Funktionelle Syndrome Flashcards
(37 cards)
Funktionelle somatische Syndrome (FSS): Definition
Man versteht unter „funktionellen Syndromen“ körperliche Beschwerden,
die medizinisch nicht ausreichend erklärt werden können.
Funktionell wird hier als „nicht strukturell“ verstanden – eine einheitliche
Definition der FSS existiert nicht.
Welches sind die wichtigsten funktionellen Syndrome?
- chronische Erschöpfungssyndrom
- chronische Rückenschmerzen
- „Schleudertrauma“
- Fibromyalgie
- Funktionelle Brustschmerzen
- Funktionelle Dyspepsie
- Globus hystericus
- Hyperventilierungssyndrom
- Reizdarmsyndrom
- Multiple chemische Sensivität
- Persistierende idiopathische Gesichtsschmerzen
- usw.
Das IBS (Irritable Bowel Syndrome): diagnostische Kriterien + Epidemiologie
Gemäss den „Rom-Kriterien“ folgende Symptome mindestens drei
Monate dauerhaft oder wiederkehrend:
• Unterbauchschmerzen, die bei Stuhlgang nachlassen oder mit einer Änderung der Stuhlfrequenz oder Konsistenz verbunden sind
• Eine gestörte Defäktion in mindestens 25% der Fälle, wobei mindestens 2 der folgenden Symptome auftreten:
- Veränderte Stuhlfrequenz
- Veränderte Stuhlkonsistenz
- Veränderte Stuhlpassage (Pressen, Gefühl der Dringlichkeit, Gefühl der.
unvollständigen Entlehrung)
• Schleimhautauflagerungen auf dem Stuhl, häufig begleitet von Blähungen
Epidemiologie: 14-18%, Frauen doppelt so oft betroffen
Welche Rolle spielen psychologische Faktoren beim Entstehen von somatischen Störungen? (=Somatic Symptom Disorder–> psychologische Fakt.)
1) Übertriebene und anhaltende Gedanken über die Ernsthaftigkeit der Beschwerden
2) Eine anhaltende starke Angst um die eigene Gesundheit oder
die Symptome oder
3) Ein exzessiver Zeit- oder Energieaufwand in Bezug auf die Symptome oder Gesundheitssorgen
–> Prävalenz von somatoformen Störungen: 6-11%
Symptome der Syndrome IBS, CFS, FMS
A) IBS: Völlegefühl, Durchfall, Verstopfung
B) CFS: Erschöpfung
C) FMS: Ganzkörperschmerzen
Überlappung der einzelnen Syndrome von IBS, CFS und FMS
A) Überlappung IBS, CFS, FMS: (teil)lokalisierte Schmerzen
B) Überlappung CFS, FMS: nicht-erholsamer Schlaf, kognitive Probleme
Weshalb spricht man überlappenden Symptomen bei wie z.B. Fibromyalgie oder dem Reizdarmsyndrom?
Die verschiedene Syndrome haben überlappenden Symptome, was aber nicht heißt, dass es die selbe Ursache für Erkrankung ist
Das IBS und der Stress
In Phasen mit erhöhtem Stress und psychischer Anspannung sind die Symptome oft stärker ausgeprägt als am Wochenende oder im Urlaub. Typisch ist, dass die Darmbeschwerden morgens nach dem Aufstehen und im Tagesverlauf auftreten, sich jedoch nachts beim Schlafen nicht bemerkbar machen. Dennoch können auch Schlafstörungen als Folge der Belastung durch die Erkrankung im Verlauf auftreten. Häufig schwächen sich die Symptome des Reizdarms nach Stuhlgang (Defäkation) ab. Allerdings leiden einige Betroffene unter dem Gefühl, den Darm nicht richtig entleeren zu
können.
Das IBS: Symptomtypen
Grundsätzlich kann man das Reizdarmsyndrom in verschiedene
Symptomtypen einteilen:
• Durchfall-Typ (Diarrhö-Typ, IBS-D), bei dem Durchfälle im Vordergrund
stehen
• Verstopfungs-Typ (Obstipations-Typ, IBS-C), bei dem Verstopfung
dominiert
• Schmerz-Typ, bei dem Bauchschmerzen das Hauptsymptom bilden
• Bläh-Typ, bei dem Blähungen besonders belastend sind
• Gemischter-Typ (Mix-Typ, IBS-M), bei dem sowohl Durchfälle als auch
Verstopfung auftreten
–> Bevor die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt werden kann, sollten andere Ursachen, wie beispielsweise Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung (z.B. Morbus Crohn oder Colititis ulzerosa) ausgeschlossen werden
Funktionelle Syndrome: Psychosoziale Faktoren
- Untersuchungen zeigen, dass Reizdarmpatienten insgesamt mehr psychische Störungen oder Auffälligkeiten aufweisen als die Normalbevölkerung.
- Sie sind ängstlicher und depressiver als gesunde Probanden, es gibt aber keine Hinweise auf eine „Reizdarmpersönlichkeit“.
- Das Reizdarmsyndrom wird hingegen mit einer Häufung kritischer Lebensereignisse in Zusammenhang gebracht
- Körperlicher oder sexueller Missbrauch wird ebenfalls diskutier
Fibromyalgie (Ganzkörperschmerzen): andere Schmerzsignale
Es gibt inzwischen Hinweise, dass Personen, die unter Fibromyalgie leiden,
Schmerzsignale anders verarbeiten. Dies betrifft nicht nur akute Schmerzsignale sondern auch die Erwartung von solchen
Fibromyalgie: (Biologischen) Ursachen
- Genetische Faktoren werden diskutiert, aber geringe Varianzaufklärung
- Neuroendokrine Faktoren
- Autonome Faktoren (Autonomes NS = ANS)
- Immunologische Faktoren
- Hirnanatomische und hirnfunktionelle Faktoren (Langzeitfolgen nozizeptorischer Stimulation).
Fibromyalgie: (Biologischen) Ursachen - Details
• Genetische Faktoren werden diskutiert, aber geringe Varianzaufklärung
• Neuroendokrine Faktoren: Vor allem in Zusammenhang mit Erschöpfung
diskutiert – Kortisol ist ein wichtiger Regulator des Glukosemetabolismus und
auch ein Mediator des Immunsystems à Gesamtdatenlage deutet auf eine
zentralnervöse Dysregulation der HHNA (Hypo-, resp. Hyperaktivität).
• Autonome Faktoren (Autonomes NS = ANS). Die Literatur deutet auf eine
sympathische und/oder parasympathische Dysfunktion im Ruhezustand oder
unter Beanspruchung hin – erhöhte Wahrnehmung nozizeptorischer Stimuli
• Immunologische Faktoren: Erhöhte Ausschüttung von Zytokinen, als Folge
Modulation des Schmerzempfindens (proinflammatorisch), Kortisol fällt
hinsichtlich Downregulation aus.
• Hirnanatomische und hirnfunktionelle Faktoren (Langzeitfolgen
nozizeptorischer Stimulation).
Weshalb ist das Stresskonzept so zentral beim Entstehen chronischer
Erkrankungen?
Die Datenlage deutet darauf hin, dass bei vielen FSS Stress eine bedeutende Rolle spielt, d.h. die zentralnervöse Regulierung der HHNA gestört ist.
Dazu kann möglicherweise eine frühkindliche Traumatisierung massgeblich beigetragen haben.
Dazu kommen auch immunologische Faktoren (Zytokine (Entzündungsfaktoren) als Stressfolgen – die wiederum als Moderatoren für das Schmerzempfinden etc. wirken. Stichwort „Psychoneuroimmunologie“.
–> Stress und Lernen spielen eine bedeutende Rolle bei der Entstehung dieser Syndrome.
Zentrale Konzepte in der Verhaltensmedizin
- Stress und Coping als Einflussvariablen zur Entstehung und
Aufrechterhaltung von Störungen und Erkrankungen - Annahme von Vulnerabilitäts-Stress-Modellen:
> Belastbarkeitsschwelle (=Vulnerabilität) kann höher oder tiefer sein
> Verhaltensmedizinische Interventionen enthalten oft
Stressbewältigungstrainings
Vulnerabilitäts-Stress-Modell (Komponenten)
- Überdauernde, persönliche Vulnerabilitätsmerkmale (z.B. dopaminerge Dysfunktion, Verarbeitungskapazität)
- Protektive persönliche Bedingungen (z.B. Selbstwirksamkeitsüberzeugung,
Resilienz) - Protektive Bedingungen der Umgebung (z.B. Familiensituation)
- Potenzierende und belastende Umgebungsbedingungen (z.B. Lebensereignisse)
4 Faktoren, wie Stress zur Entstehung von Krankheiten beitragen kann (Kaluza)
- Nicht verbrauchte Energie
- Chronische Belastungen
- Geschwächte Immunkompetenz
- Gesundheitliches Risikoverhalten
4 Faktoren, wie Stress zur Entstehung von Krankheiten beitragen kann: 1. Nicht verbrauchte Energie
• In Stresssituationen wird Energie bereitgestellt, um mit Angriff oder Flucht zu reagieren. Heute ist Angriff oder Flucht keine adäquate Bewältigungsstrategie mehr
• Die Energie wird nicht mehr verbraucht. Fett, Zucker und verklumpende Blutplättchen können die Blutbahn verstopfen etc.
> Wir müssen für regelmässige körperliche Aktivität sorgen, um die im
Rahmen der Stressreaktion bereitgestellte Energie auch zu verbrauchen
> Sport und Bewegung ist heute Teil jeder erfolgreichen Anti-Stress-Strategi
4 Faktoren, wie Stress zur Entstehung von Krankheiten beitragen kann: 2. Chronische Belastungen
• Unser „Stresssystem“ ist optimiert für Belastungen/ Gefahren von kurzer
Dauer. Heutige Stressoren (z.B. berufliche, zwischenmenschliche) halten
typischerweise lange an oder kommen immer wieder
• Dauerhafte Aktivierung der HHNA-Achse; chronisch erhöhter
Kortisolspiegel; viele negative Auswirkungen auf körperliche Prozesse
> Regelmässiger Ausgleich, regelmässige Phasen der Entspannung und
Regeneration wichtig -> Ausgleich planen und Entspannung
= Teil der meisten Stressreduktionsprogramme
4 Faktoren, wie Stress zur Entstehung von Krankheiten beitragen kann: 3. Geschwächte Immunkompetenz
• Dauerstress führt zu nachhaltiger Schwächung unseres Immunsystems
• Dauergestresste Menschen sind häufiger krank (während Stressphase oft nur
irgendwie und „nicht richtig“ krank). Ausbruch der Krankheit oft wenn der
Einfluss des Kortisols nachlässt (z.B. Wochenende, Ferien)
• Chronisch erhöhter Kortisolspiegel wirkt sich auch negativ auf den Verlauf von Krankheiten aus
> Stärkung des Immunsystems durch gesundheitsbewusste Lebensweise,
gesunde Ernährung, ausreichend Bewegung und Schlaf
4 Faktoren, wie Stress zur Entstehung von Krankheiten beitragen kann: 4. Gesundheitliches Risikoverhalten
• Zur Bewältigung von Belastungssituationen greifen Menschen oft auf
Verhaltensweisen zurück, die gesundheitsschädigend sind: z.B. Rauchen,
ungesundes Essen, Alkohol
• Was kurzfristig beruhigend wirkt, erhöht das Erkrankungsrisiko und verringert
langfristig die persönliche Belastbarkeit
> Neue Möglichkeiten zum Umgang mit Stress erarbeiten:
- Alternative Aktivitäten zur Stressreduktion (z.B. kreative Aktivitäten,
soziale Aktivitäten)
- Beruhigungsstrategien (z.B. positive Selbstgespräche, Atemübungen,
Entspannungsmethoden)
- Problemlösefähigkeiten trainieren
Psychologische Grundlagen der Symptomwahrnehmung (Interozeption)
Pennebaker (1982):
1) Signalbildung („encoding“)
2) Bewusstwerdung („awareness“) durch kortikale Verarbeitung und
3) Berichtsverhalten („reporting“).
- -> Modell „competition of cues
Modell „competition of cues”
Reize werden als Funktion aus dem Verhältnis potentiell verfügbarer internaler zu externaler Information gesehen.
Intensität eines Symptoms
Die wahrgenommene Intensität eines Symptoms basiert nicht nur auf
den Reizcharakteristika und der Verarbeitungskapazität, sondern wird
durch psychologische Prozesse beeinflusst:
• Relevant sind Krankheitskonzepte,
• Erwartungen,
• Aufmerksamkeitsfokus und
• dysphorische Gefühlszustände wie Angst und Depressivität