VL2 Diagnostischer Prozess Flashcards
(21 cards)
Was versteht man unter dem diagnostischen Prozess?
Die wissenschaftlich und professionell geplante Abfolge von Maßnahmen zur Erhebung, Bewertung und Integration diagnostisch relevanter Informationen zur Beantwortung einer konkreten Fragestellung eines Auftraggebers.
Welche Ziele verfolgt der diagnostische Prozess?
Treffsichere Urteile und Entscheidungen auf Basis objektiver, reliabler und valider Informationen.
Welche Schritte gehören zum diagnostischen Prozess?
Klärung der Fragestellung
Formulierung psychologischer Fragen und Hypothesen
Auswahl geeigneter Verfahren
Durchführung der Untersuchung
Integration der Ergebnisse zu einem diagnostischen Urteil
Rückmeldung an den Auftraggeber (z. B. in einem Gutachten)
Warum ist der diagnostische Prozess keine Einbahnstraße?
Weil auf jedem Schritt überprüft werden muss, ob die bisherigen Informationen und Entscheidungen tragfähig sind – Rücksprünge, Modifikationen und Präzisierungen sind notwendig und üblich.
Wozu dienen Hypothesen im diagnostischen Prozess?
Sie strukturieren den Prozess, machen ihn überprüfbar und helfen, sich auf relevante Variablen zu konzentrieren. Sie orientieren sich am biopsychosozialen Modell bzw. der Verhaltensgleichung.
Was ist die Verhaltensgleichung von Westhoff & Kluck (2008)?
V = f(U, O, K, E, M, S)
V = Verhalten, beeinflusst durch Umweltbedingungen (U), Organismusvariablen (O), Kognition (K), Emotionen (E), Motivation (M), soziale Bedingungen (S) und deren Wechselwirkungen
Welche Kriterien gelten bei der Auswahl diagnostischer Verfahren?
Hauptgütekriterien: Objektivität, Reliabilität, Validität
Nebenkriterien: Fairness, Normierung, Zumutbarkeit, Zeitaufwand, Kosten
Was ist bei der Durchführung diagnostischer Untersuchungen wichtig?
Standardisierte Bedingungen, geschultes Personal, gute Testumgebung, Aufklärung, ggf. Aufwärmphase
Was ist ein diagnostisches Urteil?
Die Integration aller Ergebnisse zu einer begründeten Antwort auf die diagnostische Fragestellung – kann klinisch (Erfahrung) oder statistisch (regelgeleitet) erfolgen
Was ist die Aufgabe eines Gutachtens im diagnostischen Prozess?
Schriftliche oder mündliche Rückmeldung an den Auftraggeber über die Ergebnisse und deren Bedeutung im Hinblick auf die Ausgangsfragestellung
Was ist das Ziel der MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung)?
Zu prüfen, ob von einer Person künftig ein erhöhtes Verkehrsrisiko (z. B. durch Alkohol, Drogen, gesundheitliche Einschränkungen) ausgeht – Grundlage für Wiedererteilung der Fahrerlaubnis
Welche drei Bestandteile hat die MPU-Diagnostik?
Leistungsdiagnostik (z. B. Reaktionsfähigkeit)
Medizinische Untersuchung (z. B. Blut-, Urin-, Haaranalyse)
Psychologische Untersuchung (Interview, Verhaltensbeobachtung, Glaubwürdigkeitsprüfung)
Welche ethischen Richtlinien gelten für psychologisches Diagnostizieren?
Schweigepflicht, informierte Einwilligung, verantwortungsvoller Umgang mit Daten, Einhaltung wissenschaftlicher Standards, keine Machtmissbräuche
Welche rechtlichen Grundlagen regeln psychodiagnostisches Handeln?
Grundgesetz (Datenschutz), DSGVO, StGB (Verschwiegenheitspflicht), BGB §839a (Haftung bei fehlerhaftem Gutachten)
Was regelt die DIN 33430?
Qualitätsstandards für berufsbezogene Eignungsdiagnostik – legt Anforderungen an Verfahren, deren Anwendung und an die Qualifikation der durchführenden Personen fest
Welche Maßnahmen sichern die Qualität psychologischer Diagnostik?
Multi-Methoden-Vorgehen
Wiederholte Erhebungen
Multi-Informanten-Vorgehen
Nutzung fremdanamnestischer Daten
Was ist das Multi-Methoden-Vorgehen?
Nutzung verschiedener Methoden (z. B. Interview, Test, Beobachtung), um Verzerrungen zu vermeiden und ein umfassendes Bild zu gewinnen
Was ist das Multi-Informanten-Vorgehen?
Vergleich verschiedener Quellen (z. B. Eltern, Lehrer, Ärzt:innen) – häufig in der forensischen oder pädagogischen Diagnostik
Warum ist das Rosenhan-Experiment relevant für die Diagnostik?
Zeigt, wie Etikettierungen und Kontext die Beurteilung von Personen stark beeinflussen können – warnt vor diagnostischen Fehleinschätzungen und Stigmatisierung
Was sind Konfidenzintervalle in der Diagnostik?
Sie geben einen Vertrauensbereich an, in dem der „wahre“ Wert einer gemessenen Variable mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit liegt.
Welche Risiken bergen fehlerhafte diagnostische Entscheidungen?
Stigmatisierung
Fehlplatzierungen (z. B. bei Förderbedarf)
Gerichtliche Fehlurteile
Zerstörung von Bildungschancen oder Karrieren
Gefährdung von Sicherheit und Leben (z. B. im Straßenverkehr)