Vorlesung 4 Flashcards
(26 cards)
Diagnostizieren und Evaluieren Ziel heute
Pädagogisch-psychologische
Diagnostik
- Diagnostik und professionelles Handeln
- Messtheoretische Grundlagen
- Beispiele für diagnostische Verfahren
–> Zeugnis
Französisch: ungenügend
Mathematik: mangelhaft
Der Schüler hat die Erlaubnis zum Aufrücken in die nächste Klassenstufe nicht erhalten.
Evaluation
- Evaluationsmodelle
- Schritte und Leitfragen einer Evaluation
–> Zeugnis
Didaktik: ungenügend
Vorbereitung: mangelhaft
Dem Lehrer ist es nicht gelungen, zwölf von 29 Schülern an das Klassenziel zu bringen.
Definition pädagogisch-psychologische Diagnostik
„Die pädagogisch-psychologische Diagnostik ist ein Arbeitsfeld, das sich mit der Beschaffung und Bewertung von Informationen befasst, die zu einer möglichst akkuraten Einschätzung der aktuellen Ausprägung von Personenmerkmalen (…) oder Merkmalen der Lern- und Entwicklungsumwelt (…) führen und zu einer besseren Erklärung und Prognose in pädagogisch relevanten Problemfeldern beitragen.“
aus: Krapp & Weidenmann (52006), S. 528
Pädagogisch-Psychologische Diagnostik
Zentral = Entscheidungen, die Bildungslaufbahnen betreffen
diagnostische Fragen …
- zur Einschulung
- zur Lernbehinderung
- zu Teilleistungsstörungen
- zu Verhaltensauffälligkeiten
- zur Schulformzuordnung ab Sekundarstufe
- zur Hochbegabung
- zum Hochschulzugang
- zur Berufsberatung
- zur beruflichen Weiterbildung
weitere pädagogisch- diagnostische Problemstellungen, z.B.
- Qualität von Lehr-Lern-Umgebungen an der Hochschule oder im Internet
- Qualität des dualen Ausbildungssystems in der beruflichen Bildung
- Erfassung von Lern- und Entwicklungsum- gebungen (häuslich oder durch Umfang und Struktur der Peergroup gegeben)
Prozessmodell pädagogisch-psychologischen Handelns
Treatmentvorbereitende Diagnostik
Treatmentbegleitende Diagnostik
Treatmentabschließende Diagnostik
Treatmentvorbereitende Diagnostik
Ermittlung von Informationen für die Lösung eines gegebenen Problems
Treatmentbegleitende Diagnostik
Kontrolle des Handlungsablaufs im Hinblick auf angestrebte Ziele
(ggf. korrigierender Eingriff)
Treatmentabschließende Diagnostik
kritische Prüfung des Gesamtergebnisses
PM Treatmentvorbereitende Diagnostik
Ziele:
- Art und Richtung der Handlungsziele festlegen
- angemessene Maßnahmen auswählen oder vorbereiten
Funktionen:
- Informationen für Auswahl oder Gestaltung geeigneter Maßnahmen bereitstellen
- vorhersagbare Wirkungsweisen vorgesehener Treatments abschätzen (Prognose als zentrales Element)
= mehrphasiger Kreislaufprozess
PM Treatmentbegleitende Diagnostik
Ziel:
- Informationen über Verlauf des Treatments sammeln
Funktion:
- Treatment an aktuelle Bedürfnisse und Situation anpassen
auch: formative Evaluation oder Prozessdiagnostik
PM Treatmentabschließende Diagnostik
Ziel:
- Bewertung der Ergebnisse einer Maßnahme
Funktion:
- Bereitstellung von Informationen im Hinblick auf die Angemessenheit einer Maßnahme
zusätzliche Bewertung eines Ergebnisses = (summative) Evaluation
Handlungs- und Entscheidungsstrategien
Handlungsstrategie
Modifikationsstrategie
Personenmodifikation
z.B. Nachhilfeunterricht, Lehrertraining
Bedingungsmodifikation
z.B. Neugestaltung eines Lehrsystems, Änderung des Erziehungsverhaltens
Selektionsstrategie
Personenselektion
z.B. Zulassung zu Schulzweigen oder Studiengängen
Bedingungsselektion
z.B. Auswahl eines Studiengangs oder einer Ausbildungsrichtung
Versuch der Herstellung einer „Passung“ von Individuum und Umwelt durch
MS –>
… Herstellung einer geeigneten Umwelt für die spezifischen Belange eines Individuums
(Modifikationsstrategie)
SS–>
… Auswahl einer geeigneten Lernumwelt für ein Individuum
(Selektionsstrategie)
Handlungs- und Entscheidungsstrategien 2
- Verknüpfung der Strategietypen im Alltagshandeln
- Beispiel: Berufsausbildung
1a) Bewerber entscheiden sich für eine mögliche Berufslaufbahn.
Bedingungsselektion
und/oder
1b) Bewerber werden von einer Institution unter verschiedenen Kandidaten ausgewählt.
Personenselektion
2) Im Ausbildungsprogramm werden berufsrelevante Fertigkeiten vermittelt.
Personenmodifikation
3) Es kann sich herausstellen, dass das Ausbildungsprogramm verändert werden muss, um die Erfolgswahrscheinlichkeit der Auszubildenden zu verbessern.
Bedingungsmodifikation
Klassische Testtheorie
- Theorie zur Konstruktion und Bewertung von Erhebungsinstrumenten, die zeitlich stabile Personenmerkmale messen sollen (z.B. ein Intelligenztest)
Grundannahme
- beobachteter Wert = wahrer Wert + Messfehler
Ziel
- möglichst fehlerfreie Erfassung des wahren Wertes
Gütekriterien der klassischen Testtheorie
- ** Reliabilität
- Qualität
- Validität**
Reliabilität
= Genauigkeit einer Messung
(muss auf Basis von Stichprobenerhebungen mit statistischen Verfahren geschätzt werden)
- Wiederholungsreliabilität (Retest)
- schätzt die zeitliche Stabilität eines Merkmals
- Paralleltestreliabilität
- schätzt die Gleichwertigkeit von zwei parallelen Tests
- Split-half-Reliabilität und Konsistenzanalyse
- schätzen die Genauigkeit der Messung durch Prüfung der Homogenität der Antworten (von Items)
Objektivität
= Unabhängigkeit der Messung vom Messenden
(Abhängigkeit des Messergebnisses nur vom zu messenden Merkmal)
Durchführungsobjektivität
Untersuchungsbedingungen sind für alle getesteten Personen vergleichbar
Auswertungsobjektivität
Auswertung ist unabhängig von der auswertenden Person
Interpretationsobjektivität
Befunde werden von verschiedenen Diagnostikern in gleicher (ähnlicher) Weise interpretiert
Validität
= Grad der Genauigkeit, mit dem ein Test das, was er messen soll oder zu messen vorgibt, tatsächlich misst
(Wird durch die Messung das richtige Merkmal, und nicht ein anderes, erfasst?)
Inhaltsvalidität
- z.B. Schulleistungstests: Fragt der Test tatsächlich das Wissen ab, das im Unterricht vermittelt wurde?
Kriteriumsvalidität
- z.B. Validierung von Schulreifetests am Kriterium des späteren Schulerfolges
Konstruktvalidität
- z.B. Überprüfung der Faktorenstruktur bei Intelligenztests
Prognosevalidität von Auswahlverfahren
- Abb.: Modell der einfachen Selektionsentscheidung
Bsp. selektive Maßnahmen:
- Zulassung zu einem Studiengang - Vergabe eines Ausbildungsplatzes
- A = erwartungsgemäß erfolgreiche Bewerber - B = zu Unrecht aufgenommene Bewerber
- C = erwartungsgemäß erfolglose Bewerber
- D = zu Unrecht abgewiesene Bewerber
- A und C: Treffer
- B und D: Prognoseinstrument versagt
Bezugsnormen
Bezugsnormen
- Unterscheidung drei formaler Gütemaßstäbe oder Bezugsnormen
soziale (interindividuelle) Bezugsnorm
z.B. Die Mathematikleistung eines Schülers wird im Vergleich zu den Leistungen in der Klasse bewertet.
(intra-) individuelle Bezugsnorm
z.B. Die Mathematikleistung eines Schülers wird im Vergleich zu seiner eigenen Leistungsentwicklung in Mathematik bewertet.
kriteriale (sachliche) Bezugsnorm
z.B. Die Mathematikleistung eines Schülers wird im Vergleich zu einer vorher festgelegten Norm bewertet.
Normskalen in der psychologischen Diagnostik
- Abb.: Normal verteilte Testrohwerte und verschiedene gebräuchliche Normskalen
- Umrechnungstabellen in der Individualdiagnostik zur Transformation von Rohwerten eines Tests in allgemein verständliche Normwerte
Bsp. Rohwert: Zahl der richtigen Lösungen im Intelligenztest
Bsp. Normwert: IQ
Erfassung von Personenmerkmalen
- durch Befragungsmethoden: Fragebögen, Interviews, standardisierte Tests
- Beispiele
- Entwicklungstests (allgemein und speziell), z.B. Wiener Entwicklungstest (WET) von Kastner-Koller & Deimann (1998)
- Diagnose von Lernvoraussetzungen, z.B. durch Schulreifetests, wie „Kieler Einschulungsverfahren“ (KEV) von Fröse, Mölders & Wallrodt (1986)
- Erfassung der Eignung für Ausbildungsgänge - Anwendung z.B. in der Berufsberatung spezielle Tests für künftige Lehrer bzw. Lehramtsstudenten:
- „Lehrer-Interessen-Skala“ (LIS) von Mayr (1998) - siehe Folie 24
Erfassung von Personenmerkmalen
- „Lehrer-Interessen-Skala“ (LIS) von Mayr (1998)
- Abb. Ausschnitt aus dem „Interessenfragebogen“
Feststellung von Schulleistungen
- standardisierte Schulleistungstests
- Testdatenbanken: Hogrefe-Verlag (www.test-zentrale.de), Psyndex(www.zpid.de)
- norm- oder kriteriumsorientierte Tests zur Erfassung der Schulleistung
- TIMSS und PISA als großangelegte internationale Schulleistungsvergleiche
- mündliche Prüfungen
- Kontrolle des Lernerfolgs, Zwischendiagnose von Teilergebnissen im Unterrichtsverlauf,
- Disziplinierung
- Aufsatzprüfungen
- „subjektive“ Verfahren
- Bewährung durch Punktesysteme mit festgelegtem Schema zum Vergleich von Aussagen/Argumentationsstrukturen mit Anforderungsprofil
- Selbstbeurteilungen
- im formellen Ausbildungssystem nahezu unmöglich
- nicht hinreichend entwickelte Fähigkeit der Schüler, eigene Leistungen sachgerecht einzuschätzen + mangelnde Bereitschaft, offen über eigene Lernschwierigkeiten zu berichten
Feststellung von Schulleistungen
Zensuren und Zeugnisse
- Zensur = Verfahren zur Klassifikation und Bewertung von Leistungen
- Funktionen von Schulnoten
Auslese-, Kontroll- und Berechtigungsfunktion
- z.B. Regelung des Zugangs zu weiterführenden Schulen oder Studiengängen über Noten
Berichts-, Anreiz- und Sozialisationsfunktion für Schüler
- z.B. Rückmeldungen über aktuellen Leistungsstand, Motivierung und Disziplinierung, Vertrautheit mit dominierenden Prinzipien der Leistungsbewertung
Rückmeldefunktion für Lehrkräfte, Berichtsfunktion für Eltern
- z.B. Aussagen über Unterrichtsqualität, Einblick in kindliche Leistungsentwicklung
Realität der Ziffernzensuren
Schüler nehmen Zensuren als Abbild der Realität,
als objektive Rückmeldung
… jedenfalls als gute Annäherung
Diagnostische Qualität von Zensuren
erhebliche Mängel und Fehlerquellen
- mangelnde Vergleichbarkeit von Noten über verschiedene Schulklassen, Schulfächer oder Schulen hinweg
- erhebliche Variationen in der Strenge der Maßstäbe (Studie Ingenkamp, 1971)
- Notengebung unterliegt Halo-Effekt
- Beeinflussung der Notengebung durch: Geschlechtszugehörigkeit der Schüler und Lehrer, tatsächliche oder vermutete Schichtzugehörigkeit des Schülers, Gefühle der Sympathie
→ VorschlägezurVerbesserungschulischerLeistungs- beurteilung: Materialsammlung von Lissmann (1997)
Aber! Einfluss systematischer Verzerrungen auf Lehrerurteil ist nicht zu überschätzen.
Vergleichbarkeit über Klassen / Schulen hinweg?
z.B. Mathematik: Noten in 34 6. Klassen und stand. Leistungstest
(Valtin, 2002)
Testbeste Klasse: 6 x 2, 10 x 3, 4 x 4 = 2,9 TestschlechtesteKlasse: 7x2,11x3,3x4,1x5=2,9
Fortsetzung Valtin, 2002
Alle 4er und 5er Schüler hätten in anderer Klasse eine 3, alle 1er Schüler auch eine 2 erhalten können.
Es gibt sogar Testwerte, die bei Kindern mit jeder Zensur zwischen 1 und 5 gemessen wurden.
Zusammenhänge Leistungstest - Note?
Korrelationen 3., 4. Klasse (Maier, 2001) Mathematik .61
Deutsch .53
Sachunterricht .61
Mathematik, Thüringen, Ende 4. Klasse .52
Aber: innerhalb einer Klasse Korrelationen .60-.90