Anfechtung Flashcards
Eigenschaften einer Person, § 119 II BGB
= Umstände, die die Person als solche betreffen (Alter, Geschlecht, Fähigkeiten etc.), sowie tatsächliche und rechtliche Verhältnisse, die Einfluss auf die soziale Wertschätzung der Person haben können
→ Vermögenslage = Eigenschaft (+)
arglistige Täuschung, § 123 BGB
= vorsätzliche Erregung, Aufrechterhaltung oder Verstärkung eines Irrtums, der in kausalem Zusammenhang mit der Abgabe der Erklärung steht
- Arglist = (bedingter) Vorsatz = Wissen und Wollen bzw. billigendes Inkaufnehmen der Täuschung
- Vorsatz muss sich auch auf die Beeinflussung der Willensbildung beim anderen Teil beziehen (Kausalität)
- bei Mdj. auf diesen selbst aufgrund deliktischer Nähe abzustellen (§ 828 II BGB)
- Täuschung über Tatsache
- jeder Motivirrtum beachtlich, sofern kausal für WE
- Jahresfrist, § 124 I BGB
Anfechtungsfrist
§ 119 I Alt. 2 BGB: ohne schuldhaftes Zögern = (unverzüglich) nach Kenntnisnahme vom Anfechtungsgrund, § 121 I 1 BGB
→ angemessene Bedenkzeit und Möglichkeit (soweit erforderlich), Rechtsrat einzuholen
Obergrenze: Zweiwochenfrist
Verzögerungen aufgrund Rechtsirrtums ausnahmsweise entschuldbar, sofern sorgfältige Prüfung der Rechtslage zugrundelegung
P: Verkehrswesentlichkeit der Eigenschaft
e. A.: Lehre vom geschäftlichen Eigenschaftsirrtum
(+), wenn rechtsgeschäftliche Vereinbarung über Relevanz der Eigenschaft
auch konkludente Vereinbarung, wenn Wesentlichkeit der Eigenschaft erkennbar dem Vertragsschluss zugrunde gelegt oder typischerweise bei solchen Geschäften vorausgesetzt ist
→ subjektiver Maßstab
P: Verkehrswesentlichkeit der Eigenschaft
h. M.: Lehre vom ausnahmsweise beachtlichen Motivirrtum
(+), wenn Eigenschaft nach der Verkehrsanschauung objektiv für den Abschluss des Geschäfts maßgeblich bzw. wertbildend anzusehen
→ normativ zu bestimmen, auf fragliches RG sowie Inhalt und Charakteristik abzustellen
→ objektiver Maßstab
Dritter i. S. d. § 123 II 1 BGB
→ nach h. M. eng auszulegen, keine Dritten i. S. d. § 123 II 1 BGB:
- Stellvertreter, Verhandlungsgehilfen
- Personen, die “auf der Seite des Erklärungsempfängers” stehen bzw. dessen “Vertrauenspersonen” sind
(+) Anfechtungsgegner nicht schutzwürdig, wenn Person aus seinem “Lager” die Täuschung durchführt (→ Lagertheorie)
(+) nur ausnahmweise Abweichung vom Grundsatz der unbedingten Zurechnung i. S. d. § 123 I BGB → Billigkeitsgründe, Zweck der Norm
Bedingungsfeindlichkeit
Anfechtung = Gestaltungsrecht → bedingungsfeindlich, Vertragspartner muss Klarheit darüber haben, ob die Ausübung eines Gestaltungsrechts vorgenommen wird oder nicht, um sich auf die Rechtsfolgen vorzubereiten
Ausnahme: Rechtsbedinung, da sie Anfechtungsgegner nicht unzumutbar mit Rechtsunsicherheit belastet, da objektiv feststellbar (Eventualanfechtung)
Motivirrtum
- Störung betrifft nicht Willensäußerung, sondern Willensbildung = Umstand, der nicht Bestandteil der WE ist → Elemente des Vertrages störungsfrei bestimmt, aber Motivation der Parteien gestört
- kein Irrtum über die erstrebten Rechtsfolgen, sondern lediglich über nicht anerkannte Nebenwirkungen der Erklärung
Verhältnis Anfechtung ↔︎ Gewährleistungsrecht
- grundsätzlich Gewährleistungsrecht vorrangig
→ Anfechtung durch Verkäufer: Vorrang GWLR, wenn die Anfechtung wegen Irrtums über mangelbegründende Eigenschaften rechtsmissbräuchlich erscheint, weil sich der Verkäufer auf diesem Wege versucht, der Sachmangelhaftung zu entziehen - § 123 BGB → Täuschender nicht schutzwürdig → nebeneinander
arglistige Täuschung i. S. v. § 123 BGB bei Verschweigen von relevanten Tatsachen?
grds. jeder Vertragsteil selbst für die Wahrnehmung seiner Interessen und Beschaffung der maßgeblichen Informationen verantwortlich (Privatautonomie) → nur dann Täuschung, wenn Aufklärungspflicht besteht
AP (+), wenn Informationsgefälle zwischen den Parteien bzgl. eines wesentlichen, insb. den Vertragszweck gefährdenden Umstands, und deshalb die benachteiligte Partei nach Treu & Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung Aufklärung redlicherweise erwarten darf → Interessenabwägung
§ 119 II BGB: Wesentlichkeit
Eigenschaft muss nach der Verkehrsanschauung für das konkrete RG in der Weise wesentlich sein, dass sie die Tragfähigkeit der Vertragsentscheidung einer Partei grundlegend in Frage stellt
§ 123 BGB: Widerrechtlichkeit Drohung
- Zweck
- Mittel
- Relation: innerer Zusammenhang Mittel und Zweck?
- h. M.: unerheblich, ob Drohung vom Anfechtungsgegner oder von einem Dritten ausgeht, maßgeblich ist allein ausreichender Finalitätszusammenhang
Irrtum
Divergenz von Vorstellung (Wille) und Realität (Erklärung),
Erklärtes entspricht unbewusst nicht dem “wirklichen Willen”
Fehlvorstellung über vergangene oder gegenwärtige (auch innere) Tatsachen
Inhaltsirrtum
Erklärender sagt, was er sagen will, meint aber etwas anderes
(Will A sagen und sagt A, meint aber B, da er denkt A bedeutet B)
Erklärungsirrtum
Erklärender sagt etwas anderes als er sagen will
Bsp. Verschrieben, Versprechen etc.
(Will A sagen, sagt aber B)
Übermittlungsirrtum
Unbewusst (!) falsche Übermittlung durch Erklärungsbote/ technische Einrichtung
Eigenschaft
Alle tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die infolge ihrer Beschaffenheit und Dauer auf die Brauchbarkeit und die Wertschätzung der Person oder Sache von Einfluss sind und in der Person oder Sache selbst ihren Grund haben, von ihr ausgehen und sie kennzeichnen oder näher beschreiben.
→ alle wertbildenden Faktoren = Eigenschaften, nicht aber der “gemeine Wert” einer Sache (Risiko eines Irrtums über den Wert einer Sache tragen die Parteien)
Drohung
Ankündigung eines empfindlichen Übels, auf dessen Eintritt sich der Erklärende Einfluss zuschreibt und das verwirklicht werden soll, wenn der Bedrohte nicht die vom Drohenden gewünschte WE abgibt.
Täuschung
Erregen, Verstärken oder Aufrechterhalten eines (meist Motiv-)Irrtums beim Vertragspartner
Voraussetzungen der wirksamen Anfechtung
- Anfechtungsgrund (§§ 119, 120, 123)
- Anfechtungserklärung, Adressat § 143
- Anfechtungsfrist, §§ 121, 124 BGB
negatives Interesse (Vertrauensinteresse, Vertrauensschaden)
Anspruchsteller ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er sich nicht auf die Wirksamkeit der Willenserklärung verlassen hätte
= Schaden, den der Anfechtungsgegner durch sein Vertrauen auf die Gültigkeit der Erklärung erlitten hat
in der Höhe beschränkt durch das positive Interesse
positives Interesse (Erfüllungsinteresse)
Anspruchsteller ist so zu stellen, wie er stehen würde, wenn die Willenserklärung wirksam gewesen wäre
P: Anwendbarkeit der Anfechtungsregeln i. R. v. § 179 I BGB
→ falsus procurator berechtigt, anzufechten?
ganz h. M.: (+)
(+) Haftung des Vertreters ohne VM setzt voraus, dass der Vertrag wirksam wäre, wenn nicht die VM gefehlt hätte, denn § 179 I BGB schützt nur Vertrauen der Gegenseite auf das Bestehen der VM → ist Vertrag aus anderen Gründen nichtig, haftet Vertreter folglich nicht
(+) Dritter soll nicht besser stehen als er bei gegebener Vertretungsmacht gestanden hätte
(+) § 143 II BGB (“Vertrag”) steht dem nicht entgegen: angefochten wird WE, diese wurde von f. p. abgegeben
→ bei Genehmigungsverweigerung durch den Vertretenen kann die Anfechtung auch durch den Vertretenen erfolgen
Rechtsfolge Anfechtung
- Nichtigkeit ex tunc, § 142 BGB
- aber: Anfechtungsberechtigter muss sich an dem festhalten lassen, was er ursprünglich gewollt hat → bei Teilbarkeit des Geschäfts nur wegen bzw. hinsichtlich des konkreten Teils möglich, über den er sich geirrt hat
(+) Anfechtung gewährt kein Reuerecht, Irrender darf Willensmangel nicht dazu nutzen, das zu beseitigen, was er eigentlich gewollt und erklärt hat, nur weil er dies jetzt bereut
(+) venire contra factum proprium, § 242 BGB