der Grundsatz, dass man Entlassungs- und Austrittsgründe „nicht aufs Eis legen kann“, gehört in diesen Bereich.
- Kann es trotz der Schutzmechanismen des AVRAG zu einer wesentlichen Verschlechterung der Arbeitsbedingungen im Zuge eines Betriebsübergangs kommen? (S. 806)
Ja, durch die Anwendung eines nachteiligeren Kollektivvertrags oder einer nachteiligeren Betriebsvereinbarung kann es durch den Betriebsübergang zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kommen.
Hierfür billigt § 3 Absatz 5 AVRAG dem betroffenen Arbeitnehmer ein besonderes Kündigungsrecht zu.
Hiebei ist zu beachten, dass der Erwerber gem § 3 (3) AVRAG verpflichtet ist, jede auf Grund des Betriebsübergangs erfolgte Änderung der Arbeitsbedingungen dem Arbeitnehmer unverzüglich mitzuteilen.
Kündigt der AN innerhalb eines Monats ab dem Zeitpunkt, indem er die Verschlechterung erkennen musste oder ab Rechtskraft eines Feststellungsurteils, dann stehen ihm Ansprüche wie bei einer Arbeitgeberkündigung zu (insbesondere Abfertigung).
Eine solche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen kann gerichtliche mittels Feststellungsklage festgestellte werden.
Diese ist binnen eines Monats ab Kenntnis der Änderung einzubringen.
- In welcher Relation steht das laufende Entgelt und die Kündigungsentschädigung zu den gesicherten Ansprüchen nach IESG? (S. 817 – 818)
Sowohl das laufende Entgelt als auch die Kündigungsentschädigung sind gesicherte Entgeltansprüche nach § 1 Abs. 2 IESG.
Keine Sicherung des laufenden Entgelts besteht allerdings dann, wenn für denselben Zeitraum Anspruch auf Kündigungsentschädigung besteht, es sei denn, dass im Insolvenzverfahren die Insolvenzmasse, ansonsten der Arbeitgeber, nicht in der Lage ist, das laufende Entgelt zum Teil oder zur Gänze zu bezahlen, höchstens jedoch bis zum Zeitpunkt des arbeitsrechtlichen frühestmöglichen Austritts wegen Vorenthaltung des gebührenden Entgelts.
Dies wird insbesondere dann der Fall sein, wenn ein Arbeitnehmer, der wegen der Eröffnung der Insolvenz austritt, vom Insolvenzverwalter gleich darauf wieder eingestellt wird und demgemäß sowohl Anspruch auf Kündigungsentschädigung als auch Anspruch auf laufendes Entgelt besitzt.
- Kann eine diskriminierende Beendigung der Beschäftigung beim Beschäftiger von einer überlassenen Arbeitskraft angefochten werden? (S. 786)
Die diskriminierende Beendigung der Beschäftigung führt (nur) u einem Ersatz des Vermögensschadens und zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung.
Führt die diskriminierende Beendigung der Beschäftigung in weiterer Folge zur Beendigung/Kündigung des Arbeitsverhältnisses beim Überlasser, kann Letztere als diskriminierende Beendigung/Kündigung angefochten werden.
Für die diskriminierende Handlung des Beschäftigers hat insofern der Überlasser miteinzustehen. Aufwendungen, die dem Überlasser dadurch entstehen, kann er gegen den Beschäftiger schadenersatzrechtlich gelten machen.