5 Quantitative Erhebungsmethoden (Hussy) Flashcards

1
Q

Systematisierung, die die funktionale Zusammengehörigkeit der Methoden verdeutlicht

A
  1. Dimension unterscheidet qualitative und quantitative Methoden
  2. Dimension stellt Bezug der Methoden zu den unterschiedlichen Phasen im Forschungsprozess her
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Merkmale qualitativer und quantitativer Methoden

A
  • Unter qualitativer Forschung, in deren Rahmen qualitative Methoden zum Einsatz kommen, verstehen die Sozialwissenschaften eine sinnverstehende, interpretative wissenschaftliche Verfahrungsweise bei der Erhebung und Aufbereitung sozial relevanter Daten.
  • Die quantitativen Methoden werden im Rahmen der quantitativen Forschung eingesetzt und repräsentieren eine Vorgehensweise zur numerischen Darstellung empirischer Sachverhalte.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Historischer Hintergrund

A
  • Geburtsstunde der wissenschaftlichen Psychologie: Gründung des ersten Instituts für experimentelle Psychologie im Jahr 1879 in Leipzig durch Wilhelm Wundt
  • Bis zur Gründung waren Bemühungen um Gegenstand der Psychologie fast ausschließlich geisteswissenschaftlicher Natur, danach entwickelte sich die eigenständige Wissenschaft Psychologie verstärkt naturwissenschaftlich
  • Wundt etablierte das Experiment als Forschungsparadigma auch in der Psychologie und bevorzugte die Introspektion als Datenerhebungsmethode
  • > Anfänge der heute existierenden quantitativen Methoden
  • Wesentliche Merkmale des experimentellen Vorgehens
  • > Objektive Beschreibbarkeit seelischer Vorgänge
  • > Willkürliche Herbeiführbarkeit und Veränderbarkeit seelischer Vorgänge
  • > Wiederholbarkeit experimenteller Studien
  • Wundt beschäftigte sich schwerpunktmäßig mit Apperzeption (=Übergang von wahrnehmungsphysiologischen und wahrnehmungspsychologischen Prozessen)
  • Aber auch ursprünglich geisteswissenschaftliche Ausrichtung der Psychologie entwickelte sich weiter: z.B. Freuds Psychoanalyse (basierend auf Fallstudien und Traumdeutung)
  • Auf Dilthey geht sog. geisteswissenschaftliche Psychologie zurück, die mit hermeneutischer Vorgehensweise die Grundlage für die heutigen qualitativen Methoden legte
  • > Verstehender, den ganzen Menschen umfassender, hermeneutischer Ansatz
  • Zunächst erbitterte Debatten -> Methodenstreit
  • Heutige Position: Beide methodischen Wege können gemeinsam eingesetzt werden
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Qualitative Gütekriterien

A
  • Verfahrensdokumentation: Planung, Durchführung und Auswertung muss genau dokumentiert werden
  • Argumentative Interpretationsabsicherung: Interpretationen sind zu begründen
  • Regelgeleitetheit: Vorgehen einer Untersuchung folgt trotz prinzipieller Offenheit Regeln
  • Nähe zum Gegenstand: Personen müssen in ihrer natürlichen Umwelt erforscht werden
  • Kommunikative Validierung: Untersuchungsergebnisse werden mit Beforschten diskutiert
  • Triangulation: Fragestellung wird mit unterschiedlichen Methoden untersucht und Ergebnisse werden miteinander verglichen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Forschungsansätze

A

Quantitative Forschungsansätze

  • (Labor.)Experiment
  • Varianten des Experiments: z.B. Quasi- und Feldexperiment, Einzelfallforschung
  • Nichtexperimentelle Ansätze: z.B. Korrelationsstudie, Prognosestudie, Metaanalyse

Qualitative Forschungsansätze

  • Deskriptive Feldforschung
  • Handlungsforschung
  • Gegenstandsbezogene Theoriebildung
  • Biografieforschung und Fallstudie
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Erhebungsmethoden

A

Quantitativ: Beobachtung, Testen, schriftliche und mündliche Befragung, Urteilen, Zählen

Qualitativ: teilnehmende Beobachtung, Gruppendiskussion, Struktur-Lege-Verfahren

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Analysemethoden

A

Quantitativ: Beschreibende Methoden, schlussfolgernde Methoden, multivariante Methoden, Modelltests

Qualitativ: Inhaltsanalyse, Hermeneutik, Semiotik, Diskursanalyse

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Methoden am Rand des Forschungskontextes

A

In Anwendungsfeldern der Psychologie gibt es weitere Methoden, die aber auch im Forschungskontext eingesetzt werden können: Diagnostik, Intervention und Evaluation

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

Psychologische Diagnostik

A
  • Vorgehensweisen, welche eine Erfassung von Charakteristika von Personen, Personengruppen, Institutionen, Situationen etc. zur Folge haben
  • Erfassung und Gewinnung von Charakteristika erfolgt zielgerichtet und systematisch mit wissenschaftlich fundierten Methoden, wie Testverfahren, Fragebogen, Verhaltensbeobachtungen und Anamnesen
  • Ziel: Erkenntnisse über Merkmalsträger gewinnen und für Entscheidung über nachfolgende Maßnahme (Beratung, Therapie, Training etc.) zu nutzen
  • Integration der Daten zu einem Urteil -> diagnostische Urteilsbildung
  • > Wird in Gutachten festgehalten
  • Mit qualitativen diagnostischen Verfahren (z.B. qualitativer Interviews) soll ein möglichst vorurteilfreies, umfassendes Bild der Persönlichkeit erstellt werden
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Intervention

A
  • Die sich an den diagnostischen Prozess anschließenden Maßnahmen (Beratung, Training etc.)
  • Geplant und gezielt eingesetzte Maßnahmen, um Störungen vorzubeugen (Prävention), sie zu beheben (Psychotherapie) oder deren negative Folgen einzudämmen (Rehabilitation)
  • > Einsatz der Methoden dient praktischen Belangen
  • Meist therapeutische Methoden wie eine Vielzahl an Verhaltens- und Gesprächstherapievarianten (z.B. systematische Desensibilisierung, Habituation), Musiktherapie, Maltherapie usw.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Evaluation

A
  • Studie zur Beschreibung und Bewertung von Personen, Organisationen, Strukturen und/oder Prozessen (z.B. Überprüfung der Wirksamkeit einer Intervention)
  • In allgemeiner Bedeutung des Begriffs Beschreibung, Analyse und Bewertung von Prozessen und Organisationseinheiten, insbesondere im Bildungsbereich, in den Bereichen Gesundheit und Entwicklungshilfe, der Verwaltung oder der Wirtschaft
  • Kann sich sowohl auf den Kontext (Voraussetzungen, Rahmenbedingungen), die Struktur, den Prozess als auch auf das Ergebnis (Produkt) beziehen
  • Die vielfältigen Evaluationsmethoden stammen i.d.R. aus dem Kanon der bekannten Forschungsmethoden
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Zentrales Ziel psychologischer Forschung

A

Erhellung der Black Box (des nicht direkt beobachtbaren psychischen Innenlebens)

  • Beobachtbares Verhalten ist psychologisch bedeutsam, wenn es im Hinblick auf zugrunde liegende psychische Phänomene interpretiert werden kann
  • Bei Forschungsplanung ist zu berücksichtigen, ob Person Zugang zu relevanten psychischen Prozessen hat und ob sie über diese Prozesse ohne unerwünschte Verzerrungen selbst Auskunft geben kann
  • > Nur dann sind Selbstauskünfte prinzipiell reliable und valide Datenquellen
  • > Ansonsten: Beobachtungs- und Messverfahren, biopsychologische Methoden
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Reaktivität

A

Veränderung bzw. Verzerrung der erhobenen Daten schon aufgrund der Kenntnis der untersuchten Personen darüber, dass sie Gegenstand einer Untersuchung sind

  • Reaktivität des Untersuchungsgegenstandes ist von Beginn an zu beobachten
  • > Hawthorne-Effekt
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

Maßnahmen zur Reduzierung von Reaktivität

A
  1. Untersuchte in Unkenntnis darüber lassen, dass sie untersucht werden
  2. Untersuchten Anonymität zusichern
  3. Untersuchten eine Cover Story über den Untersuchungszweck mitteilen
  4. Maße einsetzen, die die Untersuchten nicht kontrollieren oder beeinflussen können (nichtreaktive Messverfahren)
  5. Indirekte/implizite Messverfahren einsetzen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Für reliable und valide Selbstauskünfte sind zwei grundlegende Aspekte zu berücksichtigen:

A
  • Wie gelangen Befragte zu Selbstauskünften? -> kognitionspsychologisch
  • Wie werden Selbstberichte kommuniziert? -> kommunikationspsychologisch
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Wie gelangen Befragte zu Selbstauskünften?

A

Drei elementare kognitive bzw. mentale Prozesse:

  1. Interpretation der Frage
  2. Bildung eines Urteils -> Vielfalt mentaler Optionen
  3. Übersetzen in eine kommunizierte Auskunft
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
17
Q

Wie werden Selbstberichte kommuniziert?

A
  • Selbstbericht ist als intentionaler Kommunikationsakt zu verstehen
  • > Bei Konstruktion und Auswertung einer Befragung ist Mitteilungsabsicht zu berücksichtigen
  • Leitende Fragen bei Analyse von Daten aus Selbstberichten
  • > Vorgesehene Interpretation der Frage/Themenstellung?
  • > Aspekte/Themen gegenwärtig, die Forscher bei Formulierung im Sinn hatten?
  • > Durch Art der Befragung Nahelegen oder Voraktivieren von Information?
  • > Adäquate Umsetzung des internen Urteils in Antwort möglich?
  • > Absichten/Motive der Befragten abschätzbar?
  • Befragung: allgemeine Form der Datenerhebung
  • Rating: spezielle Form der Befragung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
18
Q

Item

A

Als Frage oder als Urteil formulierte Aussage, zu der die befragte Person ihre Zustimmung oder Ablehnung –ggf. in unterschiedlicher Intensität – äußern kann

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
19
Q

Unterscheidungskriterien von Befragungen

A
  • Schriftliche vs. mündliche Befragung (Fragebogen, quantitativ - Interview, qualitativ)
  • Standardisierte vs. nichtstandardisierte Befragung (geschlossene - offene Fragen)
  • > Bezieht sich auf Freiheitsgrade der Befragten
  • Strukturierte vs. unstrukturierte Befragung (alles - nichts vorgegeben)
  • > Halbstrukturiert: Orientierung an Leitfaden mit vorformulierten Fragen
  • > Bezieht sich auf Freiheitsgrade der Forschenden
  • Anzahl der befragten Personen
  • > Einzel- vs. Gruppenbefragung
  • > Umfrage (survey) -> sehr hohe Anzahl
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
20
Q

Ein guter Fragebogen ist gekennzeichnet durch:

A
  • Einfache Formulierung und gute Verständlichkeit
  • Keine zu hohen Anforderungen an mentale/kognitive Leistungsfähigkeit
  • Adressatenorientierte Formulierung
  • Keine Verneinungen in den Fragen
  • Keine überfrachteten Fragen
  • Keine „Forced Choice“ bei unabhängig beantwortbaren Aspekten
  • Keine Fragen, die die Befragten sehr ähnlich beantworten
  • Einsatz mehrerer Items zur Beantwortung einer Frage
  • Beachtung der Ausgewogenheit in der Reihenfolge der Fragen (schwere und persönliche Fragen nicht am Anfang)
  • Eine klare und informative Instruktion
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
21
Q

Ratings

A
  • Häufigstes Format in schriftlicher Befragung
  • Befragte geben Urteile auf numerisch interpretierbarer Skala ab
  • Ratingdaten wird oft Intervallskalenniveau zugebilligt
  • Besonderes Augenmerk gilt der Validität von Ratingskalen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
22
Q

Wesentliche Aspekte bei der Konstruktion von Ratingskalen

A
  • Items können Form einer Frage („du“, „Sie“) oder einer Aussage („ich“) haben
  • Skala kann unipolar oder bipolar sein
  • > Unipolar: Ausprägungen auf einem einzigen Merkmal, z.B. „ruhig“ bis „unruhig“
  • > Bipolar: Ausprägungen von Pol zu Gegenpol, z.B. „ruhig“ bis „angespannt“
  • Anzahl der Stufen muss zum Gegenstand passen -> häufig 4 bis 9 Stufen
  • > Gerade oder ungerade Anzahl von Stufen
  • > Ungerade Anzahl suggeriert neutralen Mittelpunkt -> Ambivalenz-Indifferenz-Problem
  • Skalenstufen können numerisch, verbal und grafisch bezeichnet werden
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
23
Q

Semantisches Differenzial

A
  • Spezielle und klassische Form von Ratingskalen (Osgood, Suci, Tannenbaum, 1957)
  • Durch Antworten auf mehreren bipolaren Items entsteht Polaritätsprofil
  • > Liefert schnelle Orientierung über zentrale Merkmale bzw. Unterschiede zwischen Merkmalsträgern
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
24
Q

Urteilstendenzen bei der Beantwortung von Ratingskalen

A
  • Tendenz zur Mitte: Vermeidung von Extremurteilen
  • > Bei wenig vertrauten Urteilsobjekten oder Unklarheit über Endpunkte
  • Gedankenlose Reproduktion: Folge ähnlicher Items kann zu gleichen Antwortwerten führen
  • > Lösung: Mischung von Fragen, Umpolung der Fragerichtung
  • Primacy-Effekt: Anfängliche Urteile beeinflussen folgende, ähnliche Urteile gleichsinnig
  • > Interindividuelle Ausbalancierung, indem man Reihenfolge der Items über Befragte hinweg verändert
  • Halo-Effekt: Beurteilung eines Objekts hinsichtlich verschiedener Merkmale wird durch Beurteilung von einem dieser Merkmale beeinflusst
  • > V.a. wenn „Schlüsselmerkmal“ ungewöhnlich oder unklar definiert ist
  • > Lösung: Klare Informationen über Unterschiede zwischen Merkmalen sowie über den Fehler selbst
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
25
Q

Nomothetischer und idiografischer Ansatz

A
  • Forschung strebt v.a. nach Aussagen, die auf überindividueller Ebene (für Grundgesamtheiten/Gruppen) gelten -> nomothetischer Ansatz
  • In klinischer/diagnostischer Praxis v.a. Aussagen über Einzelfälle -> idiografischer Ansatz
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
26
Q

Ziel des Testens

A

Präzise Erfassung von Merkmalsausprägungen von Individuen

-> Analyse auf Gruppenebene für bessere individuelle Einschätzung

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
27
Q

Definition “Test”

A
  • wissenschaftliches Routineverfahren zur Untersuchung eines oder mehrerer empirisch unterscheidbarer Persönlichkeitsmerkmale
  • Ziel: möglichst genaue quantitative Aussage über den relativen Gehalt der individuellen Merkmalsausprägung
  • Besteht in der Regel aus mehreren Aufgaben oder Fragen (Items), die von verschiedenen Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten/Eigenschaften unterschiedlich gelöst/beantwortet werden
  • In abstrakterem methodischen Sinn: standardisierte Verhaltensstichprobe, die aus Antworten auf eine Mehrzahl von Items besteht
  • > Aus Antworten wird Testwert der untersuchten Person aggregiert
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
28
Q

Leistungstests

A

Tests, die (v.a. kognitive) Merkmale zu einem objektiven Gütestandard in Beziehung setzen

  • Antworten können „richtig“ oder „falsch“ sein
  • Verschiedene Schwierigkeitsgrade, um Leistungen differenzieren zu können
  • Speed-Test: knappe Bearbeitungszeit, z.B. „d2-Aufmerksamkeits-Konzentrationstest“ von Brickenkamp (2002)
  • Power-Test: Niveau der Aufgaben wird sukzessive gesteigert, z.B. bei den meisten Skalen des Intelligenztests HAWIE (HAWIE differenziert im oberen Bereich nicht genug)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
29
Q

Persönlichkeitstests

A
  • Tests, die die Ausprägung von Eigenschaften wie Extraversion oder Offenheit erfassen
  • „NEO Five Factor Inventory“: erfasst 5 zentrale Persönlichkeitsdimensionen: Neurotizismus, Extraversion, Offenheit, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit
  • „Freiburger Persönlichkeitsinventar“
  • Subjektive Persönlichkeitstests: Zweck des Tests für getestete Personen leicht durchschaubar
  • Objektive Persönlichkeitstests: Versuch, Zweck zu verschleiern, um Reaktivität der Datenerhebung zu minimieren und Validität der Ergebnisse zu erhöhen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
30
Q

Klassische Testtheorie

A
  • Die meisten Skalen und Tests beruhen auf der klassischen Testtheorie
  • In einen gemessenen Testwert gehen der wahre Wert der Person und ein Fehleranteil (Messfehler) ein -> Ziel: möglichst direkte und präzise Schätzung des wahren Werts
  • > Durch Einsatz mehrerer Testitems soll der Fehleranteil insgesamt minimiert werden
31
Q

Axiome der klassischen Testtheorie

A
  1. Testergebnis besteht aus Summe von wahrem Wert und Messfehler
  2. Der mittlere Messfehler ist gleich null. Bei wiederholten Testanwendungen gleichen sich die verschiedenen Messfehler aus.
  3. Der wahre Wert und der Messfehler sind voneinander unabhängig (nicht miteinander korreliert) -> Bsp. Fehleranteile sind bei Personen mit hohem und niedrigen IQ gleich
  4. Messfehler in einem Test ist nicht mit wahrem Wert in anderem Test korreliert.
    - >Ausmaß der Ablenkung bei IQ-Test hängt nicht mit Werten in anderen Tests zusammen
  5. Messfehler aus verschiedenen Tests sind voneinander unabhängig. -> Personen, die bei Test überdurchschnittlich abgelenkt sind, sind bei Testwiederholung nicht ebenfalls überdurchschnittlich abgelenkt
32
Q

Probabilistische Testtheorie

A
  • auch: Item-Response-Theorie
  • Antworten auf Testitems sind Indikatoren von latenten Merkmalen
  • Wahrscheinlichkeit, dass eine Person ein Item zur Erfassung eines Merkmals X positiv beantwortet, hängt von der latenten Ausprägung von X ab
  • Bsp. Person mit höherer Intelligenz löst geeignetes Item in Intelligenztest mit höherer Wahrscheinlichkeit als Person mit niedriger Intelligenz
  • Bsp. Person löst wahrscheinlicher ein Testitem, das von vielen Personen gelöst wurde, als eines, das von wenigen Personen gelöst wurde
  • Graphische Darstellung des Zusammenhangs zwischen dem Antwortverhalten (Lösungswahrscheinlichkeit) und der Ausprägung des latenten Merkmals (Fähigkeit) in Item-Characteristic-Curves (ICC)
33
Q

Itemsatz bzw. Testskala

A

Items, die zur Erfassung eines bestimmten Merkmals dienen

34
Q

Kriterien zur Güte von Tests als Instrument zur Individualdiagnose

A
  • Homogenität: Items erfassen ein einziges und nicht mehrere verschiedene Merkmale
  • > Wenn Merkmal mehrere Dimensionen beinhaltet (z.B. Intelligenz), ist es erforderlich mehrere Testskalen zu erstellen
  • Differenzierung: Testskala soll möglichst viele Ausprägungsgrade des interessierenden Merkmals erfassen
  • Distinktionsfähigkeit: Testskala muss eindeutige Unterscheidung zwischen Personen mit hoher und geringer Merkmalsausprägung ermöglichen
35
Q

Schwierigkeit von Items

A

Prozentsatz aller untersuchten Personen, die das Item gelöst bzw. positiv beantwortet haben

  • Enger begrifflicher Bezug zu Leistungstests -> kann auch auf Persönlichkeitstests angewendet werden
  • Bei Testkonstruktion wird oft breitere Streuung der Schwierigkeit angestrebt, damit Testwert über gesamtes Spektrum zwischen Personen mit verschiedenen Merkmalsausprägungen differenziert
36
Q

Trennschärfe eines Items

A

Wie gut ist das gesamte Testergebnis aufgrund der Beantwortung dieses einzelnen Items vorherzusagen? -> Wie gut repräsentiert ein Item den ganzen Test?

  • Personen mit hohem Gesamttestwert erreichen auf hohem trennscharfem Einzelitem ebenfalls hohen Wert v.v.
  • Grundsätzlich sind möglichst hohe Trennschärfen wünschenswert
  • Je größer die Schwierigkeit, desto geringer die Trennschärfe
37
Q

Arten von Testitems

A
  • Items mit offener Beantwortung: z.B. freie Assoziationen zu dargebotenem Reiz
  • Items mit halboffener Beantwortung: z.B. Ergänzung vorgegebener Formulierung mit eigenen Worten
  • Items mit Antwortvorgaben (auch Multiple-Choice-Items): leichtere Gewährleistung von Objektivität und Reliabilität; am weitesten verbreitet
38
Q

Verfälschungen bei Leistungstests

A

Leistungstests können durch Erraten richtiger Antwort verfälscht werden

  • Distraktoren: Falsche Antwortmöglichkeiten, die plausibel erscheinen
  • Ratekorrektur: Erzielter Gesamtpunktzahl werden so viele Punkte abgezogen, wie die Person allein durch Raten hätte erzielen können
39
Q

Verfälschungen bei Persönlichkeitstests

A

Persönlichkeitstests können verfälscht werden durch

  • Bemühen um positive Selbstdarstellung
  • Orientierung an sozialer Erwünschtheit
  • schematische Antworttendenzen der untersuchten Person -> Ja-Sager, Nein-Sager, Neutral-Bleiber, Item-Überspringer
40
Q

Wichtigste Gegenmaßnahmen bei Verfälschungen

A
  • Ausbalancierte Antwortvorgaben: unterschiedlich gepolte Items, beide Pole entsprechen gängigen gesellschaftlichen Normen und Werten
  • Aufforderung zu korrektem Testverhalten: Manchmal Anmerkung, dass Lügen erkannt werden können -> ethisch bedenklich, übt Druck aus und ist eine Lüge
  • Kontrollskalen (auch: „Lügenskalen“): erfassen anhand von antinormativen, aber trotzdem geläufigen Verhaltensweisen die Tendenz von Personen, sozial erwünscht zu antworten (z.B. Notlügen)
  • Randomized-Response-Technik: Schätzung von Antwortverfälschungen auf Gruppenebene durch Vorgabe einer Regel für zufällige unehrliche Antworten
  • > Hypothese: befragte Person neigt weniger zu Verfälschungen, wenn sie sicher davon ausgehen kann, dass ihre konkreten Antworten unbekannt sind
  • > Z.B. Frage nur bei bestimmtem Würfelereignis richtig beantworten
  • > Vergleich von RRT-Stichprobe und normaler Stichprobe -> Verfälschung?
  • > Anteil von Befragten, die durch Zufallsereignis ehrlich antworten sollten, kann geschätzt werden -> Antworten können in zukünftigen Testdurchführungen entsprechend korrigiert werden
41
Q

Biopsychologische und neurowissenschaftliche Messungen

A
  • Integraler Bestandteil des Methodeninventars in vielen Bereichen der Psychologie
  • Versprechen möglichst direkte Erfassung psychischer Prozesse
  • Die organisch-biologische Basis mentaler und psychischer Vorgänge gilt zunehmend als erforschbar
  • Determinieren biologische Faktoren psychische Prozesse?
  • Erforschung wechselseitiger Einflüsse zwischen biologischen und psychischen Prozessen kann zu verbessertem, stärker integriertem Verständnis der erforschten Phänomene beitragen
  • Wie andere Methoden sind auch biopsychologische Methoden theoriegeleitet und methodenkritisch einzusetzen
  • > Verringern Risiko gezielter Einflussnahme/Verfälschung durch die Untersuchten
  • > Biopsychologische Messungen als ergänzende Datenquelle
  • Folgende Methoden=nichtinvasive Verfahren (außer Verfahren mit radioaktiven Injektionen): kommen ohne Eindringen unter die Körperoberfläche bzw. in organisches Gewebe aus
  • > Invasive Methoden=ethisch problematisch, da oft Schädigungen des Gewebes
  • > Seltene Verwendung zu Forschungszwecken
42
Q

Elektrodermale Aktivität

A
  • Indikator für psychische Zustände und Prozesse
  • Anwendungsfelder: Gibt Hinweise auf emotionale Zustände, Orientierungsreaktionen, Habituation sowie komplexe, kognitive Prozesse (z.B. bei Diagnose und Therapie von PTB)
  • Polygraf („Lügendetektor“)
43
Q

Elektromyogramm (EMG)

A

Vom EMG erfasste Muskelaktivität dient v.a. als Indikator für Anspannung, Schmerz, affektive Zustände und emotionale Reaktionen

44
Q

Elektrookulogramm (EOG) und Eyetracker

A
  • Verwendung, um Stellung und Bewegung der Augen zu erfassen
  • Durch Anbringung per Headset wird Kopfbewegung selbst nicht aufgezeichnet
  • Rückschlüsse auf Aufmerksamkeit oder gerichtete Zuwendung kognitiver Ressourcen
  • EOG: elektrische Biosignale, Eyetracker: hoch auflösende Kameras
45
Q

Weitere Messungen der Augenaktivität

A
  • Lidschlag zeigt Orientierungsreaktionen an -> Startle-Reflex (Schreckreflex)
  • Pupillendurchmesser als Indikator für emotionale Zustände, Aktivierungsgrad sowie Verarbeitungsaufwand
46
Q

Messung und psychologische Bedeutung der Aktivitäten des Herz-Kreislauf-Systems (kardiovaskulär)

A
  • Elektrokardiogramm (EKG) insbesondere Herzrate (HR) und Herzratenvariablität (HRV) geben Hinweise auf Stress, Emotionen und depressive Zustände
  • > Durch elektrische Ströme, die durch Herzmuskulatur erzeugt werden, wird auf Herztätigkeit geschlossen
  • Indikatoren, die nicht auf elektrischen Biosignalen beruhen:
  • > Blutdruck und peripheres Blutvolumen
  • Verringerung der Herzrate sowie des Blutdrucks kann auf selektive Aufmerksamkeitszuwendung hinweisen
47
Q

Messung und psychologische Bedeutung des Hormon- und Immunsystems

A
  • Spiegel von Hormonen wie etwa Kortisol steht mit Stress in Verbindung
  • Freisetzung von Adrenalin als Indikator von durch Anstrengung erzeugtem Stress
  • Parameter des Immunsystems als Indikatoren für Anspannung, Stress und Erschöpfung
  • > Z.B. Antikörper bzw. immunaktive Zellen im Blut oder Immunglobin im Speichel
48
Q

3 verschiedene Methodenklassen zur Registrierung der Gehirnaktivität:

A
  • Verfahren zur Aufzeichnung von elektronischen Potenzialen, die durch elektro-chemische Aktivität von Gehirnneuronen entstehen -> EEG
  • Verfahren zur Registrierung von Magnetfeldern, die durch elektrische Potenziale von Gehirnneuronen entstehen -> MEG
  • Bildgebende Verfahren, die Struktur und Funktion des Gehirns durchweiträumige Abbildungen wiedergeben
49
Q

Aufzeichnung elektrischer Potenziale: Das EEG

Elektroenzophalogramm (EEG)

A
  • Liefert Hinweise auf verschiedene Hirnaktivitäten, jedoch nur auf Ebene ganzer Neuronenverbände (Potenzial eines singulären Neurons zu schwach)
  • > Fängt elektrische Potenziale von Neuronen (hauptsächlich des Kortex) an der Schädeloberfläche per Elektroden aus
  • EEG fordert spezielle, standardisierte Messapparatur, bei der Elektroden eng an der Schädeloberfläche befestigt werden (oft mit Hauben oder Kappen)
  • > Neutrale Referenzelektrode am Ohrläppchen/hinterm Ohr
  • Artefakte durch Augenaktivität und Lidschläge können EEG-Daten verfälschen
  • > Kontrolle durch gleichzeitige Erhebung von EOG-Daten
  • An EEG interessieren Schwankungen elektrischer Potenziale (Spannungen) über die Zeit, insbesondere Frequenz (Schwingungshäufigkeit pro sec., in Hz) und Amplitude (Ausmaß der Differenz) dieser Schwankungen
  • 2 Arten der Aktivität: Spontanaktivität und evozierte (hervorgerufene) Aktivität
50
Q

Spontanaktivität

A
  • Definition: ständig auftretende rhythmische Potenzialänderungen mit einer Frequenz von 0,5 bis max. 100 Hz und Amplituden von 1 bis 100 µV (Mikrovolt)
  • Je nach Frequenz und Amplitude werden im EEG verschiedene Wellentypen bei der Spontanaktivität unterschieden -> diese korrelieren mit verschiedenen psychischen Zuständen (wie Aktivierung) oder Prozessen (visuelle Merkmalsintegration)
  • Alphawellen: hohe Amplitude, Frequenz um 10 Hz -> entspannter Wachzustand
  • Betawellen: niedrige Amplitude, Frequenz von 14-30 Hz -> mentale/körperliche Aktivierung
  • Delta- und Thetawellen: hohe Amplitude, Frequenz von 0,5 - 4 bzw. 5 - 7 Hz -> Tiefschlaf, Einschlafphase, tiefe Entspannung
  • Gammawellen: geringe Amplitude, Frequenz bei 40 Hz -> visuelle Merkmalsintegration (Farbe, Form, Bewegung)
51
Q

Evozierte Potenziale

A
  • Auch: ereigniskorrelierte Potenziale, engl. event related potencials (ERP)
  • Definition: kurzzeitige (weniger als 1 sec. andauernde) Reaktionen auf innere und äußere Reize, die einen komplexen Verlauf mit interpretierbaren Höhe- und Tiefpunkten aufweisen
  • Hirnelektrische Aktivität, die zur Spontanaktivität hinzukommt
  • Zeigen sich unmittelbar nach Wahrnehmung eines Sinnesreizes (sensorisch eP) oder unmittelbar vor Ausführung einer Bewegung (motorisch eP), oder wenn Person sich mental mit für sie bedeutsamen Inhalten/Informationen beschäftigt (endogene eP)
  • Psychologisch relevant sind v.a. lokale Maxima und Minima der evozierten Aktivität
  • > Analyse im Hinblick auf 2 Parameter:
  • Amplitude (meist zwischen Baseline und Wert des Maximums/Minimums)
  • Zeitpunkt bzw. Latenz (d.h. zeitlicher Abstand nach Reizverarbeitung)
  • Komponenten des eP: Unterscheidbare Wellensegmente, die charakteristische Gipfel oder Täler beinhalten
  • Jeder Ausschlag in positive (P) oder negative Richtung (N) und zeitlichem Intervall nach Beginn eines Reizes (z.B. 100 oder 300ms) werden charakteristischen Komponenten (wie P300 oder N100) von eP identifiziert, die mit verschiedenen Arten der Reizverarbeitung in Verbindung gebracht werden (z.B. deutliches Hervortreten der P3-Komponente bei verletzten Erwartungen, N1-K. als frühestens Anzeichen für Reizverarbeitung)
  • Relativ schwache Aktivitäten der eP können oft erst durch Summation oder Mittelung von anderen Aktivitäten im EEG unterschieden werden
  • EP weisen hohe zeitlich Auflösung, jedoch eher geringe räumliche Auflösung und Messtiefe auf
52
Q

Magnetenzephalogramm (MEG)

A
  • Soll minimale Magnetfelder erfassen, die durch neuronal bedingte elektrische Potenzialschwankungen verursacht sind
  • Zeichnet sich durch hohe räumliche und zeitliche Auflösung aus
  • Erlaubt im Unterschied zum EEG eine präzise dreidimensionale Lokalisation
  • Mithilfe des MEG können neurokognitive Prozesse, z.B. im Zusammenhang mit Aufmerksamkeit und Gedächtnis, erfasst werden
  • Wie EEG hauptsächlich Erfassung von Signalen der Kortexneurone
  • > Erfasst wie EEG Spontanaktivität und evozierte Potenziale
  • Meist Haube mit mehr als 100 sensiblen Detektoren
  • > Berühren nicht die Schädeloberfläche (wie bei EEG) -> 1cm Abstand (Ausschluss von Störeffekten durch elektrische Potenziale der Haut
53
Q

Bildgebende Verfahren (imaging methods)

A
  • Ermöglichen Struktur und Funktionen des Gehirns (z.B. Wahrnehmung, Gedächtnis, emotionale Reaktionen) in Gesamtheit (auch in subkortikalen Bereichen) darzustellen
  • Erstmals Ermöglichung, Gehirn „beim Denken zuzuschauen
  • Radiologische Verfahren und Magnetresonanzverfahren
54
Q

Radiologische Verfahren

A

Messung von Röntgen- oder radioaktiven Strahlen

  • Computertomografie (CT): Röntgenstrahlen werden bei Durchdringung verschiedener Gewebearten unterschiedlich stark absorbiert
  • Positronenemissionstomografie (PET): gibt Auskunft, welche Strukturen bei Bearbeitung kognitiver Aufgaben (z.B. Problemlösen) aktiv sind
  • Single-Photon-Emissions-Computertomografie (SPECT): weniger aufwändige Alternative zur PET

-> PET und SPECT nutzen injizierte radioaktive Markierungssubstanzen (tracer)

55
Q

Magnetresonanzverfahren

A
  • Nutzen starke Magnetfelder, um hochaufgelöste Bilder von Strukturen und Funktionen des Gehirns zu erzeugen
  • Magnetresonanztomografie (MRT, engl. MRI)
  • Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)
56
Q

Magnetresonanztomografie (MRT, engl. MRI)

A

Magnetische Resonanz entsteht, wenn eine extern erzeugte elektromagnetische Frequenz und die Kernspinfrequenz der Protonen von Wasserstoffatomen übereinstimmen. Bei Ausschaltung des externen Magnetfeldes kippen Protonen wieder in ursprüngliche Richtung zurück (Relaxation).

  • > Aus Zeit zwischen Erlöschen des externen Frequenzfeldes und Auftreten der Relaxationssignale schließt man auf Art des Gewebes (Gehirnflüssigkeit, Fett, Nervengewebe), in dem sich die reagierenden Wasserstoffatome befinden
  • > Effekt kurzzeitig eingeschalteter weiterer Magnetfelder erlaubt eine genaue Lokalisation
57
Q

Funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)

A
  • Nutzt magnetische Effekte der Anreicherung aktiver ZNS-Regionen mit sauerstoffreichem Hämoglobin, um psychische Prozesse und Funktionen bildhaft darzustellen
  • Vorteile gegenüber radiologischen Verfahren: keine Injektionen, hohe räumliche Auflösung (1mm) und kürzere Aufzeichnung (für Untersuchte)
  • Nachteile: hoher Geräuschpegel, Störbarkeit durch geringfügige Bewegung der Untersuchten, keine Untersuchung bei Personen mit Metallimplantaten
  • Spannende + neuartige Befunde (v.a. bei sozialkognitiven Phänomenen)
58
Q

Artefakte bei biopsychologischen Messungen

A
  • Definition: Signale, die nicht durch den interessierenden physiologischen bzw. biopsychologischen Prozess, sondern durch andere Faktoren (z.B. externe Quellen elektrischer Potenziale wie Radiosender/Mobiltelefone) verursacht werden –> Signale, die einen anderen Ursprung haben als das interessierende Biosignal
  • Artefakte stellen typische Fehlerquelle bei biopsychologischen Messungen dar
59
Q

Artefakte physiologischer Herkunft

A
  • Biosignale wie Gehirnströme (EEG) können durch Muskelaktivitäten überlagert werden
  • Herzfrequenz kann durch Atmungsvorgänge moduliert werden (Atmungsarrythmie)
  • > Kontrolle durch Unterdrückung durch geeignete Filter oder Algorithmen der Informationsverarbeitung während der Messung oder späteres herausrechnen
  • Messung von Hormonen wie Kortisol kann durch weiblichen Monatszyklus beeinträchtigt
  • > Kontrolle durch entsprechende Auswahl der untersuchten Personen
60
Q

Bewegungsartefakte

A
  • Bewegungen der Person oder des Messgerätes -> schon Veränderung der Position von Elektroden kann zu unerwünschten Signalen führen
  • Bei Messung der Gehirnaktivität durch bildgebende Verfahren (MRT)
61
Q

Artefakte durch externe Einstreuungen

A
  • Z.B. elektrische oder magnetische Felder aus der Umgebung (durch Radiosender, elektrische Leitungen)
  • Maßnahmen: Abschirmung des Untersuchungsraumes (UR), Versorgung der Geräte im UR durch Gleichspannung, Einsatz von Vorverstärken der interessierenden Biosignale, geeignete Filter bei der Datenverarbeitung
62
Q

Datenerhebung im Internet

A
  • Keine eigenständige Methode, sondern neuartiges technisches Medium, das zur Gewinnung von Daten genutzt werden kann
  • > Alle Arten der Datenerhebungen im Internet möglich außer biopsychologische
63
Q

Erleichterung und Effizienzsteigerung (quantitativ)

A
  • Stichprobengröße und Teststärke: mit sehr großen Stichproben steigt auch die Teststärke (Wahrscheinlichkeit, bestehende Unterschiede statistisch nachzuweisen) für Signifikanztests
  • Zeitökonomie: v.a. aufgrund der großen Verbreitung und Flexibilität
  • > Webservice Mechanical Turk von Amazon: hohe Teilnehmerzahlen in kurzer Zeit
  • Wegfall von kopräsenter Versuchsleitung und Versuchsleitereffekten: oft jedoch zusätzliche Kosten für Personal, das Studie fachgerecht programmieren und implementieren kann
  • Diversifizierung von Stichproben: Teilnehmerkreis ist potenziell erweitert und diverser
  • Motivation und Freiwilligkeit der Teilnahme
  • Transparenz und Überprüfbarkeit: Methodik und Materialien sind für andere Forschende leicht einsehbar und überprüfbar
64
Q

Eröffnung neuartiger Forschungsmöglichkeiten und -themen (qualitativ)

A
  • Erweiterung des Gegenstandsbereichs: Erforschung von Phänomenen, die bisher kaum untersuchbar waren bzw. gar nicht existierten, z.B. Struktur globaler sozialer Netzwerke, Konstruktion von Identitäten in „multi user domains“, Verbreitung von Gerüchten in Chat-Foren, Newsgroups oder Mailinglisten
  • Verringerung des Reaktivitätsproblems: Aufzeichnung von Daten ohne Kenntnis der Personen -> Forschungsethik!
  • Erreichbarkeit von Stichproben mit hochspezifischen Merkmalen
65
Q

Gefährdungen der Güte der Untersuchungen

A
  • Verringerung der Repräsentativität der Stichproben und der Generalisierbarkeit der Befunde: überproportionaler Anteil von 20-40 Jährigen mit höherem Bildungsgrad und sozioökonomischem Status
  • > Größere Freiwilligkeit geht zu Lasten der Generalisierbarkeit, wegen Selbstselektion
  • Erschwerte Kontrolle über die Bedingungen der Datenerhebung (die Einhaltung von Instruktionen): fehlende Kommunikation, Anonymität begünstigt Verfälschung/Sabotage
66
Q

Forschungsethische Risiken

A
  • Erschwerte Prüfung der Identifizierbarkeit: ob Teilnehmende identifizierbar sind oder Anonymität gewährleistet ist, ist bei Internetstudien weniger eindeutig entscheidbar
  • > Möglichkeit von Pseudonym im Chat auf Person zu schließen
  • > Im WWW gespeicherte Informationen (IP-Adresse) ermöglichen Rückschlüsse
  • Erschwerter Schutz der Teilnehmenden: durch fehlende Interaktion schwieriger, Gefährdungen der Untersuchten festzustellen, z.B. belastende emotionale Reaktionen auf negative Rückmeldungen (etwa über Leistungsfähigkeit, Persönlichkeitseigenschaften)
  • Erschwerte Überprüfung des Verständnisses wichtiger Informationen: z.B. Vertrag über Rechte und Pflichten der Versuchsteilnehmer oder postexperimentelle Aufklärung
67
Q

Beachtung spezieller Probleme aufgrund mangelnder Interaktion

A
  • Vortestung des Versuchsmaterials mit besonderer Sorgfalt
  • Stichprobengröße und explorative Datenanalysen: Stichprobe sollte möglichst groß sein, Plausibilität und Qualität der Datensollte genau geprüft werden (z.B. auf Ausreißer)
  • Verhinderung mehrfacher Teilnahme: z.B. durch Email oder IP
  • Sicherstellung der Bereitschaft und Ernsthaftigkeit der Teilnahme: z.B. durch sozialinteraktive Designelemente -> vertraute Kommunikationsformen, Personalisierung der Interaktion z.B. durch persönliche Anrede, Offenlegung von Hintergrundinfo über Studie/Forscher
68
Q

Spezielle Abstimmung von Schutzmaßnahmen auf potenzielle Risiken

A

Gerade bei hohen forschungsethischen Risiken sollten überdurchschnittliche Standards zum Schutz der Untersuchten gelten und entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden

  • Z.B. rechtzeitiger Ausschluss von vulnerablen Teilpopulationen durch Screenings
  • Besondere Schutzbedürftigkeit von Minderjährigen muss gewährleistet sein
69
Q

Experimente im WWW

A
  • Web-Experimente verbinden Elemente des Labor- und Feldexperiments, gehen aber durch Nutzung der WWW-Technologie über diese hinaus
  • Höhere externe Validität durch größere Bandbreite und Repräsentativität der Stichprobe
  • Geringere interne Validität durch geringere experimentelle Kontrolle
  • Geringere Präzision durch größere Fehlervarianz (durch Ablenkung, größere Streuung der Tageszeiten bei Durchführung, Nichtbefolgung der Instruktionen)
  • Vergleichsstudien zeigen aber, dass Ergebnisse von Labor- und Webstudien oft erstaunlich übereinstimmend sind
  • Mögliche Gefährdungen der internen Validität und Präzision von Web-Experimenten sollten im Einzelfall sorgfältig geprüft werden
70
Q

Möglichkeiten und Vorteile der Datenerhebung im Internet

A
  • Erleichterung und Effizienzsteigerung (quantitativ)

- Eröffnung neuartiger Forschungsmöglichkeiten und -themen (qualitativ)

71
Q

Risiken und Nachteile der Datenerhebung im Internet

A
  • Gefährdungen der Güte der Untersuchungen

- Forschungsethische Risiken

72
Q

Hinweise zur Forschung im Internet

A
  • Beachtung spezieller Probleme aufgrund mangelnder Interaktion
  • Strenge Prüfung der Anonymität und Vertraulichkeit der Daten
  • Spezielle Abstimmung von Schutzmaßnahmen auf potenzielle Risiken
73
Q

Messungen von Indikatoren außerhalb des zentralen Nervensystems

A
  • Elektrodermale Aktivität
  • Elektromyogramm (EMG)
  • Elektrookulogramm (EOG) und Eyetracker
  • Weitere Messungen der Augenaktivität
  • Messung und psychologische Bedeutung der Aktivitäten des Herz-Kreislauf-Systems (kardiovaskulär)
  • Messung und psychologische Bedeutung des Hormon- und Immunsystems