§ 823 Flashcards

1
Q

Prüfungsaufbau des § 823 I

A

I) Haftungsbegründender Tatbestand (Voraussetzungen)
1) Tatbestandsmäßigkeit
a) Rechtsgutsverletzung
b) Verletzungshandlung (Tun oder Unterlassen)
c) Haftungsbegründende Kausalität zwischen 1) a) Rechtsgutsverletzung und 1) b) Verletzungshandlung
2) Rechtswidrigkeit
3) Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit)
II) Haftungsausfüllender Tatbestand (Rechtsfolge)
1) Schaden
2) Haftungsausfüllende Kausalität zwischen I) 1) a) Rechtsgutsverletzung und II) 1) Schaden
3) Mitverschulden

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
2
Q

Drei Grundtatbestände des Deliktsrechts (kleine Generalklauseln)

A
  • § 823 I: Wer bestimmte Rechtsgüter (Leben, Körper, Gesundheit, Freiheit) oder Rechte (insbes. Eigentum) eines anderen rechtswidrig und schuldhaft verletzt, muss den dadurch verursachten Schaden ersetzen.
    Schutzobjekt: Das subjektive Recht.
  • § 823 II: Wer gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz (Schutzgesetz) in rechtswidriger und schuldhaf-ter Weise verstößt, muss den dadurch verursachten Schaden ersetzen.
    Schutzobjekt: Das objektive Recht.
  • § 826: Wer vorsätzlich in einer gegen die guten Sitten versto-ßenden Weise einem anderen Schaden zufügt, muss diesen ersetzen.
    Schutzobjekt: Die guten Sitten.
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
3
Q

Grundsätzlich schutzlos im Deliktsrecht des BGB

A
  • reine Vermögensinteressen

- immaterielle Persönlichkeitsinteressen

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
4
Q

Leben

A
  • > Auslöschung des Lebens, also die Tötung eines anderen Menschen oder eine Körperverletzung mit Todesfolge. Die Rechtsfähigkeit beginnt mit der Vollendung der Geburt (§ 1), d.h. mit dem vollständigen Aus-tritt aus dem Mutterleib. Sie endet mit dem Eintritt des Hirntods
  • > mittelbar Geschädigte §§ 844-846
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
5
Q

Körper und Gesundheit

A
  • Körperverletzung: jeder Eingriff in die körperliche Unversehrtheit
  • Gesundheitsverletzung: das Hervorrufen oder Steigern eines von der normalen körperlichen Funktion nachteilig abweichenden Zustandes
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
6
Q

Freiheit

A

ausdrücklich nicht die Entschluss- oder allgemeine Hand-lungsfreiheit, sondern die körperliche Bewegungsfreiheit

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
7
Q

Eigentum - Vorrang der Regelungen zum Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

A

Nach § 992 haftet der unrechtmäßige Besitzer (Besitzer ohne Besitzrecht) dem Eigentümer aus Delikt nur dann, wenn er sich den Besitz durch verbo-tene Eigenmacht oder durch eine Straftat (etwa Diebstahl, § 242 StGB) ver-schafft hat. In allen anderen Fällen ist der Rückgriff auf § 823 I versperrt und es gelten ausschließlich die §§ 987 ff.

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
8
Q

Eigentum - Verletzung

A
  • Sachentziehung: vorübergehender oder dauerhafter Entzug des Eigentums
  • Beeinträchtigung des Sachgebrauchs: lediglich Beeinträchtigung der Nutzung der Sache (gewisse Intensität vonnöten: völlige Verunmöglichung oder längerer Zeitraum)
  • Substanzverletzung: Zerstörung, Beschädigung und Verunstaltung einer fremden Sache (auch fahrlässig)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
9
Q

sonstige absolute Rechte

A

nur solche Rechte in Be-tracht, die gleich dem Eigentum absolut sind, also gegen jedermann durch-setzbar sind, einen klar umrissenen Schutzbereich aufweisen sowie einen vermögenswerten Ausschließlichkeitsgehalt

  • > Besitz: wenn der Besitzer die Sache ähnlich dem Eigentümer nutzen darf
  • > Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
10
Q

Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

A
  • Gewerbebetrieb (weit auszulegen): charakterisiert durch die Merkmale der Selbstständigkeit, Entgeltlichkeit, Nachhaltigkeit und das Auftreten nach Außen (geschützt ist der GB in seinem Bestand und seiner wirtschaftlichen Tätigkeit)
  • betriebsbezogen: wenn er sich nach seiner objektiven Stoßrichtung gegen den betrieblichen Organismus oder die unternehmerische Entscheidungsfreiheit richtet
  • Eingriff: unmittelbar (nicht: mittelbar oder bzgl. des Betriebseigentums)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
11
Q

Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb - Fallgruppen

A
  • unberechtigte Schutzrechtswarnung
  • Boykottaufruf
  • gewerbeschädigende, herabsetzende Werturteile
  • Verbreitung wahrer, aber abträglicher Tatsachen
  • Arbeitskampfmaßnahmen
    Rechtswidrigkeit in der Abwägung prüfen
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
12
Q

Allgemeines Persönlichkeitsrecht - Fallgruppen

A
  • Schutz der Persönlichkeit und der Würde selbst,
  • Ehre und Ansehen
  •  Schutz des Privat-, Intim- und Geheimbereich - Individualität, Identität und Selbstbestimmung einer Person
  • > auch postmortal
  • > Unterteilung in verschiedene Sphären

Bewertung nach der Gesichtspunkten:

  • Bedeutung und Tragweite des Eingriffs,
  • Grad des Verschuldens,
  • Anlass und Beweggrund des Handelnden
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
13
Q

Verletzungshandlung - Rechtspflicht bei Unterlassen

A
  1. Garantenpflichten:
    - Vertraglich: Schutz einer bestimmten Person / Personenkreises ist Gegenstand der vertraglich geschuldeten Leistung
    - Gesetzlich: Ehepartner, Eltern, Vormund
    - Ingerenz
  2. Verkehrssicherungspflicht: treffen denjenigen, der eine Gefahr für andere schafft oder unterhält
    - Sachgefahr: jemand beherrscht einen bestimmten Bereich, zieht hieraus Vorteile und hat daher für aus diesem Bereich resultierende Gefahren einzustehen
    - Verhaltensgefahr: jeder richtet sein eigenes Verhalten in der konkreten Situation so aus, dass Dritte nicht mehr als unbedingt nötig gefährdet werden (Herausbildung durch Rspr.)
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
14
Q

P: Rechtswidrigkeit bei Verkehrssicherungspflichten

A

eA: Lehre vom Handlungsunrecht: die Rechtswidrigkeit abweichend vom Regelfall nicht durch die bloße Tatbestandsverwirklichung (Eintritt des Schadens) indiziert, sondern es bedarf zusätzlich der Feststellung, dass sich der Täter schuldhaft (vorsätzlich oder fahrlässig) verhalten hat
aA (hM): Lehre vom Erfolgsunrecht: auch bei Verletzung von Verkehrssicherungspflichten indiziert die Tatbestandsverwirklichung (Eintritt des Schadens) grundsätzlich die Rechtswidrigkeit

How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
15
Q

Verkehrssicherungspflichten - Fallgruppen

A
  • Sorgfaltspflichten aus Verkehrseröffnung (Gemeindefriedhof)
  • Sorgfaltspflichten aus tatsächlicher Verfügungsgewalt über gefährliche Gegenstände (Spediteur für LKW, Gleisanlagen)
  • Produkthaftung
How well did you know this?
1
Not at all
2
3
4
5
Perfectly
16
Q

Verkehrssicherungspflichten - Schutzumfang

A
  • gefährdetes Rechtsgut
  • geschützte Personen
  • erfasste Gefährdung
  • > NICHT: Unbefugte (bspw. Einbrecher rutscht auf vereister Treppe aus)
    ausgenommen: Kinder und Jugendliche (auch Verkehrsschutzpflichten, wenn sie unbefugt sind, jedoch Grenzen des Zumutbaren zu beachten)
17
Q

Warnpflicht vor der Gefahr und Haftungsausschluss durch AGB

A
  • bei niedrigen und mittleren Gefahren: Erfüllung der Verkehrssicherungspflicht durch Warnung grds. möglich (jedoch auf konkreten Einzelfall, va Intensität der Gefahr abzustellen)
  • “Freizeichnungsklausel” nach §§ 305ff. der AGB-Kontrolle unterworfen; hinsichtlich Verletzung von Leben, Leib, Gesundheit und bei grobem Verschulden Ausschluss gem. 309 Nr. 7a unwirksam
18
Q

Haftungsbegründende vs. haftungserfüllende Kausalität

A
  • Haftungsbegründend: Bindeglied zwischen Verletzungshandlung und Rechtsgutsverletzung
  • Haftungserfüllend: Bindeglied zwischen Rechtsgutsverletzung und Schaden
19
Q

Haftungsbegründende Kausalität bei Tun vs. Unterlassen

A
  • Tun: Eine Handlung ist kausal im Sinn der Äquivalenztheorie, wenn sie nicht hinweg-gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg ausbleibt
  • Unterlassen: Ein Unterlassen ist kausal im Sinne der Äquivalenztheorie, wenn der Erfolg bei Vornahme der unterlassenen Handlung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eingetreten wäre
20
Q

Zwei Filter zur Eingrenzung der Kausalität

A
  1. Adäquanztheorie: jede Ursache, die generell geeignet ist, den Erfolg herbeizuführen (fehlt bei völlig ungewöhnlichen oder außerhalb aller Wahrscheinlichkeit liegenden Verknüpfungen)
  2. Schutzzweck der Norm: die vom Schädiger verletze Norm muss genau dazu dienen, Erfolge wie den eingetretenen zu verhindern (Ermittlung der Norm und Auslegung von Sinn und Tragweite derselben)
21
Q

Sondergruppe: Zurechnung zu Schädiger bei Herausforderungsfällen (Rettungsfälle, Verfolgerfälle)

A
  1. Der Geschädigte fühlt sich zum Eingreifen herausgefordert und durfte das auch;
  2. der Zweck und das erkennbare Risiko des Eingreifens stehen in ei-nem angemessenen Verhältnis;
  3. der Schaden stellt sich als Realisierung des durch die Herausforde-rung gesteigerten Risikos dar und ist nicht auf das allgemeine Le-bensrisiko zurückzuführen.
22
Q

Feststellung der Rechtswidrigkeit der RG-Verletzung

A

wird grds. angenommen (durch Erfüllung des TB indiziert)

23
Q

Ausnahmen der RW-Indikation durch TB-Erfüllung bei 823

A
  • bei Rahmenrechten (APR und Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb)
  • > Widerrechtlichtkeit im Einzelfall durch Interessensabwägung zu ermitteln
  • bei RG-Verletzung durch Unterlassen
  • bei mittelbarer RG-Verletzung
24
Q

Rechtfertigungsgründe

A

Klassische Rechtfertigungsgründe des allgemeinen Zivilrechts sowie des Straf- und des Strafprozessrechts:

  • Notwehr (§ 227 BGB, § 32 StGB), 
  • Notstand (§§ 228, 904 BGB, § 34 StGB), 
  • Selbsthilfe (§§ 229, 859), 
  • Vorläufige Festnahme (§ 127 StPO), 
  • Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 193 StGB), 
  • Berechtige Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 683 S. 1) sowie 
  • Einwilligung (§§ 182 ff.)

Gesetzlich geregelte Spezialtatbestände:

  • Selbsthilferecht des Vermieters (§ 562b), 
  • Recht zum Abschneiden von Überhang (§ 910 I) sowie
  • das Verfolgungsrecht des Eigentümers eines Bienenschwarms (§ 962).
25
Q

Rechtswidirgkeit: Handeln auf eigene Gefahr?

A

Das Handeln auf eigene Gefahr begründet nach dem BGH keinen Rechtfertigungsgrund, sondern lediglich den Einwand eines Mitverschuldens des Geschä-digten mit der Folge der Schadensteilung nach § 254. Dies wird abgeleitet aus dem Verbot des widersprüchlichen Verhaltens

26
Q

Voraussetzungen des Verschuldens

A
  • Verschuldensfähigkeit (828, 827)

- eine der beiden Schuldformen (Vorsatz oder Fahrlässigkeit)

27
Q

Haftung nach 828 II bei Verkehrsunfällen

A

Haftungsausschluss für Kinder und Jugendliche bei unvorsätzlichen Verletzungen im Straßenverkehr
JEDOCH: teleologische Reduktion für die Fälle, in denen sich keine spezifischen Gefahren des Straßenverkehrs realisiert haben. Dann richtet sich die Haftung des Minderjährigen nach § 828 III.

28
Q

Vorsatz vs. Fahrlässigkeit

A

Vorsatz ist der Wille zur Verwirklichung des Tatbestands in Kenntnis aller seiner objektiven Tatumstände und der Rechtswidrigkeit (Wissen und Wollen der rechtswidrigen Tatbestandsverwirklichung)
Fahrlässigkeit ist das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorg-falt (§ 276 II). Im Deliktsrecht gilt ein objektiver Sorgfaltsmaßstab. Verlangt wird die Sorgfalt, die von einem durchschnittlichen und gewissenhaften Ver-treter der Gruppe, der der Täter angehört, erwartet werden kann („normaler“ Arzt, Handwerker, Pkw-Fahrer etc.).

29
Q

Haftungsmilderungen

A
  • Vertraglich möglich
  • Gesetzlich:
     § 1359 (Ehegatten untereinander)
     § 1664 (Eltern gegenüber Kind)
     § 708 (Gesellschafter untereinander)
    => Haftung nach § 277 für eigenübliche Sorgfalt (diligentia quam in suis)

keine Haftungsmilderung im Rahmen des Straßenverkehrs

30
Q

P: nur mittelbar herbeigeführte Folgeschäden

A

danach zu differenzieren, ob der Schädiger ein zusätzliches Risiko für Folgeschäden geschaffen hat oder ob sich in den Folgeschäden lediglich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht

31
Q

P: konstitutionelle Schwäche beim Geschädigten

A

Die durch die Veranlagung begünstigten Schäden sind dem Schädiger grundsätzlich ebenfalls zuzurechnen. Er kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als sei der Geschädigte gesund gewesen. Eine besondere Schadensanfälligkeit des Geschädigten soll dem Schädiger grundsätzlich nicht zugutekommen, er hat den Geschädigten so zu nehmen, wie er ist
-> Grenze jedoch bei extremer Schadensanfälligkeit oder bei degenerativen Vorschlägen

32
Q

Besonderheiten bei psychischen Folgeschäden

A

allgemeine Adäquanz genügt nicht, vielmehr muss eine hinreichende Gewissheit hinzukommen, dass die psychisch bedingten Schäden ohne das schadensbegründende Ereignis nicht eingetreten wären

Schockreaktionen: Nach Rechtsprechung des BGH können über das übliche Maß hinausgehende Schockreaktionen bei der Todesnachricht naher Angehöriger Schadensersatzansprüche auslösen.
Hierzu muss jedoch eine enge persönliche Verbindung bestehen, so zum Bei-spiel bei Familienangehörigen und Verlobten. Begründet wird dies damit, dass im Schutzumfang des § 823 I bei Schockschäden nur diejenigen miteinbezogen sind, die aufgrund des Näheverhältnisses zur getöteten Person eine gesteigerte Schockanfälligkeit aufweisen