ZPR Flashcards
Haben Kantone, die ein Handelsgericht i.S.v. ZPO 6 I geschaffen haben, einen Spielraum, welche Streitigkeiten sie diesem Gericht zuweisen?
- Besteht ein Handelsgericht, müssen handelsrechtliche Streitigkeiten i.S.v. ZPO 6 II zwingend der Handelsgerichtsbarkeit unterstellt werden.
- Für eine weitere Zuständigkeitsregelung in Bezug auf handelsrechtliche Streitigkeiten durch die Kantone verbleibt kein Raum (BGE 140 III 155, E. 4.3).
- Die Kantone können dem Handelsgericht jedoch auch Streitigkeiten nach ZPO 6 IV zuweisen.
Welche Besonderheit besteht bei der Anfechtung von Urteilen kantonaler Handelsgerichte vor BGer?
Es besteht gem. BGG 74 II lit. b i.V.m. ZPO 6 kein Streitwerterfordernis.
Was wird unter der sachlichen Zuständigkeit verstanden? Wo wird sie geregelt?
- Unter sachlicher Zuständigkeit ist die Verteilung von Zivilprozessen auf allenfalls verschiedene Gerichte bzw. gerichtsinterne Organisationseinheiten zu verstehen.
- Geregelt wird sie in den entsprechenden kantonalen Erlassen (bspw. GOG ZH, GOG BS etc.).
Was wird unter funktioneller Zuständigkeit verstanden?
- Funktionelle Zuständigkeit ist die Verteilung der gerichtlichen Aufgaben auf verschiedene Gerichtsinstanzen oder gerichtliche Funktionsträger in einer bestimmten Angelegenheit.
- Sie bildet einen Teil der sachlichen Zuständigkeit.
Was wird unter örtlicher Zuständigkeit verstanden?
Die örtliche Zuständigkeit bestimmt, an welchem Ort das Gericht anzurufen ist (sog. Gerichtsstand oder forum).
In welcher Reihenfolge ist die Zuständigkeit zu prüfen?
- Örtliche Zuständigkeit
- Sachliche Zuständigkeit
Wann ist von einem internationalen SV auszugehen und was ist die Folge davon?
- Immer dann, wenn der SV einen IPR-relevanten Auslandsbezug aufweist, insb. dann, wenn eine Partei ihren Wohnsitz im Ausland hat.
- Dann bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit in erster Linie nach allfälligen Staatsverträgen; bestehen keine solchen, ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus dem IPRG.
Wer ist zur Regelung der sachlichen und funktionellen Zuständigkeit kompetent?
Die Kantone, sofern die ZPO nicht etwas anderes bestimmt (ZPO 4 I).
Welche Arten von Zuständigkeiten werden nach der ZPO unterschieden?
- Ausschliessliche und alternative Zuständigkeiten
- Absolut bzw. relativ zwingende (auch teilzwingende genannt) und nicht zwingende Zuständigkeiten
- Allgemeine und besondere Zuständigkeiten
Wann handelt es sich um einen ausschliesslichen Gerichtsstand?
- Ein Gerichtsstand ist dann ausschliesslich, wenn neben ihm kein anderer im Gesetz vorgesehener Gerichtsstand zur Verfügung steht.
- Ausnahmen davon sind die Einlassung (ZPO 18) sowie die Gerichtsstandsvereinbarung (ZPO 17), welche zulässig sind bei ausschliesslichem und nicht zwingendem Gerichtsstand.
Wann spricht man von einem alternativen Gerichtsstand?
Wenn das Gesetz dem Kläger eine Auswahl an Gerichtsständen zur Verfügung stellt.
Wie ist erkennbar, ob es sich um einen zwingenden Gerichtsstand handelt?
Gemäss ZPO 9 I sind Gerichtsstände nach ZPO ausschliesslich dann zwingend, wenn das Gesetz dies ausdrücklich vorsieht.
Wann ist ein Gerichtsstand absolut zwingend? Was sind die Folgen davon?
- Wenn die Parteien von ihm nicht abweichen können (ZPO 9 II).
- Es ist weder eine Einlassung (ZPO 18) noch eine Gerichtsstandsvereinbarung (ZPO 17) möglich.
- Teilweise sieht das Gesetz alternativ mehrere zwingende Zuständigkeiten vor, sodass der Kläger die Wahl hat (z.B. ZPO 13, 23-27).
Wann ist ein Gerichtsstand relativ zwingend (bzw. teilzwingend)?
- Wenn auf ihn seitens der “sozial schwächeren” Partei (Mieter, Arbeitnehmer etc.) weder im Voraus (durch Gerichtsstandsvereinbarung) noch durch Einlassung verzichtet werden kann (ZPO 35).
- Stets zulässig ist hingegen der Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit (ZPO 35 II).
Was wird unter dem allgemeinen Gerichtsstand verstanden und wann steht er zur Verfügung? Was sind besondere Gerichtsstände?
- Der Gerichtsstand am Wohnsitz bzw. Sitz der beklagten Partei (ZPO 10 I lit. a und b).
- Alle übrigen Gerichtsstände heissen besondere Gerichtsstände.
- Der allgemeine Gerichtsstand steht nur dann zur Verfügung, wenn das Gesetz keinen besonderen Gerichtsstand vorsieht (ZPO 10 I Satz 1).
Welche Aspekte der Zuständigkeit können mit einer Gerichtsstandsvereinbarung i.S.v. ZPO 17 vereinbart werden?
Lediglich die örtliche Zuständigkeit - nicht aber die die sachliche Zuständigkeit (BGE 138 III 471, E. 3).
Wie beurteilt sich die Gültigkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, die vor Entstehung einer Streitigkeit im Anwendungsbereich eines relativ zwingenden Gerichtsstands geschlossen wurde?
Die Gerichtsstandsvereinbarung ist für die “sozial schwächere” Partei einseitig unverbindlich (ZPO 35 I).
Was ist die Bedeutung von ZPO 17 I Satz 2?
- Es handelt sich um eine Vermutung zugunsten der Ausschliesslichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung.
- Wenn ein anderes als das vereinbarte Gericht angerufen wird, kann der Beklagte dessen Unzuständigkeit einwenden und es liegt am Kläger, die Nicht-Ausschliesslichkeit zu beweisen.
In welcher Form kann eine Gerichtsstandsvereinbarung geschlossen werden?
- Siehe ZPO 17 II.
- Der Schriftlichkeit gleichgestellt sind Vereinbarungen mittels E-Mail oder Fax.
- Ebenfalls zulässig ist die mündliche Vereinbarung mit nachfolgender schriftlicher Bestätigung.
Was bedeutet Einlassung i.S.v. ZPO 18?
Einlassung bedeutet, dass eine prozessuale Handlung der beklagten Partei nachträglich zur örtlichen Zuständigkeit des Gerichts führt, die ursprünglich nicht vorlag.
Was stellt insbesondere keine Äusserung zur Sache i.S.v. ZPO 18 dar?
- Die Erhebung der Unzuständigkeitseinrede (sog. nichteinlässliche Klageantwort) oder
- das Vorbringen sonstiger prozessualer Vorfragen.
In welchen Fällen ist keine Einlassung möglich?
- “Soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt” stellt einen Vorbehalt zugusnten der zwingenden Zuständigkeitsvorschriften dar.
- Besteht also eine absolut oder relativ zwingende Zuständigkeit, hat sich das Gericht von Amtes wegen für unzuständig zu erklären (ZPO 60).
(Wie) Muss das Gericht seine Zuständigkeit überprüfen?
- Das Gericht hat gem. ZPO 60 seine Zuständigkeit von Amtes wegen zu prüfen.
- Angesichts der Möglichkeit der Einlassung wird dabei aber nur geprüft, ob eine (teil-)zwingende örtliche Zuständigkeit besteht.
- Stets zu prüfen hat das Gericht hingegen seine sachliche Zuständigkeit.
Was ist die Folge fehlender örtlicher oder sachlicher Zuständigkeit?
- Das Vorliegen örtlicher und sachlicher Zuständigkeit ist eine Prozessvoraussetzung (ZPO 59 II lit. b).
- Zwingende Folge fehlender Zuständigkeit ist demnach ein Nichteintretensentscheid (siehe ZPO 236 I).
