Verträge und vertragliche Schuldverhältnisse Flashcards
(39 cards)
Angebot und Annahme
. • Vertrag kommt durch übereinstimmende Willenserklärung (mind.) zweier Personen zustande (§ 861 ABGB): Angebot und Annahme
• für fast alle Verträge genügt Willensübereinstimmung (Konsens)→ Konsensualverträge
• bei wenigen Verträgen ist die faktische Übergabe zur Wirksamkeit des Vertrags erforderlich → Realverträge
Angebot
Wer mit einem anderen einen Vertrag schließen will, muss ihm das kundtun:
• Unterbreitung eines Vorschlags über den Inhalt des gewünschten Vertrags → Angebot (Offerte): einleitende Willenserklärung
• Inhaltserfordernisse eines Angebots:
- sämtliche für den Vertragsinhalt erforderliche Angaben (essentalia negotii)
- Angebot = wenn der andere Teil nur „Ja“ sagen muss, um die erforderliche
Willensübereinstimmung (→und Vertrag) zustande zu bringen
- alle anderen Kontaktnahmen: Äußerungen im Zuge von Vertragsverhandlungen
Bindungswille
- Angebot = Bindungswille → Angebot liegt nur vor, wenn es vom
Bindungswillen des Offerten getragen ist - kein Bindungswille → kein verbindliches Angebot, weil es nicht auf Erzeugung
von Rechtswirkungen gerichtet ist (allenfalls fordert es zur Verbindung von
Angeboten auf (invitatio ad offerendum)) - stimmt Anerklärte einem freibleibenden “Angebot“ zu, handelt es sich
seinerseits um ein Angebot
Bindungswirkung
- mit Zugang (Zustellung) entfaltet Angebot Bindungswirkung für Erklärenden
- Anerklärter hat Recht, durch Annahmeerklärung einen Vertrag im Sinne des Angebotes zustande zu bringen→einseitiger Widerruf des Angebots ist für
Dauer der Bindungswirkung nicht mehr möglich - Dauer der Bindungswirkung:
▪ kann vom Offerenten selbst bestimmt werden ▪ wenn nichts bestimmt wurde→§ 862 ABGB:
unter Anwesenden hat sich Adressat unverzüglich zu erklären
übrige Fälle: Annahmefrist setzt sich aus der Zeit der
Beförderung zum Adressaten, einer angemessenen Überlegungsfrist und der voraussichtlichen Beförderung der Antwort an den Anbotsteller zusammen
▪ endet mit Ablauf der Annahmefrist für den Anbotsteller
Annahme als Willenserklärung
- wer mit einem ihm zugegangenen Angebot einverstanden ist, kann es durch
eine entsprechende Willenserklärung annehmen (sein Einverständnis
erklären) - sobald dem Anbotsteller die Annahmeerklärung im Zeitraum der
Bindungsfrist zugegangen ist, ist der Vertrag abgeschlossen→zustande
gekommen - später zugehende „Annahme“: rechtlich ein neues Angebot
- Annahme muss inhaltlich voll dem Angebot entsprechen
- Modifizierungen des Inhalts des Angebots lassen keine Annahme zustande
kommen (→Gegenangebot)
Annahme als Willensbestätigung
- manchmal ist ausdrückliche Annahmeerklärung nicht zu erwarten → Vertrag kommt durch Erfüllung zustande (§ 864 (1) ABGB)
- Behalten, Verbrauchen, Verwenden einer unbestellt gelieferten Sache: ▪ gilt nicht als Annahme eines Angebots
▪ musste dem Empfänger auffallen, dass ihm die Sache irrtümlich
zugegangen ist, hat er dies mitzuteilen/die Sache zurückzuleiten (§ 864 (2) ABGB)
Natürlicher und normativer Konsens
- Konsens: Angebot und Annahme entspreche einander → Erklärungen der
Beteiligten stimmen so überein, dass sie ein sinnvolles Ganzes bilden - natürlicher Konsens: beide wollen von ihrem Willen her tatsächlich das
Gleiche - gemeinsamer wahrer Parteiwille bedeutsamer als der Wortlaut der Erklärung
(§ 914 ABGB) - Vertrag komm mit dem übereinstimmenden Gewollten zustande, wenn beide
Parteien dasselbe meinen, sich aber gleichermaßen in der Bezeichnung
vergriffen haben (falsa demonstratio non nocet) - normativer Konsens: es reicht für Vertragsabschluss, wenn Erklärungen nur
nach Maßgabe des objektiven Empfängerhorizonts übereinstimmen - Parteien müssen nicht alle Einzelheiten ausdrücklich regeln: offener Punkt→
Ergänzung des Vertrags durch das Gesetz - ergänzende Vertragsauslegung: Richter hat einen Vertrag so zu ergänzen, wie
ihn redliche und vernünftige Parteien angesichts der gegebenen Umstände geschlossen hätten
Scheingeschäft
▪ erweckt nach außen hin Eindruck der Gültigkeit, in Wahrheit aber von beiden Vertragsparteien, so gar nicht gewollt
▪ gilt nicht
▪ stattdessen gilt das verdeckte Geschäft
▪ verdecktes Geschäft gesetzeswidrig und erfordert Zweck der
verletzten Norm die Nichtigkeit des Geschäfts: auch verdecktes
Geschäft gilt nicht
Umgehungsgeschäft
▪ geschlossenes Geschäft tatsächlich so gewollt
▪ wirtschaftlicher Zweck des Geschäfts in Wahrheit ein anderer als
jener, für den der gewählte Vertragstypus geschaffen wurde
▪ gültig, sofern sein Inhalt nicht gesetzeswidrig ist
Das Umgehungsgeschäft wird nicht nur vorgegeben, sondern auch realisiert, wenngleich nicht um dieses Geschäftes willen, sondern zur Sicherstellung des wirtschaftlichen Erfolges eines anderen, aus Verbotsgründen oder Zweckmäßigkeitsüberlegungen nicht abgeschlossenen Geschäftes
Dissens
- Fehlen einer Willensübereinstimmung
- Erklärungen passen nicht zueinander
- Vertrag kommt nicht zustande
- offener Dissens: Parteien wird Dissens unmittelbar nach Abgabe der
Erklärungen bewusst - versteckter Dissens: Dissens wird erst später entdeckt
Stellvertretung ; Funktion und Wirkungen
• grundsätzlich handelt jedermann für sich selbst
• mittelbare Stellvertretung: Rechtsfolgen treten in der Person des Vertreters ein
• unmittelbare Stellvertretung: Vertretener wird durch rechtsgeschäftliche Handlung
des Stellvertreters unmittelbar selbst berechtigt und verpflichtet
• vertretungsunfreundliche Rechtsgeschäfte: Stellvertretung ausgeschlossen
Abgabe einer eigenen Willenserklärung
- Stellvertreter gibt eigene Willenserklärung ab
- Bote: überbringt einem Dritten die Willenserklärung des Geschäftsherrn
- Stellvertreter muss zumindest beschränkt geschäftsfähig sein
- Stellvertreter selbst nicht schutzbedürftig
- Bote kann gänzlich geschäftsunfähig sein
Handeln im fremden Namen
- Offenlegungsgrundsatz: Dritter muss wissen, dass der Stellvertreter nicht für
sich selbst, sondern für den Vertreten tätig wird - Stellvertreter muss im Namen des Vertretenen handeln: Vertreter muss
allgemein kenntlich machen, für einen anderen zu handeln - wenn nach den Umständen anzunehmen ist, dass dem Dritten die Person des
Geschäftspartners völlig gleichgültig ist (und der Dritte nichts Gegenteiliges
kundtut), kann auf die Offenlegung verzichtet werden - Rechtsfolgen treffen unmittelbar den Vertretenen (Geschäft für den, den es
angeht)
Vertretungsmacht
- Stellvertreter muss berechtigt sein, für den Vertretenen tätig zu werden
- Begründung durch:
▪ rechtsgeschäftliche Stellvertretung (Vollmacht) ▪ gesetzliche Stellvertretung
▪ organschaftliche Stellvertretung
Vollmacht
. - rechtsgeschäftlich eingeräumte Vertretungsmacht
- rechtliches Können im Außenverhältnis
- wer Vollmacht hat, kann für den Vertretenen im Außenverhältnis
rechtsgeschäftlich handeln→durch Abgabe von Willenserklärungen
berechtigen und verpflichten
- durch einseitiges Rechtsgeschäft erteilt
- Stellvertreter muss nicht zustimmen
- Innenvollmacht: Vertretene erteilt gegenüber dem Stellvertreter die
Vollmacht (intern)
- Außenvollmacht: Vertretene teilt einem Dritten/der Öffentlichkeit die
Vollmacht mit (extern)
Auftrag
- zweiseitiges Rechtsgeschäft
- bedarf der Zustimmung des Stellvertreters
- begründet ggf eine Pflicht zum Tätigwerden
Ermächtigung
- einseitiges Rechtsgeschäft
- gestattet dem Stellvertreter, tätig zu werden
Anscheinsvollmacht
- Fälle, in denen zwar keine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht vorliegt, das
Verhalten des Vertreters aber dennoch dem Vertretenen aus Gründen des
Vertrauensschutzes zugerechnet wird - Voraussetzungen:
▪ äußerer Schein, der geeignet ist, beim Dritten den begründeten Glauben zu erwecken, der Vertreter habe Vollmacht
▪ Anschein muss vom Vertreter zurechenbar verursacht worden sein und
▪ Dritte muss auf das Bestehen der Vollmacht vertrauen (Gutgläubigkeit des Dritten)
Umfang der Vollmacht
- General-, Gattungs- und Einzelvollmachten → Formalvollmachten (z.B.:
Prokura, organschaftliche Vertretung von juristischen Personen und
Personengesellschaften) - der vom Gesetzgeber vorgesehene Umfang der Vollmacht kann vom
Vollmachtgeber Dritten gegenüber nicht beschränkt werden
Vertretung ohne Vertretungsmacht
• Scheinvertreter (falsus procurator): wenn jemand als Vertreter handelt, der keine Vollmacht hat/seine Vollmacht überschreitet
• Rechtsgeschäft kommt nicht zustande
• Vertretene hat Möglichkeit, Rechtsgeschäft nachträglich zu genehmigen
(§ 1016 ABGB)
• Genehmigung wird angenommen, wenn sich der unwirksam Vertretene den Vorteil
aus dem Geschäft zuwendet
• bleibt Genehmigung aus, haftet der Scheinvertreter beim Dritten: hat bei
Verschulden all das zu ersetzen, was der Dritte durch sein Vertrauen an Schaden erlitten hat (Vertrauensschaden)
Vorliegen von AGB
• einheitlicher Vertragstext
• Rationalisierung und Spezialisierung
• Vertragsbedingungen, die
- von einer Partei (Verwender) der anderen Partei einseitig gestellt werden
- nicht im Einzelnen ausgehandelt und
- für eine für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden
Geltungsgrund AGB
• AGB gelten nur, wenn sie im Einzelfall vertraglich vereinbart werden
• bedarf im Zuge der Vertragsverhandlungen Hinweise darauf, dass der Verwender
dem Einzelvertrag AGB zugrunde legen will
• Einbeziehungskontrolle: Kunde muss vor Vertragsschluss Möglichkeit haben, in AGB
Einsicht zu nehmen
• nachträgliche Bezugnahme auf AGB genügt nicht
Kontrolle von AGB
• AGB: Instrument, wirtschaftliche Übermacht des Verwenders auszuspielen
• können vom dispositiven Recht abweichende Klauseln enthalten I
• Individualprozess: gegen gesetzeswidrige AGB können betroffene Kunden Klagen
erheben
• Verbandsprozess, Verbandsklage: gegen gesetzeswidrige AGB können
Interessensverbände Klage erheben
• bei unlauterem Wettbewerb: Mitbewerber können Maßnahmen ergreifen
• mehrdeutige Regelungen bei zweiseitig verpflichtenden Verträgen werden zum
Nachteil des Verwenders ausgelegt (§ 915 ABGB)
• Geltungskontrolle:
- überraschende, nachteilige Klauseln werden nicht Vertragsinhalt
- Annahme, dass sie nicht vom Willen des Vertragspartners des Verwenders der
AGB umfasst sind (§ 864a ABGB)
- partieller Dissens → erübrigt Irrtumsanfechtung
• Inhaltskontrolle:
- ob Inhalt gesetzeskonform und den guten Sitten entspricht
- gröblich benachteiligende Nebenabreden nichtig (§ 879 (3) ABGB)
- hält Klausel nicht stand → unwirksam
• spezielle Klauselverbote für Verbrauchergeschäfte (§ 6 KSchG):
- Klauselverbote des § 6 (1) KSchG: gelten für alle Vertragsbestimmungen
- Klauselverbote des § 6 (2) KSchG: gelten für alle Vertragsbestimmungen, bei
denen der Unternehmer nachweist, dass sie im Einzelnen ausgehandelt
wurden
• Transparenzgebot: unklar oder unverständlich abgefasste Vertragsbestimmung für
Verbraucher unwirksam (§ 6 (3) KSchG)
• geltungserhaltende Reduktion: Klausel wird auf den gerade noch zulässigen Inhalt
reduziert
Mängel des Vertragsschlusses
• Kriterien für Wirksamkeit des Vertragsabschlusses:
- Geschäftsfähigkeit der Parteien
- Fehlen von Willensmängeln
- Möglichkeit und Erlaubtheit des Vertragsinhaltes
- laesio enormis
- Formvorschriften
• Mängel beim Vertragsabschluss → Vertrag nichtig/anfechtbar/nicht klagbar
• Wurzelmangel: Mangel haftet der Wurzel des Vertrags an