Bak 5 III Flashcards
(34 cards)
Was ist Sozialpartnerschaft in Österreich laut B-VG und wie funktioniert sie?
Laut Art. 120a (2) B-VG erkennt die Republik die Rolle der Sozialpartner an und fördert den Dialog durch Selbstverwaltungskörper. Sozialpartnerschaft ist ein freiwilliges, nicht gesetzlich geregeltes System der Interessenvermittlung zwischen Regierung und Vertretungen von Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen.
Was bedeutet Konzertierung im Kontext der Sozialpartnerschaft?
Konzertierung bezeichnet die Einbindung der Sozialpartner in politische Entscheidungen, z. B. bei der Erstellung von Ministerialentwürfen oder durch gemeinsame Arbeitsgruppen mit Regierung und Verwaltung.
Was ist unter Akkordierung zu verstehen und welche Formen gibt es?
Akkordierung ist die Abstimmung von Interessen zwischen Regierung und Sozialpartnern sowie zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden. Es gibt bipartistische (z. B. Regierung + Gewerkschaft) und tripartistische Formen (Regierung + Arbeitnehmer + Arbeitgeber).
Was unterscheidet Korporatismus vom Pluralismus?
Korporatismus umfasst wenige, stark konzentrierte und hierarchisch organisierte Verbände mit privilegiertem Zugang zur Politik. Pluralismus hingegen beruht auf vielen konkurrierenden Interessenverbänden ohne gesetzliche Privilegien – die Beziehungen sind eher wettbewerbs- und lobbyingorientiert.
Warum gilt die österreichische Sozialpartnerschaft als Form des Korporatismus?
Weil sie durch starke, zentrale Dachverbände mit privilegiertem Zugang zur Politik geprägt ist, Konsensorientierung verfolgt und umfassend in politische Entscheidungsprozesse eingebunden ist – ein klassischer Fall von „Austrokorporatismus“.
Wie entwickelte sich die Sozialpartnerschaft historisch?
Nach 1945 entstand sie schrittweise: Ab 1957 mit der Paritätischen Kommission für Preis- und Lohnfragen und ab 1963 mit dem Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen. Die Hochphase war in den 1960–80er Jahren, danach folgte ein Bedeutungsverlust.
Wer sind die vier zentralen Sozialpartner in Österreich?
ÖGB (Arbeitnehmervertretung, Verein, verhandelt Kollektivverträge)
AK (gesetzliche Arbeitnehmervertretung, Pflichtmitgliedschaft)
WKO (gesetzliche Arbeitgebervertretung, Pflichtmitgliedschaft)
LWK (Landwirtschaftskammer, dominiert vom Bauernbund)
Warum sinkt der Organisationsgrad der Gewerkschaften trotz stabiler Mitgliederzahlen?
Weil die Zahl der unselbstständig Beschäftigten stark gestiegen ist und viele ÖGB-Mitglieder mittlerweile nicht aktiv sind (z. B. Pensionist:innen).
Welche strukturellen Voraussetzungen fördern eine funktionierende Sozialpartnerschaft?
Wenige, zentralisierte Dachverbände
Gesetzliche Privilegierung (z. B. Pflichtmitgliedschaft)
Orientierung an gesamtwirtschaftlichen Zielen
Enge Parteiverflechtungen (v. a. SPÖ, ÖVP)
Hohe gesellschaftliche Akzeptanz
Welche makroökonomischen Effekte hat Lohnkoordination durch Sozialpartnerschaft?
Tendenziell geringere Arbeitslosigkeit
Eher niedriges Reallohnwachstum
Geringere Einkommensungleichheit
Effekte hängen stark von Kollektivvertragsabdeckung und Zentralbankpolitik ab
Welche Rolle spielt die Sozialpartnerschaft für den österreichischen Sozialstaat?
Sie trägt entscheidend zur Stabilität und zum hohen Ausbauniveau des Sozialstaats bei, da sie lange Zeit zentral in die Politikgestaltung eingebunden war – insbesondere in Bereichen wie Lohnpolitik, Sozialversicherung und Arbeitsrecht.
Warum ist Österreich im internationalen Vergleich ein Extremfall des Korporatismus?
Weil Österreich weltweit einen der höchsten Zentralisierungs- und Konzentrationsgrade der Sozialpartner aufweist, starke gesetzliche Privilegien bestehen und eine enge Parteiverflechtung mit großer politischer Wirkung vorhanden ist.
Welche Verträge bilden die rechtliche Grundlage der EU und was regeln sie?
Vertrag über die Europäische Union (EUV): Grundprinzipien, Werte, Institutionen und zentrale Kompetenzen der EU
Vertrag über die Arbeitsweise der EU (AEUV): Detailregelungen zu Politikfeldern, Gesetzgebungsverfahren und Zuständigkeiten
Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (Euratom): Zusammenarbeit im Bereich Kernenergie
Charta der Grundrechte der EU: Verbindliche Grundrechte für alle EU-Institutionen und Mitgliedstaaten bei Anwendung von EU-Recht
Was erklären intergouvernementale Theorien zur europäischen Integration?
Sie sehen nationale Regierungen als zentrale Akteure. Integration erfolgt nur so weit, wie sich diese einigen. EU-Institutionen dienen laut dieser Theorie der Überwachung vertraglicher Einigungen zwischen den Staaten.
Was versteht man unter supranationalen Theorien und dem Spillover-Effekt?
Supranationale Theorien wie der Neofunktionalismus sehen Integration als schrittweisen Prozess. Integration in einem Bereich (z. B. Zollunion) erzeugt Druck zur Vertiefung in anderen Bereichen (z. B. Binnenmarkt, Währungsunion).
Was ist der Unterschied zwischen Primärrecht und Sekundärrecht in der EU?
Primärrecht: Gründungsverträge und „ungeschriebenes“ Recht durch EuGH
Sekundärrecht: Von der EU erlassene Rechtsakte (Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse)
Was unterscheidet Verordnungen, Richtlinien und Beschlüsse im EU-Recht?
Verordnungen: Direkt in allen Mitgliedsstaaten gültig
Richtlinien: Zielvorgaben, Umsetzung durch nationale Gesetze
Beschlüsse: Gelten nur für benannte Adressaten (z. B. Staaten, Unternehmen)
Was ist das Europäische Parlament und wie setzt es sich zusammen?
-Das Europäische Parlament ist die einzige direkt gewählte Institution der Europäischen Union.
-Die Wahlen finden alle fünf Jahre in allen Mitgliedsstaaten gleichzeitig statt.
-Es besteht derzeit aus 705 Abgeordneten, die nach dem Prinzip der degressiven Proportionalität auf die Mitgliedstaaten verteilt sind – das bedeutet: kleinere Länder haben im Verhältnis zur Bevölkerung mehr Sitze als größere.
Welche Aufgaben hat das Europäische Parlament?
Zustimmung zu Kommission und Präsident:in
Gesetzgebung gemeinsam mit Ministerrat (ordentliches Gesetzgebungsverfahren)
Budgetrecht
Kontrollrechte gegenüber Kommission und Rat
Was ist das ordentliche Gesetzgebungsverfahren in der EU?
Gesetzesvorschlag durch Kommission
Zwei Lesungen in EP und Ministerrat
Bei Uneinigkeit: Vermittlungsausschuss
Ablehnung durch eine Institution = Ende des Verfahrens
Was ist der informelle Trilog und was sind seine Vor- und Nachteile?
Ein informelles Verhandlungsformat zwischen Kommission, EP und Ministerrat.
Vorteile: Flexibilität, Effizienz
− Nachteile: geringe Transparenz, schwache Rechenschaftspflicht
Welche Aufgaben und Besonderheiten hat die Europäische Kommission?
Alleiniges Initiativrecht für Gesetzgebung
„Hüterin der Verträge“ (Vertragsverletzungsverfahren)
Wettbewerbsbehörde
Verwaltung mit 42 Generaldirektionen
Präsident:in wird vom Europäischen Rat vorgeschlagen und vom EP gewählt
Welche Rolle spielen Europäischer Rat und Ministerrat?
Europäischer Rat: Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs; strategische Leitlinien, aber kein Gesetzgeber
Rat der EU (Ministerrat): Gesetzgebung gemeinsam mit EP; beschließt mit qualifizierter Mehrheit (55 % Staaten, 65 % Bevölkerung)
Welche drei Räte gibt es im EU-Kontext?
Europäischer Rat: Staats- und Regierungschefs, legt politische Leitlinien fest.
Rat der Europäischen Union (Ministerrat): Gesetzgeber zusammen mit dem EP.
Europarat: Keine EU-Institution.