16 - VL: Soziale Kognition und Beziehung Flashcards
(37 cards)
Sozialpsychologie
Beeinflussung von Erleben und Verhalten durch Interaktionen mit anderen sowohl realen, als auch imaginären und symbolischen Menschen
„No man is an island. (John Donne)
Konstruktion der sozialen Realität
z.B. Bystander-Effekt
- > Selektive Enkodierung der Umweltinformationen; mehrdeutiges Stimulusmaterial (Interpretation anhand von Vorwissen)
- > soziale Wahrnehmung: Prozess, durch den Menschen das Verhalten anderer verstehen und kategorisieren (-> Kausalattribution)
Ursprünge der Attributionstheorie
- Warum-Fragen -> Analyse kausaler Determinanten
- > Attributionstheorie (Fritz Heider, 1958) als allgemeiner Ansatz, wie Menschen Ereignissen Ursachen zuschreiben
- z.B. „Ich habe die Stelle nicht bekommen, weil ich nicht gut genug vorbereitet war.“
- Mensch als „intuitive/r PsychologIn“: „Person oder Situation? Wer ist verantwortlich für das Ergebnis?“
- Ausformulierung der Theorie durch Harold Kelley (1967) aufgrund des Kovariationsprinzips
Ausformulierung der Attributionstheorie von Heider durch Harold Kelley (1967) …
… aufgrund des Kovariationsprinzips: Ursächlicher Faktor ist gegeben, wenn er beim Auftreten des Verhaltens auftritt, aber nicht bei Nicht-Auftreten; z.B. Wann immer ich mich bewerbe, bekomme ich eine Absage; wenn andere sich bewerben, bekommen sie eine Zusage. -> eigene Person als Ursache für Ereignis
Kovariation von drei Dimensionen:
- Distinktheit: Ist das Verhalten spezifisch für diese eine Situation?
- Konsistenz: Ist das Verhalten in der gleichen Situation häufiger aufgetreten?
- Konsens: Zeigen auch andere Menschen das Verhalten in der gleichen Situation?
- > Situation oder Person als Ursache!
Der fundamentale Attributionsfehler
- Lee Ross, 1977
- Überbewertung dispositionaler Faktoren, Unterbewertung situativer Faktoren
Studie von Ross et al., 1977:
- Methode: Münzwurf -> Fragestellende/Antwortende; schwierige Fragen; Bewertung des Allgemeinwissens der Fragestellenden und Antwortenden durch die Antwortenden und Beobachtende
- Ergebnisse: Allgemeinwissen des Fragestellers wird von Kandidat und Beobachter höher eingeschätzt als das des Kandidaten
- Diskussion: Ignorieren der Umstände
Wichtig: kultureller Faktor (eher in westlichen Kulturen zu finden als in östlichen, mögliche Ursache:
Individuum vs. Gemeinschaft
als Verantwortliche/r)
Self-Serving Bias
- Verzerrung zugunsten der eigenen Person: bei positiven Erlebnissen Attribuierung auf die Person, bei negativen Erlebnissen auf die Umwelt: (bei Menschen mit depressiven Verstimmungen anders)
- > z.B. „Ich habe eine gute Arbeit geschrieben, weil ich in dem Fach sehr gut bin.“ vs. „Ich habe die Stelle nicht bekommen, weil die Stelle einem anderen Bewerber versprochen war.“
- Wichtig: kultureller Kontext
Self-fulfilling Prophecies
Selbsterfüllende Prophezeiungen (Merton, 1957):
Vorhersagen über ein zukünftiges Ereignis -> Veränderungen der Interaktionen auf der Verhaltensebene -> erwartetes Ereignis
Einfluss der Rollen und Regeln auf das Verhalten
Haney, C., Banks, W.C., & Zimbardo, P.G. (1973)
Theorie und Methode:
- „Psychologische Studie über das Leben
im Gefängnis“
- Dauer: max. 2 Wochen
- N = 21 (männlich, ohne psychische Probleme oder kriminelle Vergangenheit)
- College-Studenten
- 11 Wärter (8 hs/d) und 10 Gefangene (24 hs/d)
- Instruktion der Wachen: Ruhe und Ordnung sollten beibehalten werden; Vorbereitung auf alle Eventualitäten (z.B. Ausbruchversuche)
Ergebnisse: - Schneller Verlust der individuellen Persönlichkeiten, Rollenübernahme - Schneller Realitätsverlust („Aus Spiel wird Ernst“) - Entwicklung von Depressionen bei einigen Gefangenen -> frühzeitigem Abbruch bei 5 Gefangenen - Allgemein: Abbruch nach 6 Tagen - Trotzdem individuelle Unterschiede bei den Gefangenen und Wärtern
Diskussion:
- Soziale Faktoren können wichtiger sein als individuelle Persönlichkeitsfaktoren; Debatte über Umgang mit tatsächlichen Gefangenen
Soziale Normen
- Wissen darüber, wie sich Personen verhalten sollten
- kommen zustande durch Rollen und Regeln
- > z.B. Neuer Job
- soziale Rolle: Arbeitnehmer
- explizite und implizite Regeln
- > soziale Normen (z.B. casual friday)
Konformität
- Tendenz von Menschen, das Verhalten und die Meinungen anderer Gruppenmitglieder (i.e. soziale Normen) zu übernehmen
Warum und wie?
- Prozesse des Informationseinflusses (Bedürfnis, sich in einer bestimmten Situation richtig zu verhalten), z.B. autokinetische Effekt (Muzafer Sherif, 1935; Anpassung aneinander bzgl. der Lichtpunktbewegung); Normenkristallisierung und –konstanz über längere Zeit hinweg, teilweise auch über Generationen
- Prozesse des Normeneinflusses (Bedürfnis, von anderen akzeptiert zu werden), z.B. Asch-Effekt (Solomon Asch, 1940)
-> Unabhängige Meinung bei der Mehrheit der Personen, aber trotzdem zu ca. 25% gruppenkonformes Verhalten (trotz eindeutiger Situation)
Entscheidungsfindung in Gruppen
- Gruppenpolarisierung: Tendenz zu extremeren Entscheidungen in der Gruppe als alleine (vorsichtigere vs. risikofreudigere Gruppe); Grund: Modell des Informationseinflusses (mehr Informationen von einzelnen Gruppenmitgliedern -> stärkere Polarisierung), Modell des sozialen Vergleichs (extremere Meinung als Gruppenmittel für Achtung der Gruppenmitglieder)
- Groupthink (Irving Janis, 1982): Tendenz einer Gruppe, unerwünschte Inputs auszufiltern auf dem Weg zu einer Entscheidung
Gehorsamkeit gegenüber Autorität
- Milgram (1963)
- Theorie: Vorgeschichte (Gräueltaten im 2. Weltkrieg); Gehorsam als Ergebnis situativer Kräfte (nicht Resultat dispositioneller Charakteristika)
- Methode: „Lernen unter Bestrafung“; Lehrer und Schüler; Stromschläge
- Diskussion:
- normale Personen, die dazu erzogen waren, andere nicht zu verletzen
- Situationsbedingter Gehorsam
- Interessant: psychische Begleiterscheinungen der Vpn beim Gehorsam (Angst, Anspannung)
- Weiterführende Experimente:
- Ähnliche Befunde bei nicht so renommierten Institutionen wie Yale, bei unbezahlten Vpn, bei Frauen
- Replikation des Experimentes (2010) im Rahmen einer Reality-Spielshow Ergebnisse:
- > je mehr Kontakt, desto weniger Stromschläge
Gründe für Gehorsamkeit gegenüber Autoritäten
- Normeneinfluss (Menschen wollen gemocht werden)
- Informationseinfluss (Menschen wollen sich korrekt verhalten)
- Unsicherheit darüber, wie sie Gehorsam hätten verweigern können
- Gewohnheit
Einstellung
positive oder negative Bewertung von Menschen, Objekten und Vorstellungen
-> Einstellungen als Grundlage für Konstruktion der sozialen Realität (für Attributionen)
Einstellungen und Verhalten
Verhalten entsprechend vs. entgegen der Einstellung
„Verfügbarkeit“ als Merkmal von Einstellungen, die Verhalten vorhersagen (Einstellung -> Einstellung passendem Verhalten)
- Durch unmittelbare Erfahrungen (Filme mit Angelina Jolie)
- Durch Wiederholungen (viele Filme mit Angelina Jolie)
- Durch Stabilität der Einstellung
-> Einstellungsänderung nur bedingt möglich
Persuasion
Beeinflussung = bewusste Anstrengung der Einstellungsänderung durch sich selber (Kognitive Dissonanztheorie) oder durch andere (Elaboration-Likelihood-Modell)
Elaboration-Likelihood-Modell
Theorie der Beeinflussung
- definiert, wie wahrscheinlich es ist, dass Menschen ihre kognitiven Prozesse fokussieren, um eine persuasive Botschaft zu elaborieren
- Zentrale Route der Beeinflussung:
sorgfältiges Nachdenken (Gründe für DiBaDu) - Periphere Route der Beeinflussung:
Verzicht auf kritisches Nachdenken (Werbefigur)
Kognitive Dissonanztheorie
- Leon Festinger, 1957
Methode:
- 71 männliche Studierende, langweilige Aufgabe
- Anschließend: Empfehlung der Aufgabe an eingeweihte VP -> 3 Gruppen (1: keine Belohnung; 2: $20; 3: $1)
Ergebnisse: $1-Gruppe bewertete die Aufgabe im Nachhinein als schön
Erklärung: Bei Dissonanz zwischen Handeln und Überzeugung -> (1) Überzeugung ändern, (2) Verhalten ändern oder (3) Wahrnehmung des Verhaltens ändern
Selbstwahrnehmungstheorie
- Daryl Bem, 1972
- Unter welchen Umständen beeinflussen Verhaltensweisen Einstellungen?
- Wie habe ich mich in der Vergangenheit verhalten/wie verhalte ich mich? (z.B. Ich esse Kuchen bei der Geburtstagsfeier.) -> So ist auch meine Einstellung. (Wenn es wichtig ist, nehme ich unnötige Kalorien zu mir.)
- Problem: Verhalten in der Vergangenheit auch durch situative Einflüsse bestimmt
-> Keine fehlerfreie Zuordnung zu Einstellungen
Compliance
= Folgsamkeit
Methoden, um Folgsamkeit (mit oder ohne Einstellungsänderung) durchzuführen:
- Reziprozität: Tue ich Dir einen Gefallen, bist Du mit auch einen Gefallen schuldig! (z.B. kostenloses Probeexemplar, Rabatt); Door-in-the-face
- Verbindlichkeit: Foot-in-the-door (Bsp: Kaffee trinken)
Vorurteil
Gelernte Einstellung gegenüber einem Zielobjekt, umfasst negative Gefühle (Abneigung), negative Überzeugungen (Stereotypen) und Verhaltensabsicht (z.B. Objekte der Zielgruppe zu vermeiden); z.B. „Menschen mit dem Sternzeichen „Jungfrau“ sind gefühlskalt.“
Entstehung von Vorurteilen: Falsche Überzeugung -> Belege für Falschheit -> trotzdem Weiterbestand => Vorurteil
Ursprünge von Vorurteilen
- Soziale Kategorisierung = Prozess der Einordnung von Menschen zu bestimmten Gruppen (-> Organisation der sozialen Umgebung -> Vorhersagemöglichkeit für zukünftige Ereignisse)
- Einfachste Einteilung in „In-Group“ (Identifikation mit der Gruppe, z.B. „Widder“) und „Out-Group“ (keine Identifikation mit der Gruppe, z.B. „Jungfrauen“)
- Zuordnung zu Gruppen aufgrund kleiner Unterschiede (z.B. Studie von Henry Tajfel, 1971: „PunktüberschätzerInnen“ vs. „PunktunterschätzerInnen“)
- Ingroup-Bias = Bevorzugung der Mitglieder der eigenen Gruppe (meistens wegen positiver Gefühle bzgl. eigener Gruppe und neutraler, also nicht negativer Gefühle bzgl. anderer Gruppe)
- Erlernte Vorurteile (u.a. negative Gefühle) gegenüber Out-Gruppen -> Rassismus (Diskriminierung von Menschen aufgrund der ethnischen Herkunft), Sexismus (Diskriminierung von Menschen aufgrund der Geschlechterzugehörigkeit)
Stereotype
Generalisierungen über eine Gruppe von Menschen, wobei allen Mitgliedern der Gruppe die gleichen Merkmale zugewiesen werden (z.B. „Alle Personen mit dem Sternzeichen Jungfrau denken rational.“)
Effekte von Stereotypen
- > Erwartungen durch die anderen („Wenn ich einer Person mit dem Sternzeichen Jungfrau begegne und sie um eine Spende bitte, wird sie ohne Emotionen diese Bitte ablehnen, wenn ich ihr keine geeigneten Argumente liefere.“)
- > erwartungsbestätigendes Verhalten (geeignete Argumente -> Spende)
-> Erwartungen durch einen selbst („Die anderen erwarten von mir, dass ich als Jungfrau rational reagiere, dann beobachte ich mein Verhalten besonders, um nicht dem Stereotyp zu entsprechen.“ -> eigene Verhaltensbeobachtung -> emotionsloses Verhalten) = stereotype threat