4 Interaktive Personalführung Flashcards
(56 cards)
4.1. Eigenschaftsansatz der Führung
Eigenschaftsansatz der Führung
- vorwiegend auf die individuellen, charakterlichen
Einflussfaktoren auf das Führungsverhaltens konzentriert - Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Führungsperson mit
ihren Eigenschaften - Zentrales Erkenntnisinteresse der Theorie: Identifizierung
von solchen Persönlichkeitseigenschaften und Charak-
terzügen, die erfolgreiche von erfolglosen Führungs-
personen unterscheiden - Zentrale Hypothesen:
– Eigenschaften determinieren die Möglichkeit, Führungshand-
lungen auszuführen;
– Determinanten aus der Situation, in der geführt wird, und
Determinanten aus dem Bereich der Geführten kommt im
Vergleich zu den Eigenschaften der Führungsperson eine
untergeordnete Rolle zu.
😃 😃 😃 😃 😃 😃 😃 😃CHAT 😃 😃 😃 😃 😃 😃 😃 😃 😃
🧭 Was ist der Eigenschaftsansatz der Führung?
Der Eigenschaftsansatz geht davon aus, dass Führungserfolg auf bestimmten stabilen Persönlichkeitsmerkmalen einer Führungsperson beruht.
Im Fokus steht also die Führungskraft selbst, nicht ihre Umgebung oder die Geführten.
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🧑💼 Kernaussagen des Ansatzes:
🎯 Ziel der Theorie:
* Identifikation jener Persönlichkeitseigenschaften, die erfolgreiche Führungskräfte von weniger erfolgreichen unterscheiden.
🔍 Zentrale Hypothesen:
1. Persönlichkeitseigenschaften bestimmen, ob eine Person überhaupt fähig ist zu führen.
2. Situative Faktoren (z. B. Merkmale der Gruppe, Organisationskultur) oder Merkmale der Geführten sind weniger relevant als die Eigenschaften der Führungsperson.
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🧠 Beispiele für typische untersuchte Eigenschaften:
* Intelligenz
* Selbstvertrauen
* Durchsetzungsfähigkeit
* Dominanz
* Sozialkompetenz
* Integrität
4.1. Eigenschaftsansatz der Führung
Begriff der Eigenschaften
Halo-Effekt
Begriff der Eigenschaften
* relativ breite und zeitlich relativ stabile Dispositionen zu
bestimmten Verhaltensweisen, die konsistent in
verschiedenen Situationen bei einer Person auftreten.
- Eigenschaft selbst** lässt sich nicht beobachten, sondern
nur aus einem beobachteten Verhalten** schlussfolgern -
Eigenschaften als soziale Konstrukte (Eigenschaft als
das soziale Konstrukt, mit welchem die Beobachtenden
ein beobachtetes Verhalten erklären/interpretieren) - Breites Feld von Personenmerkmalen wurde in der
Vergangenheit untersucht - darunter auch Eigenschaf-
ten, die keine überzeugenden kausalen Einflussfaktoren
auf Führungserfolg darstellen können, wohl aber mit
Führungserfolg korrelieren könnten (z.B. Alter, Gewicht,
Körpergröße,…)
🧬 Begriff der Eigenschaften (in der Führungstheorie)
📌 Definition:
* Eigenschaften sind zeitlich relativ stabile, über Situationen hinweg konsistente Dispositionen (Neigungen), bestimmte Verhaltensmuster zu zeigen.
* Sie beschreiben nicht das Verhalten selbst, sondern eine verhaltensprägende Tendenz.
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👁️🗨️ Beobachtbarkeit:
* Eigenschaften sind nicht direkt beobachtbar.
* Sie werden aus dem Verhalten indirekt erschlossen – z. B.:
„Diese Führungskraft zeigt oft Selbstsicherheit → sie scheint extravertiert zu sein.“
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🧠 Eigenschaften als soziale Konstrukte:
* Eigenschaften sind oft Interpretationen von Beobachtenden, um Verhalten zu erklären.
* Beispiel: Wenn jemand oft Verantwortung übernimmt, sagen wir, er oder sie sei „verantwortungsbewusst“ – aber das ist eine Zuschreibung, kein objektives Merkmal.
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⚠️ Wissenschaftlicher Hinweis:
* Manche körperliche oder demografische Merkmale (z. B. Größe, Alter, Geschlecht) korrelieren statistisch schwach mit Führungserfolg –
→ aber sie sind keine kausalen Eigenschaften, die Führung direkt beeinflussen!
* Sie können allerdings soziale Wahrnehmung oder Zuschreibungen beeinflussen (→ z. B. Halo-Effekt).
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🧠 Klausur-Merksatz:
Eigenschaften sind dauerhafte Verhaltenstendenzen, die man nicht sieht, sondern aus Verhalten erschließt – sie helfen, Führungserfolg zu verstehen, aber nicht immer zu erklären.
Ex-Kurs:
Halo effekt
Der Halo-Effekt ist ein kognitiver Verzerrung, bei dem eine Person anhand eines ausgewählten Merkmals beurteilt wird, wobei dieses Merkmal das gesamte Bild der Person beeinflusst.
Zu den klassischen Beispielen für den Halo-Effekt zählt das Beurteilen von Menschen nach ihrer Kleidung.
Der Halo-Effekt kann dazu führen, dass andere Eigenschaften einer Person in den Hintergrund rücken oder sogar falsch eingeschätzt werden.
Ein Beispiel dafür ist, wenn jemand aufgrund eines positiven Eindrucks, wie Attraktivität oder guter Kleidung, annimmt, dass die Person auch andere positive Eigenschaften hat.
Der Effekt kann auch im Rekrutierungsprozess auftreten, wenn der erste Eindruck die echten Eigenschaften von Bewerbern überschattet.
4.1. Eigenschaftsansatz der Führung
Merkmale von Führungspersonen, die
effektive Führung begünstigen
Merkmale von Führungspersonen, die
effektive Führung begünstigen
- high energy level and stress tolerance (Stresstoleranz, Belastbarkeit)
- self-confidence (Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen)
- internal locus of control orientation (hohe interne
Kontrollüberzeugung) - emotional maturity (emotionale Reife)
- personal integrity (persönliche Integrität, Anstand,
Rechtschaffenheit) - socialized power motivation ( „sozialisiertes“ Machtmotiv)
- moderately high achievement orientation (mittelhohe
Leistungsorientierung) - low need for affiliation (geringes Zugehörigkeitsbedürfnis)
⭐ Schlüsselmerkmale effektiver Führungspersonen
Nr.
Merkmal
Bedeutung / Erklärung
1
High energy level & stress tolerance(Stresstoleranz, Belastbarkeit)
Fähigkeit, auch unter Druck leistungsfähig und handlungsfähig zu bleiben
2
Self-confidence(Selbstbewusstsein, Selbstvertrauen)
Glaube an die eigene Fähigkeit, andere zu führen; wirkt sich positiv auf das Auftreten aus
3
Internal locus of control(Interne Kontrollüberzeugung)
Überzeugung, dass man das eigene Schicksal selbst beeinflussen kann – nicht von äußeren Umständen abhängig
4
Emotional maturity(Emotionale Reife)
Fähigkeit zur Selbstreflexion, Impulskontrolle und konstruktivem Umgang mit Emotionen
5
Personal integrity(Integrität, Anstand)
Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, moralische Prinzipientreue → schafft Vertrauen
6
Socialized power motivation(„Sozialisiertes“ Machtmotiv)
Wunsch, Einfluss zum Wohl der Gruppe auszuüben (nicht egoistisch)
7
Moderately high achievement orientation(Mittelhohe Leistungsorientierung)
Ehrgeiz, Ziele zu erreichen, ohne dabei ungeduldig oder überambitioniert zu sein
8
Low need for affiliation(Geringes Zugehörigkeitsbedürfnis)
Fähigkeit, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen; nicht zu stark vom Wunsch nach Harmonie getrieben
📚 Hinweis zur Motivationstheorie von McClelland:
Diese Merkmale spiegeln zentrale Motive aus McClellands Theorie wider:
* Leistungsmotiv (achievement)
* Machtmotiv (power)
* Anschlussmotiv (affiliation)
👉 Effektive Führungskräfte haben laut McClelland typischerweise:
* hohes Machtmotiv (sozialisiert!)
* mittelhohes Leistungsmotiv
* geringes Anschlussmotiv
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🧠 Klausur-Merksatz:
Gute Führung braucht Energie, Selbstvertrauen, innere Steuerung, Reife und den Willen, für andere Verantwortung zu übernehmen – nicht, allen gefallen zu wollen.
4.1. Eigenschaftsansatz der Führung
Personale Determinanten von
Führungserfolg (vgl. Felfe 2009, S. 24f)
- Felfe untersucht Zusammenhang Führungserfolg und BIG
FIVE Persönlichkeitsmerkmale aus der Psychologie - Alle fünf Dimensionen des sog. BIG FIVE-Modells weisen
eine positive Korrelation mit Führungserfolg auf:
– Gewissenhaftigkeit (r = 0,16)
– Emotionale Stabilität ( = 0,22)
– Verträglichkeit (r = 0,21)
– Extraversion (r = 0,24)
– Offenheit (r = 0,24)
- Aber man findet partiell höhere Korrelationen für:
– Durchsetzungsvermögen (r = 0,37)
– Leistungsmotivation (r = 0,35)
– Selbstbewusstsein (r = 0,19)
– Intelligenz (r = 0,52)
🧾 Interpretation: Alle Merkmale sind förderlich, aber nicht allein entscheidend für Führungserfolg.
❗ Intelligenz ist der stärkste Einzelprädiktor für Führungserfolg in Felfes Untersuchung.
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🧠 Fazit für die Klausur:
Führungserfolg ist mehrdimensional bedingt – Persönlichkeit (Big Five), kognitive Fähigkeiten, sowie Leistungsmotivation und Durchsetzungsfähigkeit wirken zusammen.
4.1. Eigenschaftsansatz der Führung
Emotionale Intelligenz
- Emotionale Intelligenz bezeichnet ein Bündel von nicht-
kognitiven Merkmalen einer Person:
– Selbstwahrnehmung: erkennen der eigenen Gefühle
– Selbstmanagement: eigene Gefühle und Impulse handhaben
– Selbstmotivation: bei Rückschlägen und Misserfolgen
standhalten
– Empathie: erkennen, was andere fühlen
– Soziale Fähigkeiten: mit den Emotionen anderer umgehen
- Grundthese der jüngeren Forschung zu Emotionaler
Intelligenz: „Menschen mit hoher Emotionaler Intelligenz
sind beruflich erfolgreicher“ - Diese Grundthese findet empirisch durchaus einiges an
Unterstützung
📈 Bedeutung im Berufsleben:
* Die Grundthese vieler Studien:
„Menschen mit hoher emotionaler Intelligenz sind im Beruf erfolgreicher.“
* Warum?
* Sie können besser führen, besser mit Konflikten umgehen, bessere Beziehungen aufbauen.
* Sie sind stressresistenter, kommunikationsstärker, und oft besser im Team.
* Empirische Studien zeigen:
* Positive Korrelation zwischen emotionaler Intelligenz und Führungserfolg, Teamleistung und beruflichem Aufstieg.
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🧠 Klausur-Merksatz:
Emotionale Intelligenz bedeutet, eigene und fremde Gefühle klug zu steuern – sie ist eine Schlüsselkompetenz moderner Führung.
4.1. Eigenschaftsansatz der Führung
Kritische Würdigung
- Über „Eigenschaften“ kann ein Teil der Varianz im Führungserfolg
erklärt werden - Als zentrale bzw. dominant verwendete Führungstheorie gilt die
Eigenschaftstheorie dennoch als veraltet und überholt, weil auch
Verhalten, Geführte, Situationsbedingungen etc. Führungserfolg
jeweils partiell erklären: - Eigenschaften spielen in relativ unstrukturierten (sog. „schwachen“)
Situationen eine potentielle größere Rolle für das Verhalten und den
Führungserfolg als in strukturierten (sog. „starken“) Situationen - Sind Verhältnisse in Organisationen relativ stark strukturiert, sinkt
der potentielle Beitrag der Eigenschaften zur Prognose von
Führungserfolg - In der Personalauswahl wird häufig nach Eigenschaften von
Personen gesucht, die Führungserfolg prognostizieren können. - In verschiedenen politischen Arenen spielt die eigenschaftsge-
steuerte Suche nach dem „Great Man“ eine bedeutende Rolle;
(historisch relevanter) Zusammenhang zu Unsicherheit? - Das Kriterium des Führungserfolges muss spezifiziert
werden, um die Prognose- und Erklärungskraft von
Eigenschaften zu spezifizieren. - Genereller Führungserfolg ist z.B. schlechter
vorhersagbar als spezifischer Erfolg in der
Nachwuchsförderung oder bei der Steigerung von
Verkaufszahlen. - Messung von Eigenschaften ist häufig noch höchst
invalide (Validität: Gültigkeit, beantwortet die Frage, ob
das gemessen wird, was gemessen werden soll). - Unterschiedliche Eigenschaften können ggf. unter-
schiedliche Grade von Stabilität aufweisen. - Als Abstraktionen von Person-Situations-Interaktionen
könnten Eigenschaften auch situationsvariabel sein – in
bestimmten Situationen zeigt jemand dieses Verhalten,
aus dem Eigenschaft X gefolgert wird, in anderen
Situationen jenes Verhalten, aus dem Eigenschaft Z
gefolgert wird.
🧠 Kritische Würdigung der Eigenschaftstheorie der Führung
✅ Stärken:
* Eigenschaften können einen Teil des Führungserfolgs erklären, z. B. durch Big Five, Intelligenz, emotionale Intelligenz.
* Besonders in unstrukturierten („schwachen“) Situationen können Persönlichkeitseigenschaften stark wirken, da es wenig klare Regeln gibt (z. B. Start-ups, Krisensituationen).
* Auch heute noch relevant in der Personalauswahl und in öffentlichen Erwartungshaltungen („Great Man“-Narrativ).
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❌ Schwächen / Kritikpunkte:
Kritikpunkt
Erklärung
🔸 Nicht allein entscheidend
Führungserfolg hängt nicht nur von Eigenschaften ab, sondern auch von Verhalten, Situation und Merkmalen der Geführten.
🔸 Begrenzte Prognosekraft in strukturierten Organisationen
In stark geregelten Umfeldern („starke Situationen“) wird das Verhalten weniger durch Persönlichkeit, mehr durch Regeln, Rollen oder Technik bestimmt.
🔸 Messprobleme
Die Validität (Gültigkeit) der Eigenschaftsmessung ist oft fraglich – misst man wirklich das, was man zu messen glaubt?
🔸 Unklare Definition von Führungserfolg
Was heißt „erfolgreiche Führung“? → Ohne genaue Erfolgskriterien (z. B. Mitarbeiterbindung vs. Umsatzziele) sind Eigenschaften schwer einzuordnen.
🔸 Eigenschaften sind kontextabhängig
Verhalten (und damit zugeschriebene Eigenschaften) ist oft situationsspezifisch: dieselbe Person kann je nach Kontext ganz unterschiedlich erscheinen.
📌 Fazit:
Die Eigenschaftstheorie bietet wichtige Grundlagen, ist aber nicht hinreichend, um Führungserfolg umfassend zu erklären.
Moderne Ansätze kombinieren sie mit Verhaltens-, situativen und interaktionistischen Modellen.
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🧠 Klausur-Merksatz:
Eigenschaften sind wichtig – aber ohne Kontext bleiben sie blind. Führung entsteht im Zusammenspiel von Person, Situation und Verhalten.
4.2.1. Definition und Klassifikation von Führungsstilansätzen
Definition Führungsstil
Führungsstil:
- die typische, dauerhaft bzw. wiederkehrend gezeigte Art
und Weise, in der Vorgesetzte ihre Mitarbeiter führen. - Verhalten, welches von Führungspersonen gegenüber
ihren Mitarbeitern im Führungsalltag typischer Weise
gezeigt wird; erkennbare Muster oder Grundaus-
richtungen im Führungsverhalten. - Es geht damit** nicht um das gesamte Spektrum **der
Verhaltensweisen, die im Verhalten eines Vorgesetzten
möglicherweise auftreten: z.B. gehört Verhalten in
Extremsituationen, unter besonderer Anspannung oder
in außerordentlich kritischen Situationen bzw. nur
vereinzelt oder selten auftretendes Verhalten nicht zum
Führungsstil.
🔍 Kernaussagen zur Definition:
Aspekt
Beschreibung
🎯 Kernidee
Der Führungsstil ist ein erkennbares Verhaltensmuster einer Führungskraft im Alltag.
🔁 Stabilität
Er ist nicht situativ oder spontan, sondern zeigt sich dauerhaft und regelmäßig.
👥 Beziehungsorientierung
Bezieht sich immer auf das Verhalten gegenüber den Mitarbeitenden – also auf die Führung der Menschen, nicht auf z. B. Technik, Prozesse o. Ä.
🚫 Abgrenzung
Verhalten in Ausnahme- oder Extremsituationen (z. B. Krisen, Notfälle) gehört nicht zum Führungsstil – weil es nicht typisch oder dauerhaft ist.
🧠 Klausur-Merksatz:
Der Führungsstil beschreibt das typische und wiederkehrende Verhalten einer Führungskraft gegenüber Mitarbeitenden – nicht das Verhalten in Ausnahmesituationen.
4.2.1. Definition und Klassifikation von Führungsstilansätzen
Merkmale zur Unterscheidung von
Führungsstilen
Häufig verwendete Merkmale zur Unterscheidung von
Führungsstilen:
Eindimensionale Führungsstilansätze:
* Aufteilung der Entscheidungskompetenzen zwischen
Mitarbeitern und Vorgesetzten
Mehrdimensionale Führungsstilansätze:
* Ausmaß der Mitarbeiterorientierung, Betonung der
Mitarbeiterinteressen, Eingehen auf soziale Belange der
Mitarbeiter
* Ausmaß der Sachorientierung, Betonung der sachlichen
Ziele der Arbeitsgruppe, Verfolgung der wirtschaftlichen
Interessen des Unternehmens
Häufig verwendete Merkmale zur Unterscheidung von
Führungsstilen:
Normative Führungsstilansätze:
* Geben Empfehlungen zu gutem oder optimalem
Führungsverhalten
Deskriptive Führungsstilansätze:
* Unterscheiden und beschreiben in der Realität
auftretende Führungsstile, ohne diese zu bewerten bzw.
ohne „beste“ Stile zu empfehlen
- 🔹 Eindimensionale vs. Mehrdimensionale Ansätze
Merkmal
Beschreibung
Eindimensional
Fokus auf ein zentrales Kriterium – z. B. Grad der Entscheidungsbeteiligung (autoritär vs. demokratisch).
Beispiel
Lewins Führungsstile (autoritär – demokratisch – Laissez-faire).
Mehrdimensional
Berücksichtigt mehrere Kriterien gleichzeitig, z. B.:– Mitarbeiterorientierung (soziale Aspekte, Fürsorge)– Aufgaben-/Sachorientierung (Zielerreichung, Effizienz).
Beispiel
Managerial Grid nach Blake & Mouton.
- 🧭 Normativ vs. Deskriptiv
Merkmal
Beschreibung
Normativ
Gibt Empfehlungen, wie gute Führung aussehen sollte.→ Ziel: Optimierung des Führungsverhaltens.
Beispiel
Situativer Führungsstil nach Hersey & Blanchard: Führung soll sich je nach Reifegrad der Mitarbeitenden anpassen.
Deskriptiv
Beschreibt, welche Führungsstile es tatsächlich gibt, ohne zu bewerten.→ Fokus liegt auf Analyse & Verständnis.
Beispiel
Soziologische oder empirische Untersuchungen zu beobachtbaren Führungsstilen.
🧠 Klausur-Merksatz:
Eindimensionale Modelle fokussieren auf ein Merkmal wie Machtverteilung; mehrdimensionale Modelle kombinieren z. B. Mitarbeiter- und Sachorientierung.
Normative Ansätze geben Empfehlungen, deskriptive Ansätze beschreiben nur.
4.2.1. Definition und Klassifikation von Führungsstilansätzen
Führungsstile - Situationsvariablen
Ansätze, die normative Empfehlungen oder deskriptive
Aussagen zum situativen Einsatz von Führungsstilen geben,
verwenden häufig folgende Variablengruppen zur
Beschreibung der Situation i.w.S.:
- Charakteristika der Vorgesetztenseite (z.B.
Positionsmacht, Erfahrungen, Wissensstand) - Charakteristika der Mitarbeiterseite (z.B. Qualifikation,
Motivation, Reife der Mitarbeiter) - Charakteristika der Führungsbeziehung (z.B. Qualität der
Führungsbeziehung) - Charakteristika der Führungssituation i.e.S. (z.B.
Beschaffenheit der Entscheidungssituation,
Aufgabenstruktur).
📘 Führungsstile – Situationsvariablen
Situative Führungsansätze (z. B. Hersey & Blanchard, Fiedler, Vroom & Yetton) gehen davon aus, dass kein Führungsstil per se „richtig“ oder „falsch“ ist – sondern dass der passende Führungsstil von der konkreten Situation abhängt.
Um diese Situation zu beschreiben, werden vier Variablengruppen herangezogen:
- 👤 Charakteristika der Vorgesetztenseite
Was bringt die Führungskraft selbst an Voraussetzungen mit?
* Beispiele: * Positionsmacht (formale Autorität) * Erfahrung in Führungssituationen * Fachwissen und Problemlösekompetenz * Persönlichkeitsmerkmale (z. B. Selbstvertrauen, Stressresistenz)
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- 👥 Charakteristika der Mitarbeiterseite
Wie „fähig“ und „willig“ sind die Geführten?
* Beispiele: * Qualifikation (Fachkenntnisse, Berufserfahrung) * Motivation (Leistungsbereitschaft, Zielbindung) * Reifegrad (Selbstständigkeit, Verantwortungsbereitschaft) * Bedürfnis nach Anleitung oder Autonomie
⸻
- 🔄 Charakteristika der Führungsbeziehung
Wie ist die Beziehung zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden?
* Beispiele: * Vertrauen und Loyalität * Kommunikationsqualität * Konflikthäufigkeit oder Harmonie * Gegenseitige Akzeptanz
⸻
- 🏗️ Charakteristika der Führungssituation im engeren Sinne
Wie sieht die konkrete Führungssituation aus?
* Beispiele: * Aufgabenstruktur (klar vs. unklar) * Entscheidungskomplexität * Zeitdruck * Innovationsgrad / Routinegrad der Aufgabe
⸻
🧠 Klausur-Merksatz:
Situative Führungsstile passen den Führungsstil an die Eigenschaften der Führungskraft, der Mitarbeitenden, der Beziehung und der konkreten Aufgabe an.
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
IOWA-Studien (Lewin et. al.)
IOWA-Studien (Lewin et. al.)
* Laborexperimente mit Kindern zur Wirkung
verschiedener Führungsstile
* 3 Führungsstile:
– Demokratischer Führungsstil (vorgegeben)
– Autokratischer Führungsstil (vorgegeben)
– Lassez-Faire-Führungsstil (im Experiment
entstanden)
* Unterscheidungsmerkmal der Führungsstile: Aufteilung
der Entscheidungskompetenz zwischen Mitarbeitenden
und Führungsperson
Zentrale Ergebnisse der IOWA-Studien
S157
🔬 Studienaufbau:
* Ort: Universität Iowa, USA
* Methode: Laborexperimente mit Kindergruppen (z. B. beim Basteln, Malen)
* Ziel: Untersuchung der Wirkung verschiedener Führungsstile auf Leistung, Motivation und Gruppenklima
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🎭 Die drei Führungsstile (in der Studie):
Führungsstil
Merkmale
Wirkung (Beobachtungen im Experiment)
Autokratisch (autoritäres Verhalten)
- Alle Entscheidungen durch die Leitung- Klare Kontrolle, kaum Mitsprache- Stark strukturierter Ablauf
🔹 Höhere kurzfristige Leistung🔹 Wenig Eigeninitiative🔹 Geringe Motivation🔹 Aggressives Gruppenklima
Demokratisch
- Leitung bezieht Kinder ein- Gemeinsame Entscheidungen- Viel Feedback, Unterstützung
🔹 Hohe Motivation🔹 Eigenständigkeit🔹 Positives Klima🔹 Gutes Gruppenzusammengehörigkeitsgefühl
Laissez-Faire
- Keine Führung, keine Struktur- Kinder „machen einfach“
🔹 Geringe Leistung🔹 Verwirrung, Orientierungslosigkeit🔹 Kaum Zusammenarbeit
S157
📌 Fazit der Studien (Verallgemeinerung):
Demokratischer Führungsstil ist deutlich besser als die anderen Stile – insbesondere hinsichtlich Motivation, Originalität, Gruppenklima und Stabilität der Leistung.
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Kritik an der Verallgemeinerung der
Ergebnisse der IOWA-Studien
- Verallgemeinerung der empirischen Ergebnisse ist u.a.
deswegen problematisch, weil in den IOWA-Studien
– Kinder statt Erwachsene
– bei nichtexistentiellen Tätigkeiten statt bei
Einkommenserwerb
– in Kurzzeitinteraktionen statt langfristigen
Beziehungen
– in Laborexperimenten statt in der realen Welt
untersucht wurden. - Die Übertragbarkeit der Ergebnisse in andere Kontexte
ist nicht gesichert.
❗ Kritik an der Verallgemeinerung der Ergebnisse der IOWA-Studien
Die Studien von Lewin et al. gelten als wegweisend, stoßen aber auf methodische und kontextuelle Kritik:
🔍 1. Untersuchungsgruppe:
* Kinder statt Erwachsene
→ Kinder reagieren anders auf Autorität und Gruppenprozesse als erwachsene Mitarbeitende in Betrieben.
⚒️ 2. Aufgabencharakter:
* Nichtexistentielle Tätigkeiten
→ Die Aufgaben im Experiment waren spielerischer Natur (z. B. Bastelarbeiten) und nicht mit echter ökonomischer Notwendigkeit wie beim Einkommenserwerb verbunden.
⏱️ 3. Zeitliche Dimension:
* Kurzzeitinteraktionen statt langfristiger Beziehungen
→ Führung im Arbeitsleben beruht oft auf langfristigem Vertrauen, was in einem kurzfristigen Laborumfeld nicht abgebildet werden kann.
🧪 4. Setting:
* Laborexperiment statt betriebliche Realität
→ Die künstliche Laborumgebung ist wenig vergleichbar mit den komplexen sozialen und wirtschaftlichen Realitäten in Unternehmen.
⸻
🧩 Fazit:
Die Ergebnisse der IOWA-Studien sind nicht ohne Weiteres auf die Arbeitswelt übertragbar. Für fundierte Aussagen zur Wirksamkeit von Führungsstilen im Berufsleben sind realitätsnähere, langfristig angelegte Studien mit erwachsenen Proband:innen erforderlich.
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Führungsstilkontinuum nach
Tannenbaum/Schmidt
Führungsstile nach Tannenbaum/Schmidt
1. Autoritärer Führungsstil: Vorgesetzte entscheidet ohne
Konsultation der Mitarbeitenden.
- Patriarchalischer Führungsstil: Vorgesetzte entscheidet,
versucht aber, Mitarbeitenden von seinen Entscheidungen
zu überzeugen, bevor angerodnet wird. - Informierender Führungsstil: Vorgesetzte entscheidet,
gestattet jedoch Fragen zu Entscheidungen, um dadurch
die Akzeptanz der Entscheidungen bei den Mitarbeitenden
zu erhöhen. - Beratender Führungsstil: Vorgesetzte informiert
Mitarbeitende über zu treffende Entscheidungen; diese
können ihre Meinungen äußern, bevor Vorgesetzte die
endgültige Entscheidung trifft. - Kooperativer Führungsstil: Mitarbeitende/
Arbeitsgruppe entwickelt Vorschläge; Vorgesetzte
entscheidet sich für Alternative aus dem Kreis dieser
Vorschläge. - Delegativer Führungsstil: Mitarbeitende/Arbeitsgruppe
entscheidet, nachdem Vorgesetzte die Probleme
aufgezeigt und Grenzen des Entscheidungsspielraums
festgelegt hat. - Autonomer Führungsstil: Mitarbeitende/Arbeitsgruppe
entscheidet, Vorgesetzte fungiert nach innen und nach
außen nur koordinierend.
Quelle: Wunderer (1995); HWF, Sp. 1379/1380
Auswahl des Führungsstils
Nach Tannenbaum und Schmidt (1959) sollen
Führungspersonen ihren Führungsstil wählen jeweils in
Abhängigkeit von
– eigenen Merkmalen
(Erfahrungen, Kenntnissen, Werten etc.)
– Merkmalen der Mitarbeitendengruppe
(Qualifikation, Motivation, Zusammensetzung etc.)
– Merkmalen der Situation
(Aufgabe, Umwelt etc.)
🎯 Führungsstilkontinuum nach Tannenbaum & Schmidt
Dieses Modell beschreibt sieben Abstufungen zwischen einer autoritären und einer autonomen Führung. Es zeigt, wie stark Mitarbeitende in Entscheidungen eingebunden werden.
🔴 1. Autoritärer Führungsstil
* Vorgesetzte entscheidet allein – ohne Rücksprache.
* Mitarbeitende führen lediglich aus.
* Merkmal: Null Partizipation.
* → z. B. in Notfällen, Krisensituationen.
⸻
🔴 2. Patriarchalischer Führungsstil
* Vorgesetzte entscheidet allein, versucht aber, zu überzeugen, bevor sie anordnet.
* Mitarbeitende sollen Verständnis entwickeln, aber nicht mitentscheiden.
* → z. B. in traditionell hierarchischen Strukturen.
⸻
🟠 3. Informierender Führungsstil
* Entscheidung wird einseitig getroffen, aber erklärt.
* Fragen sind erlaubt, um Akzeptanz zu fördern.
* → Stärkung der Motivation durch Information.
⸻
🟡 4. Beratender Führungsstil
* Mitarbeitende werden vor der Entscheidung informiert.
* Sie können ihre Meinung äußern, Vorgesetzte trifft aber finale Entscheidung.
* → erste echte Einbindung der Mitarbeitenden.
⸻
🟢 5. Kooperativer Führungsstil
* Mitarbeitende bringen eigene Vorschläge ein.
* Vorgesetzte wählt aus dem Vorschlagspool aus.
* → geteilte Verantwortung, höhere Motivation.
⸻
🔵 6. Delegativer Führungsstil
* Vorgesetzte legt Rahmen und Ziele fest.
* Mitarbeitende entscheiden selbst innerhalb dieses Spielraums.
* → Vertrauen, Eigenverantwortung, Empowerment.
⸻
⚪ 7. Autonomer Führungsstil
* Mitarbeitende entscheiden völlig selbstständig.
* Vorgesetzte ist nur koordinierend tätig, fungiert als Coach oder Moderator.
* → z. B. bei selbstorganisierten Teams oder agilen Arbeitsformen.
⸻
📈 Einordnung & Anwendung:
* Das Modell ist situationsabhängig anwendbar.
* Es zeigt eine Kontinuität, nicht starre Kategorien.
* Gute Führung bedeutet: den Stil flexibel an Reifegrad, Aufgabe, Zeitdruck usw. anpassen.
🧭 Auswahl des Führungsstils nach Tannenbaum & Schmidt (1959)
Tannenbaum & Schmidt betonen, dass kein Führungsstil immer optimal ist. Stattdessen hängt die passende Führungsweise von drei zentralen Einflussfaktoren ab:
⸻
- 🧑💼 Eigenschaften der Führungsperson
- Erfahrung mit Führung
- Fachliche Kompetenz
- Persönliche Werte und Haltung zur Partizipation
- Selbstvertrauen in sich und die Gruppe
→ Je selbstsicherer und partizipationsorientierter eine Führungskraft ist, desto eher wird sie kooperative oder delegative Stile bevorzugen.
⸻
- 👥 Merkmale der Mitarbeitenden
- Fachliche Qualifikation: Können die Mitarbeitenden Entscheidungen fundiert treffen?
- Motivation und Leistungsbereitschaft
- Reifegrad und Verantwortungsbereitschaft
- Teamzusammensetzung und Kommunikationskultur
→ Je kompetenter und engagierter die Mitarbeitenden sind, desto eher können sie in Entscheidungen einbezogen werden.
⸻
- 🌍 Situationsmerkmale
- Art der Aufgabe: Komplexität, Kreativität, Dringlichkeit
- Zeitdruck: In Notfällen eher autoritärer Stil
- Organisationskultur: Wie stark sind Mitbestimmung und Offenheit üblich?
- Externe Rahmenbedingungen: Marktveränderungen, rechtliche Vorschriften
→ Je strukturierter und stabiler die Situation, desto besser lassen sich partizipative Stile umsetzen.
⸻
📌 Fazit:
Der Führungsstil ist kein statisches Persönlichkeitsmerkmal, sondern eine bewusste Entscheidung, die sich an Menschen und Kontexten orientiert.
🧠 Merksatz für die Klausur:
Der optimale Führungsstil ergibt sich aus dem Zusammenspiel von Person, Mitarbeitenden und Situation.
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Das Führungsmodell von
Vroom, Yetton und Jago
Überblick:
Das Führungsmodell von
Vroom, Yetton und Jago
Überblick:
– Normatives Entscheidungsmodell
– 5 Führungsstile bzw. Entscheidungsmethoden werden
unterschieden
– 7 Determinanten der Entscheidungssituation werden
abgebildet
– 7 Entscheidungsregeln für die Auswahl eines
Führungsstils in einer Entscheidungssituation werden
formuliert
– Abgrenzung von zulässigen Führungsstilen in
bestimmten Situationen
– Auswahl zwischen den zulässigen Stilen anhand der
Metamodelle A und B
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Das Führungsmodell von
Vroom, Yetton und Jago
Führungsstile/ Entscheidungsmethoden:
Das Führungsmodell von
Vroom, Yetton und Jago
Führungsstile/ Entscheidungsmethoden:
* AI - Autoritäre Alleinentscheidung
* AII - Autoritäre Entscheidung nach
Information durch die Mitarbeiter
* CI/BI- Consultative/Beratende Entscheidung nach
Einzelberatung mit Untergebenen
* CII/BII - Consultative/Beratende Entscheidung nach
Gruppenbesprechung
* GII - Problemlösung und Entscheidung durch die
Gruppe
🔍 1. Grundidee
Das Modell zeigt, welcher Führungsstil in einer bestimmten Entscheidungssituation sinnvoll ist – also:
Wie stark sollen Mitarbeitende in Entscheidungsprozesse einbezogen werden, um Effektivität & Akzeptanz zu maximieren?
⸻
🧭 2. Die 5 Entscheidungsstile
Diese Stile unterscheiden sich im Grad der Mitarbeiterbeteiligung:
Stil
Bezeichnung
Beschreibung
AI
Autokratisch I
Führungskraft trifft Entscheidung allein, ohne Info von MA
AII
Autokratisch II
Entscheidung wird alleine getroffen, aber nach Einholung von Informationen der MA
CI
Konsultativ I
Führungskraft trifft Entscheidung nach Einzelgesprächen mit MA
CII
Konsultativ II
Entscheidung nach Gruppendiskussion mit MA, aber Entscheidung liegt bei der Führungskraft
GII
Gruppenentscheidung
MA erarbeiten gemeinsam mit der Führungskraft eine Entscheidung – Konsens oder Mehrheitsbeschluss
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Das Führungsmodell von
Vroom, Yetton und Jago
Entscheidungsbedingungen
Entscheidungsbedingungen
A- Spielt die Qualität der Lösung eine wichtige Rolle
bzw. ist eine Entscheidung vermutlich sachlich
besser als eine andere?
B- Hat Vorgesetzte selbst alle Informationen für eine
richtige Entscheidung?
C- Ist das Problem strukturiert bzw. ist es bekannt,
welche Informationen fehlen, wie das Problem zu
lösen ist und wo die fehlenden Informationen
gefunden werden können?
D- Müssen die Mitarbeitenden die Entscheidung
akzeptieren, weil sie diese ausführen müssen (oder
wird sie von anderen ausgeführt?)
E- Wenn Vorgesetzte die Entscheidung alleine trifft
wird sie dann von seinen Mitarbeitenden akzeptiert?
F- Verfolgen die Mitarbeitenden ihre eigenen
Interessen oder akzeptieren sie die Organisations-
ziele?
G- Wird es unter den Mitarbeitenden vermutlich zu Kon-
flikten kommen, welche Lösung die bevorzugte
ist?
🧠 Die 7 Entscheidungsbedingungen (Fragen A–G) im Überblick
Kürzel
Entscheidungsfrage
Bedeutung
A
Ist die Qualität der Lösung wichtig?
Wenn ja, ist eine sachlich gute Entscheidung entscheidend, z. B. bei technischen Problemen, rechtlichen Fragen etc.
B
Hat die Führungskraft alleine genug Wissen?
Wenn nein, muss man andere einbeziehen, um Informationslücken zu schließen.
C
Ist das Problem strukturiert?
Wenn ja, ist klar, wie man das Problem lösen kann. Wenn nicht, sind mehr Perspektiven sinnvoll.
D
Müssen Mitarbeitende die Entscheidung mittragen/ausführen?
Wenn ja, braucht man Akzeptanz – also eher partizipative Stile.
E
Wird eine alleinige Entscheidung akzeptiert?
Wenn nein, steigt das Risiko für Widerstand → eher Einbezug notwendig.
F
Verfolgen MA dieselben Ziele wie die Organisation?
Wenn nein, braucht es Kontrolle oder Beteiligung, um Interessenkonflikte zu lösen.
G
Gibt es Meinungsverschiedenheiten unter MA?
Wenn ja, ist Moderation nötig, um Konsens zu fördern.
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Das Führungsmodell von
Vroom, Yetton und Jago
Entscheidungsregeln
Grafische Abbildung des Entscheidungsmodells von
Vroom und Yetton S169
Entscheidungsregeln
- Informationsregel:
Wenn die Entscheidungsqualität wichtig ist und
Vorgesetzte nicht alle relevanten Informationen selber
hat, so ist AI auszuscheiden. - Zielübereinstimmungsregel:
Wenn die Entscheidungsqualität wichtig ist, die
Mitarbeitenden aber die Organisationsziele nicht teilen,
ist G II auszuscheiden. - Regel für unstrukturierte/unklare Probleme:
Wenn bei notwendiger Entscheidungsqualität den
Vorgesetzten wichtige Informationen fehlen, dann
müssen diese auf effiziente Weise von Mitarbeitenden
eingeholt werden; deshalb entfallen neben AI auch die
aufwendigen, an Einzelgespräche gebundenen Stile A II
und CI. - Akzeptanzregel:
Wenn die Akzeptanz der Entscheidung durch die
Mitarbeitenden wichtig ist und diese eine autokratische
Entscheidung vermutlich nicht akzeptieren werden,
fallen A I und A II aus. - Konfliktregel:
Wenn die Akzeptanz der Entscheidung wichtig ist, die
Mitarbeitenden eine Alleinentscheidung vermutlich nicht
akzeptieren werden und vermutlich über die beste
Lösung uneins sein werden, dann muss eine
Gruppenbesprechung stattfinden, in der über das beste
Vorgehen diskutiert werden kann. Damit bleiben nur C II
und G II als Führungsstile übrig. - Fairness-Regel:
Wenn die Entscheidungsqualität unwichtig ist, aber
gleichzeitig die Akzeptanz wichtig ist und
Alleinentscheidungen abgelehnt werden, soll der Stil G II
gewählt werden, um eine möglichst hohe Zustimmung
zu erreichen. - Akzeptanz-Vorrang-Regel:
Wenn Mitarbeitende die Organisationsziele teilen und
die Akzeptanz wichtig, aber bei einer Alleinentscheidung
nicht wahrscheinlich ist, dann müssen AI, AII, CI und CII
außer Betracht bleiben, d.h. nur noch G II kommt in
Frage.
🧠 Die 7 Entscheidungsregeln einfach erklärt:
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- Informationsregel
Wenn Qualität wichtig ist und die Führungskraft nicht alle Infos hat → AI (autokratische Entscheidung ohne Konsultation) ist ausgeschlossen.
📌 Beispiel: Du musst ein technisches Problem lösen, kennst aber nicht alle Details → dann kannst du nicht alleine entscheiden.
⸻
- Zielübereinstimmungsregel
Wenn Qualität wichtig ist, aber die Mitarbeitenden die Organisationsziele nicht teilen → GII (Entscheidung durch die Gruppe) ist ausgeschlossen.
📌 Beispiel: Wenn Mitarbeitende eigene Interessen verfolgen (z. B. Gewerkschaft gegen Geschäftsleitung), dann ist eine Gruppenentscheidung nicht sinnvoll – sie könnte sabotiert werden.
⸻
- Regel für unstrukturierte/unklare Probleme
Wenn Qualität wichtig ist, Infos fehlen und das Problem unstrukturiert ist → dann sind AI, AII und CI zu aufwendig oder ineffizient.
📌 Beispiel: Du hast ein neues, unbekanntes Problem und brauchst schnell gute Ideen → Einzelgespräche dauern zu lange, also: lieber direkt ein Gruppengespräch (CII oder GII).
⸻
- Akzeptanzregel
Wenn Akzeptanz wichtig ist und eine alleinige Entscheidung nicht akzeptiert würde → AI und AII entfallen.
📌 Beispiel: Wenn ein Team über seine neue Arbeitszeit mitentscheiden soll, funktioniert ein Befehl von oben nicht gut.
⸻
- Konfliktregel
Wenn Akzeptanz wichtig ist, Alleinentscheidung nicht akzeptiert wird und Konflikte unter Mitarbeitenden drohen → nur CII oder GII möglich.
📌 Beispiel: Im Team gibt’s Streit über den besten Projektplan. Nur ein Gruppengespräch hilft, um alle mitzunehmen.
⸻
- Fairness-Regel
Wenn Qualität nicht wichtig, aber Akzeptanz schon → GII bevorzugt, damit alle zufrieden sind.
📌 Beispiel: Es geht um die Auswahl der Weihnachtsfeier – Qualität egal, aber Zustimmung der Gruppe wichtig → Gruppe soll selbst entscheiden.
⸻
- Akzeptanz-Vorrang-Regel
Wenn Mitarbeitende die Organisationsziele teilen, Akzeptanz aber nicht sicher ist → dann bleibt nur GII übrig.
📌 Beispiel: Mitarbeitende stehen hinter dem Unternehmen, aber eine Entscheidung könnte trotzdem schlecht aufgenommen werden → gemeinsam in der Gruppe entscheiden.
⸻
🧩 Fazit
Diese Regeln helfen dir systematisch:
* schlechte Stile auszuschließen,
* akzeptable Alternativen einzugrenzen,
* den optimalen Stil abhängig von Qualität, Information, Akzeptanz und Konfliktlage zu finden.
Grafische Abbildung des Entscheidungsmodells von
Vroom und Yetton S169
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Metamodelle bei Vroom/Yetton und Jago
- Für mehrere Entscheidungssituationen gibt es mehrere
zulässige Stile. Meta-Modelle sollen dann die Auswahl
bestimmen: - Meta-Modell A: Wähle den zulässigen Führungsstil, der
den geringsten Grad an Entscheidungspartizipation auf-
weist! (zielt auf Schnelligkeit der Entscheidungsfindung) - Meta Modell B: Wähle den zulässigen Führungsstil, der
den höchsten Grad an Entscheidungspartizipation
aufweist! (zielt auf Teamentwicklung und unterstellte
Entwicklungs- und Mitentscheidungsbedürfnisse der
Mitarbeiter)
📌 Meta-Modell A (Minimalpartizipation)
Wähle den Führungsstil mit dem geringsten Partizipationsgrad, der noch zulässig ist.
* Beispiel: Wenn es dringend ist, etwa bei einem IT-Sicherheitsproblem oder einer Lieferkrise, zählt schnelles Entscheiden → AI oder AII wird bevorzugt. * Ziel: Effizienz, Schnelligkeit, klare Zuständigkeiten.
⸻
📌 Meta-Modell B (Maximalpartizipation)
Wähle den Führungsstil mit dem höchsten Partizipationsgrad, der noch zulässig ist.
* Beispiel: Bei einem Projekt, das Innovationsideen braucht oder bei dem Mitarbeitende stark einbezogen werden sollen, nimmst du GII. * Ziel: Motivation, Teambuilding, Förderung von Selbstverantwortung.
4.2.2. Eindimensionale Führungsstilansätze
Kritische Würdigung
- gibt viel Handlungsorientierung und damit ggf. Sicherheit
- führt zu „Programmierung“ der Vorgesetzten –
verträglich mit Autonomiestreben und Statusbedürf-
nissen? - Praxis:
– ggf. nicht alle Fragen mit Ja oder Nein klar zu
beantworten; teils/teils oder
Wahrscheinlichkeitsangaben aber nicht zugelassen
– Ggf. weitere Entscheidungsbedingungen relevant?
(Ausblendung vieler Kombinationen)
🧐 Kritische Würdigung des Vroom-Yetton-Jago-Modells
✅ Stärken:
1. Hohe Handlungsorientierung:
* Das Modell gibt klare Entscheidungsregeln, die Führungskräften helfen, in komplexen Situationen schnell und systematisch einen passenden Führungsstil zu wählen.
* Das schafft Sicherheit, gerade für weniger erfahrene Führungskräfte oder in unübersichtlichen Lagen.
2. Differenzierung nach Situation:
* Anders als starre Führungsstil-Modelle berücksichtigt dieses Modell die Situation, z.B. wie wichtig die Entscheidung ist oder ob Mitarbeitende eingebunden werden müssen.
⸻
❗ Schwächen / Kritikpunkte:
1. Gefahr der „Programmierung“ von Führungskräften:
* Führung wird hier zu einem technischen Ablaufplan – Führungskräfte könnten sich zu stark an Regeln klammern, statt flexibel und kreativ zu agieren.
* Dies könnte Autonomiestreben und Statusbedürfnisse von Führungskräften beeinträchtigen – denn sie „dürfen“ nicht mehr frei führen, sondern sollen nur eine vorgegebene „Logik“ abarbeiten.
2. Eingeschränkte Antwortmöglichkeiten:
* Die Fragen zu den Entscheidungsbedingungen (A-G) sind nur mit Ja oder Nein zu beantworten.
* In der Realität sind Situationen oft ambivalent („teils/teils“, „kommt darauf an“), was vom Modell nicht abgebildet wird. Die Komplexität wird reduziert.
3. Nicht alle relevanten Faktoren werden berücksichtigt:
* Weitere wichtige Einflussgrößen wie Unternehmenskultur, individuelle Persönlichkeit, emotionale Dynamik im Team, etc., bleiben außen vor.
* Außerdem werden nicht alle möglichen Entscheidungssituationen erfasst – viele Mischformen oder seltene Fälle werden „ausgeblendet“.
⸻
🔍 Fazit:
Das Vroom-Yetton-Jago-Modell bietet gute Orientierung, aber es ist kein starres Rezept, das jede Realität perfekt abbildet. Führung erfordert neben Analyse auch Intuition, Erfahrung und Fingerspitzengefühl – Aspekte, die das Modell nur begrenzt berücksichtigt.
4.2.3. Mehrdimensionale Führungsstilansätze
Das Managerial Grid (Verhaltensgitter) nach Blake und Mouton
Das Managerial Grid (Verhaltensgitter) nach Blake und Mouton S173
Grundmodell des Managerial Grid
Wichtige Führungsstile im Verhaltensgitter-Ansatz:
- 1,1 - Führungsstil - Impoverished Management:
Betonung der Produktion und Betonung der Menschen
gering ausgeprägt; Führungsperson zeigt nur eine
minimale Führungs-Arbeitsleistung, Verbleib in der
Organisation wird gerade noch gesichert - 1,9 - Führungsstil - Country-Club-Management:
Betonung der Menschen sehr hoch, Betonung der
Produktion sehr gering bis nicht vorhanden; Befriedigung
der Mitarbeitendenbedürfnisse im Mittelpunkt des
Führungsverhaltens; Erzielung von Leistungsergebnissen
tritt in den Hintergrund - 9,1 - Führungsstil - Authority-Compliance: Betonung
der Produktion/der Leistungsergebnisse sehr stark,
Betonung der Menschen sehr gering; Führungspersonen
orientieren ihr Verhalten ausschließlich an den
Leistungsergebnissen - 5,5 - Führungsstil - Middle of the Road Management:
Beide Orientierungen mittelstark ausgeprägt;
Führungsperson geht davon aus, dass angemessene
Organisationsleistung nur bei ausgewogener
Berücksichtigung beider Dimensionen möglich ist;
ständige Kompromisse zwischen den Leistungszielen
und den Mitarbeitendenbedürfnissen/-zielen. - 9,9 - Führungsstil - Team-Management:
Führungsperson geht von der zentralen Prämisse aus,
dass gute Arbeitsleistungen von zufriedenen und
engagierten Mitarbeitenden erbracht werden, deren
Bedürfnisse am Arbeitsplatz realisiert werden können;
Produktion und Verhaltensebene werden maximal betont
Aussagen des Verhaltensgitter-Ansatzes auf
der normativen Ebene:
* Normative Empfehlung des 9,9-Führungsstiles
(Teammanagement) für alle denkbaren
Führungssituationen
Aussagen des Verhaltensgitter-Ansatzes auf
der deskriptiven Ebene:
* Instrument zur Beschreibung des in der Realität
auftretenden Führungsverhalten von Vorgesetzten
(Selbstbeschreibung/Fremdbeschreibung)
* fördert die Reflexion über das eigene Führungsverhalten
🔲 1,1 – Impoverished Management (verarmte Führung)
* Wenig Interesse an Leistung und wenig Interesse an Mitarbeitenden
* Führungskraft zeigt kaum Initiative, nur das Nötigste wird getan
* Ziel: Selbsterhalt in der Organisation, kein echter Führungsanspruch
🔧 Beispiel: Dienst nach Vorschrift, keine klaren Ziele, keine Unterstützung
⸻
🏡 1,9 – Country Club Management (Kaffeekränzchen-Führung)
* Hohe Mitarbeiterorientierung, aber kaum Leistungsorientierung
* Führungskraft will vor allem harmonisches Arbeitsklima und Zufriedenheit
* Leistung tritt in den Hintergrund
🫱 Beispiel: “Solange alle sich wohlfühlen, passt schon” – keine Zielverfolgung
⸻
📈 9,1 – Authority-Compliance (harte Leistungsorientierung)
* Maximale Leistungsorientierung, aber kaum Rücksicht auf Menschen
* Mitarbeitende gelten als Mittel zum Zweck
* Effizienz, Kontrolle, Disziplin im Vordergrund
⚠️ Beispiel: autoritärer Vorgesetzter mit Fokus auf Zahlen, Druck und Zielerreichung
⸻
⚖️ 5,5 – Middle of the Road Management (Kompromissführung)
* Ausgewogenheit zwischen Leistung und Menschenorientierung
* Führungskraft sucht ständige Kompromisse
* Kein besonders starkes Engagement für eines der beiden Ziele
🔄 Beispiel: Konflikte werden moderat gelöst, aber weder Höchstleistung noch höchste Zufriedenheit entstehen
⸻
🌟 9,9 – Team Management (idealer Führungsstil)
* Hohe Leistungsorientierung UND hohe Mitarbeiterorientierung
* Prämisse: Zufriedene, eingebundene Mitarbeitende leisten mehr
* Gemeinsame Zielverfolgung im Teamgedanken
💡 Beispiel: Partizipative Führung, starkes Teamgefühl, hohe Motivation und Leistungsbereitschaft
⸻
📌 Fazit:
Das Managerial Grid ist diagnostisch wertvoll, da es zeigt:
* Führung ist nicht eindimensional
* Effektivität entsteht durch die Balance beider Orientierungen
* Der 9,9-Stil wird als Ideal angesehen, ist aber in der Praxis nicht immer umsetzbar (z. B. bei Zeitdruck oder in Krisensituationen)
🔷 Normative Ebene (Was sollte sein?)
* Der Ansatz empfiehlt aktiv den 9,9-Führungsstil (Teammanagement) als den idealen Führungsstil.
* Dieser Stil verbindet eine hohe Mitarbeiterorientierung mit einer hohen Sach- bzw. Leistungsorientierung.
* Normative Grundannahme:
→ Führung ist dann am effektivsten, wenn sowohl die Ziele des Unternehmens als auch die Bedürfnisse der Mitarbeitenden gleichermaßen im Fokus stehen.
* Der Stil soll in allen Führungssituationen anwendbar und überlegen sein.
📌 Kritik: Diese Generalisierung gilt als problematisch, da sie kontextuelle Unterschiede (z. B. Aufgabenstruktur, Zeitdruck, Reifegrad der Mitarbeitenden) nicht ausreichend berücksichtigt.
⸻
🔷 Deskriptive Ebene (Was ist tatsächlich?)
* Der Verhaltensgitter-Ansatz dient als Analyse- und Diagnoseinstrument:
* Führungskräfte können ihr eigenes Führungsverhalten selbst einschätzen (Selbstbeschreibung).
* Mitarbeitende können das Führungsverhalten ihrer Vorgesetzten beurteilen (Fremdbeschreibung).
* Die tatsächlichen Verhaltensmuster von Führungskräften lassen sich mithilfe des Grids beschreiben und grafisch einordnen.
* Ziel: Förderung der Selbstreflexion und ggf. Verhaltensanpassung in Richtung 9,9.
📌 Nutzen: Gerade in Trainings und Coachings wird das Modell verwendet, um Bewusstsein für Führungsverhalten zu schaffen und gezielte Weiterentwicklung anzuregen.
4.2.3. Mehrdimensionale Führungsstilansätze
Ergänzungen des Verhaltensgitters
(deskriptive Ebene)
Anwendung des Grids
Ergänzungen des Verhaltensgitters
(deskriptive Ebene)
Aufnahme von drei weiteren Führungsstilen, die neben
dem dominierenden Führungsstil einer Person auch
einen oder mehrere Ersatzstile zulassen:
– Paternalismus/Maternalismus-Stil (Wechsel
zwischen 9,1- und 1,9 -Stil)
– Opportunismus-Stil (Vorgesetzte wenden drei oder
mehr Stile an, je nach Person in der Arbeitsgruppe)
– Fassadenbau-Stil (Anspruch, mit dem 9,9-Stil zu
führen, dahinter wird aber ein ganz anderes
Führungsverhalten gepflegt, z.B. Paternalis-
mus/Maternalismus-Stil oder Opportunismus-Stil)
Anwendung des Grids
* Auf deskriptiver Ebene:
– zur Beschreibung, Einordnung und Reflexion von
tatsächlichem Führungsverhalten
* Auf normativer Ebene:
– zum Training des 9,9-Stils des Teammanagements
🔷 Ergänzungen des Verhaltensgitters (deskriptiv)
Zur Erfassung realen Führungsverhaltens wurde das ursprüngliche Grid um drei komplexere Stile erweitert, die abweichende oder inkonsistente Führung beschreiben:
Führungsstil
Beschreibung
Beispielhaftes Verhalten
Paternalismus/Maternalismus
Pendelt zwischen autoritär (9,1) und mitarbeiterfreundlich (1,9) — aber ohne Integration beider Pole
Führungskraft lobt fürsorglich, erwartet aber gleichzeitig unbedingten Gehorsam
Opportunismus
Situations- oder personenbezogene Stilwahl — Vorgesetzte nutzen unterschiedliche Stile je nach Kontext oder Person
Mitarbeitende werden je nach Sympathie, Hierarchie oder Zielkonflikt unterschiedlich behandelt
Fassadenbau
Es wird äußerlich der 9,9-Stil kommuniziert, tatsächlich wird aber ein ganz anderer Stil praktiziert
Nach außen „moderne Teamführung“ propagiert, intern aber stark kontrollierende Führung
🔷 Anwendung des Managerial Grids
Einsatzbereich
Funktion
Deskriptiv (beschreibend)
Analyse des tatsächlichen Führungsverhaltens durch Selbst- und Fremdeinschätzung
Normativ (vorschreibend)
Zielgerichtetes Training hin zum 9,9-Teammanagement-Stil – Idealbild einer effektiven und motivierenden Führung
🧭 Zusammenfassung
Das Grid ist mehr als ein einfaches Klassifikationsmodell. Mit den drei Zusatzstilen wird deutlich, dass Führungsverhalten nicht immer konsistent ist und Rollen- bzw. Kontextanpassung eine große Rolle spielt. Gerade Fassadenverhalten weist auf eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität hin – ein häufiges Thema in Change-Management und Organisationsdiagnose.
4.2.3. Mehrdimensionale Führungsstilansätze
Würdigung des Grids
- Einfaches, transparentes Modell des
Führungsverhaltens; Basis für Reflexion und Training
von Führungsverhalten - Unabhängigkeit der Dimensionen und Realisierbarkeit
des 9,9-Stils fraglich - Wenig Aussagen zu den Wirkungen des 9,9-Stils auf
Produktivität, Qualität, Arbeitszufriedenheit etc. - Situative Differenzierung fehlt völlig
🔍 Kritische Würdigung des Managerial Grid (Verhaltensgitter) nach Blake & Mouton
✅ Stärken:
* Einfach & anschaulich: Zwei Dimensionen (Menschen- und Aufgabenorientierung) machen das Modell leicht verständlich.
* Gute Grundlage für Führungstrainings: Besonders geeignet zur Selbstreflexion des eigenen Führungsverhaltens.
* Normatives Leitbild: Der 9,9-Stil (Team-Management) vermittelt ein positives Idealbild von Führung.
❌ Schwächen:
* Fehlende Situationsabhängigkeit: Das Modell ignoriert Kontextfaktoren wie Teamreife, Aufgabenkomplexität oder Zeitdruck.
* Fragwürdige Realisierbarkeit: Ob Führungskräfte wirklich dauerhaft den 9,9-Stil leben können, ist umstritten.
* Empirische Schwächen: Es fehlen klare Belege, dass der 9,9-Stil tatsächlich bessere Ergebnisse bringt (z. B. Produktivität, Motivation).
* Unklare Dimensionen: Die Unabhängigkeit von Menschen- und Aufgabenorientierung ist in der Praxis nicht immer gegeben.
* Widersprüchliche Ergänzungsstile (z. B. Opportunismus-Stil) zeigen: Führung ist oft nicht so konstant, wie das Grid annimmt.
⸻
🧭 Fazit:
Das Managerial Grid ist ein nützliches Reflexionsinstrument, aber als universelles Führungsmodell zu statisch und zu wenig kontextsensitiv. Es eignet sich vor allem für Trainings und zur Diskussion von Führungsstilen, nicht aber als alleinige Grundlage für Führungshandeln.
4.2.3. Mehrdimensionale Führungsstilansätze
Das Führungsmodell von Hersey/Blanchard
Das Führungsmodell von Hersey/Blanchard
Führungsstile:
* autoritärer Führungsstil S 1: hohe Aufgabenorientierung
mit niedriger Personenorientierung
* integrierender Führungsstil S 2: hohe
Aufgabenorientierung mit hoher Personenorientierung
* partizipativer Führungsstil S 3: hohe
Personenorientierung mit geringer Aufgabenorientierung
* delegativer Führungsstil S 4: niedrige
Personenorientierung mit niedriger Aufgabenorientierung
📘 Das situative Führungsmodell von Hersey & Blanchard
Dieses Modell basiert auf der Annahme, dass der passende Führungsstil vom Reifegrad (Reife/Maturity) bzw. der Entwicklungsstufe der Mitarbeitenden abhängt – also deren Fähigkeit und Bereitschaft, eine Aufgabe zu übernehmen.
🔧 Die vier Führungsstile:
Stil
Bezeichnung
Aufgabenorientierung
Personenorientierung
Beschreibung
S1
Autoritärer Stil
Hoch
Niedrig
Der Vorgesetzte sagt genau, was zu tun ist, wie es zu tun ist und wann – ohne viel Rücksprache. Geeignet bei unerfahrenen oder unsicheren Mitarbeitenden.
S2
Integrierender Stil
Hoch
Hoch
Der Vorgesetzte erklärt, motiviert und fördert Verständnis. Entscheidungen werden weiterhin vorgegeben, aber mit hoher Unterstützung.
S3
Partizipativer Stil
Niedrig
Hoch
Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Die Führungskraft fördert Eigenverantwortung und beteiligt die Mitarbeitenden aktiv.
S4
Delegativer Stil
Niedrig
Niedrig
Mitarbeitende entscheiden und handeln selbstständig. Die Führungskraft hält sich zurück. Geeignet für sehr reife Mitarbeitende.
4.2.3. Mehrdimensionale Führungsstilansätze
Das Führungsmodell von Hersey/Blanchard
Situative Komponente
Reifegrade der Mitarbeitenden
bei Hersey/Blanchard
Situative Komponente
- Reife der Mitarbeitenden:
– definiert als Mischung aus der „psychologischen
Reife“ und der „Funktionsreife“
– psychologische Reife: Motivationsgröße; drückt
aus, wie leistungsorientiert, selbstvertrauend und
verantwortungsbereit die Mitarbeitenden im Hinblick
auf ihre Arbeitsaufgaben sind;
– Funktionsreife: Qualifikationsgröße; drückt aus, wie
gut die Fähigkeiten, die Erfahrungen und die
Kenntnisse der Mitarbeitenden gemessen an den
Aufgaben, die sie erledigen sollen, sind.
Reifegrade der Mitarbeitenden
bei Hersey/Blanchard
- Niedrige Reife der AN M 1
geringe Motivation, geringe Qualifikation - Geringe bis mittlere Reife der AN M 2
ausreichende Motivation, geringe Qualifikation - Mittlere bis hohe Reife der AN M 3
hohe Qualifikation, geringe Motivation - Hohe Reife der AN M 4
hohe Motivation, hohe Qualifikation
🧩 Situative Komponente: Reife der Mitarbeitenden
Im Modell von Hersey/Blanchard ist die Wahl des Führungsstils abhängig von der Reife (Maturity) der Mitarbeitenden – diese umfasst:
🔸 1. Psychologische Reife (Motivationsebene)
* Leistungswille
* Selbstvertrauen
* Verantwortungsbereitschaft
🔸 2. Funktionsreife (Qualifikationsebene)
* Fachliche Fähigkeiten
* Berufserfahrung
* Wissen über die Aufgabe
📊 Reifegrade der Mitarbeitenden (M1–M4) Reifegrad Merkmale Interpretation
M1
Geringe Motivation, geringe Qualifikation
Weder wollen noch können – brauchen klare Anweisungen
M2
Gute Motivation, aber geringe Qualifikation
Wollen, aber können (noch) nicht – brauchen Anleitung + Ermutigung
M3
Hohe Qualifikation, aber geringe Motivation
Können, aber wollen nicht richtig – brauchen Beteiligung und Wertschätzung
M4
Hohe Motivation & hohe Qualifikation
Können und wollen – brauchen Freiraum & Vertrauen
🔁 Führungsstil passend zum Reifegrad:
Reifegrad (M)
Passender Führungsstil (S)
Führungsverhalten
M1
S1: autoritär
klare Aufgabenverteilung, Anweisung
M2
S2: integrierend
erklären, motivieren, begleiten
M3
S3: partizipativ
zuhören, einbeziehen, gemeinsam entscheiden
M4
S4: delegierend
Verantwortung übergeben, Vertrauen zeigen
✅ Fazit:
Das Modell zeigt: Führung ist keine Einheitslösung, sondern sollte situativ angepasst werden – an Motivation und Kompetenz der Mitarbeitenden. Ziel ist es, den idealen Reifegrad zu fördern und situativ angemessen zu führen.
4.2.3. Mehrdimensionale Führungsstilansätze
Das Reifegradmodell der
Führung von Hersey und Blanchard S184
Das Reifegradmodell der
Führung von Hersey und Blanchard S184
Führungsstilempfehlungen
bei Hersey/Blanchard
* Niedrige Reife der Mitarbeitenden M 1
(niedrige Motivation, niedrige Qualifikation)
autoritärer Führungsstil
- Geringe bis mittlere Reife der Mitarbeitenden M 2
(ausreichende Motivation, aber geringe Qualifikation)
integrierender Führungsstil. - Mittlere bis hohe Reife der Mitarbeitenden M 3
(hohe Qualifikation, geringe Motivation)
partizipativer Führungsstil - Hohe Reife der Mitarbeitenden M 4
(hohe Motivation, hohe Qualifikation
delegativer Führungsstil