Vorlesung Teil II Flashcards
(18 cards)
War das allmähliche Aufkommen des Handels im Mittelalter mit den kirchlichen Leitlinien kompatibel? Welche Folgen hatte dies?
- Dynamik des Handels in Spannungsverhältnis zu Leitlinien kirchlicher Positionen zu Eigentum und Handel
- asketische Strömungen: Eigentum als Problem
- Franziskanerorden sogar Armutsgebot
- Tendenz zu Bejahung einer eher statischen Ordnung:
- zuteilende Gerechtigkeit (gerechte Verteilung aller Güter)
- zünftische Monopole fahren gleiche Linie
- zudem: Zinsnahmeverbot für Kleriker
- später Ausweitung auf Laien (440 - 789)
- Rückerstattungsansprüche und Anordnung an die Städte, gegen Zinsnahmen vorzugehen (allerdings nicht sehr effizient)
- Sonderrechtsnormen für Juden beginnen zu entstehen (nur Nichtjuden sind an die Regelung gebudnen)
- zudem: Sonderrechtsnormen für Lombarden und Cawerschini (Amtskirche hat trotzdem Liquiditätsbedarf)
- Wucherverbot wurde in frühneuzeitliche Polizeiordnungen übernommen
Wann begann die Erosion des Zinsnahmeverbots?
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Thomas von Aquin (1225 - 1276)
- Verflechtung von iustum pretium und Zins; Abwägung von Nutzen und Risiko (Preis für Risiko, das man durch Ausleihe von Geld in Kauf nimmt)
- Zinsnahme nicht mehr prinzipiell verwerflich
- Differenzierung zwischen zulässiger und wucherischer Zinsnahme
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ökonomische Realität:
- Umgehungsgeschäfte durch Rentenkauf (Hingabe von Kapital für Grundstück mit Anspruch auf Bezug einer Rente von 8 - 10%)
- Entstehung von Rentenbriefen und Wechseln
Wann begannen städtische Siedlungen zu entstehen und sich der Handel zu erweitern?
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spätes Mittelalter:
- commercial revolution und Aufstieg städtischer Siedlungen
- wachsende Bedeutung überregionaler Transport- und Kommunikationswege
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seit 1450 rapider take off der Wirtschaft in Europa
- Ausbeutung und Entdeckung Kolonien
- Kapitalgesellschaften
- Wachstum Bankensektor und Finanzdienstleister, Börse
- seit 16./17. Jh.: Aufstieg der Spekulation als kulturelle Praxis wirtschaftlichen Handelns
- zugleich: Aufstieg hoheitlicher Gewalt (“Gesetzgebungsstaat”)
- seit 17./18. Jh.: Aufstieg Naturwissenschaften und Einwirkung auch auf die Deutung von Wirtschaft
Wann etwa hat der Fernhandel begonnen und auf welchen Routen wurden welche Güter erschlossen?
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seit ca. 1450
- Erschliessung neuer Gebiete
- Entstehung neuer Machtsphären (Vertrag Spanien / Portugal)
- später auch Aufstieg von Frankreich, England und Niederlanden zu Kolonialmächten
- Amerika: Export Silber und Gold, amerikanische Rohstoffe (nach Spanien), Import von Fertigprodukten
- Afrika: Dreieckshandel Europa - Afrika - Amerika (Sklavenhandel)
- Asien: Gewürze (zunächst nach Portugal)
Was sind Beispiele von Kapitalgesellschaften seit dem 17. Jh., die im Zusammenhang mit der Kolonialisierung entstanden sind?
- britische East India Company (1600 - 1874)
- Niederländische Ostindien-Kompanie (1602 - 1798)
- Niederländische Westindien-Kompanie (1621 - 1791)
- Preussische Emder Ostasiatische Handelskompagnie (1751 - 1765)
Was war die South Sea Bubble?
- South Sea Company wurde 1711 gegründet (Erschliessung der Südseegebiete für den Fernhandel)
- Übernahme britischer Staatsschulden und im Gegenzug Befugnis zur Aktienemission
- kein Erfolg für Handelsaktivitäten, aber systematische Fehlinformation der Öffentlichkeit
- Run auf die Aktien
- Nichterfüllung von Renditeerwartungen (Platzen der Blase)
Welche normativen Leitbilder prägten das 16. und 17. Jahrhundert?
- Aufstieg des Staates mit wachsender Zuschreibung staatlicher Verantwortung für Wirtschaft und Gesellschaft
- Leitbild Policey (dominierende Polizeiordnung)
- 16. und frühes 17. Jh.
- ausgeprägte Regelungsintensität für sämtliche Lebensbereiche
- obrigkeitliche Ordnung auch der Wirtschaft im Interesse des gemeinen Besten
- Antikapitalismus
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Merkantilismus
- 17. und 18. Jh.
- Steigerung Staatseinkünfte durch positive Kapitalbilanz
- intensive staatliche Wirtschaftsförderung
- Privilegierungen
- Manufakturwesen
- Erweiterung Infrastruktur
- prägend: Regulierung von Wirtschaft im gesellschaftlichen und fiskalischen Interesse
Welche ideellen Grundlagen führten zur Entstehung des freien Markts? Zu welcher Zeit kamen diese ideellen Grundlagen etwa auf?
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Vernunftsrechtslehren des 17. und 18. Jh.
- Betonung individuelle Freiheit
- Eigentumsrechte
- Aufwertung individuellen Wirtschaftens
- John Locke (1632 - 1704)
- starke Wirkung der Aufklärung in Schottland im späten 18. Jh.:
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David Hume (1711 - 1776):
- Absage an Vernunftrecht;
- Moral als moral sense (wir können nur verbindend ansehen, was wir wirklich beobachten können)
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Adam Smith (1730 - 1790)
- empirische Beobachtungen als Grundlage des Wirtschaftshandelns
- Division of Labour
- Absage an Intervention
- Bekenntnis zu freiem Markt - invisible Hand als Regulator
- ⇒ wesentliche Grundlagen einer Ordnung des freien Marktes und der freien Kräfte
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David Hume (1711 - 1776):
Wie hat sich das Handelsrecht entwickelt? Was sind die Ausgangspunkte?
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mittelalterliche Wurzeln:
- lex mercatoria seit 13. Jh. als Sammelbegriff für Handelsgeschäfte
- Handelsrecht war regelmässig Recht einer bestimmten Gruppe von Marktteilnehmern
- Handelsgerichte
- Kaufmann als Referenzpunkt für Regelung
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code de commerce 1808 (franz. Revolution)
- Kodifikation für kaufmännisches Handeln
- Abgrenzung Kaufleute/Nichtkaufleute als Ausgangspunkt
- Aufnahme von Regeln auch für Aktiengesellschaften
- aufgrund Auflösung ständischer Gesellschaften Spannungsverhältnis zwischen objektivem und subjektivem System
Urheberrecht: Wieso kommt genau im 18. Jh. der Umschwung vom reinen Druckprivileg/Bücherprivileg zum Autorenrecht zu stande?
- Stichwort Aufklärung:
- (I) Schutz des Individuums, stärkere Ausrichtung auf den Individualrechtsschutz;
- (II) besondere Wertschätzung der menschlichen Vernunft/ des menschlichen Verstandes (der Mensch wird von seinem Denken her definiert)
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(III) egalitäres Element
→ jeder Mensch soll die Möglichkeit haben, dass gleichermassen geschützt wird, was er selber erstellt
Welches ist der grosse Unterschied, der zwischen dem Autorenrecht der französischen Gesetzgebung und dem bis anhin bestehenden Autorenrecht besteht? Welches könnte der Grund sein, wieso es als Monarch sinnvoll erscheinen kann, nicht der französischen Gesetzgebung zu folgen?
- bis anhin bestehendes Autorenrecht (seit 18. Jh.)
- Privilegiensystem; Autorenprivilegien
- Johann Stephan Pütter
- Autorenrecht wegen Natur der Sache
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Autorenrecht nach franz. Gesetzgebung (1793)
- Autorenrecht als Teil des Eigentums
- → es braucht also keinen hoheitlichen Schutz durch Erteilung von Privilegien mehr!
- ⇒ bedeutet, dass es stark freiheitsrechtliche Komponente hat (es kann niemand dadurch disrkiminiert werden, dass ihm das staatliche Privileg nicht erteilt wird)
- → für Monarchen: sie haben wohlmöglich ein Interesse daran zu kontrollieren, welche Bücher geschrieben und veröffentlicht werden; diese Kontrolle ist nur mittels Privilegiensystem möglich
Womit beginnen Urheberrechte zu entstehen und diese auch transferierbar gemacht zu werden?
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französische Revolution; französisches Gesetz 1793:
- Autorenrecht als Teil des Eigentums
- damit Überflüssigkeit von hoheitlichem Schutz durch Privilegien
- damit als Wegkehren vom Privilegierungssystem
- zudem: Entstehen von zwei Schutzkreisen, resp. auch Transferierbarkeit des Rechts
- Marktschutz für den Urheber durch Zuordnung seiner Leistung
- Marktschutz für die berechtigten Verlage durch Schutz ihrer Rechte
Welche drei Denker arbeiteten das Autorenrecht im 19. Jh. auf? Was waren ihre Gedankengänge?
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Otto von Gierke:
- gemäss ihm sind Autorenrechte Ausprägungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
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Andre Merillot:
- er unterschied zwei Typen des Urheberrechtsschutzes:
- droit d’explotation: damit gemeint war die vermögensrechtliche Seite des Urheberrechts
- droit moral: damit gemeint war die persönlichkeitsrechtliche Dimension
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Josef Kohler: Immaterialgüterrecht als neuer Typus des Eigentums
→ Konsequenz wirtschaftlicher Veränderung führt zu einer Neuinterprätation des Eigentumsbegriffs
Was ist gemeint mit dem “Aufstieg des Interventinosstaates” um 1870?
- seit etwa 1870 erfolgt ein Aufstieg interventionistischer Staatlichkeit;
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Eingriff des Staates in die Wirtschaft durch:
- Steuern
- Sozialabgaben
- Kontrolle wirtschaftlicher Selbstorganisation (USA)
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Hintergrund:
- soziale Frage als wachsendes Problem
- wachsende Fiskalinteressen des Staates
- Steuern auch mit Lenkungswirkung
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Eingriff des Staates in die Wirtschaft durch:
- vorher: staatliche Zurückhaltung und weitgehend unregulierte Wirtschaft (Individualfreiheit seit französischer Revolution)
Wozu ging der Aufstieg interventionistischer Staatlichkeit (ab ca. 1870) in der ersten Hälfte des 20. Jh. teilweise über?
- Aufkommen planwirtschaftlicher Steuerung:
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sozialistische Staaten:
- staatliche Steuerung der Wirtschaft
- Beseitigung des Privateigentums
- Vorgaben für wirtschaftliche Entwicklungen durch Pläne mit entsprechenden Kennzahlen
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Nationalsozialismus: ähnliche Tendenzen
- Einführung des Vierjahresplanes
- Ziel: Kriegsfähigkeit der deutschen Wirtschaft
- staatliche Kontrolle des Marktes
- Wirtschaft soll Kriegsvorbereitung untergeordnet werden
- Sicherstellung der Versorgung für Kriegszeiten
- auch: nichttotalitäre Staaten
- beginnen, Staat in Distribution einzubinden
- staatliche Produktionsvorgaben
- staatliche Lenkung von Ressourcenallokation
Was wird unter der sozialen Marktwirtschaft verstanden?
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Zeitstimmung nach 1945 in Europa (Planwirtschaft hat sich nach Untergang des “Ostblocks” nicht gehalten)
- Tendenz zu staatlichen Eingriffen gegen Ballung von Wirtschaftsmacht
- Verusche der USA zur Implementierung strikter Anti-Trust-Politik
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Gegenbewegung (oder Komplementärbewegung): Neoliberalie Politikentwürfe
- Kombination von Staatlichkeit und Wirtschaftsfreiheit → Staat greift etwas ein, garantiert aber auch Wirtschaftsfreiheit
- Konsumsicherung
- soziale Sicherheit
Was wird verstanden unter der Wirtschaftsökonomie (Law and Economics; ökonomische Analyse des Rechts) und wann begann diese Bewegung etwa?
- Law and Economics seit 1960
- Verstärkung bereits existierender Tendenzen einer funktionalen Wirtschaftsbetrachtung
- Schwerpunkt: University of Chicago
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Inhalt:
- Fortführung und Intensivierung älterer Ansätze von Hume and Bentham: homo oeconomicus
- Ausgangspunkte in intensiver Auseinandersetzung mit Antitrust-Politik
→ Kritik an Intervention des Staates - Verflechtung von Ökonomen und Juristen in gemeinsamem Diskurs
- Frage danach, wie sich ein rationales Individuum im Interesse der eigenen Vorteilsmaximierung verhalten wird (Mensch als rationaler Nutzenmaximierer)
- ⇒ rationales Verhalten führt zu Verminderung von Transaktionskosten und Steigerung des eigenen Vermögens
- ⇒ gem. Chicago School ist Freiheit die beste Voraussetzung für effiziente Ressourcenallokation
Welche Ansicht vertritt die Yale School im Unterschied zur Chicago School?
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Yale School:
- ⇒ Staat als neutraler Garant optimaler Allokationsentscheidungen (weil Staat neutrale Position inne hat, kann er die Ressourcen im Rahmen einer optimalen Ressourcenallokation verteilen)
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Chicago School:
- ⇒ Märkte selbst mit möglichst grosser Freiheitsgewährung führen zu optimaler Ressourcenallokation
- ⇒ Freiheit ist die beste Voraussetzung für optimale Ressourcenallokation (homo oeconomicus)